Protokoll der Sitzung vom 10.03.2010

verlegt wurde. Zwei Monate gewonnen – die Kürzung bleibt.

Das veranlasste Herrn Morlok am 16.02. zu sagen, die Solarförderung darf nicht gefährdet werden, insbesondere was die ostdeutschen Unternehmen betrifft. Richtig, Herr Morlok, Sie haben deutlich gemacht, dass dieser Kompromiss von Ihnen nicht mitgetragen wird. Am 03.03. beschloss das Bundeskabinett die Kürzungen zum 01.07. Unterm Strich – es wurde bereits gesagt – treten die Kürzungen drei Monate später ein und statt 15 % werden jetzt sogar 16 % kürzt.

Das ist der Erfolg? Ich habe große, dicke Fragezeichen vor mir, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD, der Linksfraktion und den GRÜNEN)

Es wurde offensichtlich, nachdem es einen Antrag der GRÜNEN zur Solarförderung gibt, eine Aktuelle Debatte von den Koalitionsfraktionen von CDU und FDP mit der Überschrift beantragt: „Erfolgreich“ – Entschuldigung. Was ist eigentlich im Bundesrat passiert?

Nachdem Sie die Debatte beantragt haben und den Erfolg feiern wollten, gab es im Bundesrat einen Entschließungsantrag des Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern, der übrigens erfreulicherweise eine Mehrheit gefunden hat. Dieser sieht vor, dass sich der Bundesrat mit den Kürzungsplänen auseinandersetzen muss und das Länderinteresse deutlich macht. Das Länderinteresse geht vor Parteiinteressen. Ich hoffe, dass sich auch der Freistaat Sachsen endlich richtig Gehör in den entsprechenden Bundesratsausschüssen verschafft, in denen die Kürzungen in dieser Höhe zurückgenommen werden müssen.

(Beifall bei der SPD, der Linksfraktion und den GRÜNEN)

Ich erlaube mir den Hinweis: Das Bundesland Thüringen hat einen sehr praktikablen Vorschlag gemeinsam mit dem entsprechenden Bundesverband der Solarwirtschaft vorgelegt. Diese meinen, dass eine einmalige neunprozentige Kürzung im Moment angemessen wäre, und haben diese angepasst.

Beachten Sie Ihre Redezeit, Herr Kollege.

Bitte unterstützen Sie diesen Vorschlag.

Sehr geehrter Herr Präsident! Ich komme zum Schluss.

Ich möchte noch einen Satz sagen: Ich würde mir wünschen, Herr Ministerpräsident Tillich, mehr von Ihnen zu hören. Es waren nur fünf Jahre, in denen die SPD in Sachsen diese Branche in hervorragender Weise mit vorangetrieben hat.

(Torsten Herbst, FDP: Oh!)

Ihr überforderter Koalitionspartner FDP ist gerade dabei, dies alles kaputt zu machen.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Für die Fraktion der SPD sprach Herr Kollege Jurk. Ich erteile jetzt für die GRÜNEN Herrn Kollegen Lichdi das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als ich den Titel der Aktuellen Koalitionsdebatte „Erfolgreicher Einsatz für sächsische Interessen“ lesen musste, habe ich mich an meine Ausbildung als Jurist erinnert und gedacht: Handelt es sich vielleicht um eine Scherzerklärung im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches? Eine Scherzerklärung ist eine Erklärung, von der der Empfänger weiß oder annimmt, dass sie nicht ernst gemeint ist.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Von einem Erfolg für sächsische Interessen kann wohl in keiner Weise die Rede sein. Die Koalitionsredner haben es genauso gesagt: Sie sehen den Erfolg für sächsische Interessen genau darin, dass Sie Ihre Hand reichen, um die sächsische Solarindustrie vor ganz erhebliche Probleme zu stellen, und in Größenordnungen in Sachsen Arbeitsplätze gefährden. Wenn das Ihr Erfolg ist, sage ich: Das hat nichts mit sächsischen Interessen zu tun. Sie sollten sich schämen, dass Sie sich hier trauen, diese Debatte aufs Podium zu setzen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Es ist eine Debatte – im Übrigen bin ich meinem Vorredner, Herrn Jurk, ausdrücklich dankbar –, mit der Sie beabsichtigen, unseren sehr inhaltsreichen Antrag, den wir heute Abend diskutieren werden, schlicht und ergreifend medial wegzuschießen. Ich sage Ihnen: Das wird Ihnen nicht gelingen.

