Protokoll der Sitzung vom 14.06.2012

Eine Kurzintervention; Frau Dr. Pinka.

Vielen Dank. – Ja, ich möchte eine Kurzintervention vornehmen, weil ich wahrscheinlich im Raum die einzige Geowissenschaftlerin bin, die diesen Bericht von vorn bis hinten verstehen konnte. Von daher haben wir bereits vor einem Jahr gesagt, dass wir Ursachensuche und -analyse gemeinsam betreiben müssen.

Sehr geehrte Frau Windisch, ich danke Ihnen für diesen Vortrag. Ich nehme ihn jetzt mit in die Regionen.

(Zuruf von der SPD: Ich auch!)

Sicherlich andere auch, denn das Erzgebirge – wie im Beispiel – wäre mit Sicherheit keine Region gewesen, die nach unserem Bericht eine Arbeitsregion geworden wäre. Von daher vielen Dank für dieses Beispiel.

Frau Windisch, möchten Sie sich dazu äußern?

Ja. – Da haben Sie mich wieder völlig falsch interpretiert. Dieses Beispiel sollte zeigen, dass die Grundwasserstände großen Schwankungen unterliegen. Wir hätten auch ein Beispiel aus Dresden oder aus anderen Regionen nehmen können.

Meine Damen und Herren, wenn Sie 2002 in Dresden das Hochwasserereignis verfolgt haben, dann konnten Sie

feststellen, dass sich die Schäden durch das Hochwasser an den Gebäuden, die nach alter Baukunst und Erfahrung im Elbegebiet gebaut worden sind, in sehr geringem Maße gehalten haben. Hingegen neu errichtete Gebäude in Betonbauweise, wie sie heute überall gebaut werden, waren von großen Schäden betroffen. So ist das auch in anderen Gebieten.

Ich selbst habe Bekannte in der Lausitz. Sie wohnen in einem traditionellen Gebäude, wie sie dort früher gebaut worden sind. Das sind ebenerdige Gebäude, die keine Keller haben. Diese Gebäude haben keine Nässeschäden, wohl aber Gebäude, die später errichtet worden sind, nachdem durch den Braunkohlenbergbau die Grundwasserstände deutlich gesunken sind. Heute, wenn die Grundwasserstände wieder ansteigen, entstehen natürlich Probleme.

Alles hat irgendwelche Ursachen und diese Ursachen zeigen Wirkung. Damit muss entsprechend umgegangen werden. Darin gebe ich Ihnen recht, und da stehen die CDU-Fraktion und die Staatsregierung in der Verantwortung, gemeinsam an diesen Lösungen zu arbeiten. Aber diese einseitige Zuweisung von Schuld und Verantwortlichkeit, wie es durch DIE LINKE gemacht worden ist, können wir so nicht einfach durchgehen lassen, und das ist auch nicht fachgerecht.

(Beifall bei der CDU)

Frau Dr. Deicke für die SPD-Fraktion, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es kann nicht die Norm sein, dass der Freistaat Verantwortung für jeden nassen Keller trägt.

(Beifall bei der CDU)

Moment, Moment!

(Heiterkeit bei der CDU und der FDP)

Es kann aber auch nicht sein, dass der Freistaat sich hinstellt und sagt: Damit habe ich nichts zu tun.

(Staatsminister Frank Kupfer: Das machen wir ja nicht!)

Mit dem Problem, lieber Bürger, musst du allein klarkommen! Das kann natürlich nicht sein. Aber wenn ich mir die Pressemitteilung von Ihnen, Herr Kupfer, anschaue, dann geht daraus dieser Tenor hervor. Fakt ist, dass es in den vergangenen Jahren aus verschiedenen Gründen zum Grundwasseranstieg kam. Hier allein den Ball den Betroffenen zuzuspielen, ist ein Unding.

Die entscheidende Frage für mich lautet daher: Wie weit geht die Verantwortung des Freistaates und wo ist die Schnittstelle zur Eigenverantwortung? Darauf kann ich Ihnen gleich die Antwort geben: Die Pflicht des Freistaates besteht darin, die betroffenen Bürger, Kommunen und Betriebe bei der Hilfe zur Selbsthilfe zu unterstützen. Dazu zählen unter anderem die Ursachenanalyse, die

Erfassung der vernässungsgefährdeten Flächen, die Identifizierung wirksamer Maßnahmen, die Information und die Kommunikation.

