Protokoll der Sitzung vom 07.06.2007

Ich freue mich, dass mich Thomas Colditz auf dem Weg „Mehr Gemeinschaftsschulen in Sachsen“ unterstützen wird, dann ist ja schon einmal der erste Teil meiner Rede von Erfolg gekrönt.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Wir müssen uns natürlich trotzdem für das, was im Gesetz verankert ist, einsetzen: dass die Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen vom Schulträger eingestellt werden. Ich fordere daher das SMK auf – ich bin mir sicher, dass genau daran gearbeitet wird –, Sorge für die notwendige Umsetzung zu tragen.

Den Antrag der GRÜNEN brauchen wir dazu jedoch nicht.

(Beifall bei der SPD und der CDU – Widerspruch bei den GRÜNEN)

Die NPD-Fraktion erhält das Wort; Frau Schüßler, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Schulgesetz für den Freistaat Sachsen steht wörtlich in § 8 Abs. 3 Satz 2: „Jugendliche im BVJ sind sozialpädagogisch zu betreuen.“ – Mehr nicht.

Die GRÜNEN möchten nun mit ihrem Antrag eine flächendeckende Betreuung erreichen. Offensichtlich ist aber der Bedarf an den beruflichen Schulzentren dafür überhaupt nicht vorhanden, sonst würden bei 90prozentiger Förderung wohl mehr Anträge gestellt werden. Nun ist ja der Hang der GRÜNEN, überall Sozialpädagogen etablieren zu wollen, sozusagen als grüne Wunderwaffe, allgemein bekannt. Ich frage mich manchmal, wie die menschliche Evolution überhaupt ohne den Einsatz von Sozialpädagogen stattfinden konnte.

(Beifall des Abg. Jürgen Gansel, NPD)

Wie begründen nun die GRÜNEN ihre Forderung nach diesem flächendeckenden Einsatz? – Eigentlich überhaupt nicht, wenn man von dem Halbsatz: „... weil oft nicht nur schulische Defizite den Beginn einer Ausbildung verhindern“ einmal absieht. Den BVJlern werden also flächen

deckend massive Defizite unterstellt, die natürlich von Sozialpädagogen behoben werden könnten. Anscheinend gehen die GRÜNEN immer noch davon aus, dass eine umfassende sozialpädagogische Betreuung Lehrstellen schaffen könnte, Arbeitsplätze sowieso, und überhaupt die Welt ein besserer Ort wäre, wenn nur genug sozialpädagogische Betreuung vorhanden wäre.

Meine Damen und Herren! Die NPD-Fraktion sieht das etwas anders, und offensichtlich hat auch die Staatsregierung gewisse Bedenken, wenn sie in der Antwort auf die Kleine Anfrage in der Drucksache 4/7417 schreibt, dass – Zitat – „… Schulträger, Schulleitung und Lehrerkollegium von der Tätigkeit der sozialpädagogischen Fachkraft inhaltlich überzeugt sein müssen, damit eine Integration dieser Fachkraft in den Schulbetrieb möglich ist“. Übrigens steht dies auch im Einklang mit dem Berufsbildungsgesetz. Darin wird unmissverständlich dargelegt, wer durch umfassende sozialpädagogische Betreuung und Unterstützung begleitet werden soll. Da ist nämlich die Rede von lernbeeinträchtigten und sozial benachteiligten Personen. Den Jugendlichen pauschal zu unterstellen, entweder lernbeeinträchtigt oder sozial benachteiligt zu sein, halten wir doch für ziemlich an den Haaren herbeigezogen.

(Kathrin Kagelmann, Linksfraktion.PDS: Das macht doch gar keiner!)

Wenn überhaupt, dann müsste der Antrag für die sozialpädagogische Betreuung auf kommunaler Ebene eingebracht werden. In diesem Hohen Hause ist er für uns fehl am Platz. Es liegt, wie gesagt, im Ermessen der Schulträger, ob sie die Fördermittel beantragen. Wenn dies nicht geschieht, ist offensichtlich der Bedarf, die nicht nur schulischen Defizite, nicht gegeben.

