Die NPD hat sich also offenbar entschieden, die Ereignisse von Mügeln verkaufen zu wollen. Zunächst ging es vorrangig darum, eine normale Bierzeltschlägerei zu verharmlosen; wahrscheinlich gehören für die NPD und ihre Kameradschaften derartige körperlichen Auseinandersetzungen zum deutschen Kulturgut – wir, die Mehrheit, sind dazu deutlich anderer Auffassung.
Jetzt – das hat nicht gereicht – ist die NPD also dabei, die Opferrolle einzunehmen. Deutsche sind von Ausländern bedroht. Die Mengenverhältnisse sind außer Acht gelassen; aber das lassen wir einmal dahingestellt.
Die Große Anfrage kommt darüber hinaus zu recht albernen Spekulationen, zum Beispiel, ob diese Inder einer Kriegerkaste angehören – sehr süß.
Die Religion der Sikhs wird da einfach mal zu einer ominösen Kriegerkaste umfunktioniert. – Derjenige, der diese Fragen geschrieben hat, muss ein echter Amateur gewesen sein, der in der Jugend vielleicht zu viele Abenteuerromane gelesen hat.
Auch über die Mitgliedschaft der betroffenen Inder in der Khalsa-Bruderschaft wird heftig spekuliert, und diese wird von der NPD mal ganz schnell als militant eingestuft. Bei der Khalsa-Bruderschaft handelt es sich aber lediglich um eine Gemeinschaft getaufter Sikhs, die sich bestimmten Verhaltensregeln unterwirft. Die Umdeutung einer religiösen Gruppe zur militanten Organisation und die wilden Spekulationen in der Großen Anfrage über religiöse Symbole entspringen schlicht und ergreifend nur einem primitiven Rassismus.
Herr Apfel hat es dabei aber nicht bewenden lassen. Er hat sich als großer Staatsmann gegeben: Er hat nämlich – das verkündet seine Pressestelle – dem indischen Premierminister Singh einen Brief geschrieben.
Dort hat er den Premierminister nicht als Premierminister, sondern als Ministerpräsidenten angesprochen – wir wissen nicht, ob der Brief angekommen ist. Wir wissen auch nicht, ob Sie sich darin über Kriegerkasten, militante Bruderschaften oder Ähnliches ausgelassen haben. Vielleicht haben Sie auch über Dolche und eiserne Armreifen geschwafelt – besonders peinlich wird es wahrscheinlich gewesen sein.
Sie können nur Deutsch – manchmal nicht richtig gut, aber das ist, glaube ich, ihre einzige Sprache. – Das Einzige, was Sie damit erreichen, ist, dass Sie eher einen peinlichen Eindruck nach außen erwecken.
In einem Brief an die Mügelner Bürger hat Herr Petzold – das ist bereits erwähnt worden – die uralte These vertreten, dass den Deutschen das Selbstbewusstsein genommen werden soll, damit sie erpressbar und von außen steuerbar sind. Dieses Lamento – von allen Seiten umzingelte arme Deutsche – tragen die Rechtsextremisten seit über hundert Jahren vor sich her. Nationaler Verfolgungswahn ist wahrscheinlich eine historische Konstante.
Sie als NPD-Fraktion sind für die Mügelner garantiert die falschen Freunde. Die Stadt Mügeln hat überhaupt nichts
davon, wenn die Tatsachen durch Sie verdreht oder verdrängt werden. Es gab eine Schlägerei, die damit endete, dass 50 Leute acht Inder buchstäblich belagerten, massiv angriffen und dabei ausländerfeindliche Parolen grölten – wir haben es vorhin mehrfach gehört. Die ersten Urteile, die gesprochen wurden, lassen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Ich gehe einmal davon aus, dass das alles keine verfolgten „Unschulden“ sind.
Die Ereignisse, so wie sie verlaufen sind, sind ohne einen rassistischen Hintergrund – für uns jedenfalls – nicht erklärbar. Das muss man zur Kenntnis nehmen. Solche Taten sind auch nicht dadurch zu entschuldigen, dass sie in diesem Land relativ normal geworden sind.
Die vorliegende Große Anfrage der NPD stellt den sowohl unanständigen als auch lächerlichen Versuch dar, Täter zu Opfern und Opfer zu Tätern zu machen. Diese Anfrage ist ein Dokument der moralischen und intellektuellen Verwahrlosung.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen! Mügeln lässt sich nicht ungeschehen machen. Das Ansehen Sachsens hat Schaden genommen. Doch lassen Sie mich eines in aller Deutlichkeit sagen: Die NPD-Fraktion vertritt mit ihrer Großen Anfrage nicht die Interessen der Menschen in Mügeln, der Menschen in Sachsen.
