Es ist also eine Tatsache, dass nicht nur die hier in Rede stehenden fünf Verordnungen zur Veränderung der Verpackungsverordnung, sondern auch die Verpackungsverordnung an sich grundlegende Mängel aufweist und dass dies der Mehrzahl der verantwortlichen Politiker durchaus bekannt ist. Auch innerhalb der Bundesregierung und selbst innerhalb des zuständigen Bundesumweltministeriums herrscht dazu eine geteilte Meinung.
Wie Ihnen sicherlich bekannt ist, bevorzugen wir als NPD-Fraktion dort, wo es notwendig ist, radikale Lösungen. Es nützt nichts, lediglich ein paar Schönheitskorrekturen vorzunehmen, wenn das gesamte System fehlerhaft ist. Aus diesem Grund ist es eigentlich müßig, heute über einzelne Details der Verpackungsnovelle zu diskutieren, weil das gesamte Entsorgungssystem einer grundlegenden Überarbeitung bedarf.
Nichtsdestotrotz sind die im Antrag vorgebrachten Einwände natürlich berechtigt. Die mit der Novelle vorgesehene Aufnahme aller Service- und Verkaufsverpackungen in das duale System wird tatsächlich zu einer höheren Belastung verschiedener Handwerker und der Verbraucher führen. Ziel ist es letztlich, ein fehlerhaftes System finanziell zu alimentieren. Es ist sowohl ökologisch als auch ökonomisch völlig widersinnig, beispielsweise Brötchentüten oder Wurstpapier zwangsweise in das System aufzunehmen. Diese Materialien sind zumeist für eine stoffliche Verwertung völlig ungeeignet. Sie belasten in vielen Fällen durch erhebliche Verunreinigungen noch den Verwertungsprozess.
Das Argument, man wolle dadurch Trittbrettfahrer im System verhindern, kann an dieser Stelle nicht gelten, weil gerade diese Verpackungen meist über den regulären Hausmüll entsorgt werden und deren Menge ohnehin ungeordnet ist. Dass es unsinnig ist, ein Stück fettiges Wurstpapier oder eine zuckerverklebte Kuchentüte nun per Verordnung zwangsweise in den Wertstoffkreislauf zu pressen, dürfte jedem klar sein.
Das würde zwangläufig dazu führen, dass über den bereits bestehenden Teil hinaus noch mehr der gesammelten Wertstoffe einer thermischen Verwertung zugeführt werden, anstatt daraus Rohstoffe zu gewinnen, getreu dem Motto „Getrennt gesammelt, gemeinsam verbrannt“.
Aus den bereits genannten Gründen wird deutlich, dass es einer grundlegenden Veränderung des bestehenden Entsorgungssystems bedarf. Dabei kann es keine Lösung sein, auf die getrennte Sammlung der Abfälle zu verzichten. Es wird auch recht wenig hilfreich sein, wie überall so auch im Abfallbereich von mehreren Wettbewerbern zu schwadronieren, wie es die FDP-Fraktion besonders gut tut. Wir brauchen nicht mehr Wettbewerb, sondern ein gerechtes System ohne Differenzierung der Abfälle nach Herkunft. Ein Kunststoff beispielsweise ist immer ein Wertstoff. Es ist dabei völlig egal, ob er in Form einer Verpackung oder eines Plastikeimers in den Wertstoffkreislauf gelangt.
Ein solches Entsorgungssystem kann aus unserer Sicht nur funktionieren, wenn es in der Verantwortung des Staates belassen wird. Denken Sie dabei zum Beispiel nur an das funktionierende Sero-System in der DDR.
Das bedeutet nicht, dass kein Raum mehr für Privatwirtschaft bleibt, denn die Erfassung, Verarbeitung und Verwertung kann sehr wohl von privaten Unternehmen übernommen werden. Die Organisation und die Koordinierung müssen aber unbedingt in staatlicher Hand bleiben. Die NPD-Fraktion ist deshalb gegen eine weitere finanzielle Alimentierung der bestehenden Monopolstrukturen des maroden Dualen Systems auf Kosten der Verbraucher. Dem vorliegenden Antrag der FDP-Fraktion wird unsere Fraktion zustimmen,
weil er dazu beiträgt, das bereits fehlerhafte System von weiteren gravierenden Fehlern, die zulasten der Bürger gehen, zu entlasten.
(Beifall bei der NPD – Widerspruch bei der SPD – Michael Weichert, GRÜNE, ist auf dem Weg zum Rednerpult.)
Möchte von den Fraktionen noch jemand das Wort nehmen? – Wird von der Staatsregierung das Wort gewünscht? – Herr Prof. Dr. Wöller, bitte.
Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich für die Staatsregierung die Behauptung zurückweisen, sie hätte in den entsprechenden Bundesratsausschüssen, in diesem Fall im mitberatenden Wirtschaftsausschuss, den
Wenn wir von der Verpackungsverordnung sprechen, sollten wir uns stets das Ziel dieser Verordnung vor Augen halten. Ziel der Verpackungsverordnung ist es, Auswirkungen von Verpackungen auf die Umwelt zu vermeiden oder zu verringern. Um dafür zu sorgen, dass Hersteller und Vertreiber möglichst geringe Mengen an Rohstoffen für Verpackungsmaterial einsetzen, macht die Verpackungsverordnung richtigerweise alle Hersteller und Vertreiber für die Entsorgung gebrauchter Verpackungen verantwortlich. Alle – das schließt, meine Damen und Herren von der FDP-Fraktion, die von Ihnen geforderte Bevorzugung einiger Bereiche aus. Insofern unterlag auch das Lebensmittelhandwerk schon bislang diesen Verpflichtungen nach der Verpackungsverordnung. Die Verpackungsverordnung macht bereits in der jetzt gültigen Form keine Ausnahme für Serviceverpackungen, sondern verpflichtet zur Rücknahme im Laden oder zur Beteiligung an einem Rücknahmesystem beim Bürger.
Nur hinsichtlich des Nachweises einer ordnungsgemäßen Entsorgung gilt für Serviceverpackungen eine Ausnahme. Das bot bisher die Chance, sich den materiellen Pflichten aus der Verpackungsverordnung zu entziehen, und leistete Trittbrettfahrern Vorschub. Es ist also nicht richtig, dass von der 5. Novelle der Verpackungsverordnung Bäckereien oder Fleischereien im besonderen Maße oder zusätzlich betroffen sind. Ich möchte das hier noch einmal deutlich hervorheben.
Sehen wir uns das Argument der Kostenbelastung am Beispiel der Brötchentüte an, so ergibt sich folgendes Bild: Wenn Sie beim Bäcker ein Brötchen für zum Beispiel 30 Cent kaufen, zahlen Sie davon 0,01 Cent für die Entsorgung der Brötchenverpackung, weil die Tüte aus Papier leicht zu verwerten ist und Papier am Markt Erlöse erzielt. Um Ihrer Entsorgungsmentalität etwas entgegenzutreten: Herr Morlok, man kann auch noch dazulernen und nicht alles in die graue Tonne reden. Vielleicht trägt die Diskussion bei Ihnen wenigstens dazu bei, es künftig anders zu machen.
Im Vergleich dazu fallen für einen 200 ml-JoghurtKunststoffbecher mit Aludeckel Kosten von 0,90 Cent an. Die Belastung des Lebensmittelhandwerks durch die Pflichten der Verpackungsverordnung ist also geringer. Die von der FDP-Fraktion beschriebene übermäßige Kostenbelastung des Lebensmittelhandwerks ist anhand dieser Zahlen nicht nachvollziehbar. Die Argumentation mit doppelten Abfallgebühren wegen der Entsorgung von Serviceverpackungen über die Restabfalltonne ist ebenso wenig überzeugend. Wenn die Bürger ihre von Bäcker und Fleischer mitgebrachten Verpackungen über die gelbe Tonne entsorgen, entstehen keine doppelten Gebühren. Aus hygienischer Sicht gibt es keine Unterschiede zwischen den vom Bäcker oder Fleischer eingesetzten Verpackungen gegenüber denen anderer Vertreiber, mit denen
sich eine Sonderstellung des Wurstpapiers oder der Brötchentüte begründen ließe. Wir haben es also hier mit einer Klientelpolitik zu tun. Warum sollte ein Bäckerbrötchen gegenüber einem Brötchen, das beispielsweise im Supermarkt verkauft wird, bevorzugt werden?
Die von der FDP-Fraktion vorgetragenen Argumente sind keineswegs neu. Das Bundeswirtschaftsministerium hat dazu im Sommer dieses Jahres ein Gutachten vorgelegt, auf das mein Kollege Robert Clemen schon hingewiesen hat. Es bestehen erhebliche Zweifel daran, dass die von der FDP-Fraktion angestrebte Privilegierung, insbesondere wegen Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes, mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Als grundsätzlichen Punkt stellt die FDP-Fraktion die ökologische Wirksamkeit der Verpackungsverordnung infrage.
Ich denke, dass es durchaus Möglichkeiten gibt, die ökologische Wirkung der Verpackungsverordnung zu verbessern – das sei an dieser Stelle durchaus eingestanden –, aber nicht mit diesem Antrag, denn der ist nicht zu Ende gedacht. Was soll denn mit den Serviceverpackungen, die nicht beim Dualen System gemeldet und bezahlt sind, in der Entsorgung passieren? Wirft der Bürger sie in die gelbe Tonne, obwohl ihre Entsorgung nicht bezahlt ist, dann führt er eine Trittbrettfahrersituation herbei, die wir mit der Novelle gerade beheben wollen. Nach dem Willen der FDP-Fraktion sollen diese Verpackungen offenbar über die Restabfallbehälter entsorgt werden. Das heißt aber, sie landen beim nicht verwertbaren Abfall und werden dem funktionierenden Verwertungsverfahren entzogen. Eine solche Alternative ist aus ökologischen Gründen abzulehnen. Eine Verbesserung der Verpackungsentsorgung bietet uns der Antrag also nicht.