Wir sagen als GRÜNE ganz klar: Es ist das sächsische Interesse, dass unsere Solarindustrie erhalten bleibt, weiter sehr stark wachsen kann, dass wir dieses Cluster im Solar Valley Mitteldeutschland tatsächlich ausbauen und bewahren und in der Konkurrenz mit den Westländern und den ostasiatischen Wettbewerbern auch tatsächlich weiter positionieren. Das ist die Debatte, um die es eigentlich geht. Diese Debattenhöhe – ich muss es schon sagen – haben die Redner der Koalition in keiner Weise erreicht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Daher, Herr Hauschild, sage ich Ihnen: Sie waren offensichtlich nicht in der Lage, die Frage zu beantworten, da Ihnen die Kenntnisse fehlen. 0,3 Cent bringt die Zusatzabsenkung bei den besten Annahmen – 0,3 Cent von 23 Cent – diese Absenkung, die Sie jetzt befürworten. Ich glaube nicht, dass der sächsische Stromverbraucher das irgendwie bemerkt. Die EEG-Umlageförderung ist völlig irrelevant.

Wir sagen als GRÜNE auch, dass die EEG-Umlageförderung gebraucht wird. Wir stehen dazu. Es ist eine wichtige Technologieförderung. Es ist eine der wichtigs

ten und erfolgreichsten Technologieförderungen, die wir in den letzten 20 bis 30 Jahren hatten. Ich frage mich, Herr Morlok: Haben Sie eine Ahnung, wovon Sie sprechen?

(Horst Wehner, Linksfraktion: Nein!)

Ich glaube es nicht. Sie haben tatsächlich am 4. Februar eine Pressemitteilung in den Orbit geschossen, in der Sie davon gesprochen haben, dass es in Sachsen 4 200 Arbeitsplätze in der Solarindustrie gebe. Sie müssten es eigentlich besser wissen, weil Ihr Haus – das Wirtschaftsministerium – seit Jahren Arbeitsplatz- und Umsatzstudien veranlasst. Die neueste weist aus, dass mittlerweile 5 400 Arbeitsplätze allein bei der Fotovoltaik vorhanden sind, bei den erneuerbaren Energien insgesamt 10 000. Bei der Fotovoltaik ist es ein Umsatz von 2 Milliarden Euro im Jahr. Die Tendenz ist stark steigend. Ich würde es für eine Aufgabe des sächsischen Wirtschaftsministers halten, die Erfolge der sächsischen Industrie und Wirtschaft tatsächlich zu begrüßen und zu fördern sowie diese in die Öffentlichkeit zu tragen und sie nicht nach unten abzuwerten.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Was hat die Koalition tatsächlich geschafft? – Sie hat gar nichts geschafft. Sie hat zwei Monate Verschiebung herausgeholt. Wir müssen aber sehen, wie die Absenkung in den letzten Jahren gewesen ist. Offensichtlich ist Ihnen nicht bekannt, dass nach dem EEG jedes Jahr eine neunprozentige Absenkung erfolgt. Sie ist zum 01.01.2010 erfolgt und ist jetzt schon fest vereinbart zum 01.01.2011. Nun möchten Sie eine Zusatzabsenkung von 16 %. Das macht nach Adam Ries etwas über 30 % für Aufdachanlagen im Jahr.

