Protokoll der Sitzung vom 26.01.2012

Der Begriff „durchfließen“ soll sich ganz offensichtlich vom Begriff „durchbrechen“ absetzen.

(Beifall bei den LINKEN – Dr. André Hahn, DIE LINKE: Richtig!)

Der soll sich ganz offensichtlich vom Begriff „durchbrechen“ distanzieren. Diese Erklärung ist gutwillig ausgedrückt.

(Zuruf des Abg. Jürgen Gansel, NPD)

Nur mit der Erklärung und mit dem Verständnis akzeptiere ich es. Das will ich an der Stelle ausdrücklich sagen.

(Christian Piwarz, CDU: Da bin ich Ihnen dankbar!)

Das ist das, was ich darunter verstehe. Das ist das, was ich akzeptiere. Das ist das, was ich im Rahmen des Versammlungsrechtes hinzunehmen bereit bin.

(Christian Piwarz, CDU: Wozu braucht man dann den schwarzen Block?)

Ich habe den Wortlaut dieser Äußerung weder gelesen noch habe ich ihn parat. Das ist keine Ausrede. Ich nehme gern ergänzend Stellung, wenn Sie ihn mir vorlegen. Ich habe gesagt, was ich darunter verstehe und wie ich es meine.

Ich will an der Stelle – und damit will ich es beenden – noch einmal sagen: Die Frage, ob wir uns hier zu der Begrifflichkeit Blockade expressis verbis, im Tenor des Antrages, wirklich äußern sollten oder ob wir das umgehen und vielleicht den Weg wählen sollten, den Frau Kollegin Friedel vorgeschlagen hat, ist ein Stück Abwägung, das genau deutlich macht, dass dieses Hohe Haus in Sachsen in der Frage 13. Februar und Umfeld eine herausgehobene Verantwortung in der Bundesrepublik Deutschland hat und dass der Grundsatz, dass es eigentlich immer der Gesetzgeber sein muss, der distanziert und wenig emotional, jedoch weise mit solchen Lebenslagen umgeht und im Grunde an solchen Fragen gemessen wird,

ob er die Größe hat, bei solchen Punkten nach längeren Kontroversen zu sagen: Jetzt springen wir gemeinsam und jeder macht einen Abstrich für den Kompromiss, der gegenüber der Außenwelt klarstellt, dass in diesem Hohen Hause bis auf acht Abgeordnete alle gemeinsam dagegen stehen, dass jemals wieder die Vernichtung von Menschenleben in einer derartigen Singularität, wie das durch den Zweiten Weltkrieg geschehen ist, irgendwo und irgendwann gutgeheißen werden darf.

(Beifall bei den LINKEN, den GRÜNEN und der SPD)

Meine Damen und Herren! Gibt es weitere Wortmeldungen? – Herr Biesok, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Friedel, Sie bieten mir etwas an, das ich wie folgt bewerte: Sie bieten mir an, ein redaktionelles Versehen Ihres Antrages, das aus Ihrer geistigen Grundhaltung entsprungen ist, zu beseitigen,

(Zurufe der Abg. Dr. André Hahn, DIE LINKE, und Sabine Friedel, SPD)

und zwar gegen den Tausch von Freiheitsrechten.

Ich habe hier ausgeführt, dass ich auch für Radikale das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit achte. Deshalb bin ich gegen Blockaden und werde deshalb Ihr Angebot nicht annehmen.

(Beifall bei der FDP – Vereinzelt Beifall bei der NPD)

Ich mache Ihnen ein anderes Angebot: Stellen Sie einen Streichungsantrag auf die Worte „durch Rechtsradikale“. Meine Fraktion und die CDU-Fraktion werden Ihnen über die Geschäftsordnung helfen, dass Sie das nicht schriftlich machen müssen. Wir können das mündlich machen, weil es eine Abweichung ist. Stellen Sie Ihren Antrag damit klar, damit alle wissen, dass sämtlicher Missbrauch des Demonstrationsrechtes von Ihnen abgelehnt wird.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Dr. André Hahn, DIE LINKE: Ziehen Sie Ihren Änderungsantrag zurück!)

Jetzt zu unserem Änderungsantrag. Wir haben den bewusst gewählt. Wir haben bewusst zwei Begriffe unterschieden, und zwar rechtswidrige Handlungen und die Durchführung von Blockaden. Denn wir haben genau die Diskussion, die wir jetzt hier gehabt haben, die wir im Innen- und im Rechtsausschuss gehabt haben und die Kollege Bartl gerade geführt hat, einmal auf den Punkt bringen wollen. Es gibt rechtswidrige Handlungen und es gibt Blockaden.

Eine Blockade kann nicht rechtswidrig sein, wenn sie sich zum Beispiel gegen Sachen richtet – Mutlangen-IIIUrteil. In dem Moment, wenn zum Beispiel Raketentransporte in ein Lager einfahren, eine Sitzblockade gemacht wird und die Transporte blockiert werden, dann

ist das nicht rechtswidrig. Was wir hier aber meinen, ist etwas anderes. Sie versuchen, durch die physische Anwesenheit auf der Straße anderen ihre Demonstrationsfreiheit zu nehmen. Das ist Blockieren.

