Protokoll der Sitzung vom 18.10.2012

Wir haben bereits im letzten Jahr mit dem Landesamt für Verfassungsschutz das Forum „Starke Demokratie“ und damit die Präventionsarbeit in diesem Bereich ausgebaut. Hier sind die wichtigsten Entscheidungsträger, nämlich die Landkreise, die Städte und Gemeinden, an einem Tisch. Zusammen mit den Experten des LfV und weiteren Fachleuten geht es darum, Aufklärung und Hilfestellung beim Umgang mit Rechtsextremismus zu geben.

Gerade am Dienstag war wieder eine solche Veranstaltung. Hier geht es um Aufklärung zum Umgang mit rechtsextremistischen Konzerten. Es wurde auch dankbar von den kommunalen Vertretern aufgenommen; denn die Aufklärung muss genau dort stattfinden, wo es die Menschen direkt betrifft, nämlich in unseren Städten und Gemeinden.

Generell müssen wir Prävention in Zukunft gerade in diesem Bereich noch stärker ausrichten. Kommunale Verwaltung und Politik zu sensibilisieren ist dabei das eine, aber nach meiner Überzeugung und Erfahrung müssen wir natürlich auch bei der Zivilgesellschaft ansetzen. Hier gibt es den Landespräventionsrat, „Weltoffenes Sachsen“, lokale Aktionspläne, Regionalkonferenzen. All das, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind Bausteine, die notwendig sind, um hier voranzukommen.

Wir hatten gerade am Montag die Konferenz des Bundesprogrammes „Zusammenhalt durch Teilhabe“ bei uns in Dresden. Dabei ging es zum einen um Vernetzung der einzelnen Aktionen und Projekte auf den verschiedenen Ebenen und zum anderen um die Förderung von Demokratietrainern. Diese sind dort verankert, wo Rechtsextremisten versuchen, die Mitte unserer Gesellschaft zu erreichen, gerade in Verbänden, Sportvereinen, Feuerwehren usw. Sie dienen als Ansprechpartner, wenn beispielsweise gerade im Fußballverein Rechtsextremisten versuchen, anzuwerben. Sie beraten und stehen zur Seite, wenn Hilfe gegen diese Extremisten nötig ist.

In Sachsen gibt es inzwischen ein Dutzend solcher Demokratieträger beim Landessportbund, beim Landesfeuerwehrverband, bei der AWO, also in verschiedenen Bereichen. Das ist bürgernah, das ist effektiv und noch dazu ist es eine gute Kooperation mit den Projekten unseres Programmes "Weltoffenes Sachsen“. Das ist eine tolle Sache und in einigen Gegenden – ich bin froh, dass das auch schon ausgesprochen wurde – können wir deutlich sehen, dass genau diese Strategie wirkt, wohlwissend, dass wir da noch einen langen Atem brauchen.

Auf der anderen Seite gehört selbstverständlich dazu, dass wir auch im Bereich der Repression die volle Schlagkraft des demokratischen Rechtsstaates in die Hand nehmen müssen. Dort geht es um konsequente Strafverfolgung rechtsextremistischer Umtriebe, wo immer sie auftauchen mögen, sei es im Umfeld von Fußball, als Spukgestalten bei nächtlichen Umzügen oder als Provokateure im Internet. Das ist nur effektiv, wenn es hier noch eine

bessere Vernetzung und Verzahnung zwischen der Beobachtung und der Strafverfolgung gibt.

Hier haben wir gerade rund um den Fallkomplex NSU gesehen, dass es Kommunikationsprobleme zwischen den Sicherheitsbehörden gab. Deshalb haben wir auf unterschiedlichen Ebenen schon gehandelt, einerseits das gemeinsame Abwehrzentrum Rechtsextremismus beim Bund, die gemeinsame Organisations- und Analysestelle in Sachsen und die gemeinsame Datenbank für gewaltbereite Rechtsextremisten.

Auch hier werden und können wir nicht aufhören zu optimieren, meine sehr verehrten Damen und Herren. Rechtsextremismus ist ein gesamtgesellschaftliches

Problem. Deshalb – das ist meine tiefe Überzeugung – muss die demokratische Gesellschaft als Ganzes handeln. Wir lösen diese Probleme eben nicht von heute auf morgen und nicht, weil wir gerade einmal eine Debatte im Landtag führen, sondern ich weiß gerade auch aus eigener Erfahrung, dass es hier einen langen Atem braucht und, meine sehr verehrten Damen und Herren, dazu brauchen wir die Unterstützung aller demokratischen Kräfte. Die Staatsregierung wird hierzu ihren Anteil leisten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren! Mir liegt noch ein Entschließungsantrag zur Großen Anfrage vor. Herr Jennerjahn, Sie möchten den Entschließungsantrag einbringen. Bitte.

