Protokoll der Sitzung vom 06.06.2007

Ich erteile der Fraktion der CDU das Wort. Herr Rasch, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist eine Tradition, in der wir uns befinden, dass wir dieses Thema regelmäßig aufgreifen. Auch die Rollen sind regelmäßig vergleichbar besetzt. Immerhin, Herr Zais gibt sich allmählich schon selbst die eine oder andere Antwort, die er verdient. Insofern muss ich mich nicht so sehr verbreiten.

Ich möchte an einem Punkt einhaken: Fachkräftemangel, Herr Zais, beschränkt sich nicht nur auf Dresden und Chemnitz, sondern Fachkräftemangel in verschiedenen hoch qualifizierten Berufen fast flächendeckend landesweit ist das Problem.

(Volker Bandmann, CDU: Sehr richtig!)

Sie erwähnten die Demografie, die der Staatsregierung die Arbeit abnehmen würde. Sicher, wir haben im Augenblick einen krassen demografischen Wandel – ich komme noch darauf zurück –, aber das ist es nicht allein, sondern man kann die Leistungen vieler Beteiligter im Feld des Sicherns von Ausbildung nicht kleinreden, denn – sie haben es schon implizit genannt – die Beteiligten haben das aufgefangen, was die Wirtschaft in den letzten Jahren nicht geleistet hat, zum Teil nicht leisten konnte, zum Teil auch versäumt hat zu leisten.

Wie sieht es tatsächlich aus? Die Industrie- und Handelskammern melden ein Plus von 13 % gegenüber dem Vorjahr. Das schwankt von Monat zu Monat in den einzelnen Abrechnungen. Auch betriebliche Ausbildungsplätze wachsen an. Man diagnostiziert, dass vermutlich auch mitspielt, dass die Betriebe sich sehr zeitig qualifizierte Bewerber sichern wollen. Metall- und Elektrobereich, auch Hotel- und Gaststättenbereich, Labore, Verkehr, Druckindustrie sind die Zweige, in denen junge Leute besonders gesucht werden. Auch die Handwerkskammern melden ein Plus von 35 %, im rein betrieblichen Bereich von 29 %, die freien Berufe sogar ein Plus von

53 %, aber bei einer sehr geringen Ausgangsbasis. Lediglich der grüne Bereich meldet einen leichten Rückgang der Ausbildungsplätze, die verfügbar sein werden.

Auch die Bundesagentur für Arbeit signalisiert den demografischen Wandel mit einem Minus von 16 % der Bewerber, stellt aber fest, dass mehr betriebliche Plätze zur Verfügung stehen, obwohl sich das Gesamtergebnis von Handwerkskammer und Industrie- und Handelskammer darin nicht komplett widerspiegelt. In diesem Geschäft ist viel in Bewegung und dazwischen auch viel nicht Nachweisbares.

Ich will den Ritus der Diskussion zum Lehrstellenangebot ein Stück nach vorn bringen, indem ich frage, was die Herausforderungen der Zukunft sind. Das sind auch die Fragen, denen sich das Lehrstellenkollegium, das nun „Lehrstellen und Fachkräfte in Sachsen“ heißt, in besonderer Weise zuwendet. Schon genannt wurden der demografische Umbruch und die Halbierung der Jahrgangsstärken, sodass wir von 27 400 Realschulabgängern 2006 hinuntersausen auf 13 700 im Jahr 2009. Das ist die Hauptzeit des Abbruchs. Zusätzlich zu sehen ist, dass in dieser Zeit beginnend besonders starke Jahrgänge in Rente gehen. Noch haben wir einen Überhang an Neuzugängen in die Erwerbstätigkeit, aber schon 2012/2013 bricht die Entwicklung infolge der Demografie stark ein und wir werden dann eine kräftige Beschäftigungslücke haben.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Das geht rasch!)

Im Bereich der Hochschulabgänger können wir jetzt schon sagen, dass wir uns mitten im Aufbrechen dieser Lücke befinden, insbesondere bei Ingenieuren und Naturwissenschaftlern. Das ist nicht nur konjunkturell bedingt – das verstärkt nur den Effekt –, sondern auch strukturell. Bei den Frauen und Männern mit Berufsabschlüssen werden wir in sieben bis acht Jahren so weit sein, dass die Lücke an Beschäftigungsangeboten nicht mehr gefüllt werden kann, wir also nicht mehr ausreichend qualifizierte Leute am Arbeitsmarkt haben werden.