Nun soll also die Schul- und Rechtsaufsicht eingeschaltet werden, um Stellen zu schaffen, die nicht benötigt werden – da von den Schulträgern, wie bereits gesagt, nicht angefordert. Sollen die Jugendlichen dann zwangsverpflichtet werden, einen Sozialpädagogen aufzusuchen? – Ich denke, das will das Gesetz nicht, das wollen die Schulträger nicht und bei den Jugendlichen wird dies erst recht auf Ablehnung stoßen – genau wie bei meiner Fraktion.

Wir werden den Antrag ablehnen, denn wir halten ihn für überflüssig.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

Für die FDP-Fraktion spricht Herr Abg. Herbst.

(Beifall bei der NPD)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wenn die Stunde schon fortgeschritten ist, erleben wir eine sehr eigenartige Debatte. Die NPD bezweifelt gleich mal, dass Sozialpädagogen notwendig sind. Das habe ich von anderer Stelle noch nie gehört. Die CDU schweigt laut und hat eigent

lich gar nichts dazu zu sagen, und bei Martin Dulig hatte ich den Eindruck, ihm sind in seine Rede ein paar Seiten einer ganz anderen Rede hineingerutscht. Er hat jedenfalls ziemlich am Thema vorbeigeredet.

(Heiterkeit und Beifall der Abg. Tino Günther, FDP, und Cornelia Falken, Linksfraktion.PDS)

Wenn ein Bürger gegen ein Gesetz verstößt, wird er in der Regel bestraft. Wenn das Schulgesetz hinsichtlich der sozialpädagogischen Betreuung nicht eingehalten wird, bleibt dies offenbar folgenlos. Das ist ein Widerspruch, und hier muss man sich zu Recht fragen: Welchen Wert hat eigentlich ein Gesetz? Hat es bindenden oder eher empfehlenden Charakter? Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Formulierung im Schulgesetz keine Empfehlung ist, sondern bindenden Charakter hat, auch wenn man vom Handeln der Staatsregierung manchmal den gegenteiligen Eindruck hat. Die Staatsregierung lobt ein Förderprogramm aus, schiebt ansonsten den Schwarzen Peter den Kommunen zu, und dabei bleibt es dann.

Wenn beim Thema Rechtsaufsicht – dafür gibt es, denke ich, auch in anderen Bereichen eine ganze Menge von Fällen – der Staat und die Regierungspräsidien gegenüber den Kommunen so großzügig wären wie in diesem Fall – ich glaube, die Kommunen würden sich häufig freuen. Leidtragende dieses inkonsequenten Handelns sind am Ende jedoch die Jugendlichen; denn ohne qualifizierte sozialpädagogische Betreuung ist die Anfälligkeit gefährdeter Jugendlicher gegenüber Problemen – wie Rechtsextremismus, Gewalt und Auseinandersetzungen sowie Problemen mit dem Elternhaus – zweifellos deutlich höher.

Das Problem ist in der Tat nicht neu, es wird schon seit Jahren diskutiert, und außer dem Wunsch, es zu lösen, bin ich einmal gespannt, was die Staatsregierung konkret sagt, bis wann es eine Lösung geben wird. Oder sehen die Regierungsfraktionen im Schulgesetz nur eine Beruhigungspille mit Placebowirkung? Ich hoffe, dies ist nicht der Fall. Gesetze sind dazu da, dass sie eingehalten werden.

(Beifall der Abg. Cornelia Falken, Linksfraktion.PDS)

Ansonsten kann man sich, denke ich, hier die Verabschiedung sparen. Dann brauchten wir als Parlament auch keine hitzigen Debatten zu führen. Ich glaube, den Betroffenen hilft es auch wenig, wenn wir den Schwarzen Peter noch dreimal im Verlaufe des nächsten Jahres hin- und herschieben. Hier geht es darum, eine Lösung zu finden.

Der Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN thematisiert in der Tat ein Defizit, und wir werden diesem Antrag zustimmen.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP)

Gibt es aus den Fraktionen heraus noch Redewünsche? – Das kann ich

nicht erkennen; dann, Herr Staatsminister Flath, sind wir gespannt. Sie haben das Wort.