(Dr. André Hahn, DIE LINKE: Das ist zugelassen!)

Dieses Blockieren ist nicht zugelassen, weil es sich gegen Menschen richtet, gegen andere Grundrechtsträger und nicht gegen Lkws.

(Zuruf des Abg. Klaus Bartl, DIE LINKE)

Das ist genau der Unterschied.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der NPD)

Ich erwarte von keinem Rechtsradikalen eine Solidarität für die Position, die ich hier beziehe. Aber es ist für mich ein Grundanliegen, auch die Grundrechte derjenigen zu achten, die ich politisch sehr stark ablehne. Deshalb werde ich auch weiterhin zwischen rechtswidrigen Handlungen und Blockaden von Demonstrationen, die nicht verboten sind, unterscheiden. Deshalb halten wir diesen Änderungsantrag aufrecht.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der NPD)

Gibt es weitere Wortmeldungen? – Jetzt beginnen wir mit der dritten Runde. Herr Abg. Dulig, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin etwas ernüchtert, weil ich nun wirklich gedacht habe, dass man, wenn man ein Angebot formuliert,

(Jürgen Gansel, NPD: Das war doch ein vergiftetes Angebot!)

tatsächlich auch die Größe hat, den Moment zu verstehen, in dem wir gerade sind. An einem Tag, an dem zum Beispiel im Bundestag ein gemeinsamer Untersuchungsausschuss eingesetzt wird, getragen von allen Fraktionen, weil man gewusst hat, an dieser Stelle gibt es nicht die auf dieser und die auf der anderen Seite, sondern ein gemeinsames Interesse – – Am Vorabend eines Gedenktages nicht zu verstehen, dass wir heute die Chance haben, ein Symbol zu setzen, das ernüchtert mich komplett.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Stellen Sie sich doch einmal vor, mit den Erfahrungen, die wir in den letzten Jahren bei dem Thema mit Ihnen gesammelt haben, wie dann tatsächlich ein Antrag von uns ausgesehen hätte. Es war ein ehrliches Angebot, heute hier eine Entscheidung zu treffen, dass sich der gesamte Landtag bekennt und klarmacht: Wir wollen gemeinsam einen Aufruf starten.

(Christian Piwarz, CDU: Wir stimmen in allen drei Punkten zu!)

Es macht mich wütend, weil es die Frage ist, ob es die fehlende Größe von Ihnen ist oder ob etwas anderes dahintersteckt.

(Dr. André Hahn, DIE LINKE: Oder beides! – Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Wie oft haben wir hier über den Aufklärungswillen in Sachsen zum Thema NSU diskutiert. Alle Vorschläge, die wir gemacht haben, wurden vom Innenminister abgelehnt. Wir steuern durch dieses politische Nichthandeln schon auf den nächsten Untersuchungsausschuss zu. Wo ist denn Ihr Aufklärungswille bei dieser Frage? – Nichts machen Sie hier!

(Volker Bandmann, CDU: Unverschämtheit! Eine Unverschämtheit ist das! – Zurufe von der SPD und den LINKEN – Unruhe im Saal)

Ja! Wo ist denn Ihre Abgrenzung zu Ihrer Basisgruppe „Aktion Linkstrend stoppen“? – Das ist eine Basisgruppe der sächsischen Union. Wo ist denn da das Bekenntnis, dass man mit den Inhalten und der Wortwahl nichts zu tun hat? Wo ist es denn?

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Sie sind doch selbst anscheinend auf dem rechten Auge blind! Sie fischen doch mit in diesen trüben Gewässern, wenn Sie hier mit taktischen Instrumenten versuchen, eine Debatte und einen Beschluss zu verhindern! Das hat Herr Biesok gerade bestätigt.

(Beifall bei der SPD)

Die Blockade-Diskussion ist doch nur durch Sie hier hereingebracht worden. Wir haben genau auf diese Reizwörter bewusst verzichtet, auch in der Erfahrung der Arbeitsgruppe „13. Februar“. Warum konnte man dort nicht anschließen? Warum haben Sie nicht die Größe? Warum haben Sie die nicht? – Weil Sie das Thema nicht wollen! Sie versuchen, irgendwelche Tricks zu finden, um tatsächlich diesen Antrag zu torpedieren. Das ist nichts anderes! Ihr Bekenntnisfetischismus, den Sie von uns verlangen,

(Christian Piwarz, CDU: Oooch, oooch!)

nimmt inzwischen Formen an, die mich richtig ankotzen!

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Es kann doch nicht sein, dass es jetzt in der Debatte darum geht, uns mit unserem eigenen Antrag zu besiegen. Das ist doch das, was Herr Biesok hier schon gesagt hat: einen Weg zu finden, wie wir sozusagen unserem eigenen Antrag nicht mehr zustimmen können. Das finde ich wirklich blamabel!

(Zuruf des Abg. Klaus Tischendorf, DIE LINKE)