Herr Lichdi, Sie möchten vom Instrument der Kurzintervention Gebrauch machen. Dazu haben Sie jetzt Gelegenheit.
Vielen Dank, Herr Präsident! Wir sind ja die Beiträge des Herrn von Breitenbuch im energiepolitischen Bereich gewöhnt, jedenfalls musste ich mich des Öfteren damit auseinandersetzen – wenn es etwas zum Auseinandersetzen gegeben hätte.
Ich stelle einfach fest, dass Kollege von Breitenbuch aus dem sachlich vorgetragenen Beitrag meines Fraktionskollegen Weichert auf keinen einzigen inhaltlichen Punkt eingegangen ist,
sondern dass er es für richtig gehalten hat, hier mit dümmster Polemik gegen einen Kollegen vorzugehen, der sicher nicht so streitbar ist wie ich.
Ich halte das wirklich für einen unfairen Umgang. Sie von den Fraktionen der CDU und der FDP werden sich daran gewöhnen müssen, dass wir als BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen tatsächlich ein anderes Leitbild von den ländlichen Räumen
und von der Landwirtschaft haben. Wir vertreten nicht wie Sie die Meinung, dass wir möglichst großflächige Betriebe für den Weltmarkt haben sollten. Wir treten ein für eine bäuerliche Landwirtschaft, die gesunde Lebensmittel erzeugt, die die Natur nicht ausbeutet, die die Tiere nicht quält.
Das mögen Sie lächerlich finden. Aber Sie werden uns nicht davon abhalten, für diese Ziele zu kämpfen!
Herr von Breitenbuch, Sie haben die Gelegenheit, auf die Kurzintervention zu antworten. – Das wollen Sie tun. Bitte schön.
Herr Lichdi, ich fand das überhaupt nicht lächerlich. Das will ich ausdrücklich sagen. Mir ist es sehr ernst mit dem, was ich gesagt habe.
Ich sehe Herrn Weichert nicht in der Lage, eine tiefe, fachkundige Diskussion mit mir als Praktiker zu führen.
Deshalb wollte ich Ihnen und uns das nicht zumuten. Durch die Art und Weise, wie er seit Monaten hier und in Leipzig Agrarpolitik nach außen für die GRÜNEN vertritt, ist es jetzt einmal nötig, das hier so klar zu sagen.
Selbstverständlich sind wir mit Ihnen darüber in Dissens, wie wir Agrarpolitik sehen. Diese Feststellung kann ich nur bestätigen.
Wir fahren fort in der allgemeinen Aussprache. Frau Kagelmann für die Fraktion DIE LINKE. Frau Kagelmann, Sie haben das Wort.
Danke schön, Herr Präsident! – Werte Damen und Herren, ich werde jetzt einmal versuchen, von der sehr persönlichen Ebene wieder auf eine Sachebene zurückzukehren. Gleich zu Beginn werde ich mich aus Respekt vor dem Antragsteller und vor dem wichtigen und bereits vieldiskutierten Thema in meiner Rede auf die Dissenspunkte konzentrieren, die DIE LINKE zu diesem Antrag hat.
Meine Damen und Herren! Es fällt auch mir etwas schwer, andere, neue Aspekte in die Diskussion einzuführen, die ich nicht schon mit dem Antrag der LINKEN zur Gestaltung der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik von Ende 2010 ausführlich vorgetragen und wie ich sie später zu Debatten zu einem Koalitionsantrag oder zur schon erwähnten Fachregierungserklärung von Staatsminister Kupfer wiederholt hatte.
Wir stimmen in vielen Punkten mit dem Antragsteller überein. Ich verweise nochmals auf unser lange bekanntes Konzept. Ja, wir stehen ausdrücklich zum Greening, und zwar aus der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung für Klima, Umwelt und Biodiversität. Aber ebenso lange bekannt dürfte sein: DIE LINKE lehnt die Kappung und Degression von Direktzahlungen entschieden ab.
Sie finden in unserem GAP-Papier aus dem Jahr 2010 – ich darf noch einmal darauf verweisen – beide Begriffe überhaupt nicht, weil unser Papier von einer anderen inneren Logik ausgeht, und zwar – und das ist jetzt ein bisschen putzig – von dem zu Beginn auch von Ihnen, geschätzter Herr Weichert, postulierten Anspruch, wonach es öffentliches Geld nur für öffentliche Leistungen geben darf. Offensichtlich verstehen wir allerdings darunter etwas anderes.
Diese Leistungen definieren Sie als Antragsteller unter Punkt 1. Da geht es um gesunde Lebensmittel, regenerative Energien, Umwelt-, Natur- und Tierschutz und die Entwicklung ländlicher Räume. Die Qualität dieser für die Gesellschaft erbrachten Leistungen muss also Maßstab für eine betriebliche Förderung nach Säule 1 sein. Diese Qualität wird im Wesentlichen von der Art und Weise der Bewirtschaftung und der Struktur der Fläche bestimmt, aber nicht von der Größe des Betriebes.
