Protokoll der Sitzung vom 09.07.2015

Herr Nowak, bitte.

Wenn Sie NAFTA und TTIP vergleichen, ist dann Mexiko für Sie mit der Europäischen Union gleichzusetzen?

Nein. Aber die Vergleichbarkeit sehen Sie daran, dass jeweils ein großer Starker – das sind in beiden Fällen die USA – mit Schwächeren verhandelt. Die Verhandlungspositionen sind klar. Wenn Sie zugehört hätten, wüssten Sie, wo der Starke und wo der Schwache sitzt. Insoweit sind die Verhältnisse nicht gleich, aber sie ähneln einander. Das, was Sie nach 20 Jahren NAFTA in Nordamerika sehen, werden Sie in Europa in 20 Jahren vielleicht auch sehen; denn die Strukturen der Abkommen sind die gleichen.

Ich fahre fort. – Das Beispiel mit dem Schiedsgericht ist kein Einzelfall. Ein amerikanischer Tabakkonzern hat gegen eine Regierung geklagt, weil diese aus Gründen des Gesundheitsschutzes Tabakwerbung beschränken wollte.

Ein weiteres Beispiel aus Detroit: Dort gibt es eine große Verkehrsbrücke über den Fluss nach Windsor in Kanada, die Ambassador Bridge. Diese wurde privat errichtet und wird privat betrieben. Wer sie nutzt, muss dem Investor und Betreiber eine Brückenmaut entrichten. Ein gutes Geschäft – die Brücke ist sehr stark frequentiert. Nun plant die Regierung von Kanada zur Entlastung des Straßenverkehrs eine zweite Brücke. Das passt dem privaten Investor, dem US-Milliardär Matty Moroun, überhaupt nicht. Er verklagt nun vor einem privaten Schiedsgericht das Land Kanada mit der Begründung, dieses habe ihn nicht ausreichend informiert und eingebunden. Schließlich gehe es um sein Geschäft. Er will 3,5 Milliarden US-Dollar Schadensersatz.

Meine Damen und Herren! Lenken wir zum Schluss den Blick auf die tagesaktuelle Berichterstattung. Die USA haben seit Jahrzehnten „befreundete“ Staaten wie Frankreich und Deutschland ausspioniert. Nicht nur das Mobilfunkgerät unserer Bundeskanzlerin, sondern auch Regierungsbehörden und die Privatwirtschaft. Die USA haben also Wirtschaftsspionage betrieben. Dass hierbei der Bundesnachrichtendienst durch die Übernahme seitens der USA gewünschter Suchbegriffe – Selektoren – willig Hilfestellung gab, ist ein schlechter Witz. Aber ich frage mich: Wie sollen wir einem TTIP-Vertragspartner trauen können, der uns, unsere Regierung, unsere Wirtschaft seit Jahrzehnten gezielt und planmäßig ausspioniert?

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren! Nun für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Abg. Dr. Lippold. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Antworten der Staatsregierung auf die Große Anfrage der Linksfraktion zu TTIP offenbaren: Auch die Staatsregierung hat dringenden Nachholbedarf hinsichtlich der Meinungsbildung zu TTIP.

Dazu kann dieser Koalitionsantrag dienen. Das begrüßen wir. In ihm steht all das, wozu sich die frühere sächsische CDU/FDP-Koalition im Bundesrat noch der Stimme enthielt. Man könnte die damalige Stimmenthaltung als Kapitulation der Staatsregierung vor komplexen Themen bewerten oder als stillschweigende Zufriedenheit von CDU und FDP mit Verhandlungen, die in dieser Form von einer überwältigenden Mehrheit der Europäerinnen und Europäer nicht gewollt sind. Beide Annahmen stellen der damaligen Staatsregierung kein gutes Zeugnis aus.

Darüber hinaus offenbart sich noch etwas anderes, nämlich ein veritables Demokratiedefizit des TTIP-Prozesses selbst. Denn so, wie die Staatsregierung offenbar nur unzureichend informiert und einbezogen wird, so geht es der gesamten Zivilgesellschaft und ihren gewählten Vertretern. Trotzdem sind Details bekannt geworden, die viele Menschen auf die Barrikaden getrieben haben. Infolgedessen musste die Kommission Konsultationen zulassen, deren Ergebnis mehr als deutlich ist. Fast 150 000 Einzelpersonen und Organisationen haben sich beteiligt. Mehr als 97 % davon lehnen beispielsweise den Investorenschutz mit seinen undemokratischen Schiedsgerichten ab, übrigens bis weit hinein in die auch in Sachsen prägende mittelständische Wirtschaft. Auch deren Bundesverband hält den Investor-Staat-Streitbeilegung ISDS für überflüssig und lehnt ihn strikt ab. Zitat BVMW: „Die geplanten Regelungen benachteiligen die mittelständische Wirtschaft, hebeln die Rechtsstaatlichkeit aus und gehen so zulasten der Mitgliedstaaten der EU.“

Schauen wir einmal auf den Einfluss der Parlamente in diesem Prozess. Diese sind schließlich in den Demokratien Europas die höchsten Versammlungen von gewählten Vertretern des Volkes, das sich Gesetze gibt und seine Regierenden kontrolliert. Handelspolitik ist jedoch exklusive Kompetenz der EU, und nur die Kommission kann vorschlagen, ein Freihandelsabkommen abzuschließen. Sie schlägt es dem Europäischen Rat vor, also den Regierungen der Mitgliedstaaten und nicht dem EUParlament. Auch das Verhandlungsmandat beschließt der Rat, und weder das EU-Parlament noch die nationalen Parlamente müssen dem zustimmen. Sie können zwar Empfehlungen formulieren, aber weitgehend unverbindlich. Das Parlament erfährt nicht einmal, ob sie berücksichtigt wurden, weil das Mandat geheim ist.