Allerdings wird die Zahl derer ohne Berufsabschluss nur gering abnehmen. Den Segen einer ausgeglichenen Bilanz, ja eines aufnahmefähigen Marktes für Leute ohne Berufsabschluss wird es in dieser Weise nicht geben.

Bitte zum Schluss kommen.

Wir hatten zum Ende der Neunzigerjahre einen Lehrstellenmangel von 29 000 Plätzen; in fünf bis sechs Jahren werden wir einen Mangel von circa 20 000 Lehrlingen haben.

Ich melde mich später noch einmal wieder.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Ich erteile der Fraktion der SPD das Wort. Herr Brangs, bitte.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat ist es so, dass wir das Thema „Lehrstellenmangel“ hier schon mehrfach diskutiert haben. Die Frage ist deshalb: Was ist neu an der heutigen Debatte?

Man könnte einsteigen, indem man sagt, dass es eine neue Studie von der Gesellschaft für Sozialpolitik gibt, und zwar ist das eine Untersuchung, wie viele Betriebe in Deutschland überhaupt noch ausbilden. Danach liegt das durchschnittliche Niveau bei 22 %. In Sachsen sind es noch 20 %, die eine klassische duale Ausbildung machen. Insofern müssen wir natürlich, wenn wir uns mit dem Thema „Lehrstellenmangel“ beschäftigen, auch etwas zur Frage der dualen Ausbildung sagen. Das ist richtig. Wir müssen auch etwas dazu sagen: Was passiert mit dem großen Anteil von nicht vermittelten Bewerbern, die auf den Ausbildungsmarkt wollen? 38 314 Jugendliche – das sind die Zahlen vom Mai 2007 – suchen mithilfe der Bundesagentur noch einen Ausbildungsplatz, 7 200 weniger als im Vorjahr. Wir haben aber auch ein Problem: 16 184 Bewerberinnen und Bewerber haben einen Ausbildungsplatz gefunden und von den rund 22 100 noch nicht Versorgten sind 21 000 Altbewerber. Das sind dramatische Zahlen, die uns aufhorchen lassen sollten. Klar ist natürlich, dass wir überlegen müssen, woher diese Situation kommt. Wir müssen uns Gedanken darüber machen: Warum gibt es einen solchen Widerspruch zwischen den gemeldeten Lehrstellen und den betrieblichen Ausbildungsstellen? Denn es sind 18 000 gemeldete Ausbildungsstellen und davon sind 13 300 betriebliche Ausbildungsstellen. Deshalb ist es auch wichtig und richtig, sich Gedanken darüber zu machen, wie man in diesem Bereich zusätzlich fördern kann.

Es gibt im Ausbildungsjahr 2007/2008 eine Initiative, dass man sich genau in diesem Bereich der dualen Ausbildung noch einmal stärker engagieren will. Das ist richtig. Es ist auch richtig, dass das Sächsische Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit in einem großen Umfang, gerade weil wir eine Lücke zwischen betrieblichen und dualen Ausbildungsverhältnissen haben, versuchen wird, mit umfangreichen Angeboten der außerbetrieblichen Ausbildung dem Grundziel des zitierten Kollegiums für Berufsausbildung und Fachkräfte in Sachsen näherzukommen.

Es geht im Wesentlichen darum: Wie können wir mit den Fördermitteln sinnhaft eine Politik betreiben, die den jungen Menschen in Sachsen eine Perspektive bietet? Es gibt insgesamt 27 Förderprogramme, bei denen mit Landesmitteln und Mitteln der Europäischen Union eine Finanzierung angeschoben worden ist, um genau diesem Ziel gerecht zu werden. Nach meinen Informationen sind damit rund 55 Millionen Euro in solche Programme geflossen. Das ist ein großer und wichtiger Beitrag, denn eines muss doch jedem auch hier im Sächsischen Landtag klar sein: dass wir den jungen Menschen gerade mit einer Berufsausbildung die Eintrittskarte in die Arbeitswelt erst ermöglichen.