Herr Kupfer eröffnete seine Pressemitteilung im Vorfeld der heutigen Debatte mit einem simplen, aber wichtigen Satz: dass die Ursachen der hohen Grundwasserstände vielfältig seien und daher auch die Lösungen unterschiedlich sein müssten.

Nun deklinieren wir diese Erkenntnisse einmal an der Zuständigkeit herunter. Dabei werden wir ganz schnell sehen, dass der Freistaat Sachsen entweder nicht die Voraussetzungen geschaffen hat, damit der Bürger seiner Eigenverantwortung nachkommen kann, oder die Rahmenbedingungen, die der Freistaat setzt, doch sehr schlecht sind.

Eine wesentliche Ursache für den Grundwasseranstieg ist unumstritten die mangelnde Gewässerunterhaltung.

Nehmen wir das Beispiel der Gräben. Wenn diese nicht gepflegt werden und verwachsen, kann das Wasser nicht ablaufen. Wenn es dazu viel regnet, sind nasse Keller vorprogrammiert.

Ja, es ist richtig: Für die Unterhaltung und Pflege der Gewässer II. Ordnung sind die Kommunen zuständig. Aber das ist das letzte Argument einer Kausalkette; denn der Freistaat ist dafür verantwortlich, dass die Kommunen ihrer gesetzlich zugewiesenen Aufgabe der Gewässerunterhaltung ordnungsgemäß nachkommen können.

In der Anhörung hat ein Sachverständiger diese Problematik auf den Punkt gebracht, indem er sagte, dass die Kommunen in den heutigen Zeiten, in denen das Geld knapp ist und man Schulen, Kindergärten und Schwimmbäder zurückfahren muss, nicht mit viel Elan herangehen und sagen: Uns ist es wichtiger, dass wir innerhalb der Ortschaft ein ökologisches Gewässer haben.

Ein Blick in unser Nachbarland Sachsen-Anhalt kann uns als Vorbild dienen. Hier hat die Landesregierung nicht nur mit den Kommunen zusammen eine AG Grundwassermanagement eingerichtet, sondern auch ein Förderprogramm mit 30 Millionen Euro eingestellt.

Meine Damen und Herren! Wenn es darum geht, eine einheitliche Bewirtschaftung von Gewässern vorzunehmen, dann ist Koordinierung notwendig. Erfreulicherweise ist auch bei der Staatsregierung die Erkenntnis gereift, dass Wasser- und Bodenverbände eine geeignete Struktur darstellen, die Aufgabe in Form einer kommunal übergreifenden Kooperation zu lösen. Einige Bundesländer, wie Sachsen-Anhalt, Brandenburg, SchleswigHolstein und Niedersachsen, haben damit sehr gute Erfahrungen gemacht; das haben wir auch in der Anhörung gehört.

Jedoch läuft der Appell von Herrn Kupfer an die Kommunen ins Leere, wenn der Freistaat nicht einige rechtliche Voraussetzungen klärt, zum Beispiel eine geeignete und praktische Form der Finanzierung. Regenwasser fällt überall an. So könnten alle Grundstückseigentümer in Form einer flächenbezogenen Umlage einbezogen werden

und nicht nach dem sogenannten Maß des Vorteils, wie es im Sächsischen Wassergesetz vorgesehen ist.

Die Erstellung von Gewässerkatastern ist außerdem eine notwendige Voraussetzung für die Planung der Gewässerunterhaltung und muss förderfähig gemacht werden.

Zum Thema Information. Zur Aufgabe des Freistaates gehört die Beobachtung der Grundwasserstände. Richtigerweise haben die LINKEN in ihrem Antrag darauf hingewiesen, dass der Bericht der Staatsregierung keine Daten aus dem Bereich Bergbau einbezieht. Der Sächsische Landkreistag hat außerdem kritisiert, dass die Messstellendichte generell zu gering sei. Damit ist die Aussagekraft der Daten nicht ausreichend, um daraus aussagefähige Informationen abzuleiten.

Kurzum: Solange der Freistaat seine Hausaufgaben nicht macht, so lange ist jeder Verweis auf die Eigenverantwortung bloßer Hohn. Der Antrag der LINKEN fordert eine Nachbesserung des Berichtes der Staatsregierung. Das unterstützen wir. Wir stimmen also Ihrem Antrag zu und wir meinen, dieses Thema muss auf der Tagesordnung bleiben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den LINKEN)

Für die FDPFraktion Herr Hauschild; bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Dr. Deicke, Ihr Beitrag fing richtig gut an, aber dann ist er doch wieder in die falsche Richtung gedriftet, und wenn Sie zum Schluss auch noch sagen, Sie werden dem Antrag zustimmen, dann ist er vollends falsch.