Das EU-Parlament hat gestern eine solche Resolution zu den laufenden Verhandlungen um TTIP beschlossen. Das endgültige Ergebnis der Verhandlungen zwischen EU und USA muss am Ende noch einmal ins EU-Parlament. Weil es dieses endgültige Ergebnis noch nicht gibt, ist Einflussnahme durch Bürgerinnen und Bürger, durch regionale und nationale Parlamente, durch Organisationen und

Regierungen weiterhin möglich und auch wichtig – Einflussnahme durch deutliche Meinungsäußerungen gegenüber den nationalen Regierungen, die im Europäischen Rat sitzen, und gegenüber unseren gewählten Vertreterinnen und Vertretern im EU-Parlament.

Deshalb sollten wir mit diesem Antrag der Staatsregierung nicht nur auftragen, Einfluss zu nehmen, sondern ihr auch den Rücken für den Fall stärken, dass die so überaus bedeutenden Kritikpunkte einfach ignoriert werden. Denn einstweilen bleibt alles geheim und intransparent. Irgendwann liegt dann ein fertiger Vertrag vor, der in die Parlamente kommt, und Sie können ihn dann aber nicht mehr ändern. Dieser Zustand ist untragbar, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich glaube, jede Parlamentarierin und jeder Parlamentarier hat – und zwar unabhängig, wie sie oder er zu Chancen und Risiken einzelner Regelungen des Handelsabkommens steht – angesichts dieser Brüskierung und dieser Ohnmacht bei der Informations- und Entscheidungsmöglichkeit in durchaus für alle Bürgerinnen und Bürger essenziellen Fragen zumindest ein ungutes Gefühl. Wir müssen nämlich weitgehend darauf vertrauen, dass einige Amtsträger zusammen mit Vertretern der Industrie einen in unser aller Interesse verantwortungsvollen Job machen, und zwar in einer Angelegenheit, in der es um sehr, sehr viel Geld und um Marktanteile geht.

Wenn ich mir die berühmte und immer wieder nützliche Cui-Bono-Frage stelle: Wem nützt es?, dann wird das ungute Gefühl auch nicht kleiner. Daher sind die Proteste der Zivilgesellschaft auch Proteste gegen fehlende parlamentarische Kontrolle und ein Aufruf an die Parlamente, dies zu ändern. Das sollten wir in einer Weise zu tun versuchen, die auch glaubwürdig ist. Dazu bringen wir nachher noch einen Änderungsantrag ein.

Die Welt aber ist größer als Europa und die USA. Ich zitiere kurz aus einer Bertelsmann-Studie: „Die großen Verlierer einer Eliminierung der Zölle sind Entwicklungsländer. Diese verlieren durch den verstärkten Wettbewerb auf dem EU- und US-Markt dramatisch an Marktanteilen. Das ist vor allem für Länder in Nord- und Westafrika ein Problem. Nach Hilfe zur Selbsthilfe in den Schwellen- und Entwicklungsländern hört sich das nicht an. Entwicklungspolitik nach dem Motto „Wir hauen euch auf die Nase und schicken dann Schmerzensgeld“ ist keine Antwort auf die Probleme jenseits des westlichen Speckgürtels.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir GRÜNEN sehen uns verpflichtet, auch diese Seite der Medaille im Blick zu behalten und fordern parallel soziale und ökologische Leitplanken für die Globalisierung. Eine Liberalisierung ohne solche Leitplanken hat weder zur Beseitigung von Welthunger geführt noch zur Bekämpfung des Klimawandels beigetragen. Deshalb sagen wir an dieser Stelle: TTIP – so nicht!

Dass sich die Koalition in Sachsen dieses Themas annimmt, begrüßen wir. Klar muss aber auch sein, dass die hier adressierte Staatsregierung weder ausreichende Informationen noch wirksame Instrumente zur Einflussnahme hat. Ohne eine zusätzliche Stärkung dieses Antrages bleibt nur das Gefühl: Schön, dass wir einmal darüber geredet haben.