Deshalb ist es uns als SPD-Landtagsfraktion auch so wichtig, mit Blick auf die Diskussion um die Steuermehreinnahmen ganz klare Prioritäten zu setzen, wie wir mit den Mitteln, die in unsere Kasse fließen, umgehen. Wir sollten uns gemeinsam mit unserem Koalitionspartner dazu durchringen, etwas gegen diesen großen Anteil der Altbewerber zu tun. Ich hoffe sehr, dass unser Vorhaben – das Vorhaben des Wirtschafts- und Arbeitsministers – auch von unserem Koalitionspartner mitgetragen wird, dass wir in diesem Bereich, nämlich mit Blick auf den Fachkräftemangel, eine Stärkung der dualen Ausbildung auch mit Finanzmitteln, die uns beschert werden, etwas tun können.

(Beifall bei der SPD)

Trotz aller Initiativen, die wir haben, verzeichnen wir ständig und stetig einen Rücklauf der dualen Ausbildung in Deutschland. Da macht Sachsen keine Ausnahme. Es ist nun einmal so, dass vor zehn Jahren rund 70 % der Jugendlichen in einer dualen Ausbildung waren. Heute sind es leider nur noch 40 %. Insofern müssen wir uns Gedanken darüber machen, warum bei einem so bewährten betrieblichen Mittel wie der betrieblichen Ausbildung auch mit Blick auf die künftige Frage der Facharbeit in Sachsen noch nicht alle Unternehmen auf diesen Zug aufgesprungen sind und warum sie Jugendlichen nicht in dem Umfang Chancen geben, in einem Unternehmen, also in einer echten dualen Ausbildung, zu bestehen. Deshalb müssen wir uns über ein paar Punkte verständigen. – Mit Blick auf die Redezeit komme ich nachher noch einmal auf diese Punkte zu sprechen.

(Beifall bei der SPD)

Ich erteile der Fraktion der NPD das Wort; Herr Delle bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die alljährliche Lehrstellensituation im Freistaat gleicht ein wenig dem berühmten Glas Wasser. Der eine sieht ein halbvolles Glas, der andere ein halbleeres. Genau diesen Eindruck hat man auch, wenn man über den sächsischen Lehrstellenmarkt spricht. Die einen – die Staatsregierung, die Betriebe und die Industrie- und Handelskammern – klopfen sich auf die Schultern und sprechen vom Aufschwung. Wer aber selbst keine Lehrstelle vor dem Beginn des Ausbildungsjahres 2007/2008 findet – das sind leider viele sächsische Jugendliche –, der kann für diese Euphorie kein Verständnis aufbringen. An euphorischen Stimmen – sollte man besser euphemistischen sagen? – für die aktuelle Lehrstellensituation fehlt es nicht, verstiegen sich doch die sächsischen Industrie- und Handelskammern erst Anfang Mai zu der Verlautbarung, es gäbe gerade Rekordzahlen bei den neuen Ausbildungsverträgen in Sachsen und in allen drei sächsischen IHK-Bezirken lägen die Zuwachsraten gegenüber dem Vorjahr bei rund 10 bis 15 %.

Dennoch, meine Damen und Herren, der Schein trügt. Fakt bleibt, dass auch in diesem Jahr allein im Freistaat etliche Tausend Jugendliche noch keine Aussicht auf eine

Lehrstelle zum nächsten Ausbildungsjahr haben. Bundesweit fehlen derzeit stattliche 210 000 Ausbildungsplätze, und das trotz des vielbeschworenen Aufschwungs und trotz eines mit vielem rituellem Brimborium verabschiedeten Ausbildungsplatzprogramms Ost 2007.

Meine Damen und Herren! Ich darf an dieser Stelle kurz erwähnen, dass ich mich im Rahmen einer Kleinen Anfrage schon im Spätsommer des letzten Jahres bei der Staatsregierung nach dem Stand der Lehrstellensituation im Freistaat erkundigt und in diesem Zusammenhang mit den üblichen Erfolgsmeldungen auch ganz andere und reichlich entlarvende Zahlen erfahren habe. In seiner Antwort auf meine Anfrage musste das Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit unter anderem einräumen, dass die Zahl der Ausbildungsverträge zwischen 2001 und 2005 um stattliche 20,9 % zurückgegangen ist. Darüber hinaus, meine Damen und Herren, steht noch die Tatsache im Raum, dass viele sächsische Betriebe gegenwärtig nicht mehr ausbilden. Über die Ursachen kann man streiten. Tatsache ist aber, dass noch nicht alle Potenziale ausgeschöpft sind.