Auch wir wollen natürlich zu dem Antrag sprechen. Die Grundwasserstände sind in einigen Regionen ernste Probleme, die unsere Mitbürger, die dort wohnen, ohne Frage belasten. Ich habe mir mit meinem CDU-Kollegen Frank Hirche vor nicht allzu langer Zeit im Spreetal in der Lausitz selbst ein Bild davon gemacht, was die Gemeinden tun, um dieses Problem zu lösen – zumindest in dem Maße, in dem sie es können.

Die Staatsregierung hat dieses Problem ebenfalls erkannt und den Grundwasserstandsbericht auf unseren Koalitionsantrag hin erstellt. Dieser Bericht wird die Grundlage für weiterführende Maßnahmen sein und die Bürger – auch im Spreetal – in ihren Bemühungen unterstützen. Aber die Kritik, die Sie mit Ihrem Antrag daran üben, nur weil das Ergebnis nicht Ihren Erwartungen entspricht, erscheint mir eher als verzweifelter Versuch, mit einem Thema Punkte zu machen, das für die Betroffenen viel zu ernst für politische Effekthaschereien ist.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Eine Zwischenfrage; Frau Dr. Pinka, bitte

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Ist Ihnen bekannt, dass die Grundwasserstände in einigen Gegenden bereits jetzt Dimensionen angenommen haben, die für 2017/2018 prognostiziert wurden, dass sie weiter am Steigen sind und keine Endwasserzustände erreicht haben?

Frau Dr. Pinka, selbstverständlich sind mir verschiedene Statistiken und Zahlen bekannt, und selbstverständlich ist es auch so, wenn man dort weiter nachfragt: Ja, es schwankt. Es steigt und fällt wieder. Aber ob das nun die Endstände sind, darüber habe ich noch keine verlässliche Information bekommen, dass jemand sagen könnte: Ja, das ist so; es liegt daran und daran und wird sich auch nur durch dies und das ändern. Insofern: Ja, es ist mir bekannt, aber ich weiß nicht, worauf Ihre Frage weiter abzielt.

Im Punkt 5 Ihres Antrages unterstellen Sie eine willkürliche Interpretation der Grundwasserstände, und das nur, weil Ihnen das Ergebnis nicht passt. Ich vermute einmal, dass Ihre Interpretation aus dem Anstieg im Hochwasserjahr 2010 herrührt. Dazu kann ich Ihnen nur einen Tipp geben: Das ist in etwa so wie der durchschnittliche Tortenkonsum in einer Ehe. Wenn Sie diesen nach Ausnahmeereignissen, wie der Hochzeit, besonderen Jubiläen oder der Feier anlässlich der Scheidung berechnen, dann bekommen Sie schnell finanzielle oder gesundheitliche Probleme. Langfristig haben wir eher sinkende Grundwasserstände, außer in Bergbaugebieten, in denen das Grundwasser nach Jahrzehnten künstlichen Niederhaltens zurück auf die natürlichen Werte steigt.

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Frau Dr. Pinka.

Es ist vielleicht meine letzte Frage; vielen Dank. – Sie waren offensichtlich im Spreetal unterwegs, und den Bereich Zerpe kennen Sie wahrscheinlich. Ist Ihnen bekannt, dass es dort bereits seit 2006, also auch schon vor der Existenz des Niederschlagsereignisses von 2010, zu hohe Grundwasserstände – mit Nässe im Keller – gegeben hat?

Selbstverständlich, ich habe mir das mit eigenen Augen angesehen, auch feuchte Keller, und sie betreten. Ich weiß das, ich habe mit den Menschen gesprochen. Gerade dort ist es so, dass wir durch das Beenden der Tagebaubewirtschaftung in der Nähe einen schwankenden Pegel haben. Wir haben dort zum Beispiel den Scheibesee und den Dreiweiberner See, alles ehemalige Tagebaurestlöcher, die jetzt volllaufen; und dass es dort auch ohne das Hochwasserereignis von 2010 schon einen deutlichen Anstieg durch das Beenden der Niederhaltung durch den Tagebau gab, ist richtig. Aber das ist nur ein Punkt, der nicht ganz Sachsen betrifft, sondern nur