Was in Mügeln geschehen ist, wird nicht durch die NPDFraktion, sondern durch Polizei und Justiz aufgeklärt. Die Urteile der vergangenen Wochen gestatten keinen Zweifel am Funktionieren unserer rechtsstaatlichen Ordnung. Diejenigen, die Straftaten begangen haben, gleich ob deutscher oder ausländischer Herkunft, müssen bestraft werden, denn vor dem Gesetz sind alle gleich.
Es steht außer Frage, dass Vorverurteilungen, in welche Richtung auch immer, fehl am Platze sind. Doch es ist schon dreist, wenn sich gerade diejenigen beschweren, die ansonsten keine Gelegenheit auslassen, ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger als Kriminelle und systematische Asyl- und Sozialleistungsbetrüger zu diffamieren. Wer so handelt, will nicht aufklären, sondern pflegt fremdenfeindliche Ressentiments.
Meine Damen und Herren! Dieses Hohe Haus braucht keine Belehrungen, wenn es um die Ablehnung von Gewalt geht, schon gar nicht vonseiten der NPD-Fraktion, die oft genug mit ihren Reden die Menschenwürde der
ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger in Sachsen verletzt. Es mutet daher außerordentlich bizarr an, wenn nun von dieser Seite nach den Leitlinien meiner Arbeit gefragt wird. Brauchen Sie Nachhilfe? Das Gesetz über die Arbeit der Sächsischen Ausländerbeauftragten ist ganz leicht im Internet herunterzuladen.
Ich habe es sehr oft deutlich gemacht: Es gibt in Sachsen Fremdenfeindlichkeit, es gibt Gewalt, und es gibt verbreitet Vorurteile. Dabei leben bei uns sehr wenige, im ländlichen Raum noch weniger Ausländer. Man kann von Ausländerfeindlichkeit ohne Ausländer sprechen. Dies macht sich die NPD zunutze, denn ihre ausländerfeindlichen Parolen müssen selten den Belastungstest persönlicher Bekanntschaften und Erfahrungen bestehen, die über den Verkauf von Pizza und Döner hinausgehen. Extremismus und Gewalt gegen Ausländer, gegen die Demokratie, gegen Freiheit und gegen Rechtsstaatlichkeit ist nicht hinzunehmen.
Wir müssen Vielfalt, Toleranz und Weltoffenheit in Sachsen wahren, um ein friedliches Miteinander mit ausländischen Mitbürgern zu gewährleisten. Mügeln bestürzt, aber es macht nicht ratlos. Es bedarf der offenen Auseinandersetzung auf allen Ebenen, im Sächsischen Landtag ebenso wie vor Ort mit und bei den Menschen. Wir müssen den öffentlichen Raum besetzen. Wir müssen für Demokratie und für die Übernahme persönlicher Verantwortung begeistern. Investitionen in den Aufbau einer funktionierenden Zivilgesellschaft und in die Demokratievermittlung sind auch weiterhin geboten. Institutionen sind wichtig, aber wir dürfen uns nicht hinter ihnen verstecken, denn Demokratie baut nicht auf Ämtern auf, sondern auf der Überzeugung der Menschen.
Wir müssen die Verantwortung jeder und jedes Einzelnen deutlich machen. Wir müssen dazu ermuntern, einzugreifen.
Deshalb ist Zivilcourage wichtig, darf aber auch nicht mit Leichtsinn verwechselt werden. Oma Meier allein wird sich nicht an die Front werfen, wie eine Zeitschrift kurz nach den Ereignissen in Mügeln zutreffend bemerkte. Für Gefahrenabwehr muss die Polizei sorgen. Das haben die Polizisten in Mügeln zum Schutz der in die Pizzeria geflüchteten, auch indischen Mitbürger, schnell und mit großer Courage getan. Dafür verdienen sie unseren Dank.
Für die politische Auseinandersetzung, meine Damen und Herren, und um ein friedliches Zusammenleben der Menschen, Deutscher wie Ausländer, zu gewährleisten, Freiheit und Demokratie zu verteidigen und jeden Tag aufs Neue zu erringen, dafür sind wir alle zuständig, denn
das Letzte, was Mügeln braucht, sind die Schattenspiele einer Partei mit dem Ziel der Überwindung der verfassungsmäßigen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Einige Vorbemerkungen noch zu Herrn Dulig. Herr Dulig hat wieder einmal in der bekannten ritualisierten Form das zivilgesellschaftliche Engagement beschworen. Das verlangt nach einem Hinweis, den ich schon mehrere Male angebracht habe, und zwar nach dem, dass in den Jahren von 2000 bis 2006 in diesem Staat 180 Millionen Euro, Steuergeld wohlgemerkt, in den Kampf gegen Rechts gesteckt worden sind. Wenn Sie in der Lage wären, kritisch nach einer Erfolgsbilanz zu fragen, müsste das aus Ihrer Sicht doch geradezu desaströs ausfallen. 180 Millionen Euro Steuergeld im Kampf gegen Rechts!
