Protokoll der Sitzung vom 06.07.2007

Drucksache 4/9231, Antrag der Fraktion der NPD

Die Reihenfolge der Stellungnahmen: NPD, CDU, Linksfraktion, SPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn sie das wünscht.

Ich erteile der NPD-Fraktion das Wort. Herr Abg. Apfel, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die NPD-Fraktion wird nicht müde, die gescheiterten Arbeitsmarkt- und Sozialreformen namens Hartz IV aufzugreifen und Ihnen den Spiegel vorzuhalten, wie Sie gesellschaftlich abgekoppelt agieren.

Im Gegensatz zur abgehobenen politischen Alltagskultur, die seit 17 Jahren hier in Sachsen auch zusammenfassend ausgedrückt werden kann mit „Heute versprochen, morgen gebrochen“, stehen wir zu unserem 2004 gegebenen Wort und machen konkrete Vorschläge, die Radikalität, mit der gegen die Menschen vorgegangen wird, zu beseitigen.

Meine Damen und Herren! Nur wenn Sie die Realitäten und die Stimmen der Bürger anerkennen und akzeptieren, kann von Sachsen ein sozialer Impuls ausgehen. Unser

heutiger Antrag eröffnet Ihnen erneut die Möglichkeit, Sachsen zumindest in einem Teilbereich attraktiver und vor allem sozialer zu gestalten. Die heutige Diskussion zur Verpflegungsoffensive hat schließlich gezeigt, dass Sie zumindest verbal diesen Teilaspekt mittragen müssten.

Aber dabei kann es natürlich nicht bleiben, wenn es um unsere Kinder geht. Kindertageseinrichtungen und Schulen sind Horte der Gemeinschaft, die gesellschaftliche Fehlentwicklungen in hohem Grade ausdrücken.

So ist im Schulgesetz zwar die Lehr- und Lernmittelfreiheit garantiert, Studien haben aber aufgedeckt, dass die Kosten für Kopien, Arbeitshefte und dergleichen teils deutlich über 20 Euro im Monat liegen. Diese Kosten müssen Berücksichtigung finden, beim Einkommen als Ausgaben zur Erzielung eines zukünftigen Einkommens abgezogen bzw. den Hilfsbedürftigen erstattet werden.

Kommunales Engagement, so zum Beispiel verschiedene Kostenübernahmen für Hilfsbedürftige, wird durch die Anrechnungspraxis ad absurdum geführt. Da wird von mehr Patriotismus gesprochen, der sich schließlich auch im Lokalpatriotismus ausdrückt. Kommunen, die diese Identität durch ein Angebot sozialer Leistungen fördern, werden aber bestraft. Es ist doch absurd, dass zum Beispiel das Angebot einer kostenfreien Speisung für Kinder den Hartz-IV-Empfängern bei Annahme wieder abgezogen werden, bei sozial abgesicherten Familien aber noch nicht einmal als steuerwerter Vorteil angegeben werden muss.

Wenn wir schon bei dem für die Bürger längst nicht mehr zu durchschauenden Recht sind: Wenn die Stromkonzerne, die den deutschen Markt unter sich aufgeteilt haben, Milliardengewinne verbuchen, geschieht dies auf dem Rücken der Menschen. Besonders hart trifft es dabei natürlich wieder jene, die sich entscheiden müssen: Heizung aufdrehen oder Nahrungsmittel kaufen? Während Erwachsene damit gegebenenfalls noch umgehen können, trifft es wieder vor allem die Kinder. Dabei dürfte jedem in diesem Hause das Frankfurter Urteil zur Stromkostenübernahme bei Hilfsbedürftigen bekannt sein. Es ist in unseren Augen ein Skandal, dass zumindest für die optierenden Kommunen noch keine Verwaltungsanordnung ausgegeben wurde, die 20,74 Euro übersteigenden Kosten in angemessenem Umfang zu übernehmen.

Unisono zeigt die aktuelle Debatte um neu geförderte Arbeitsmarktmodelle, dass die NPD-Forderung auch hier greift und endlich aufgenommen wurde.

Großen Wert legen wir neben einem der Qualifikation entsprechenden Einsatz auch auf die Feststellung, dass durch eine volle Steuer- und Sozialpflicht auch entsprechende Anwartschaften, so zum Beispiel bei der Rente, erworben werden. Dafür muss genauso wie bei einer Anpassung der Sozialleistungen endlich der Preisindex für Lebenshaltungskosten Berücksichtigung finden. Diesen Vorteil, meine Damen und Herren der Koalition, haben Sie sich schließlich auch zum Beispiel in Ihrem Gesetzentwurf zum Abgeordnetengesetz genehmigt.

Es geht nicht ums Teilen, meine Damen und Herren. Geben Sie endlich den Menschen, was Sie sich selbst genehmigen wollen – nicht mehr, aber erst recht nicht weniger!

Auf weitere Aspekte unserer Initiative wird gleich mein Kollege Delle im zweiten Redebeitrag meiner Fraktion eingehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der NPD)

Für die Koalition spricht der Abg. Gerlach.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die NPD bringt uns hier einen Antrag mit verschiedenen Themen ein, und zwar nach dem Motto „Wünsch dir was – Hartz IV muss weg!“

Sie sind einmal mit „Hartz IV muss weg!“ angetreten. Es hat eine Weile gedauert, bis Sie damit in die Spur gekommen sind, aber immerhin.

