Protokoll der Sitzung vom 11.11.2009

Es gilt hier der alte Spruch meines Hausarztes: Geimpfte stecken niemanden an.

Das Robert-Koch-Institut in Hamburg meldet klare Zahlen. Schaffen wir es, 30 bis 40 % der Bevölkerung zu impfen, können wir die Ausbreitung des Virus deutlich bremsen. Ich begrüße die Reaktion der Sächsischen Staatsregierung, dass dieser Impfstoff an Risikogruppen im öffentlichen Leben ausgereicht worden ist. Ich begrüße sehr, dass die Frau Ministerin noch einmal darauf hingewiesen hat, dass insbesondere Risikogruppen sich impfen lassen sollten. Das sind chronisch Kranke, aber auch Kinder sollte man impfen lassen.

Wie wir gerade gehört haben, ist dieser Impfstoff sachsenweit verfügbar. Die Impfung wird schrittweise erfolgen, weil der Impfstoff verderblich ist. Deshalb gibt es Wartelisten. Aber ich denke, es schadet niemandem, zwei bis drei Tage zu warten. An der Impfung an sich wird das nichts ändern.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Impfung verursacht den Geimpften keine Kosten. Jemand, der nur zum Impfen zum Arzt geht, muss keine Praxisgebühr bezahlen. Sie ist also sozial gerecht. Ich selbst habe am kommenden Montag einen Termin bei meinem Hausarzt

(Zuruf der Abg. Annekathrin Giegengack, GRÜNE)

und werde mich auch impfen lassen. Aus eigener Erfahrung kann ich Ihnen versichern: Es genügt vollkommen, wenn Sie den Ärmel hochkrempeln und den kleinen Piks über sich ergehen lassen. Sie leisten daher Ihren ganz persönlichen Beitrag zur Gesundheit aller Sachsen. Ich bitte Sie, diesen Beitrag auch zu leisten.

(Beifall bei der CDU und der Staatsministerin Christine Clauß)

Frau Abg. Schütz, FDP-Fraktion; bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Staatsministerin, zunächst herzlichen Dank für die Darstellung der schwierigen und hochsensiblen Lage und die Informationen, die Sie uns hier gegeben haben.

Auf die Fragen, wie gefährlich die neue Grippe ist, ob ich mich impfen lassen soll und welche Risiken dabei bestehen, muss man sagen: Wir müssen ehrlich sein; darauf kann derzeit kein Fachmann eine eindeutige Antwort geben. Jedoch ist es eine beruhigende Tatsache, dass die neue Grippe nicht dieses Killervirus ist, wie es sich noch vor über einem halben Jahr dargestellt hatte.

(Dr. Dietmar Pellmann, Linksfraktion: Noch nicht! Wir wissen es noch nicht!)

Deshalb halte ich es für richtig, dass wir mit der Krankheit sehr pragmatisch umgehen. Ich bin mir sicher, dass unsere sächsischen Ärzte und Kliniken auf den erwarteten Andrang, soweit die Bürgerinnen und Bürger die Impfung möchten, gewappnet sind und ihm gerüstet gegenüberstehen.

Bei der Diskussion um die neue Grippe dürfen wir eines nicht vergessen: Wir dürfen die normale Grippe nicht aus den Augen verlieren, die sich jeden Winter mit leicht veränderten Viren im saisonalen Bereich grassierend abspielt und jedes Jahr in Deutschland circa 12 000 Tote fordert. Bei der normalen Grippe liegt die Sterberate bei circa 0,1 bis 0,5 %, bei der Influenza A/H1N1 liegt sie im Promillebereich.

Nichtsdestotrotz ist es sehr wichtig – ich hatte es bereits gesagt –, sich impfen zu lassen, soweit man es selbst möchte und seine eigenen Abwägungen dazu trifft. Knapp 30 % lassen sich in Deutschland gegen die saisonale Grippe impfen. Ich möchte jeden dazu aufrufen, weiterhin daran festzuhalten. Selbst wenn Sie bei der neuen Grippe Bedenken haben, gehen Sie auf alle Fälle zur Grippeimpfung, wie wir sie kennen; denn diese Vireninfektion werden wir auch diesen Winter wieder erleben und umso wichtiger ist es, wenn jeder Einzelne geschützt ist!

Zu der Frage der neuen Grippe: Mittlerweile ist das Virus überall. Die Durchinfizierung hat bereits flächendeckend zugenommen. Die Frage der Schließung öffentlicher Einrichtungen wie Kitas und Schulen – –

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Bitte schön.

Frau Schütz, die große Irritation in der Bevölkerung wurde ja dadurch ausgelöst, dass es zwei verschiedene Impfstoffe gibt. Offensichtlich ist der Impfstoff für die Bundesregierung und für die Bundeswehr ohne Verstärker und die zweite Variante mit Verstärkern. Problematisch daran ist, dass gerade der Impfstoff mit den Wirkverstärkern, die Folgen betreffend, nicht hinreichend getestet worden ist. Hinzu kommt die Irritation und die Frage, – –

Bitte stellen Sie Ihre Frage!

– warum für die Bevölkerung nicht jener Wirkstoff ohne Wirkverstärker bestellt worden ist. Aus den USA ist bekannt geworden, dass Obama für seine Bevölkerung den Impfstoff ohne Wirkverstärker bestellt hat.

