Protokoll der Sitzung vom 11.06.2015

Wir haben ja bei diesen Lebensgemeinschaften schon eine faktische Gleichstellung – eine Gleichstellung zwischen naturbedingten Verbindungen und den gleichgeschlechtlichen Verbindungen. Meine Damen und Herren, Sie haben zum Beispiel beim Steuerrecht schon ein Splitting durchsetzen können. Das habe ich nie nachvollziehen können; denn das Splitting war ja gedacht als steuerliche Erleichterung für die kleinste Zelle des Staates, aus der die Kinder kommen, und die Kinder sind notwendig für den Erhalt des Staates. Deswegen sollte man sie fördern.

(Zuruf des Abg. Sebastian Scheel, DIE LINKE)

Das haben Sie natürlich wieder vergessen. Das haben wir gemacht, ist doch in Ordnung. Ich will hier nur sagen, dass das auch schon durchgesetzt wurde. – Kleinen Moment, Herr Scheel.

Es geht weiter mit der Sukzessivadoption, die auch schon durchgegangen ist. – Auch sehr zweifelhaft. Wer nicht weiß, was es bedeutet: Wenn eine Person bereits ein Kind adoptiert hat und dann in eine gleichgeschlechtliche Beziehung geht, dann kann der Partner das Kind auch noch adoptieren. Das ist auch so eine Sache, ist aber schon durchgegangen. Sie sehen, Sie sind doch schon ganz schön stark beteiligt.

Sie fordern weiterhin eine stärkere Betrachtung dieser Lebensformen. Warum muss das denn sein? Warum muss das so nach vorn getragen werden? Es kann doch jeder so halten, wie er will – seien Sie doch einmal tolerant!

(Sabine Friedel, SPD: Genau!)

Lassen Sie die Leute mal in Ruhe. Der eine macht es so, der andere so. Sie brauchen mediale Aufmerksamkeit, Sie brauchen die Öffentlichkeitsarbeit für das Gebiet – aber das sind Privatsachen. Lassen Sie die Leute in Ruhe, lassen Sie sie machen, was sie wollen, die brauchen Sie nicht als Unterstützung dafür.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren, Sie sprechen über Diskriminierung – ich kann überhaupt keine erkennen,

(Sarah Buddeberg, DIE LINKE: Das glaube ich!)

wohl aber den Druck von Ihnen, dass wir uns ständig mit dieser außergewöhnlichen Form des Zusammenlebens beschäftigen müssen und damit konfrontiert werden. Warum? Wollen wir nicht! Jeder macht es, wie er will, und dann läuft es so. Wir tolerieren und respektieren das,

(Sarah Buddeberg, DIE LINKE: Sie respektieren das überhaupt nicht!)

aber wir müssen nicht ständig betonen, wie toll das ist.

Die Staatsregierung hat Ihnen bereits erklärt, dass sie sowieso im Rahmen der geltenden Gesetze handeln muss und handelt. Sie mutmaßen Diskriminierung, aber ohne konkrete Beispiele. Sie verlangen zum Beispiel unter Punkt 2 die Gleichstellung über das Bestehende hinaus; diesen Antrag stellen Sie hier. Sie wollen über diese Plattform wieder Aufmerksamkeit für ein weitergehendes

Ziel erreichen. Ich nehme an, Sie wollen auf die gleichwertige Adoption hinaus – es kommt mir in dieser Richtung vor –, und darin, sage ich Ihnen ehrlich, sehen wir eine ganz klare Gefährdung des Kindeswohls, wenn es so weitergehen soll.

Eine Volladoption bedeutet immer eine totale Trennung von den leiblichen Eltern und der Staat muss deshalb in diesem Fall – das sage ich prophylaktisch – diesen Kindern die gleiche Lebensform bereitstellen, die sie normalerweise gehabt hätten. Hier geht es allein um das Recht der Kinder.

Wenn gerade Sie von den GRÜNEN so etwas forcieren, dann wird mir ein wenig unwohl, wenn ich an die Enthüllungen aus Ihrer Partei in letzter Zeit denke.

(Leichte Heiterkeit bei der AfD)

Das ist sehr, sehr problematisch. Kinder sind kein Spielball für irgendwelche Lebensformen. Das bedeutet, dass Kinder nicht als Ware gehandelt werden können.

Die Staatsregierung sollte Zurückhaltung üben und der Beziehung keine besondere Bedeutung beimessen; das ist eine Beziehung wie jede andere. Jeder soll nach seiner Fasson selig werden. In diesem Sinne werden Sie auch die Akzeptanz in der Bevölkerung erhalten.

Recht vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Frau Jähnigen, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Spangenberg, Ihre sehr antiquierte Auffassung kam mir so vor wie Gerede, das ich in der DDR in den Siebzigerjahren am Stammtisch gehört habe – da ging es auch nicht sozialistisch zu: Im Privaten geht alles, aber macht es doch nicht öffentlich, ihr gefährdet die naturgegebene Verbindung der Ehe.

(Christian Piwarz, CDU: Sie waren in den Siebzigerjahren in der Kneipe?)

Wer verheiratet ist, werde durch irgendetwas herabgesetzt – ich bin eine von denen –, und dann kommt das klare Vorurteil.

Ich will einmal zum Thema Pädophilie eines sagen: Feministinnen wie ich haben sich immer für den Schutz von Kindern eingesetzt, das ist selbstverständlich. Aber dazu gehört eine weltoffene Gesellschaft.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Uwe Wurlitzer, AfD: Das müssen Sie Ihren Kollegen mal erklären!)

So viel dazu. Lassen Sie den Klamauk, der macht es nicht besser und auf Dauer werden Sie damit auch keine Aufmerksamkeit mehr für diese antiquierten Vorstellungen bekommen.