Um es auf den Punkt zu bringen: Ginge es der sächsischen Wirtschaft wirklich so gut, wie die Staatsregierung ja nicht müde wird zu behaupten, dann müssten wir uns über einen Lehrstellenmangel im Freistaat wirklich nicht den Kopf zerbrechen.

Noch ein Problem liegt meiner Fraktion am Herzen. Sie werden mir darin zustimmen, meine Damen und Herren, dass fehlende Lehrstellen für unsere Jugendlichen gleichbedeutend sind mit einer Schmälerung der späteren Berufsperspektiven und dass sich daraus ein ganzer Rattenschwanz von gesellschaftlichen Problemen ergibt. Besonders gravierend ist dieses Problem für alle jenen Jugendlichen, die mehrere Jahre in Folge vergeblich nach einem Ausbildungsplatz suchen. Meine Fraktion hat bereits vor ziemlich genau zwei Jahren in einem Antrag zur beruflichen Ausbildung gefordert, eine spezielle Förderpriorität für Altbewerber in Betracht zu ziehen. Passiert ist hier allerdings überhaupt nichts.

Es ist doch geradezu ein Armutszeugnis, auf die Selbstheilungskräfte des Marktes und insbesondere des Lehrstellenmarktes zu warten, im Übrigen aber die Hände in den Schoß zu legen.

Sie können sicher sein, meine Damen und Herren von der Staatsregierung, dass es mit unserem augenblicklichen Zwischenhoch irgendwann wieder einmal vorbei sein wird. Dann ist es auch mit den gegenwärtigen Zuwachszahlen auf dem Ausbildungsmarkt wieder vorbei.

Die NPD-Fraktion hat hier einen ganz klaren Standpunkt. Wir sagen, unsere Jugendlichen müssen mit allem Nachdruck gefördert und ausgebildet werden, unabhängig von der konjunkturellen Lage. Wer heute keinen Ausbildungsplatz bekommt, erhält vermutlich auch morgen keinen Arbeitsplatz. Arbeitslosigkeit – das wissen wir alle – ist Gift für unsere Gesellschaft. Also, meine Damen und Herren, tun Sie etwas! Sorgen Sie dafür, dass die Konjunktur auch unseren Lehrstellensuchenden zugute

kommt. Sorgen Sie dafür, dass die sächsischen Unternehmen ihren Ausbildungsverpflichtungen nachkommen. Überlegen Sie sich etwas, wie wir das vor zwei Jahren schon getan haben, damit speziell Altbewerber endlich eine Lehrstelle bekommen. Möglichkeiten, etwas zu tun, gibt es genügend.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der NPD)

Ich erteile der Fraktion der FDP das Wort. Herr Morlok, bitte.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben tatsächlich – das hat die grundlegende Debatte gezeigt – eigentlich zwei Probleme. Wir haben zum einen ein Problem fehlender Ausbildungsplätze und wir haben ein Problem fehlender Bewerber, beides zeitgleich. Das zeigt eigentlich die Komplexibilität dieser Probleme, der wir uns auch stellen müssen.

Wir haben das Problem der fehlenden qualifizierten Bewerber. Kollege Rasch hat das bereits angesprochen. Es besteht flächendeckend in Sachsen, es beschränkt sich nicht auf die großen Städte.

Ich denke, es ist falsch, in der jetzigen Situation auf die bereits gemeldeten Ausbildungsverträge zu schauen; denn wir wissen alle, dass im Laufe des Jahres noch einmal eine ganze Menge Verträge abgeschlossen werden. Im Jahr 2006 wurden 31 000 Ausbildungsverträge neu abgeschlossen. Wenn wir uns anschauen, wie viele Bewerber wir tatsächlich haben – es sind nicht 38 000, wie Sie, Herr Zais, laut Pressemitteilung der Arbeitsagentur gesagt haben, sondern 35 800 Bewerber –, können wir feststellen, dass im letzten Jahr 31 000 Ausbildungsverträge neu abgeschlossen wurden. Es besteht also nur eine Lücke von 5 000 Bewerbern.

Kollege Brangs hat die Zahl der Altbewerber schon angesprochen. Wir sprechen von 20 000 Altbewerbern, die sich schon über mehrere Jahre bewerben. Wenn man diese Zahlen gegenüberstellt, dann erkennt man, worin das Problem liegt. Derzeit besteht nicht das Problem, dass junge Menschen, die einen Schulabschluss haben, die ausbildungswillig und ausbildungsbereit sind, einen Ausbildungsplatz finden, sondern wir haben das Problem von Altbewerbern, die über viele Jahre hinweg probieren, einen Ausbildungsplatz zu finden, und denen dies nicht gelingt.

