Hintergrund sind unausgeglichene Vorteilsverhältnisse zwischen privatem Investor und öffentlichem Nutzer, unzureichende Planungsvorgaben und Nutzungskonzeptionen oder mangelnde Finanzierungsanalyse durch den Nutzer selbst. All diese Negativwirkungen sind auf die
Nun möchte ich nicht behaupten, dass unsere Bürgermeister und Landräte nicht die nötigen Kenntnisse haben, um verantwortlich zu agieren. Anhand der angeführten Problemstellung möchte ich jedoch klarmachen, dass ein so komplexes und vielschichtiges Thema wie die Errichtung eines öffentlichen Gebäudes im Rahmen eines ÖPPModells viele Risiken und nicht vorhersehbare Entwicklungen birgt.
Ich möchte die Schwierigkeiten an einem Beispiel erläutern. Ein Bürgermeister beschließt, in seiner Stadt ein Rathaus an historischer Stelle am Marktplatz zu errichten. Aufgrund der zentralen Lage bestehen zusätzliche Bestrebungen zur Funktionsunterlagerung für Handel, Dienstleistungen und Büroflächen. Ein ÖPP-Partner ist schnell gefunden, die Prognosen für die Stadt sind Mitte der Neunzigerjahre günstig, Anfragen nach Mietflächen liegen bereits vor. Man vergibt die notwendige Grundstücksfläche im Rahmen eines Erbpachtvertrages an den Investor und schließt einen langfristigen Mietvertrag über das Projekt ab, der die aktuelle Situation am Markt berücksichtigt. Den Erbpachtzins spart man an, um das Objekt nach Ablauf der vertraglichen Bindung vom Investor zu einem bereits vereinbarten Verkaufspreis zurückzuerwerben.
Nun geschieht während der Laufzeit des Vertrages Folgendes: Die Prognosen für die Stadtentwicklung treten nicht ein. Die erwarteten Investitionstätigkeiten bleiben aus. Wenige Menschen ziehen in die Stadt. Der Handel ist rückläufig. Die demografische Entwicklung kommt hinzu. Die angemieteten Flächen können nicht im vorgesehenen
Maße an Dritte weitervermietet werden. Der Mietpreis, der Grundlage der Berechnung war, ist bei Weitem nicht am Markt erzielbar. Die Zinsen für Festgeld und sonstige Spareinlagen sinken. Der vereinbarte Rückkaufpreis ist während der Laufzeit des Vertrages aus den Mitteln des Erbbauzinses und dessen Verzinsung nicht zu erzielen. Die Verwaltung wird aufgrund der notwendigen Haushaltskonsolidierung ebenfalls zahlenmäßig minimiert, und damit wird auch für den Eigenbedarf weniger Fläche benötigt. Der Mietpreis des Investors bleibt jedoch gleich, und auch die Mietfläche lässt sich im Rahmen der vertraglichen Vereinbarung nicht minimieren.
Was anfangs als gutes Projekt anmutete, entpuppt sich nach zehn Jahren für die Stadt als immense Belastung. Risiken wurden nicht beachtet und auch nicht partnerschaftlich verteilt. Die Konsequenzen liegen auf der Hand: Entstandene Defizite für Rücklauf und Deckung nicht erzielbarer Mieten müssen mit Steuergeldern finanziert werden. Der städtische Haushalt wird zusätzlich belastet und andere notwendige Projekte und Investitionen müssen zurückgestellt werden.
Herr Prof. Bolick, welchen Nachteil hat die Stadt in dem von Ihnen gerade geschilderten Szenario eines PPP im Vergleich zu der Situation, dass sie das Gebäude, das Objekt aus Eigenmitteln selbst errichtet hat?
Sie hätte es wahrscheinlich nicht aus Eigenmitteln errichtet, aber auf jeden Fall hätte sie eine ordentliche Finanzierung gehabt. – Aber ich bin noch nicht am Ende.
Der Bürgermeister, der sich seinerzeit ob der Einmaligkeit seines Projektes feiern ließ, ist heute kaum ansprechbar, denn das von mir beschriebene ÖPP-Modell gibt es tatsächlich, und die Konsequenzen für die Stadt sind deutlich spürbar. Vielleicht ist dieses Projekt eine unrühmliche Ausnahme, es zeigt aber, welche Gefahren in einem solchen Vorhaben stecken.
Übrigens, all jene, die dem Freistaat Sachsen immer wieder zu wenig Initiativen in Sachen ÖPP vorwerfen, wie auch die hier anwesende FDP, sind offensichtlich auf einem Auge blind. Ihnen fehlt eigentlich die Übersicht; denn sie haben nicht realisiert, dass in Sachsen, zumindest was den Landeshaushalt betrifft, dank der vorausschauenden Politik der CDU im Vergleich mit vielen anderen Bundesländern ein gesunder Haushalt besteht und wir eine überdurchschnittlich hohe Investitionsquote haben.
