Protokoll der Sitzung vom 13.12.2007

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe, wie es hier angezeigt wird, noch zwölfeinhalb Minuten Redezeit. Ich möchte mich meinen Vorrednern anschließen und versuchen, es angesichts der fortgeschrittenen Zeit etwas kürzer zu machen.

Wir sprechen hier über eine Verpackungsverordnung mit dem Titel „Fünfte Verordnung zur Änderung der Verpackungsverordnung“. Das, was hier mit einem recht sperrigen Titel daherkommt, heißt in der Praxis Grüner Punkt auf Brötchentüten, Grüner Punkt auf Einwickelpapier für Wurstwaren und Grüner Punkt auf Einwickelpapier für Fleischwaren. Das Problem dabei ist nicht, dass man überall einen Grünen Punkt darauf druckt – das könnte man ja vielleicht noch ertragen –, sondern das Problem ist, dass durch diesen Grünen Punkt eine Zwangsentsorgungsabgabe für das duale System entsteht. Diese Zwangsabgabe, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist faktisch eine Doppelbelastung.

Wenn Sie sich einmal ansehen, was wir alle mit dem Papier machen, das wir aus dem Geschäft mitnehmen – aus der Bäckerei, aus der Fleischerei –, dann ist doch ganz klar, dass das saubere Papier logischerweise in die Papiertonne und das verschmutzte Papier – das ist auch selbstverständlich – in den Restmüll kommt.

(Zuruf des Abg. Mario Pecher, SPD)

Wenn wir einkaufen gehen und verschmutztes Einwickelpapier haben, dann werden wir aus hygienischen Gründen gar nicht auf die Idee kommen, dieses Papier tatsächlich in die gelbe Tonne oder in den gelben Sack zu stecken. Weil dem so ist, haben wir faktisch eine Doppelbelastung. Sie führt zu Kosten, die entweder der Verbraucher zu bezahlen hat oder die letztendlich die Gewerbetreibenden im Lebensmittelbereich zu bezahlen haben – seien es die kleinen Bäckereien oder Fleischereien. Diese leiden unter dieser Regelung.

Wenn wir uns einmal anschauen, was momentan im Wirtschaftsausschuss des Bundesrates diskutiert wird – ich vermute, dass Ihnen das bekannt ist –: Dort gab es einen Änderungsantrag des Wirtschaftsausschusses und es wurde unter anderem beschlossen, diese Verpackungsverordnung in einem Punkt zu ändern. Ich möchte Ihnen die Änderung gern vortragen: „Ausgenommen sind Hersteller und Vertreiber von Verkaufsverpackungen, die zur Abgabe unverpackter (loser) Lebensmittel bestimmt sind.“

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Regelung, wie sie im Wirtschaftsausschuss des Bundesrates beschlossen wurde, halten wir für sachgerecht. Deswegen sollte die Staatsregierung am 20. Dezember im Bundesrat auch entsprechend abstimmen.

(Beifall bei der FDP)

Denn es kann nicht sein, dass die finanzielle Erosion dieses quasi-monopolistischen dualen Systems durch eine Ausweitung der Zwangsmitgliedschaften kompensiert werden soll. Deswegen sagen wir ganz klar: Wir lehnen eine Zwangsabgabe für Handwerker und Verbraucher ab. Auch Sie sollten diese Zwangsabgabe ablehnen und unserem Antrag zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Die CDUFraktion, bitte; Herr Abg. Clemen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der letzte Tagesordnungspunkt am heutigen Donnerstag – ein Antrag der FDP-Fraktion – kann aus unserer Sicht angesichts der Tageszeit in aller Kürze abgehandelt werden. Der Grüne Punkt bzw. das Duale System Deutschland hat sich bewährt.

(Beifall bei der CDU – Lachen bei der FDP)

Es funktioniert und leistet einen wesentlichen Beitrag zur Rohstoffeinsparung, auch wenn das am Anfang manchmal nicht immer der Fall gewesen ist.

Daneben konnte im Jahr 2006 ein entscheidender Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden. Mit 1,7 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten konnte das duale System durch die Wiederverwertung von Verpackungen gut 30 % mehr klimaschädliche Emissionen vermeiden als im Vorjahr, als es noch 1,3 Millionen Tonnen waren.

Das macht deutlich, dass eine sorgfältige Abfalltrennung zu Hause ein spürbarer Beitrag jedes Bürgers nicht nur zum Ressourcen-, sondern auch zum Klimaschutz ist.

Mit der nun vorliegenden Verpackungsverordnung, welche die FDP-Fraktion teilweise ablehnen möchte, wurde ein weiterer Schritt zu mehr Systemgerechtigkeit getan. Ziel ist es, dass alle Hersteller und Vertreiber, die Verpackungen auf den Markt bringen, diese zurücknehmen und der Verwertung zuführen.

Ein wesentlicher Eckpfeiler der Novelle ist die Trennung der Tätigkeitsbereiche von dualen Systemen einerseits und Selbstentsorgern andererseits. Alle Verkaufsverpackungen, die bestimmt sind, beim privaten Endverbrau

cher anzufallen, sollen künftig an einem dualen System teilnehmen, während die Selbstentsorgung, also die Rücknahme am Ort der Übergabe, im Gewerbe stattfinden soll. Das schafft Rechts- und Planungssicherheit für alle Akteure. Die Grauzonen und eine unzumutbare Wettbewerbsverzerrung werden beseitigt. Davon profitieren Selbstentsorger in gleichem Maße wie das duale System. Schon aus diesem Grund müssen wir den FDP-Antrag ablehnen.