Ich frage Sie ernsthaft: Welche Industrie kennen Sie in Deutschland und in Sachsen, die in der Lage wäre, innerhalb eines Jahres von jetzt auf nachher 30 % der Kosten einzusparen? Ich glaube nicht, dass Ihnen ein Beispiel einfällt. Wenn Sie die Studie, die Kollege Jurk auch angesprochen hat, zur Kenntnis nehmen würden – ich hatte es vorhin in meiner Zwischenfrage gesagt –, müssten Sie wissen, dass die Kostenregresse über die gesamte Industrie, und zwar – ich glaube, Herr Heidan war es – über alle Fotovoltaiktechnologien 5 bis 10 % im Jahr betragen. Der alleinige Preisverfall im letzten Jahr von 25 % beim Anlagenpreis – nicht bei den Kosten; Herr Jurk hatte darauf hingewiesen, dass man Kosten nicht mit anderen Sachen verwechseln darf – ist ein Ausnahmeeffekt gewesen, den man mit den vorherigen Jahren ausmitteln muss. Dann kommt man zu einem eindeutigen und klaren Ergebnis: Es ist allein tragbar, eine Zusatzabsenkung zwischen 6 und 9 % zu veranschlagen. Das ist das Ergebnis von Thüringen und von ISE, das ist das Ergebnis der LBBW, das ist das Ergebnis von allen Branchenkennern. Deswegen fordere ich Sie auf, dass Sie sich im Bundesrat dafür einsetzen und nicht hier Ihren mangelnden Einsatz als Erfolg zu verkaufen versuchen. Es gibt eine Initiative von Bremen, Saarland und Hamburg.

Ihre Redezeit, Herr Kollege Lichdi, ist abgelaufen.

Ich fordere Sie auf: Stimmen Sie morgen in den Ausschüssen des Bundesrates zu. Positionieren Sie sich, wie es Herr Seehofer, Herr Böhmer und Frau Lieberknecht getan haben. Hören Sie auf zu schweigen, Herr Tillich. Wir erwarten hier Ihren Einsatz.

(Beifall bei den GRÜNEN, der Linksfraktion und der SPD)

Für die Fraktion der GRÜNEN sprach Herr Kollege Lichdi. Wir kommen nun zur Fraktion der NPD. Herr Müller, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir wollen heute im Sächsischen Landtag über die Solarbranche diskutieren: jetzt, in der Aktuellen Stunde, über das Thema „Solarförderung: Erfolgreicher Einsatz für sächsische Interessen“ und am späten Nachmittag über „Sächsische Solarbranche unterstützen – Erneuerbare Energien-Gesetz (EEG) erhalten“. Dabei handelt es sich um einen Antrag der Fraktion GRÜNE. Es bleibt mir nicht ganz unbenommen, etwas zur Geschäftsordnung zu sagen. Herr Präsident, ich möchte nicht in einen Dissens geraten. Ich habe ein vorgefertigtes Redemanuskript vorliegen, auch wenn ich frei reden werde. Wenn man § 55 Abs. 1 der Geschäftsordnung locker auslegen kann, denke ich, dass ich dem vorgefertigten Redemanuskript entsprechend die Daten entnehmen kann und mir nicht die Mühe machen muss, dies irgendwo zu separieren.

Nun komme ich zum eigentlichen Thema. Wir haben es wieder einmal mit einem Koalitionsantrag zu tun, der in irgendeiner Form eine gewisse Selbstbeweihräucherung der bisherigen Politik bedeuten soll. Und zwar geht es in diesem Fall konkret um die Solarbranche, was sicherlich sogar gerechtfertigt ist. Aber ich möchte in diesem Zusammenhang auch daran erinnern, dass wir insbesondere im ländlichen Raum in 20 Jahren CDU-geführter Wirtschaftspolitik – bzw. mit ihren Koalitionspartnern – einen massiven industriellen Niedergang haben. Das sollten wir nicht verschweigen. Die erfolgreiche Solarförderung der letzten Jahre steht jetzt wirklich vor dem Ende, denn der Kabinettsbeschluss der schwarz-gelben Bundesregierung vom 03.03.2010 – das sind immerhin Ihre Parteifreunde – mit der Kürzung der Einspeisevergütung bei Fotovoltaikanlagen wird das kaputt machen, was mühselig als Industriecluster zwischen Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen in der Solarbranche als Solar Valley aufgebaut worden ist.

