Protokoll der Sitzung vom 12.03.2015

Wenn es gestattet ist, würde ich vom Impfen zu dem zweiten angekündigten Thema überleiten, dem Heimkinderfonds.

Können Sie etwas dazu sagen, wie lange dieser Fonds laufen wird?

Das ist jetzt ein völliger Themenwechsel.

Der Heimkinderfonds wurde 2012 durch den Bund und die ostdeutschen Länder eingerichtet. Er ist dazu da, um Minderjährige, die von 1949 bis 1990 in Kinderheimen Unrecht und Leid erfahren haben, zu entschädigen, wobei ich glaube, dass der Begriff „entschädigen“ nicht treffend ist.

Der Fonds wurde damals mit einer Laufzeit bis Juni 2017 aufgelegt. Man hat ihn bereits einmal aufgestockt, nämlich im letzten Jahr. Durch die zweite Aufstockung, die wir in diesen Tagen im Kabinett beschlossen haben, werden die finanziellen Mittel erhöht und die Laufzeit verlängert. Jetzt läuft dieser Fonds bis Dezember 2018. Dann soll alles abgeschlossen sein.

Die Linksfraktion bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Frau Ministerin, ich habe zwei Fragen. Mich würde interessieren, ungefähr wie viele Heimkinder keinen Antrag gestellt haben. Worin sehen Sie die Ursachen, dass keine Anträge gestellt wurden? Haben diese Menschen Hilfestellungen vor Antragstellung bekommen?

Die zweite Frage betrifft die Inhalte der Bewilligungen. Sind das nur Geldleistungen oder wurden auch individuelle Hilfestellungen angeboten, Reha-Maßnahmen, Organisation von psychischer Begleitung oder Ähnliches?

Ihre erste Frage kann ich nicht beantworten. Sie haben mich gefragt, wie viele Kinder zu DDR-Zeiten, von 1949 bis 1990, in Heimen untergebracht waren. Das kann ich nicht beantworten. Ich kann Ihnen aber sagen, wie viele Anträge gestellt worden sind. Es sind rund 27 000 Anträge gestellt worden. Das ist für mich schon eine beachtliche Zahl. In Sachsen waren das rund 5 700. Das sind die registrierten Fälle, die bei uns eingegangen sind.

Ich habe bezüglich der Entschädigung noch einmal Rücksprache mit dem Kommunalen Sozialverband genommen. Beim Kommunalen Sozialverband werden die Anträge gestellt, bearbeitet und beschieden. Die Mitarbeiterin hat mir am Telefon versichert, dass die reine materielle und finanzielle Entschädigung das eine ist. Es werden Leistungen übernommen. Sie sagte aber, dass viel wichtiger als der dahinterstehende monetäre Betrag das Gespräch sei, das die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit den Betroffenen führen. Die rund 10 000 Euro, die in etwa je Entschädigung bezahlt werden, sind nur eine geringe Wiedergutmachung für die zum Teil dahinterstehenden Schicksale. Sie sagte auch, dass die Gespräche über die dahinterliegenden Geschichten teilweise wichtiger als der finanzielle Betrag seien.

Die SPD-Fraktion; Frau Pfeil, bitte.

Meine Frage ist auch, wie sich die aktuelle Situation in den sächsischen Anlauf- und Beratungsstellen in den letzten Jahren entwickelt hat. Gibt es eine Zu- oder eine Abnahme? Welche zusätzlichen Unterstützungen brauchen die Anlauf- und Beratungsstellen?

Die Antragsfrist lief bis zum September 2014. Bis dahin sind in Sachsen 5 784 Anträge

gestellt worden. Bundesweit waren es 27 554. Die Anträge bedürfen einer unterschiedlichen Bearbeitungszeit, die teilweise sehr lang ist. Das hat verschiedene Gründe, die man hier nicht im Detail ausführen kann. Durch die jetzt erfolgte zweite finanzielle Aufstockung hat man das Verfahren inhaltlich besser strukturiert. Es muss nur noch ein Bescheid erfolgen, sodass die Mitarbeiter davon ausgehen, dass sie jetzt zielgerichteter und effektiver die Anträge bearbeiten können und sich dadurch die Bearbeitungszeiten verkürzen. Die Bearbeitung zieht sich teilweise über mehrere Monate hin, was sicher nicht zufriedenstellend ist. Die Mitarbeiter vollbringen aus meiner Sicht dort aber eine hervorragende Leistung.

Für die AfD Herr Wendt, bitte.

Eine Frage habe ich noch: Wie ist die Resonanz derjenigen, die diese Angebote in Anspruch nehmen? Können Sie dazu ein paar Details nennen?

Ich kann jetzt nur das wiedergeben, was mir diese Mitarbeiterin gesagt hat, bei der die Anträge gestellt werden und die die Hilfestellung gibt. Die Betroffenen sind dankbar, dass es diese Hilfestellung gibt. Sie empfinden aber auch das Gespräch mit ihnen als sehr wertvoll. Ich gehe davon aus – und die Zahl der Anträge zeigt es ja –, dass das gut angenommen wird und es eine kleine Hilfestellung für das geschehene Unrecht ist.