Es gibt aber noch einen viel wichtigeren Grund: Artikel 3 Abs. 1 des Grundgesetzes bestimmt, dass Wesentliches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich behandelt werden soll. Aus diesem Grund bestehen gemäß einem Rechtsgutachten im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie nachhaltige Zweifel, ob zwischen dem Lebensmittelhandwerk und sonstigen Nutzern von Verkaufs- und Serviceverpackungen im Regelzusammenhang mit der Verpackungsverordnung Unterschiede gemacht werden können.

Die vollständige Herausnahme des Lebensmittelhandwerks aus der Lizenzierungspflicht des dualen Systems ist daher im Hinblick auf das Ziel der Verpackungsverordnung, einen möglichst hohen Anteil an Verkaufs- und Serviceverpackungen wieder einzusammeln und der Wiederverwertung zuzuführen, systemwidrig.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, gestatte ich.

Herr Morlok, bitte.

Kollege Clemen, würde das bedeuten, dass nach Ihrer Auffassung ein Mehrheitsbeschluss eines Ausschusses des Bundesrates verfassungswidrig ist?

Das müsste man sicherlich überprüfen, Herr Kollege Morlok. Die Frage ist, ob die Bewertung des Grundgesetzes, dass dieser innere Zusammenhang zwischen Gleichem und Ungleichem besteht oder nicht besteht, richtig ist. Das können nur Juristen beurteilen. Wir sollten uns aber dieser Beurteilung nicht verschließen und sagen, die wesentlichen Dinge in diesem Fall sind gleich, und damit sind sie auch gleich zu behandeln.

Deswegen, lieber Herr Kollege Morlok, können wir auch Ihrem Antrag nicht zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung – Mario Pecher, SPD, begibt sich zum Mikrofon.)

Bei mir steht zwar als Nächstes die Linksfraktion – ist das ein Problem, Herr Hilker, wenn Herr Pecher vor Ihnen spricht? – Doch. Bitte, Herr Hilker.

Bringen wir die Ordnung nicht durcheinander!

(Stefan Brangs, SPD: Alles hat seine Zeit!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! – Herr Brangs, sicher. Ich habe fast keine Stichpunkte, aber noch 19 Minuten Redezeit.

(Zurufe und Unruhe)

Ich habe nur eine Feststellung getroffen. Feststellungen sind nicht immer Drohungen, sie werden vielleicht von Ihnen als Drohung aufgefasst.

Mit dem vorliegenden Antrag begehren die GRÜNEN etwas, was Herr Clemen für die CDU soeben abgelehnt hat, dem die Staatsregierung aber – –

(Sven Morlok, FDP: Das ist ein Antrag der FDP! – Stefan Brangs, SPD: Das liegt an der freien Rede!)

Mit dem vorliegenden Antrag – ich will Ihnen Ihr Urheberrecht nicht streitig machen – begehrt die sächsische FDP

(Heiterkeit)

etwas, was sie so im Bundestag in den entsprechenden Beratungen nicht angesprochen hat und was die sächsische Union hier ablehnt, obwohl die Vertreter der Staatsregierung in den entsprechenden Bundesratsausschüssen schon zugestimmt haben. Ich will darauf aufmerksam machen, dass am 20. Dezember dieses Jahres im Bundesrat eine entsprechende Entscheidung fällt. Dort heißt es zur Änderung des Bundesgesetzes: „Ausgenommen sind Hersteller und Vertreiber von Verkaufsverpackungen, die zur Abgabe unverpackter (loser) Lebensmittel bestimmt sind.“ Das ist fast wortidentisch mit dem, was die FDP will, was sie aber nicht im Bundestag angesprochen hat, weil es ihr dort nicht aufgefallen ist.

Wir könnten jetzt sagen, der Antrag der FDP hat sich erledigt; aber wir unterstützen natürlich die Staatsregierung in ihrer Auffassung, das durchzusetzen, was die FDP will und was auch wir wollen, und bitten deshalb um Zustimmung zu diesem Antrag.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Herr Pecher, jetzt dürfen Sie ans Pult kommen.

Ich möchte es kurz machen. Ich sage eine Zahl: Das kostet auf 1 000 Brötchen hochgerechnet ungefähr 6 Cent – Herr Clemen ist ausdrücklich darauf eingegangen.

Ich gebe meine Rede zu Protokoll und sage dazu nur eines: Ablehnung.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Die NPDFraktion; Herr Despang, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dass die etablierten Parteien im Bundestag nicht nur gern über Abfälle debattieren, sondern deren Ergebnisse häufig auch ein Fall für die Abfalltonne sind, zeigt die aktuelle Beschlussfassung zur Verpackungsnovelle im Bundestag.

Gleichzeitig mit der Verpackungsnovelle wurden in derselben Debatte zwei Anträge mehrheitlich beschlossen, die das derzeitige System der Entsorgung grundsätzlich infrage stellen.

Es ist also eine Tatsache, dass nicht nur die hier in Rede stehenden fünf Verordnungen zur Veränderung der Verpackungsverordnung, sondern auch die Verpackungsverordnung an sich grundlegende Mängel aufweist und dass dies der Mehrzahl der verantwortlichen Politiker durchaus bekannt ist. Auch innerhalb der Bundesregierung und selbst innerhalb des zuständigen Bundesumweltministeriums herrscht dazu eine geteilte Meinung.