Protokoll der Sitzung vom 24.02.2005

Herr Kollege, können Sie mir die Stelle nachweisen, an der ich eine Erhöhung der Verschuldung gefordert hätte, und ist Ihnen entgangen, dass ich stattdessen davon gesprochen habe, dass man die Spielräume, die vorhanden sind, anders nutzen sollte?

Herr Kollege Porsch, Sie haben sehr eindeutig – Ihr Redebeitrag hatte ja wenig konkrete Ausführungen – am Ende Ihres Beitrages aus dem letzten Haushalt Zahlen vorgetragen, wo wir versucht haben, in ausgeglichener Weise den Haushalt in seiner Kontinuität zu halten. Das haben Sie erst als sparsam und dann in einem weiteren Nachsatz als negativ bewertet. Herr Kollege Porsch, das ist nichts anderes, als für eine Neuverschuldung zu werben.

(Beifall bei der CDU)

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Ja, bitte.

Ich habe zwar gesagt, Geiz ist geil, das sind zwei Todsünden und Geiz hat etwas mit einer Spielraumnutzung und nicht mit einer Neuverschuldung zu tun. Ist Ihnen entgangen, dass ich am Schluss auf unsere schon zweimal vorgelegten Alternativhaushaltsentwürfe aufmerksam gemacht habe? Ist Ihnen entgangen, dass wir damals immer das gleiche Haushaltsvolumen wie die Staatsregierung angesetzt und nicht mit Neuverschuldung gearbeitet haben?

Ich freue mich, dass Sie auf Ihren eigenen Alternativvorschlag noch einmal zu sprechen kommen. Wenn Sie auf der einen Seite Vorschläge machen, die eindeutig dazu führen, dass es zu einer Höherverschuldung kommt, und auf der anderen Seite auf Ihren eigenen Entwurf zurückgreifen, dann denke ich, Sie sollten diese Diskussionsbeiträge lieber den Finanzern in Ihrer Fraktion überlassen, weil Sie offensichtlich auf diese Rede nicht ausreichend vorbereitet sind.

(Beifall bei der CDU)

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS, steht am Mikrofon.)

Erst einmal nicht. Wir sollten auf die anstehenden Fragen zum Haushalt mit Ehrlichkeit antworten. Das ist, glaube ich, selbstverständlich. Ich glaube auch, dass das, was der Finanzminister zu der Perspektive unserer Kinder und Enkelkinder im Zusammenhang mit der Haushaltspolitik hier ausgeführt hat, ein wirklich reales Problem ist. Wenn wir so tun, als ob wir durch Mehrausgaben zum heutigen Zeitpunkt Probleme der Zukunft lösen, ist dies ein Trugschluss. Im Gegenteil, wir schaffen eines: dass die, die nach uns kommen, wesentlich mehr Probleme haben, dieses Land finanziell auf Kurs zu halten. Und ich wage die Prognose: Wenn es zu einer höheren Verschuldung

kommt, wird dieses Land nicht auf Kurs gehalten werden können.

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Höhere Verschuldung!)

Seit den siebziger Jahren – sehen Sie sich doch die Praxis an – wurde in Westdeutschland eine Staatsverschuldung aufgebaut, deren Anstieg sich durch die Kosten der Einheit natürlich noch beschleunigt hat. Dieser Betrag, der sich – astronomisch – kaum noch aussprechen lässt, 1,4 Billionen Euro, hat inzwischen ein Format, dass im Grunde niemand mehr solide darüber Aussagen machen kann, wie der denn je abgebaut werden soll. 5 Billionen Euro, das sind über 300 % des deutschen Bruttosozialproduktes, ein Betrag, den man sich, der von unseren Vorgängern sicherlich in dieser Form überhaupt nicht gewollt war, wenn man ihn auf sächsische Verhältnisse herunterbricht, nicht vorstellen kann. Ich glaube auch, dass, wenn wir diesen Betrag hier verantworten müssten, wir alle miteinander von dieser Bevölkerung nicht wieder gewählt würden.

(Dr. André Hahn, PDS: Sie nicht!)

Stellen Sie doch qualifizierte Zwischenfragen, dann können wir diskutieren. Dazu ist dieses Haus da.

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Das war eine Feststellung!)

Müssen sich denn nicht junge Menschen, die diese Diskussion verfolgen, insbesondere auch danach fragen, welche Lasten sie in Zukunft übernehmen sollen, danach strecken, wenn sie ihre eigenen Finanzen denen von uns gegenüberstellen und feststellen, sie werden in jeder Form dazu angemahnt, sparsam und solide zu arbeiten, sparsam und solide zu denken? Hier werden bisweilen in diesem Haus Diskussionen geführt, die genau in die andere Richtung gehen.

Ich glaube, diese Ausführungen machen deutlich, dass wir gar nicht anders können, als die Konsolidierung und die Rückführung der Neuverschuldung konsequent weiter zu gehen. Ich bin froh, dass es gelungen ist, in der Koalitionsvereinbarung diese Rückführung der Neuverschuldung auf null im Jahr 2009 als verbindliches Ziel festzuhalten. Als verantwortungsvolle Menschen sind wir dies unseren Nachkommen schuldig. Es wäre für mich ein großer Erfolg dieser Debatte, wenn das breiter politischer Konsens in diesem Haus wäre.