Die Konsequenz daraus ist, dass wir notwendige Investitionen aus dem Haushalt finanzieren und nicht wie andere
mit Schulden oder gar mit verdeckten Schulden und Schattenhaushalten, wie zum Beispiel auch über PPP. Solche Zukunftslasten wollen wir bewusst begrenzen. Wir haben in Sachsen nicht weniger gebaut als andere, sondern mehr. Das ist der Maßstab und nicht, wie viele PPPModelle wir haben.
Und eines gehört zur vollen Beurteilung von PPP dazu, und dies wird manchen aufmerken lassen: Unser sächsischer Mittelstand erhält wohl kaum ein bemerkenswertes Bauvolumen aus solchen Projekten; denn diese Projekte werden von den Großen realisiert, und die haben in Sachsen höchstens ein Büro. Da kann ich unserem Staatshochbau schon viel eher bescheinigen, dass er durch höheren Ausschreibungsaufwand versucht, unserem Mittelstand eine Chance zu geben. Also sind wir nicht hinten, wie die Populisten und Lobbyisten behaupten, sondern wir sind vorn, vorn für unseren Mittelstand.
Nach einer Einschätzung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung sind PPP-Modelle in den neuen Bundesländern mit höheren Risiken behaftet als im übrigen Bundesgebiet. Besonders in den ländlichen Räumen und den Mittelzentren außerhalb von Ballungsräumen werden die Chancen Öffentlich-Privater Partnerschaften eher gering eingeschätzt. Demografisch bedingte Schrumpfungsprozesse und rückläufige Investitionen in Infrastruktur und öffentliche Einrichtungen beeinflussen diese Tendenz nachhaltig.
Das Optimum für ein ÖPP-Modell liegt in einem ausgeglichenen Win-Win-Verhältnis, bei dem beide Partner gleichermaßen von der Zusammenarbeit am geplanten Objekt profitieren. Um diese Situation dauerhaft zu garantieren, bedarf es umfangreicher vertraglicher Vereinbarungen und einer möglichst sicheren Einschätzung der Risiken, die beide Vertragspartner gleichermaßen zu tragen haben.
Dass unsere Fraktion aber die Umsetzung von ÖPPProjekten in Sachsen trotz aller Risiken grundsätzlich begrüßt und sich dafür einsetzt, dass Kommunen und andere öffentliche Entscheidungsträger bei der Ausgestaltung der Vorhaben umfassend beraten und unterstützt werden, zeigt unser Antrag. Seine Zielstellung ist es, zunächst eine umfassende Information dieses Hohen Hauses zur Umsetzung des ÖPP-Beschleunigungsgesetzes und der daraus resultierenden Projekte zu erhalten. Gleichzeitig wollen wir erreichen, dass die Staatsregierung eingehend prüft, welche notwendigen Anpassungen der bestehenden Gesetze und Verordnungen notwendig sind, um ÖPP zu initiieren und deren Umsetzung besonders für die öffentliche Hand rechtssicher und zielgenau zu gestalten.
In einem weiteren Schritt sollten die Akteure, die sich in Sachsen mit diesem Thema auseinandersetzen, über Möglichkeiten der Zusammenarbeit im Rahmen einer
zentralen Anlauf- und Beratungsstelle beraten. Die Ingenieurkammer Sachsen hat beispielsweise eine entsprechende Initiative „ÖPP Sachsen“ ins Leben gerufen und bemüht sich gemeinsam mit dem Verband unabhängiger beratender Ingenieure und Consultants um die Beratung von Interessenten. Natürlich sieht auch der Sächsische Bauindustrieverband die Umsetzung von ÖPP-Modellen positiv und empfiehlt die Gründung eines sächsischen ÖPP-Kompetenzzentrums.
Zielstellung muss es sein, die vorhandenen Aktivitäten zu analysieren und mit den Beteiligten über eine Zusammenarbeit auf der Ebene eines Kompetenzzentrums zu sprechen. Hier spielen sowohl die Akteure der Wirtschaft als auch die Vertreter der kommunalen Spitzenverbände eine Rolle. Ungeachtet der Entscheidung über das Organisationsmodell eines Kompetenzzentrums muss diese Anlaufstelle den zukünftigen Projektpartnern die erforderlichen Beratungsleistungen zur Verfügung stellen können.
Inwieweit der Freistaat als Träger des Kompetenzzentrums in die Mitverantwortung geht, sollte das Ergebnis der erwähnten Prüfung sein. Dem wollen wir an dieser Stelle nicht vorgreifen.
Deshalb ist auch der vorliegende Antrag der FDP, der vier Wochen nach unserem Antrag gestellt wurde, nicht sinnvoll und abzulehnen. Wir sehen die Durchführung von ÖPP-Projekten vor dem Hintergrund der Risiken für Kommunen und öffentliche Haushalte eher differenziert und lehnen es ab, dass die Staatsregierung ohne weitere Prüfung in die Verantwortung eines Kompetenzzentrums gesetzt und aufgefordert wird, mindestens zehn Modellprojekte auf staatlicher und kommunaler Ebene anzuschieben.