Wenn ich Sie richtig verstanden habe, stehen Sie zu Ihrem Wort – das haben Sie jedenfalls gesagt – und hören auf die Stimme des Volkes. Sie haben weggelassen, welches Volk Sie gerade meinen, aber lassen wir es mal dahingestellt sein.

(Jürgen Gansel, NPD: Na, welches? – Das ist eine ziemlich doofe rhetorische Frage! – Dr. Fritz Hähle, CDU: Das deutsche Volk!)

Sie wollen, dass die Kinder- und Jugendarmut beseitigt oder jedenfalls deutlich verringert wird. Ich muss Ihnen sagen, ich bin mir mit allen anderen Kollegen dieses Hauses einig, dass wir das alle zutiefst wollen. Wir unterscheiden uns oft nur in den Konzepten, wie wir das verwirklichen wollen.

(Jürgen Gansel, NPD: Zwischen Worten und Taten!)

Dazu haben wir die NPD noch nie gebraucht. Zu dem, was Sie hier fordern, brauchen wir Sie wirklich nicht.

(René Despang, NPD: Was für eine Polemik!)

Das ist keine Polemik.

Was wollen Sie eigentlich? Sie fordern gesunde Ernährung. Sie fordern 200 Euro pro Schuljahr. Sie fordern vollwertiges, gesundes, kostenfreies Mittagessen, das der Freistaat bezahlen soll. Sie wollen eine Stromkostenerstattung. Sie fordern Mindestlohn, sozialen Arbeitsmarkt. Wir sollen die Bürgerarbeit beraten und unterstützen und zwölf Monate durchführen usw. usf., und am Ende sollen wir das Arbeitslosengeld II anpassen. Das steht alles in Ihrem Antrag. Das wird noch mit einigen Vorstellungen untersetzt, wie Sie sich das so denken.

Sie sprechen außerdem von drastisch gestiegenen Lebenshaltungskosten. Sie haben aber vergessen, den Maßstab hineinzuschreiben.

Man kann das alles so sehen, Sie haben aber bei Ihrem Antrag nicht erkannt, dass unter all Ihren Forderungen nicht eine einzige ist – ich habe es mit zwei Kollegen durchgesehen –, die der Landtag nicht in den letzten Monaten hier schon mehrfach behandelt hat,

(Jürgen Gansel, NPD: Darüber wurde aber nur gesprochen!)

in Anträgen, die von der Linksfraktion kamen, in Anträgen, die wir als Koalition gestellt haben, usw.

(Holger Apfel, NPD: Taten statt Worte!)

Einen Nachwasch brauchen wir hier wirklich nicht, dazu ist uns die Zeit zu schade.

(Jürgen Gansel, NPD: Wir brauchen endlich einmal die Einheit von Wort und Tat!)

Sie haben das Recht, jeden Antrag, der hier gekommen ist, jeden Monat nachzuwaschen.

(Zuruf von der Linksfraktion: Trittbrettfahrer!)

Es wird aber nicht intelligenter und schon gar nicht inhaltsreicher.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU – Zuruf von der NPD: Taten statt Worte!)

Danke schön. – Für die Linksfraktion spricht die Abg. Bonk.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Maßnahmen gegen Kinder- und Jugendarmut sind zweifellos dringend geboten. Gerade der am Montag vorgelegte Sächsische Sozialbericht hat uns das noch einmal deutlich vor Augen geführt. Die Lage im Land ist weiß Gott ernst. Wer mit offenen Augen durchs Leben geht, hat das zuvor auch schon gewusst.

Die zunehmende Kinderarmut gerade nach Hartz IV gehört zur bitteren Realität im Lande. Nicht zuletzt hatten wir vor allem im Sozialausschuss in den letzten Monaten mehrfach Gelegenheit, Anhörungen zu diesem Problem durchzuführen, meist auf Initiative meiner Fraktion. Ich erinnere an unsere Große Anfrage zur Kinderarmut, an unsere Gesetzesinitiativen zum kostenlosen Mittagessen und zur besonderen Förderung armer Kinder in Kitas und Schulen sowie unsere Vorschläge zur Grundsicherung von Kindern.

Der Diskussionsbedarf ist zweifellos riesig. Darum haben wir in diesem Hause in den vergangenen Monaten oft miteinander diskutiert. Der Handlungsbedarf ist noch größer. Allerdings lehnen wir es ab, uns auf der Grundlage des NPD-Sammelsuriumantrages ernsthaft mit der Problematik zu beschäftigen.

Nahezu nichts, was in dem Antrag stichpunktartig aneinandergereiht wurde, ist auf dem Mist der NPD gewachsen. Sie haben alles einfach bei anderen geklaut, das meiste schamlos bei uns oder bei anderen demokratischen

Oppositionsfraktionen. Der hässliche braune Vogel will sich offensichtlich mit bunten Federn schmücken.

Nun könnte man meinen, wir stimmen zu, wenn doch schon einige Forderungen wahllos kopiert werden, aber aus ganz grundsätzlichen Erwägungen, die Ihrer Politik zugrunde liegen, die immer ihren nationalistischen demokratiefeindlichen Kern haben, werden wir natürlich nicht zustimmen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Es ist ja nichts Neues, dass die Nazis versuchen, ihr eigenes miserables Image dadurch zu polieren, dass sie beim politischen Gegner klauen. Früher waren es Lieder, Symbole und Feiertage, jetzt sind es parlamentarische Anträge.

(Lachen bei der NPD)