Herr Präsident, vielen Dank! Ich kann es kurz machen. Vieles habe ich schon gesagt. Ich möchte zwei Punkte noch einmal etwas herausheben. Das eine ist die Bedeutung von Konzertveranstaltungen. Wir stellen immer wieder fest, dass der öffentlichen Bewertung solcher Konzertveranstaltungen eine gewisse Verharmlosungstendenz innewohnt, in dem es einfach als subkulturelle Veranstaltung nach dem Motto „Machen wir mal einen Feierabend!“ stattfindet. Deshalb die ausdrückliche Festschreibung, dass Musik innerhalb der extremen Rechten als Kampfinstrument dezidiert genutzt und auch so beschrieben wird. Das sollten wir so ausdrücklich festschreiben.

Der zweite Punkt, mit dem ich ganz bei Herrn Hartmann bin, ist noch einmal der Punkt I.4. Wenn wir uns einig sind, dass wir eine gesellschaftliche Auseinandersetzung führen müssen und gleichzeitig mit der Problemlage konfrontiert sind, dass das LfV de facto eine Deutungshoheit hat, ist es an der Zeit, dass wir feststellen, dass das Landesamt für Verfassungsschutz nicht in der Lage ist, ein vollumfängliches Bild der extremen Rechten in Sachsen zu zeichnen.

Noch ein letztes: Kollegin Köditz hatte im Punkt I.2 die Terminologie „festere Zusammenschlüsse“ ein Stück kritisiert bzw. eine Interpretation geliefert, dass es wohl im Sinne von Vernetzung und Zusammenarbeit gemeint sei. Das möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich bestäti

gen, nicht dass irgendwelche Missverständnisse aufkommen. Die Interpretation von Frau Köditz war auch unsere Intention.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN)

Ich frage die Fraktionen: Gibt es noch Wortmeldungen zum Entschließungsantrag? – Herr Hartmann, Mikrofon 4.

Danke, Herr Präsident! Ich würde jetzt für die Koalition gleich sagen, dass wir den Entschließungsantrag nicht mittragen werden, und begründe das kurz wie folgt: Der Antrag ist heute, am 18.10.2012, im Plenum eingebracht worden. Aus unserer Sicht hätte die Möglichkeit bestanden, im Vorfeld der heutigen Sitzung, auch im Ergebnis der Großen Anfrage miteinander über die Formulierung eines Entschließungsantrages zu sprechen,

(Lachen bei den GRÜNEN)

insoweit der heutige Entschließungsantrag in einigen Punkten, insbesondere in Punkt I, für uns so nicht mittragbar ist. Ein Dissens, der sicherlich allen bekannt ist, ist die Frage des Umgangs.

(Zuruf des Abg. Klaus Tischendorf, DIE LINKE)

Vielleicht würden Sie mich ausreden lassen, sonst könnte ich kurz unterbrechen, Herr Tischendorf; es ist ja gut, wenn Sie dem Ganzen zuhören, dann kennen Sie unsere Argumente.

Ein zentraler Dissenspunkt ist nach wie vor die Frage der Extremismusklausel. Wir glauben nach wie vor daran, dass die staatliche Förderung an ein klares Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung gebunden ist. Insoweit erfolgt eine Ablehnung des Antrags durch die Koalition.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und des Staatsministers Markus Ulbig)

Gibt es zum Entschließungsantrag weitere Wortmeldungen? – Das kann ich nicht erkennen. Meine Damen und Herren! Ich rufe den Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drucksache 5/10398 zu Drucksache 5/9712 auf. Wer dem Entschließungsantrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Bei keinen Stimmenthaltungen und zahlreichen Dafür-Stimmen ist der Entschließungsantrag mit der Drucksache 5/10398 mehrheitlich nicht angenommen. Meine Damen und Herren! Die Behandlung der Großen Anfrage ist beendet.

Meine Damen und Herren! Ich würde Sie bitten, Ihre Gespräche nicht im Plenarsaal zu führen. Ansonsten wird es für die nachfolgenden Redner relativ schwierig durchzudringen.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 8

Mutter-Rente gegen Altersarmut – Erstellung

eines Berichts „Mütter in Sachsen“

Drucksache 5/10339, Antrag der Fraktion der NPD

Hierzu können die Fraktionen in der ersten Runde wie folgt Stellung nehmen: NPD, CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung, sofern sie dies wünscht. Ich erteile der einreichenden Fraktion das Wort. Es spricht Frau Schüßler für die NPD-Fraktion.

Danke, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diese Plenarwoche war bislang voll mit Frauen- und Mütterthemen. Vielleicht ist es deshalb der Fall, weil sich langsam die Erkenntnis durchsetzt, dass die bisherige Politik der Staatsregierung an den wirklichen Problemen und der erlebten Realität der sächsischen Frauen vorbeiarbeitet.

Auf Bundesebene diskutiert die Arbeits- und Sozialministerin Frau von der Leyen über Zukunftsmodelle zur Rente und sucht verzweifelt nach Ideen gegen die herrschende und sich verstärkende Altersarmut. Aus Bayern meldete sich die CSU-Sozialministerin Christine Haderthauer mit

der Erkenntnis, dass das Von-der-Leyen-Modell nicht ausreiche, und präsentiert ihren eigenen Vorschlag. Hierzu möchte ich ein Zitat der bayerischen Sozialministerin nennen: „Die durchschnittliche Frauenrente in Deutschland ist heute halb so hoch wie die durchschnittliche Männerrente. Aber nicht, weil Frauen weniger leisten, sondern weil Familienarbeit rentenrechtlich kaum zu Buche schlägt“, so Frau Haderthauer gegenüber der „Leipziger Volkszeitung“.