Die GRÜNEFraktion; Herr Zschocke, bitte.

Frau Ministerin, wir haben aufgrund der Häufung von Einrichtungen im Gebiet des heutigen Sachsen eine sehr hohe Antragszahl mit zum Teil sehr langen Wartezeiten zu verzeichnen. Darauf haben Sie verwiesen. Im Planentwurf des Doppelhaushaltes bekommt man den Eindruck, dass Sie darauf reagieren wollen, wenn der vorgelegte Haushalt so beschlossen wird. Wann ist damit zu rechen, dass die Personalstellen in der Beratungsstelle beim KSV in Leipzig tatsächlich aufgestockt werden, um diesem hohen Anwuchs an Anträgen schneller und besser gerecht zu werden?

Wie Sie selbst richtig sagen, liegt die Bearbeitung beim KSV. Ich würde diese Frage an den KSV weitergeben, damit diese Frage, wie die Bearbeitung dort anders organisiert wird, beantwortet wird. Wie gesagt, die finanzielle Aufstockung ist im Haushalt enthalten. Die Frage, wie die Personalsituation vor Ort abgebildet wird, würde ich gern an den KSV weitergeben.

Wir beginnen wieder mit der CDU. Ich frage in die Runde: Wer hat jetzt noch Fragen? – Bitte, die Linksfraktion

Frau Staatsministerin, ich denke, wir sind uns darin einig, dass Kinder in Heimen, in verschiedenen geschlossenen Systemen dieser Art, immer wieder Opfer werden können. Es liegen auch genügend Berichte zu ähnlichen Vorfällen vor.

Welche Konsequenzen für Gegenwart und Zukunft zieht die Staatsregierung daraus? Brauchen wir möglicherweise auch Ombudsstellen für Kinder und Jugendliche, die heute in stationären Einrichtungen der Jugendhilfe untergebracht sind? Welchen Diskussions- bzw. Entwicklungsbedarf sehen Sie diesbezüglich?

Die Frage lässt sich nicht ganz einfach beantworten. Vielleicht sollte man sie auch einmal inhaltlich in einem Ausschuss diskutieren, und sie müsste aufbereitet werden. Ich gehe davon aus, dass derzeit in den Heimen eine hervorragende Arbeit geleistet wird und dass es zu derartigen Fällen, wie sie hier aufgezeigt wurden, nicht kommt. Trotzdem würde ich gern das Thema einmal aufgreifen. Man kann es beleuchten und herausfinden, ob wir dafür gut aufgestellt sind oder ob sich das eine oder andere noch nachjustieren lässt – wovon ich jetzt nicht ausgehe.

Gibt es weitere Fragen aus den Fraktionen? – Ich gebe jetzt Herrn Zschocke den Vorrang, damit es etwas im Gleichgewicht bleibt. Bitte.

Frau Ministerin, in Thüringen gibt es seit 2010 einen Arbeitskreis „Kindesmisshandlungen, Kindesmissbrauch in ehemaligen DDRKinderheimen und Jugendwerkhöfen“. In welcher Form haben Sie vor, im Rahmen der noch anstehenden Fondslaufzeit die Situation von Betroffenen in Sachsen zu analysieren, zu erforschen bzw. auch das Gespräch mit den Betroffenen zu suchen?

Ich habe darauf hingewiesen, dass bei uns die Bearbeitung und die Gespräche über den Kommunalen Sozialverband laufen, dass genau dort die Mitarbeiter sind, die auch die Gespräche mit den Antragstellern führen.

Ich möchte noch eine Zahl nennen, damit man das finanzielle Volumen sieht, über das wir sprechen. Wir reden insgesamt, dabei spreche ich für die neuen Bundesländer, über eine Entschädigung von rund 364 Millionen Euro – um diese Dimension noch einmal zu betrachten. Man hat 2012 den Heimkinderfonds aufgelegt und man ist davon ausgegangen, dass diese 40 Millionen Euro, die zur Verfügung stehen, ausreichen. Diese 40 Millionen Euro heute betrachtet machen deutlich, dass man damals nicht abschätzen konnte, um wie viele Betroffene es sich hierbei handelt. Das zeigt mir die Entwicklung und was doch an Potenzial dahinter verborgen war, und diese Größenordnung an Antragstellern zeigt heute die Zahl 364 Millionen Euro. Das auf Sachsen heruntergebrochen

die Zahl kennen Sie aus dem Haushalt –, sind es rund 44 Millionen Euro, die wir als sächsischen Anteil dazu zahlen.

Bei uns wird das über den Kommunalen Sozialverband abgebildet, dort laufen die Gespräche. Ich denke, dort ist das Thema sehr gut aufgestellt.

Für die Linksfraktion Frau Schaper.