So verworren und weltfremd das Ansinnen überhaupt ist, so unmöglich ist auch die vorgegebene Zeitschiene. Sie müssen in Sachsen erst einmal zehn Partner finden, die bereit sind, im Rahmen eines ÖPP zusammenzuarbeiten. Ein Blick auf den Kalender hätte Ihnen klarmachen müssen, wie absurd Ihre Forderung eigentlich ist. Wir schließen uns diesem Populismus nicht an und bleiben auf dem Boden der Realität. Auch das Beispiel Schulhausbau ist angesichts des gerade halbwegs bewältigten Schülerrückgangs und mancher leer stehender Schulgebäude nichts wert.
ÖPP kann eine sinnvolle Alternative zur öffentlichen Finanzierung von Vorhaben sein, wenn die Projekte zukunftssicher und vom Risiko her ausgewogen angelegt sind. ÖPP ist aber kein Allheilmittel bei klammen Gemeindekassen und fehlenden öffentlichen Bauaufträgen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mein Kollege Gunter Bolick hat viele wesentliche Dinge
schon gesagt. Ich möchte eingangs auf den FDP-Antrag reagieren. Es leuchtet Ihnen selbst ein, dass es ziemlich schwierig ist, als Freistaat ad hoc zehn Projekte, noch dazu über die Kommunen, anzuschieben. Ich halte diesen Vorschlag eher für symbolisch. Er lässt sich aus meiner Sicht nicht verwirklichen.
Lassen Sie mich zusätzlich auf zwei oder drei Schwerpunkte eingehen. Ich denke, bei ÖPP geht es nicht darum, klamme kommunale Kassen zu ersetzen. ÖPP, also Öffentlich-Private Partnerschaften, sind in erster Linie ein Thema insbesondere im kommunalen Bereich, aber auch im Landesbereich, wenn man Geld zum Einsetzen hat.
Leider ist in der Vergangenheit meistens – und das ist vielen Kommunen schwer auf die Füße gefallen – genau der andere Weg beschritten worden.
Zweitens ist Grundlage für ein vernünftiges ÖPP-Projekt, dass eine vernünftige Wirtschaftlichkeitsanalyse gemacht wird. Auch das ist leider Gottes in der Vergangenheit zumindest wenig der Fall gewesen. Schwerpunkt einer solchen Wirtschaftlichkeitsanalyse ist ja – ich denke, das ist auch unstrittig –, dass man diese ÖPP-Modelle nicht nur auf die Errichtungsphase bezieht, sondern sie in Richtung Lebenszyklus und Bewirtschaftung betrachtet.
Es sei mir gestattet, einen dritten Aspekt anzuführen. ÖPP machen keinen Sinn, wenn ein Kindergarten, eine Schule oder ein Freibad errichtet werden soll, ganz abgesehen davon, dass in diesem Bereich kaum noch Investitionen stattfinden. ÖPP sind auch eine Frage der Größe des Investitionsvolumens. Sie machen eben erst dann Sinn, weil sie erst dann die entsprechenden Synergieeffekte haben, wenn sie in einem größeren Bereich operieren können. Da stoßen Sie bei einer Kommune immer an eine Grenze, weil Sie in einer Stadt eben nicht 50 oder 60 Schulen in so ein Paket packen können, wie es in anderen Bereichen teilweise schon passiert ist, weil sie nur zwei oder drei Schulen haben. Wenn Sie dann eine Wirtschaftlichkeitsanalyse machen, stoßen Sie ganz offensichtlich an die Grenzen der ÖPP. Unter diesem Aspekt ist so etwas sehr risikobehaftet, und da sind in der Vergangenheit auch viele Fehler gemacht worden. Es ist, denke ich, vernünftig, das entsprechend zu evaluieren.
Aus diesem Grunde sind wir auch dafür, dass man gemeinsam mit den Kommunen hier im Land ein entsprechendes Kompetenzzentrum einrichtet. Zurzeit gibt es da noch ein bisschen Gerangel und unterschiedliche Auffassungen darüber, wo dieses Zentrum angesiedelt wird; aber unstrittig ist, dass wir eine entsprechende Institution brauchen, mit der wir die erforderlichen Beratungsleistungen bereitstellen können. Das ist Gegenstand unseres Antrages. Das ist, denke ich, sinnvoll. Daher bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag.
Die dritte einreichende Fraktion ist die FDP, vertreten durch Herrn Dr. Schmalfuß, zeitweiliger Linkshänder.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich erst einmal bei Herrn Pecher bedanken, dass er zumindest unseren Antrag verstanden hat.
„Wenn die Direktorin der Konrad-Adenauer-Grundschule in Seligenstadt im Landkreis Offenbach Graffiti am Schulgebäude entdeckt, greift sie zum Telefonhörer. Wenige Stunden später ist die Wand sauber. Früher hat so etwas ewig gedauert.“
So ein Zitat aus der „Financial Times“ vom 4. April 2007. Worum geht es dort? – Der Landkreis Offenbach hat seine 91 Schulen in ein PPP-Projekt eingebracht, mit großem Erfolg. 180 Millionen Euro spart der Landkreis gegenüber seinem Betrieb in eigener Regie, und das bei weitaus besserem Service.