Dass es der Staatsregierung Ernst ist, keinen ungedeckten Scheck für die Zukunft auszustellen, lässt sich zum Beispiel an dem neuen Pensionsfonds für künftige Beamte ablesen. Ab diesem Jahr muss endlich für jeden neu eingestellten Beamten eine Altersrückstellung gebildet werden. Erstmalig werden diese Rückstellungen periodengerecht der Leistung des Beamten zugeordnet – wieder eine Selbstverständlichkeit, wie jeder sagen würde. Das muss der laufende Betrieb natürlich erbringen und wieder müssen wir zugeben, dass auch diese Selbstverständlichkeit für den staatlichen Bereich bislang an dieser und jener Stelle ein Fremdwort war. Das macht, denke ich, nachdenklich.

Eine nachhaltige Finanzpolitik hat ganz viel mit Werten zu tun, mit Gerechtigkeit, mit der dauerhaften wirtschaftlichen Existenzsicherung unseres ganzen Landes. Ich wünsche mir, dass wir diese Aspekte bei dem Ringen über diese oder jene konkrete Einzelposition in den kommenden Wochen immer im Hinterkopf behalten. Auch innerhalb dieser Rahmenbedingungen setzt der Haushaltsentwurf aus unserer Sicht richtige und wichtige Schwerpunkte: Familienpolitik, Bildung und Wissenschaft sowie gezielte Wirtschaftsförderung.

(Beifall bei der CDU)

Gerade Letzteres ist notwendig, damit sichere Arbeitsplätze in unserem Land erhalten bleiben und neue geschaffen werden. Sachsen hat zweimal hintereinander das höchste Wirtschaftswachstum aller Bundesländer erreicht. Industrie und verarbeitendes Gewerbe werden mit überproportionalen Wachstumsraten zum Rückgrat der sächsischen Wirtschaft. Sachsen hat mit seiner angebotsorientierten Wirtschaftspolitik, den strategischen Ansiedlungserfolgen in den vergangenen Jahren unbestritten den richtigen Schwerpunkt gesetzt. Da ist es nur konsequent, wenn man zu dieser Einschätzung kommt, dies so beizubehalten.

Wir begrüßen die angestrebte neue Ausrichtung bei den EU-Strukturfonds, mit der die einzelbetriebswirtschaftliche Förderung gestärkt werden soll, quasi als Ersatz für zurückgehende GA-Förderung. Es ist also somit eine völlig falsche Aussage, lieber Herr Kollege Porsch, hier hinzugehen, sich hinzustellen und zu sagen: Mittelstandsförderung ist nicht. Von der gegenwärtigen Förderung werden insbesondere kleine und mittlere Unternehmen profitieren.

Nur, wenn es gelingt, rentable Arbeitsplätze in Sachsen zu schaffen, erhalten auch derzeit arbeitslose Menschen eine reale Chance, in den ersten Arbeitsmarkt zurückzukehren.

Es wurden in den letzten Wochen viele Rezepte zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit vorgetragen. Ein Punkt, der sicherlich noch einmal wichtig ist, ist klarzustellen: Rezepte aus den dreißiger Jahren helfen nicht weiter, meine Herren auf der rechten Seite, von mir aus gesehen. Wir haben uns die Globalisierung genauso wenig wie das Hochwasser vor zwei Jahren ausgesucht.

(Uwe Leichsenring, NPD: Globalisierung ist kein Naturgesetz.)

Beides kam dennoch, obwohl es nicht in unserem Wahlprogramm stand. Wir müssen deshalb mit der Globalisierung genauso umgehen und das Beste daraus machen wie mit den Naturkatastrophen.

Bei Hochwasser setzen wir auf Schadensbeseitigung und auf den Schwerpunkt Prävention. Das heißt eben nicht, dass wir künftig Flutwellen mit großer Mehrheit in diesem Haus ablehnen, sondern dass wir uns darauf mit geplanten Maßnahmen einstellen

(Dr. André Hahn, PDS: Die Rede ist eine Katastrophe!)

Für die Globalisierung, Kollege Hahn, gilt Ähnliches. Mit dem Haushaltsschwerpunkt einzelbetriebswirtschaftliche

Förderung tun wir alles in unserer Macht Stehende, um uns für die Zukunft zu wappnen. Wettbewerbsfähige Arbeitsplätze sind der beste Garant dafür.

Dass wir als CDU mit den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen unzufrieden sind, ist kein Geheimnis. Wir werden daher nicht nachlassen, auch auf der Bundesebene zwingend Reformen einzufordern.

Die weiteren Schwerpunkte hat unser Finanzminister eingehend erläutert. Auf Wiederholungen kann ich an dieser Stelle verzichten.