Leider sind die bisherigen Vorschläge aus Berlin und München wenig durchdacht und kratzen nur an der Spitze des Eisberges. Beide Vorschläge lassen auch den wichtigsten Punkt außer Acht: die fehlende Anerkennung für die Leistung von Müttern in unserer Gesellschaft. Deswegen präsentieren wir Ihnen heute ein Modell, das einfach, finanzierbar und ein kleiner Baustein im Kampf gegen den demografischen Wandel in Sachsen und Deutschland ist.

Vorhin hatten wir den Frauenförderbericht und eine Große Anfrage zur Lage der Frauen auf der Tagesordnung. Diese Drucksachen geben aber nur einen Teil der Realität wieder, in der wir – also die sächsischen Frauen und Mütter – leben. Ebenso ließ der Entschließungsantrag, dem wir zwar zugestimmt haben, noch einige Wünsche offen.

In unserem Antrag fordern wir Sie auf, einen Bericht „Frauen in Sachsen“ zu erstellen, der wichtige Fragen klärt und nicht nur einen fiktiven Kampf oder eine Aufholjagd Frauen gegen Männer propagiert. Wir wollen zum Beispiel wissen, wie Mütter gezielt gefördert werden können. Wir möchten den Verantwortlichen und Fachleuten auf Landesebene und auf Ebene der Kommunen die Möglichkeit geben, Forderungen zu formulieren, Vorschläge zu machen und auf Probleme hinzuweisen. Außerdem wollen wir ganz konkret die Situation von Müttern beleuchten. Wir möchten eine realistische Zustandsbeschreibung – gerade im Hinblick auf das knappe Viertel von alleinerziehenden Müttern.

Hierzu kann die Staatsregierung aufzeigen, was sie bisher für die sächsischen Mütter getan hat. Es wird ohne Frage einiges getan. Wenn ich aber beispielsweise auf eine Kleine Anfrage von mir lesen muss, dass die Inanspruchnahme des Landeserziehungsgeldes von 50 % im Jahr 2004 auf 37 % im Jahr 2009 gesunken ist, wirft das Fragen auf. Diese Fragen müsste ein solcher Bericht beantworten. Tendenziell, so steht es auch in der Antwort, sinkt seit Jahren die Inanspruchnahme. Das wurde in der Planung berücksichtigt. Das heißt im Klartext Folgendes: Die Staatsregierung will im neuen Haushalt 2013/2014 das Landeserziehungsgeld um fast 10 Millionen Euro kürzen.

Man könnte das nun im Zusammenhang mit der demografischen Entwicklung als haushaltspolitisches Eingeständnis interpretieren, dass Ihre Familienpolitik versagt hat. Wenn sich die alten Wege aber als Sackgasse erweisen, sollte man vielleicht neue Wege ausprobieren. Deswegen wird Ihnen mein Kollege Löffler gleich unsere Idee für eine Mütterrente vorstellen und aufzeigen, wie einfach zukunftsfähige Politik sein kann, wenn man nur will.

Meine Damen und Herren! Eines ist klar: Wenn Sie die Altersarmut von Frauen wirklich in den Griff bekommen wollen – ich denke, das wollen wir alle, so wie wir hier sitzen –, müssen wir jetzt handeln.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren! Es spricht nun Frau Schütz für die Koalition.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich hätte gern Herrn Löffler vor meiner Rede gehört. Ich denke aber, dass ich auch vorher darauf eingehen kann.

Bevor ich auf den eigentlichen Antrag eingehe, muss ich sagen, dass es mich sehr verwundert, dass die NPD auf einmal migrationsfreundlich geworden ist. Wenn ich Ihren Antrag richtig lese, fordern Sie eine Rente für alle Mütter in Sachsen – also auch für Mütter mit Migrationshintergründen. Das machen Sie, obwohl Sie sich so oft gegen die Zuwanderung aussprechen. Ohne Ihr Parteiprogramm näher zu kennen, bezweifle ich allerdings, dass Sie dafür Applaus und Schulterklopfen von Ihrem Landes- und Bundesvorsitzenden erhalten. Das müssen Sie aber intern klären.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum vorliegenden Antrag fasse ich mich kurz. Ich gehe nur auf Punkt III ein. Sie fordern zum einen, dass Mütter und Väter entsprechend der Anzahl der Kinder früher in Rente gehen können. Alternativ soll andererseits jedes Kind bei der Berechnung der Rente bei ihren Müttern und Vätern dahin gehend berücksichtigt werden, dass pro Kind ein Jahr sozialversicherungspflichtige Beschäftigung je Elternteil angenommen werden soll.