Ich möchte noch einmal zum Thema Impfen zurückkommen; Sie haben vorhin meine Frage nicht beantwortet. Wie stehen Sie selbst zu einer Nachweispflicht bei der Aufnahme in öffentlichen Einrichtungen? Das hätte ich gern noch gewusst. Sie geben mir sicher recht, dass Sie nicht die 6. Klasse bei den Masernimpfungen meinen, sondern das 6. Lebensjahr. Hiermit wären wir nämlich genau beim Eingang in die Grundschule. Insofern steht das im Zusammenhang, und zu den Verantwortlichkeiten Gesundheitsamt und Kinderarzt – in erster Linie – kommt als dritte Säule selbstverständlich der Hausarzt dazu, weil wir im Erwachsenenalter gerade in Sachsen die meisten Impflücken zu verzeichnen haben.

Ich würde sogar noch ein Stück weitergehen: Es wäre für mich nicht nur der Hausarzt, der dabei ebenfalls eine Rolle spielt. Es sollte einfach einmal

überprüft werden, inwieweit sogar Apotheken noch stärker auf das Thema Impfen mit eingehen können; denn jeder, der ins Ausland fährt und sich eine entsprechende Auslandsimpfung geben lassen muss, wird ebenfalls durch die Apotheken beraten. Das wäre noch die Ergänzung zum Hausarzt.

Konkret noch einmal auf Ihre Frage, wie ich dazu stehe: Ja, ich stehe dazu. Aus meiner Sicht wäre es wünschenswert, dass wir an das Kita-Gesetz diese Verpflichtung knüpfen. Dazu stehe ich. Wenn wir jetzt von einer Schuleingangsimpfung sprechen, dann wissen wir, dass jeder nach dem Sächsischen Schulgesetz die Schulpflicht hat. Es ist deutlich, dass es aus meiner Sicht dort eher problematisch ist.

Bei den Kitas – deswegen lasse ich es prüfen – sollte geprüft werden, inwieweit man eine Impfvoraussetzung an eine öffentliche Kita knüpfen kann. Aber das sollte geprüft sein.

Weitere Fragen, bitte? – Das kann ich nicht erkennen. Ich schlage Ihnen vor, dass wir den Punkt beenden. Ich bedanke mich bei Frau Staatsministerin Klepsch.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD – Staatsministerin Barbara Klepsch: Danke schön!)

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 3

Einsatz- und Leistungsfähigkeit der sächsischen Polizei erhalten,

Sicherheit durch nachhaltige und aufgabenorientierte

Personalplanung und Organisationsstrukturen gewährleisten

Drucksache 6/1068, Prioritätenantrag der Fraktionen CDU und SPD

Hierzu werden wir eine Debatte führen. Es beginnt die CDU, danach folgen SPD, DIE LINKE, AfD, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn sie es wünscht.

Ich erteile Herrn Abg. Hartmann von der CDU-Fraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Fraktionen der CDU und der SPD legen Ihnen heute den Prioritätenantrag „Einsatz- und Leistungsfähigkeit der sächsischen Polizei erhalten, Sicherheit durch nachhaltige und aufgabenorientierte Personalplanung und Organisationsstrukturen gewährleisten“ vor. Im Grunde ist es eine Nachzeichnung dessen, was wir im Koalitionsvertrag gefordert und worauf wir uns vereinbart haben, nämlich: verantwortungsvoll den Bereich der sächsischen Polizei hinsichtlich ihrer Aufgabenwahrnehmung zu evaluieren und das Ganze im Zusammenhang mit dem dafür erforderlichen Stellenbedarf zu betrachten.

Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist wesentlich, wenn wir die Frage beantworten wollen, wie die sächsische Polizei in den nächsten Jahren die anstehenden Herausforderungen erfüllen will. Es geht um die Aufgabenevaluierung unter Definition des daraus erforderlichen Personalansatzes, das Ganze entsprechend eingepasst in die Nachzeichnung der mit dem Reformpapier „Polizei 2020“ formulierten Organisationsstrukturen, und gegebenenfalls der daraus resultierenden Nachzeichnung an bestimmte Positionen.

Lassen Sie mich deutlich machen, dass diese Herausforderungen – vor dem Kontext einer sich verändernden Gesellschaft, einer sich verändernden Welt – aus unserer Sicht notwendig und geboten sind, auch bei der entsprechenden Prioritätensetzung der kriminalpolizeilichen Entwicklung, der Straftatenentwicklung, neuer Kriminalitätsschwerpunkte von Cyberkriminalität, Internetkriminalität sowie einer Zunahme der damit verbundenen Herausforderung bei der Bekämpfung der Drogenkriminalität.

Das Ganze eingebettet in einen Kontext eines sich in einem geeinten Europa befindlichen Freistaates, gebunden an Nachbarländer wie Tschechien und Polen, und der damit verbundenen Herausforderung einer grenzüberschreitenden Kooperation und Zusammenarbeit; denn Kriminalität macht an Grenzen nicht halt. Insoweit darf es polizeiliche Arbeit auch nicht.