An dieser Stelle wird den LINKEN immer vorgeworfen, dass sie sich aufgrund ihrer ideologischen Rückwärtsgewandtheit nicht lösen können von alten LPG-Strukturen und verkrampft Klientelpflege im Osten betreiben wollen.
Klientelpflege ist ja per se nicht verkehrt und wird von allen Parteien unterschiedlich betrieben. Es gibt aber inzwischen neben Genossenschaften viele andere Rechts- und Unternehmensformen auf dem Land.
Man kann aber auch nicht negieren, dass die Strukturen der landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland selbst und erst recht in der EU unterschiedlich waren und sind. Man kann auch nicht ignorieren, dass die Struktur der landwirtschaftlichen Betriebe in Ostdeutschland bereits vor dem Zweiten Weltkrieg anders aussah als in Westdeutschland, und das unter anderem aufgrund regional schwieriger Standortbedingungen.
Flächengröße oder Organisationsformen können deshalb für uns kein Förderkriterium sein. Dafür wollen wir zusätzlich soziale Standards bei den Direktzahlungen verbindlich einbeziehen, und zwar in Höhe eines konkret festgelegten prozentualen Anteils und nicht als fakultative Kompensationsregelung. Das wollen wir, weil die Schaffung von gut bezahlten sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen auf dem Land für uns eine wichtige Gemeinwohlleistung darstellt.
Zumindest in diesem letzten Punkt signalisieren Sie ja Kompromissbereitschaft mit der Gegenrechnung von Lohnkosten bei der Degression und Kappung. Aber das gibt erstens nur den aktuellen Stand der CiolosVorschläge wieder und ändert zweitens – und das wissen Sie selbst sehr genau – nichts an der jetzigen Fördersituation.
Die nächste Rednerin in der ersten Runde der allgemeinen Aussprache ist Frau Dr. Deicke für die SPD-Fraktion. – Frau Dr. Deicke, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag fordert eine nachhaltige Gestaltung der gemeinsamen Agrarpolitik in der neuen Förderperiode ab 2014. In diesem Grundsatz sind wir uns sicherlich einig. Ja, wir brauchen eine Neuausrichtung der gemeinsamen Agrarpolitik, und das nicht nur wegen der immer wieder auftretenden Lebensmittelskandale. Die Landwirtschaft muss gesunde Lebensmittel für alle Geldbeutel produzieren und sich auch an den neuen gesellschaftlichen Herausforderungen der Zukunft messen lassen.
Dazu gehört, dass die Landwirtschaft ihren Beitrag vor allem in den Bereichen Umwelt-, Klima-, Verbraucher- und Tierschutz leistet. Dabei müssen auch die negativen Auswirkungen der europäischen Landwirtschaft auf die Ernährungssicherheit anderer Weltregionen verringert werden. Nicht zuletzt steigen im Zusammenhang mit der demografischen Entwicklung auch die Herausforderungen an eine integrierte Politik für die ländlichen Räume.
Für uns als SPD macht sich eine nachhaltige Landwirtschaft an der Art und Weise der Bewirtschaftung der Betriebe und des verantwortungsbewussten Handelns der Landwirte und eben nicht an einer absoluten Betriebsgröße fest. Der bäuerliche Familienbetrieb darf zukünftig nicht das alleinige Maß der Agrarpolitik sein.
Auch Agrargenossenschaften, wie wir sie insbesondere in den ostdeutschen Bundesländern haben, können nachhaltig arbeiten –
und Beschäftigung sichern. Unter dem Aspekt der Verteilungsgerechtigkeit von Direktzahlungen macht es auch keinen Unterschied, ob zum Beispiel zehn Familienbetriebe je 50 000 Euro oder eine Agrargenossenschaft mit zehn Mitgliedern, die gleichzeitig Landverpächter und Mitarbeiter sind, 500 000 Euro erhalten. Hinter den Mitgliedern der Agrargenossenschaften stehen genauso Familien wie hinter den Familienbetrieben.
Die EU-Kommission verfolgt mit ihren Reformvorschlägen den Grundgedanken einer Bindung von Zahlungen an
die Landwirte an gesellschaftlich erwünschte zusätzliche Leistungen. Diese grundsätzliche Ausrichtung begrüßen wir. Das vom EU-Kommissar Çiolos vorgeschlagene Greening, also das Knüpfen der Direktzahlungen an bestimmte Umweltleistungen, ist daher ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Grundsätzlich gibt es da auch Einvernehmen mit den Landwirten. Allerdings muss Greening praktikabel und anspruchsvoll sein und es darf nicht in noch mehr Bürokratie ausarten.