Wie knapp der Gesamthaushalt diesmal geschnitten ist, lässt sich an einigen Risiken festmachen, die ich nochmals in Erinnerung rufen möchte. Dem Haushaltsentwurf liegt die Erwartung zugrunde, in diesem Jahr ein Wirtschaftswachstum von 1,7 % zu erreichen. Mehrere Wirtschaftsinstitute haben inzwischen diese Zahl nach unten verändert und korrigiert. Wenn ich davon ausgehe, dass 0,5 % weniger Wachstum ungefähr 100 Millionen Euro bedeuten, dann dürfte jedem klar werden, wie eng dieser Haushalt gestrickt ist. So hängt die veranschlagte Neuausrichtung der EU-Strukturförderung von der Genehmigung des Europäischen Parlaments und der Europäischen Kommission ab.

Je überzeugender wir als Parlament hinter dieser Neuausrichtung stehen und diese nicht infrage stellen, desto eher wird sich die Kommission bereit finden, diese Änderung zu akzeptieren und letztendlich zu genehmigen.

Schließlich sind auch die Personalausgaben äußerst knapp veranschlagt – ich betone das ausdrücklich –, und dennoch erreichen wir bei der Personalausstattung noch immer nicht die Durchschnittswerte der alten Länder. Zum vereinbarten weiteren Personalabbau besteht auch aus unserer Sicht keine sachliche Alternative. Wir können nicht einerseits auf die uneingeschränkte Einhaltung des Solidarpaktes II pochen und andererseits in einigen Bereichen pro Kopf weit mehr ausgeben, als es in den alten Ländern der Fall ist.

(Dr. André Hahn, PDS: Für die Bildung haben wir die geringsten Ausgaben!)

Sosehr wir uns das wünschen, es ist schlicht nicht vermittelbar. Wer dies nicht erkennt und sich dem Personalabbau verweigert, der gefährdet insgesamt den weiteren Aufbau des Landes. Deshalb noch einmal unser Appell: Stellen wir uns der unangenehmen Aufgabe, unsere Strukturen den Notwendigkeiten anzupassen!

Meine Damen und Herren, aus der Sicht der CDU-Fraktion kann ich festhalten, dass Rahmenbedingungen und Schwerpunkte des Haushaltes passen. Über die Details werden wir natürlich in den nächsten Wochen intensiv beraten müssen. Heute zunächst ein Dankeschön an die Mitarbeiter des Finanzministeriums und den Minister, dass unter diesen äußerst schwierigen Rahmenbedingungen ein Haushaltsentwurf vorgelegt worden ist, der mit unseren grundsätzlichen Ansichten übereinstimmt.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Wir setzen die Aussprache fort. Ich erteile der Fraktion der SPD das Wort. Es spricht Prof. Weiss.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Die Diskussion und die Verabschiedung des Haushaltsplanes gehören selbstverständlich zu den wichtigsten Aufgaben eines jeden Parlaments. Bei dieser Gelegenheit werden die wesentlichen Staatsaufgaben der näheren Zukunft debattiert. Hier werden die Prioritäten gesetzt, hier werden die Weichen zur Lösung anstehender Probleme gestellt. Der Cicero-Spruch „Nervus rei publicae pecuniam“ – zu Deutsch: Geld ist der Nerv des Staates – hat also auch nach 2 100 Jahren nichts von seiner Aktualität verloren. Wenn es sich, wie im vorliegenden Fall, gar noch um einen so genannten Doppelhaushalt, also einen Haushalt über zwei Jahre, handelt, wird die Aufgabe dadurch mindestens doppelt so kompliziert. Analog wächst auch die Verantwortung aller Beteiligten.

(Dr. André Hahn, PDS: Sie hätten ja keinen Doppelhaushalt machen müssen!)

Lassen Sie mich jedoch meine Ausführungen mit einem Dank beginnen. Wir alle, ob wir es wahrhaben wollen oder nicht, sind all jenen, die seit 1990 für die Finanzen dieses Landes verantwortlich sind, Respekt und Dank dafür schuldig, dass sie uns durch eine sehr solide Finanzpolitik Handlungsspielräume erhalten haben, von denen man in allen anderen ostdeutschen Bundesländern bestenfalls noch träumen kann.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Die sächsische Finanzpolitik ist mittlerweile so wie der Dresdner Zwinger, die Leipziger Messe oder der legendäre sächsische Erfindergeist zu einem bekannten und anerkannten Markenzeichen unseres Landes geworden.

(Dr. André Hahn, PDS: Das hat sich bei Herrn Jurk im letzten Jahr noch anders angehört!)

Nebenbei bemerkt, meine Fraktion, Herr Hahn, hat die Grundzüge dieser verantwortungsvollen Haushaltspolitik auch schon in der Vergangenheit mitgetragen, auch wenn wir eine Reihe von Prioritäten anders gesetzt hätten. Sogar Teile der PDS-Fraktion haben sich diesem Grundkonsens angeschlossen. Herr Kollege Weckesser war es ja schließlich, der sich dadurch ein ewiges Denkmal gesetzt hat, dass er den Begriff des schuldenfreien Sozialismus in die deutsche Sprache eingeführt hat. Das spricht zweifellos für sich selbst.