Mit der Kürzung der Einspeisevergütung auf Dächern um 16 %, Freiflächen auf Konversionsböden um 11 %, sonstigen Flächen um 15 % und der völligen Einstellung der Förderung auf Ackerflächen hat man nicht nur diesen Schritt, sondern, wie bereits von meinen Vorrednern angesprochen, die um 10 % niedrigeren Einspeisetarife, die seit 01.01.2010 ohnehin gelten. Das ist ein massiver

Finanzierungsverlust für diese Branche. Der ist aus unserer Sicht – als NPD-Fraktion – nicht hinnehmbar.

Die Verschiebung vom 1. April auf den 1. Juli ist reine Augenwischerei. Ich möchte einmal daran erinnern, dass im Forschungsbereich dieser Branche derzeit an Hocheffizienzmodulen gearbeitet wird. Wenn man wenigstens die Verschiebung bis zu dem Zeitpunkt vorgenommen hätte, an dem diese funktionstüchtig verfügbar wären, dann hätte man einen technischen Vorsprung gegenüber den Konkurrenten insbesondere aus Asien gehabt. Dann hätte man der Branche zumindest einen technologischen Fortschritt gelassen. Nicht einmal das ist in der jetzigen Vorstellung möglich gewesen.

In Sachsen-Anhalt, in Thüringen und in Sachsen stehen unter dem Industriecluster Solar Valley bis jetzt immerhin 29 international operierende Unternehmen, neun Forschungseinrichtungen und vier Universitäten mit insgesamt 43 % der gesamten deutschen Fotovoltaikindustrie zu Buche. Dort sind derzeit mehr Menschen in Beschäftigung als vormals bei Qimonda. Wir sollten wirklich überlegen, ob wir diese Branche jetzt so „vor den Baum fahren“ lassen. Denn es ist, wie gesagt, einer der wenigen industriellen Lichtblicke, die wir als NPD-Fraktion in der Wirtschaftspolitik der letzten 20 Jahre sehen.

Zum anderen geht es mit dem EEG – und das ist uns als NPD ein wesentliches Anliegen – auch darum, dass ein energiepolitischer Strukturwandel zur Dezentralität einsetzt. Dies hatten wir bereits in der 4. Legislaturperiode mit unserem Sächsischen Energievorsorgegesetz beantragt.

Die Dezentralisierung der Energievorsorge ist ein wichtiges Anliegen und mit Fotovoltaik auf alle Fälle besser zu erreichen als mit anderen Energieerzeugungsmöglichkeiten.

Wir halten also den geplanten großen Schritt der Vergütungssenkung für einen sehr gefährlichen Eingriff in die Wettbewerbsfähigkeit unserer Solarwirtschaft. Wir erwarten von der Sächsischen Staatsregierung und insbesondere vom Sächsischen Staatsminister für Wirtschaft und Arbeit, dass er sich für eine weitere Verschiebung, und zwar bis zum Vorhandensein des technologischen Fortschrittes, der auch absehbar ist, einsetzt. In dieser Richtung sollte auch das Abstimmungsverhalten im Bundesrat sein.

Vielen Dank.

(Beifall bei der NPD)

Das war die NPDFraktion mit dem Abg. Müller. Jetzt, wenn die Staatsregierung bereits in der ersten Runde sprechen will, hätte sie das Wort. – Nicht; zum Schluss. Dann haben jetzt die einbringenden Fraktionen erneut das Wort. Zunächst die Fraktion der CDU, Frau Kollegin Windisch.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, nach den letzten

Debattenbeiträgen ist es nötig, einiges vom Kopf wieder auf die Füße zu stellen.

Den einzigen Satz, Herr Lichdi, den ich mit Ihnen teile, ist der, dass es sächsisches Interesse ist, die Solarwirtschaft zu erhalten. Ich gehe darüber hinaus: dass sie weiter wächst und ihre Marktführerschaft in Europa und weltweit ausbaut. Das ist sächsisches Interesse.

(Beifall bei der CDU und der FDP)