Abgesehen davon, dass dieses Geld für Schulpolitik, Hochschulpolitik und Sozialpolitik viel besser hätte ausgegeben werden können, aber was haben diese 180 Millionen Euro bewirkt? Sie haben 2004 weder den Einzug der NPD in den Sächsischen Landtag verhindern können, noch haben Sie den Einzug der NPD 2006 in den Landtag von Mecklenburg-Vorpommern verhindern können. Sie haben Steuergeld in eben genannter Größenordnung missbraucht, um linksradikale Biotope zu bewässern. Es ist verschiedentlich nachgewiesen worden, dass dieses Geld auch in linksradikale Antifa-Kanäle geflossen ist. Sie haben es genutzt, um ansonsten dauerarbeitslosen linken Sozialpädagogen zu einer auskömmlichen Stelle zu verhelfen usw. usf. Sie sollten ein bisschen selbstkritisch mit Ihrer Schlangenbeschwörung des zivilgesellschaftlichen Engagements umgehen. Ihre Erfolgsbilanz ist kümmerlich, und das leider auf Kosten des sächsischen Steuerzahlers.
Lassen Sie mich noch eine Prognose wagen. Sie könnten auch noch viel mehr Steuergeld zweckentfremden. Sie könnten noch viel mehr Geld in das Programm für ein weltoffenes Sachsen pumpen. Die Misserfolge werden sich für Sie fortsetzen, deswegen, weil die Menschen im Land Ihr politisches Spiel durchschauen, weil sie merken, dass in diesem Staat BRD etwas faul ist, und weil sich die Menschen in diesem Land von Ihnen allen überhaupt nicht mehr vertreten fühlen. Deswegen können Sie noch so viele Mittel in den Kampf gegen Rechts stecken, der Misserfolg ist für Sie vorprogrammiert.
Aber jetzt zum eigentlichen Thema, zum Altstadtfest in Mügeln und den Gewalttätigkeiten. Knapp vier Monate
sind vergangen, seitdem eine konzertierte Medienkampagne die sächsische Kleinstadt Mügeln weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt machte und zum braunen Nest abstempelte. Bei Gewalttätigkeiten anlässlich des Altstadtfestes wurden 14 Menschen verletzt, darunter Inder, deutsche Festbesucher und zwei Polizisten. Nach Medienbehauptungen sollen acht redlich brave, unbescholtene Inder von einem „deutschen Mob“ regelrecht durch die Straßen Mügelns gehetzt worden sein. In Sebnitz-Manier – das Stichwort fiel schon und das sollte all diejenigen alarmieren, die noch ein Gespür dafür haben, nach welchen Funktionsmechanismen die hiesige Mediengesellschaft funktioniert – gingen mediale Betroffenheitsprofis und Ausländerlobbyisten ans Werk und fabulierten von einer Hetzjagd, obwohl der Festplatz in Mügeln und die indische Pizzeria gerade einmal 30 bis 40 Meter voneinander entfernt sind. Wie auf diese kurze Distanz eine veritable Hetzjagd stattfinden soll, kann mir ja bei Gelegenheit jemand von Ihnen erklären.
Das Magazin „Spiegel“ bemerkte zur angeblichen Hetzjagd mit feiner Kritik: Dieser „Begriff erfüllt präzis die Erwartungen und gibt den Sound für das Empörungsritual vor“. Genau um Empörungsrituale ging es. Der erste Akt dieses Empörungsrituals ging letzte Woche vor dem Amtsgericht Oschatz mit einem Paukenschlag zu Ende. Nachdem zwei Strafbefehle und ein Strafprozess zu empfindlichen Geldstrafen für drei junge Deutsche wegen sogenannter Volksverhetzung führten, wurde nun ein vierter nicht vorbestrafter Deutscher wegen Volksverhetzung und Sachbeschädigung zu einer achtmonatigen Gefängnisstrafe ohne Bewährung verurteilt, womit der Richter noch über die Strafforderung der Staatsanwaltschaft hinausging, was bekanntlich relativ selten der Fall ist. Es ist sehr auffällig, dass im Fall Mügeln die sächsische Justiz bei der Verfolgung von Meinungsdelikten ein bisher unbekanntes Arbeitstempo vorlegt und sich der Amtsgerichtsdirektor Klaus Denk ungeniert als Scharfrichter eines bisher unbescholtenen Deutschen aufspielen kann.