Ich fasse zusammen. Gebrauchte Serviceverpackungen sollten, wie alle anderen Abfälle auch, vorrangig verwertet werden. Dafür sollten sie wie bisher über die Erfassungsbehälter des Dualen Systems entsorgt werden. Die Entsorgung dieser Serviceverpackungen sollte durch Hersteller und Vertreiber selbst und nicht durch verordnungsgerecht handelnde Dritte finanziert werden. Wir sollten alles vermeiden, was neue Defizite bei der Finanzierung der Entsorgung von Verpackungen und Wettbewerbsverzerrungen auslösen kann. Aus diesem Grund lehne ich den sehr wenig durchdachten Antrag der FDPFraktion ab.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Minister Wöller! Natürlich haben Sie vollkommen recht, dass die FDPFraktion den Grünen Punkt und die Verpackungsverordnung, die damit verbunden ist, grundsätzlich infrage stellt, und zwar deswegen, weil sich die Technologien im Laufe
der Zeit verändert haben und man sich heutzutage sehr wohl die Frage stellen kann und muss, ob es nicht ökologisch sinnvoller wäre, die getrennte Einsammlung von verschiedenen Müllarten zugunsten einer gemeinsamen Einsammlung abzuschaffen und einer Sortierung in einer technisch sehr gut ausgestatteten Anlage zu überlassen. Diese gab es, das gebe ich zu, als der Grüne Punkt eingeführt wurde, noch nicht. Darüber müsste man grundsätzlich diskutieren.
Mir will nicht in den Kopf, warum ich ein Stück Papier, wenn ich es in Form einer sauberen Tüte vom Bäcker kaufe, in den gelben Sack oder die gelbe Tonne stecken und ein anderes Stück Papier dem Papierwertkreislauf zuführen soll. Was ist denn da für ein Unterschied in dem Papier?
Ich hatte mich schon etwas früher hierher gestellt. Ich beziehe mich auf die vorhergehende Aussage. Meine Frage: Stimmen Sie mit mir überein, dass es in allererster Linie sinnvoll ist, Abfall zu vermeiden und dann eine sinnvolle Verwertung vorzunehmen?
Lieber Kollege Weichert, es ist immer das Beste, wenn der Abfall nicht entsteht, weil man dann nicht das Problem bei der Abholung durch mehrfache unterschiedliche Fahrzeuge an verschiedenen Tagen hat. Es ist daher das Allerbeste, wenn die Leute, wenn sie zum Bäcker gehen, nicht jedes Mal eine Papiertüte nehmen, sondern einen entsprechenden Beutel mitbringen, in den sie die Brötchen hineintun. Dann fällt nämlich die Papiertüte als Abfall nicht an. Insofern gebe ich Ihnen vollkommen recht.
Es ist mir nach wie vor nicht klar geworden, warum eben das Papier der Papiertüte etwas anderes ist als ein Stück Papier aus der Zeitung und warum das nicht einfach auf dem Wege der Altpapierentsorgung entsorgt werden kann. Weil das Papier eine Tüte geworden ist, kostet es bei der Entsorgung über den Grünen Punkt Geld. Das ist nicht nachvollziehbar. Ich bitte Sie daher, den Verwaltungsaufwand für die Handwerksbetriebe zu vermeiden und unserem Antrag zuzustimmen.
Meine Damen und Herren! Wir kommen zur Abstimmung. Wir stimmen ab über die Drucksache 4/10579. Ich bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Die Gegenstimmen? – Die Stimmenthaltungen? – Bei einer Reihe von Stimmen dafür ist der Antrag dennoch mit Mehrheit abgelehnt worden.
Der Bundestag hat am 8. November 2007 die nunmehr fünfte Verordnung zur Änderung der Verpackungsverordnung – kurz Verpackungsnovelle – beschlossen. Worum geht es: Ende der Achtziger- bzw. Anfang der Neunzigerjahre wurde in Deutschland die Idee der Kreislaufwirtschaft entwickelt und eingeführt. Diese Idee ist heute bei steigenden Energie- und Rohstoffpreisen aktueller denn je. Aus diesem Grund wurde die damalige Verordnung immer wieder den aktuellen Bedürfnissen und Erfordernissen angepasst. Die aktuelle Weiterentwicklung sieht vor, die Verpackungsverordnung der Kreislaufwirtschaft in eine ressourcenschonende Materialwirtschaft weiterzuentwickeln.