Frau gespannte Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Natürlich gebe ich meine Rede nicht zu Protokoll, Frau Abg. Günther-Schmidt.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS und der Staatsregierung)

Es ist interessant, man bekommt einmal so und einmal so Beifall, wenn ich es recht verfolgt habe. So ist überhaupt mein Eindruck, Frau Abg. Günther-Schmidt.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Das war der einzige Beifall, den Sie bekommen haben!)

Sie hatten wohl auch geklatscht, Herr Abg. Hahn?

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Ein bisschen!)

Das sollten wir schon mal im Protokoll festhalten.

Zunächst zu der Arbeitsverweigerung, die Sie mir vorwerfen: Ich bin heute seit 08:15 Uhr hier im Sächsischen Landtag, und wir haben es jetzt kurz nach 20:00 Uhr. Ich fasse dies hier weder als Vergnügen noch als Freizeit auf, sondern es ist Arbeit.

(Beifall bei der CDU)

Frau Abgeordnete, es geschieht durchaus zu Recht, dass Sie mich auffordern, darauf zu dringen, dass das Schulgesetz umgesetzt wird. Wenn ich einmal an meine zweieinhalb Jahre Amtszeit denke, so habe ich die meiste Zeit – übrigens einschließlich des heutigen Tages – damit verbracht, das sächsische Schulnetz anzupassen, damit es der Rechtslage im Schulgesetz entspricht. Ich kann mich nicht erinnern, dass Sie mich dabei zumindest insofern unterstützt hätten, als Sie Verständnis dafür gezeigt hätten, dass dies sehr, sehr schwierige Anpassungsmaßnahmen waren.

(Beifall bei der CDU)

Zum Zweiten kann ich mich auch nicht erinnern, dass die Presse in Sachsen allzu großes Verständnis dafür aufgebracht hat, auch nicht Frau Strietzel. Ich blättere mittlerweile in der „Freien Presse“ einfach weiter, wenn ich „Frau Strietzel“ lese, denn außer Hohn und Spott habe ich von dieser Dame noch nichts gelesen. Sie hat nicht einmal bei der Schulnetzsache etwa Verständnis dafür geäußert, dass ich lediglich ein Sächsisches Schulgesetz umsetze.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, natürlich.

Herr Flath, würden Sie mir bitte erklären, warum Sie die Einstellung von Schulsozialarbeitern nicht mit der gleichen Konsequenz und Nachdrücklichkeit betreiben wie die Durchsetzung der Schulnetzplanung?

(Beifall des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE, und bei der Linksfraktion.PDS)

Frau Abgeordnete, ich war noch bei den Vorbemerkungen. Ich hatte lediglich damit begonnen, dass ich Ihnen in der Rechtsauffassung beipflichte. Das ist auch die Rechtsauffassung der Staatsregierung. Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, Frau Abgeordnete, dass wir ein besonderes Problem in den kreisfreien Städten haben – und dort auch wieder bei den größten, in Dresden, in Leipzig und in Chemnitz. Dort ist es besonders schwierig, weil nun ausgerechnet der Sächsische Städte- und Gemeindetag auch noch der Rechtsauffassung dieser drei kreisfreien Städte folgt, dass, wie Frau Abg. Falken es schon vorgeschlagen hat, der Freistaat Sachsen die Sozialpädagogen einstellen solle.

Diese Auffassung teilen wir eben nicht. Aus diesem Grund haben wir auch ein Förderprogramm auf den Weg gebracht, das immerhin eine 90-prozentige Förderung beinhaltet. Ich werde mit meinem Haus weiter daran arbeiten und appelliere auch heute wieder an die Schulträger, von dieser Fördermöglichkeit Gebrauch zu machen. Denn es ist unbestritten, dass diese Arbeit notwendig ist. Deshalb steht es auch im Sächsischen Schulgesetz. Ich habe im Übrigen auch noch keinen Schulleiter getroffen – und ich habe inzwischen einige Berufsschulzentren besucht –, der etwa davon abgeraten hätte. Ganz im Gegenteil, es wurde immer geäußert, dass es zur Unterstützung der Arbeit an den Berufsschulzentren wichtig wäre, eine Sozialpädagogin oder einen Sozialpädagogen zur Verfügung zu haben. Alles unbestritten. Lediglich der Weg der Durchsetzung wird unterschiedlich gesehen.