Jetzt noch einmal zur Umsetzung. Wir nehmen Ihren Koalitionsvertrag ernst und haben uns darüber gefreut.

Wir messen ihn daran, dass er wirklich umgesetzt wird. Herr Kollege Dierks, ich möchte das, was Sie gesagt haben, etwas abwandeln: Wer gar nicht arbeitet, der arbeitet sehr nachlässig. Wir möchten gern die Qualität dieser Umsetzungsarbeit befördern, denn im Koalitionsvertrag haben Sie zum kommunalen Recht nichts vereinbart, sondern zum Landesrecht. Wir müssen natürlich Ihre Absicht der Gleichstellung ernst nehmen und mit Beispielen aus der Praxis untersetzen und das haben wir gemacht. Dann erwarte ich jetzt vom Minister die klare Zusage, dass Sie gegen diese Verstöße vorgehen.

Übrigens, lieber Kollege Homann: Die Spitzenverbände hatten längst vorgeschlagen, dass die Gemeindeordnung gleich geändert wird und dort die eingetragene Lebenspartnerschaft umgesetzt wird. Warum haben Sie es bisher nicht gemacht?

Es ist also noch viel zu tun – gehen wir es an! Schneckentempo ist nicht schnell genug, auch nicht für den Koalitionsvertrag.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei den LINKEN)

Gibt es weiteren Redebedarf vonseiten der Fraktionen? – Das kann ich nicht erkennen. Ich frage die Staatsregierung, ob das Wort gewünscht wird. – Herr Minister Ulbig, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Jähnigen, ich kann die Aufregung, die Sie gerade zum Ausdruck gebracht haben, überhaupt nicht nachvollziehen.

Klar ist für uns, es ist ein sensibles Thema. Aber es ist mehrfach zum Ausdruck gekommen: Die Staatsregierung ist an diesem Thema dran. Sie haben zumindest beim letzten Redebeitrag den Koalitionsvertrag gelobt, in dem alles zu diesem Thema drinsteht. Die Sächsische Staatsregierung steht für die Akzeptanz der Vielfalt von Lebensentwürfen und wird jeglicher Form von Diskriminierung auch aufgrund sexueller Identität entgegenwirken.

Wir haben einen Zeitplan verabredet, der von Herrn Homann vorgestellt wurde; deswegen brauche ich es nicht zu wiederholen. Wir erarbeiten einen Aktionsplan unter der Federführung meiner Kollegin Frau Köpping, was mit großem Engagement vorangetrieben wird. Hier werden selbstverständlich auch die Vertreter der kommunalen Ebene und die betroffenen Interessenverbände einbezogen. Dieser Aktionsplan soll 2016 greifen und deshalb verstehe ich die Häme, die Sie, Frau Buddeberg, zum Ausdruck gebracht haben, überhaupt nicht.

Ich habe volles Vertrauen zu dem, was Kollegin Köpping macht, und ich bin überzeugt davon, dass dieser Plan nicht irgendein Wunderwerk wird, sondern dass er dem, was notwendig ist, entspricht und damit für die nächste Zeit die erforderlichen Rahmenbedingungen und Aktivitäten zum Ausdruck bringt.

(Sarah Buddeberg, DIE LINKE: Ich habe ja gesagt, ….)

Ja, aber die Art und Weise, wie Sie es gesagt haben, wollte ich noch einmal ansprechen und mich deutlich dazu positionieren.

(Beifall bei der CDU)

Also kann ich an dieser Stelle sagen: Warten wir es ab! Erst wenn der Landesaktionsplan steht und die eingetragenen Lebenspartnerschaften vollständig verankert sind, kann man schauen, wo dann noch Handlungsbedarf besteht und was noch fehlt.

Schließlich ist noch eines festzustellen: Das Bundesverfassungsgericht hat in Sachen eingetragene Lebenspartnerschaften eindeutig entschieden und das gilt auch für die kommunale Ebene. Die Anpassungen der Satzungen müssen entsprechend vorgenommen werden, zumal es bislang schon so war, dass kommunale Satzungen ihre Rechte oder Pflichten in aller Regel nicht an den Personenstand des Adressaten als Ehegatten geknüpft haben. Dies gilt insbesondere für die Satzung von Zweckverbänden. Falls sie es dennoch tun, ist die kommunale Verwaltung an die höchstrichterliche Rechtsprechung gebunden. Also gilt: Sollten Verstöße bekannt werden, wird die Rechtsaufsicht, werden die Gerichte unverzüglich tätig und das Notwendige veranlassen.

Schauen wir uns einmal den Fall in Dresden an, den Sie, Frau Jähnigen, angesprochen haben. Betroffene haben dort geklagt, haben Recht bekommen und die Stadt hat gehandelt. Aber das, was Sie gesagt haben, nämlich aus diesem Beispiel auf Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Lebensformen zu schließen, ist schlichtweg falsch. Die Stadt Dresden hätte auch bei jeder anderen Patchworkfamilie, in der keines der betreffenden Kinder wenigstens einen identischen Elternteil hat, so entschieden.

Das Problem lag also bei diesem Beispiel an der fehlerhaften Auslegung des Begriffs „Familie“ durch die Landeshauptstadt Dresden und eben nicht an einer Differenzierung der Stadt zwischen gleichgeschlechtlichen und verschiedengeschlechtlichen Lebensformen der Eltern.

Aus diesem Grund, meine sehr verehrten Damen und Herren, können wir auch aus der Perspektive der Staatsregierung keinen weiteren Handlungsbedarf erkennen und empfehlen, diesen Antrag abzulehnen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Schlusswort hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN; Frau Abg. Jähnigen. Bitte sehr.