Darauf kann ich Ihnen gern antworten: Das war die Maßgabe aus dem vergangenen Sommer, als von zwei Seiten bestellt worden ist: Zum einen wurde, wie Sie es dargestellt haben, aus dem Bundesinnenministerium und dementsprechend für den Bereich der Bundeswehr bestellt. Zum anderen gibt es eine Bestellung, die von der Bundesregierung an zwei verschiedene Unternehmen ausgelöst wurde. Das eine Unternehmen, GlaxoSmithKline, hat bereits die Möglichkeit zu liefern. Das ist allerdings der Impfstoff mit dem Wirkverstärker. Außerdem gibt es die Mittel, die vom Bundesinnenministerium bestellt wurden. Deren Herstellung ist noch zeitverzögert. Es erweist sich, dass sich der Virenstamm nicht so schnell anzüchten lässt, wie man ursprünglich erwartet hatte. In dem Falle ist es so, wie es gesagt wurde: dass also der Wirkstoff, der hier zur Verfügung gestellt wird, immer sicherer wird. Die Bedenken, dass er nicht ausreichend getestet wurde, teile ich sogar mit Ihnen dahin gehend, dass ich sage, es wäre sicher besser gewesen, wenn man mehr Zeit dafür gehabt hätte. Aber leider hat uns die Grippe nicht gefragt.

Zum Schluss möchte ich auf die Hygienemaßnahmen hinweisen: Nehmen Sie das einfache Händewaschen ernst und verwenden Sie die Desinfektionsmittel, die überall zur Verfügung stehen! Nutzen Sie diese einfach! Das wird uns vor der neuen wie auch vor der saisonalen Grippe schützen.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen gute Gesundheit.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Frau Lauterbach spricht für die Linksfraktion; bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren Abgeordneten! Fünf Experten und fünf Meinungen – das ist das, was den Bürgerinnen und Bürgern in Sachsen zurzeit in Presse, Funk und Fernsehen zugemutet wird.

Beginnen wir am Anfang. Im April dieses Jahres hat die WHO den Pandemiebegriff gelockert. Dadurch war es möglich, dass das Ministerium einen Pandemieplan aufstellen konnte. Das war gut so. Die Ministerin sagt, dass sie gut mit ihrem Team aufgestellt ist. Der Sozialausschuss der letzten Legislaturperiode wurde regelmäßig informiert.

Es mutete damals noch etwas exotisch an. Jetzt ist es Realität. Haben die Verantwortlichen im Vorfeld gute Arbeit geleistet? Ob das ausreichend war, wird sich zeigen.

Es gibt zwei Dinge, die ich nicht verstehe, Frau Ministerin. Ist ein Impfgipfel wirklich notwendig? Hilft er uns Sachsen, die Probleme zu lösen? Ich sehe für diesen Impfgipfel keine effektive Arbeit. Eines muss ich sagen: Frau Ministerin, Sie haben mir Ihrem Team gute Arbeit geleistet. Sie sind an den Problemen der Zeit dran.

Ihr Chef, der Ministerpräsident, sagte der Zeitung, dass er sich nicht impfen lässt. Das halte ich für sehr bedenklich. Ist es Leichtsinn, Arroganz, Unwissenheit oder etwa Angst? Es ist bedenklich, wenn sich Laien – wir sind alle Laien außer vielleicht die Ministerin – äußern, dass sie lieber ins Fitnessstudio gehen und sich gesund ernähren. Unser Landesvater sollte eine gewisse Vorbildwirkung zeigen. Ich weiß, dass es jedem selbst belassen ist. Sie wissen genau, dass ich für das Impfen bin. Es muss aber jeder für sich entscheiden.

Je mehr impfen gehen, das wurde bereits gesagt – –

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Frau Lauterbach?

Bitte sehr, Herr Schmidt, CDU.

Ist Ihnen bekannt, dass der Ministerpräsident nicht gesagt hat, dass er nicht impfen geht, sondern dass er sich vorher mit seinem Hausarzt abspricht? Das ist ein großer Unterschied.

– Vielleicht lässt er sich noch überzeugen, zum Impfen zu gehen. Sie haben recht.

Ich denke, dass wir in gewisser Weise eine Luxusdiskussion führen. Andere Länder wären sicherlich froh, wenn sie die Menge Impfstoff in ihrem Land an ihre Bürger verteilen könnten.

Frau Ministerin, es sind nicht alle Ärzte wirklich gut aufgestellt. In meinem Landkreis gibt es Ärzte, die erst am Freitag den ersten Impfstoff bekommen. Dort bilden sich natürlich Schlangen. Das sehe ich als problematisch an.

Meine Hausärztin hat zwei Probleme aufgeworfen. Einmal ist es die Ausfüllung des Fragebogens für den Patienten, der nur darauf abstellt, den Patienten oder den Impfling in die Pflicht zu nehmen und die Verantwortung wegschiebt. Das sehen die Bürger als problematisch an. Gibt es Nebenwirkungen? Sie sind verunsichert. Gibt es sogar Komplikationen?

Ein zweites Problem, das meine Hausärztin als Problem ansieht, ist, dass sich in den ländlichen Gegenden aufgrund der großen Liefermenge immer zehn Personen gleichzeitig impfen lassen müssen. Das kann sich natürlich bei vielen Impflingen zerstreuen.

Sie haben viele Fragen beantwortet. Diese möchte ich nicht wiederholen. Ich habe sie mir notiert.

Sie merken aber, dass die Bevölkerung unwahrscheinlich verunsichert ist.

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Frau Schütz, FDP, bitte.

Sehr geehrte Frau Lauterbach, ist Ihnen bekannt, dass der Impfstoff nur eine Haltbarkeit von 24 Stunden hat

(Kerstin Lauterbach, Linksfraktion: Richtig!)

und daher eine längere Wartezeit bzw. eine Sammlung von Patienten notwendig ist?

Richtig. Sie haben mich falsch verstanden. Es ist problematisch, die zehn Personen zusammenzubekommen.

Das ist Ihnen bekannt?