Wir müssen uns fragen, warum es nicht gelingt und welche Maßnahmen wir ergreifen müssen, damit diese Altbewerber in den Arbeitsmarkt integriert werden. Wir brauchen diese Altbewerber auf dem Arbeitsmarkt. Das zeigt die demografische Entwicklung sehr deutlich.

Wir hatten im Jahre 2006 noch 53 000 Schulabgänger, im Jahre 2007 sind es voraussichtlich 45 000 Schulabgänger und im Jahre 2008 rechnen wir mit 38 000 Schulabgängern. Im Vergleich von 2006 zu 2007 ist das ein Minus von 8 000 Schulabgängern und von 2007 zu 2008 ein Minus von voraussichtlich 7 000 Schulabgängern. Das

zeigt schon jetzt, dass die Schulabgänger in Sachsen nicht mehr in der Lage sein werden, in den nächsten Jahren die Nachfrage der Unternehmen nach Auszubildenden zu befriedigen.

Wenn man sich anschaut, welchen Beruf die jungen Leute ergreifen wollen – dazu gibt es eine Studie der TU Chemnitz –, dann heißt es dort: 30 % der Schulabgänger wollen in den öffentlichen Dienst, allerdings werden nur 3 % der Ausbildungsplätze im öffentlichen Dienst angeboten. Hier ist also eine eklatante Lücke vorhanden, das heißt, die Berufsneigungen und die Berufsvorstellungen der jungen Menschen lassen sich mit der Unternehmensrealität überhaupt nicht in Einklang bringen. Es gibt also eine falsche Berufsorientierung der jungen Menschen und wir müssen uns fragen, warum diese jungen Menschen diese Vorstellungen haben und wie wir es besser organisieren können, dass die jungen Menschen zu einer anderen Berufsorientierung kommen.

Ich sage es sehr deutlich: Hier ist eine bessere Kooperation zwischen der Schule und den Unternehmen erforderlich. Viele Jugendliche wissen gar nicht, wie ein Unternehmensalltag aussieht und was man in einem Unternehmen an einem Arbeitsplatz tun kann. Wenn diese jungen Menschen aber diese Information nicht haben, dann fehlt ihnen das Interesse, und wenn sie das Interesse nicht haben, dann fehlt auch die Motivation. Das erklärt vielleicht ein wenig, warum wir eine große Anzahl von Jugendlichen haben, die sich als nicht ausbildungsfähig erweisen, weil sie gar keine Kenntnis davon haben, was sie in einem Unternehmen machen könnten.

Hier gibt es Defizite, auch Defizite in unserer Schul- und Bildungspolitik. Wenn sich die guten Gymnasien – als Beispiel möchte ich das Agricola-Gymnasium in Glauchau nennen – mit den Unternehmen intensiv kümmern, sind das aber Ausnahmefälle. Diese Ausnahmefälle müssen in Sachsen zu Regelfällen werden. Hierbei ist die Staatsregierung gefordert, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.

(Beifall bei der FDP)

Es ist auch so, dass die Wirtschaft gefordert ist. Wenn wir in einer Umfrage feststellen, dass nur 50 % der Unternehmen glauben, dass fehlende Fachkräfte für sie ein Problem darstellen können, dann zeigt sich, wie viel auf diesem Gebiet noch an Aufklärungsarbeit bei den Unternehmen notwendig ist, damit diese erkennen, dass sie sich rechtzeitig um diese Ausbildungswilligen bemühen müssen. Eine Ausbildung dauert zwei bis drei Jahre. Wir alle wissen, dass jemand, der die Ausbildung abgeschlossen hat, trotz aller Kenntnisse und Fertigkeiten noch kein vollwertiger Mitarbeiter im Unternehmen ist. Es sind zwei bis drei Jahre Arbeitspraxis im Unternehmen erforderlich, um voll mitarbeiten zu können. Das heißt, die Leute, die in sechs Jahren das Unternehmen tragen sollen, müssen heute ausgebildet werden. Ich glaube, diesbezüglich ist die Wirtschaft immer noch nicht in der Lage, dieses Problem flächendeckend zu erkennen. Hier ist die Wirtschaft gefordert, darüber nachzudenken, wie man in den