Deshalb verstehen Sie bitte, dass wir unser Abstimmungsverhalten zu diesem Antrag von der Mehrheitsposition in diesem Hohen Hause zu unserem Änderungsantrag abhängig machen werden.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Wir kommen in die zweite Runde. Es gibt eine Wortmeldung aus den Reihen der CDU-Fraktion. Herr Abg. Schiemann, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Natürlich ist es wichtig und auch richtig – Demokratie lebt vom Diskurs, von Transparenz, von offenen und starken Diskussionen, von Informationen, wenn es um grundlegende Fragen geht. Hier handelt es sich in der Tat um eine alle gesellschaftlichen Bereiche betreffende grundlegende Frage. Hier gehört die Diskussion auf jeden Fall dazu. Eine Diskussion hinter verschlossen Toren ist in der Demokratie nicht möglich.

(Beifall bei der CDU, der SPD und den GRÜNEN)

Ich glaube, das kann für ein Europa, wie wir es uns vorstellen, nur in gleicher Weise gelten wie für die Nationalstaaten Europas. Die Bürger haben ein Recht mitzugestalten, nicht nur zu erfahren, wohin die Reise gehen soll, sondern mitzugestalten. Wir haben es zuletzt in der friedlichen Revolution erfahren. Aus dieser Erfahrung ist dieses Recht der Bürger Europas verbürgt.

Das trifft für langfristige völkerrechtliche Verträge der EU allemal zu. Die offener gewordene Diskussion zu TTIP – es ist wichtig gewesen, dass es diese offene Diskussion gegeben hat und gibt – und die im Europaparlament just vor einigen Stunden geführte Diskussion hat besonders darauf hingewiesen. Diskussion muss den Bürgern Europas einen Blick auf die Chancen auf der einen Seite, aber auch gleichsam auf die Risiken der Vertragsgestaltung und der vertraglichen Bindungen liefern. Neben der Totalverweigerung auf der einen und der Glorifizierung auf der anderen Seite gibt es Vertragsfragen, die ausdiskutiert werden müssen. Totalverweigerung und Glorifizierung sind beide gleichsam weltfremd; denn die nachteiligen Wirkungen der Globalisierung für Verbraucher, Arbeitnehmer und Wirtschaft lassen sich gewiss nicht durch Ablehnung ihrer Gestaltung verhindern, erst recht nicht in einem auf internationalen Handel so angewiesenen Staat wie die Bundesrepublik Deutschland. Die Glorifizierung auf der anderen Seite bleibt gleichsam

weltfremd. Nach der von den Banken und Bankenlenkern verursachten größten Wirtschaftskrise der Neuzeit sind die Bürger Europas bei Fragen der Globalisierung kritischer geworden und das zu Recht.

Neben den Interessen der EU sind die nationalen Interessen der Bundesrepublik Deutschland und der deutschen Länder zu wahren. Wir erwarten, dass in den weiteren Verhandlungen ab dem 13.07.2015 ein klares Bekenntnis von TTIP als gemischtes Abkommen gegeben wird. Das bedeutet, der Deutsche Bundestag und der Bundesrat haben ihr Mitwirkungsrecht bei den Entscheidungen einzubringen. Recht sichert Freiheit. Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sind Grundpfeiler der EU. Diese sind nicht preiszugeben. Wirtschaftliches Handeln und der Handel müssen sich diesen Grundsätzen unterordnen. Es gilt das Recht des jeweiligen Staates der Europäischen Union und der USA. Wir brauchen ein höchstmögliches Maß an Rechtsschutz und Sicherheit für europäische Investoren in den Vereinigten Staaten. Gleiche Ausgangsbedingungen für Investoren in den USA, aber auch in der Europäischen Union sind vorzumerken.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Recht der Europäischen Union und die Gesetze der Mitgliedstaaten müssen unberührt bleiben und für Inländer und Ausländer gleichermaßen gelten. Die bestehenden Gesetze dürfen nicht angetastet werden. Dies trifft auch auf die Umsetzung der Gemeinwohlziele in Kommunen zum Schutz der Gesundheit, der Sicherheit, der Arbeit, der Umwelt und der Verbraucher zu. Die Daseinsvorsorge muss im Vertragswerk eine klare Schutzfunktion für den jetzigen Rechtsstand aufnehmen. Wegen der Sonderstellung von Dienstleistungen der Daseinsvorsorge wird Deutschland keine Marktöffnungsverpflichtungen übernehmen. So viel zu den Schutzfragen, die im Zusammenhang mit der kommunalen Familie stehen.

Was die Fragen der Daseinsvorsorge, Abwasser und Wasser angeht, folgt hier eine deutliche Klarstellung: Deutschland wird keine Marktöffnungsverpflichtungen übernehmen.

Wir sehen die Schutzfunktion auch für Genossenschaften, Volksbanken und Sparkassen in gleicher Form wie für den Nationalstaat in Verantwortung. Das Abkommen muss einen wirksamen Mechanismus für die Beilegung von Streitigkeiten festlegen. Der Investorenschutz und die Bestimmung Investor – Staat – Streitbeilegungsverfahren sind weiterzuentwickeln. Mein Kollege Baumann-Hasske hatte darauf hingewiesen, dass Deutschland bereits seit 1959 130 Verträge zum Schutz deutscher Firmen durch private Schiedsgerichte ermöglicht hat. Die Anwendung war damals eher mager – Deutschland: drei, und Klagen deutscher Investoren gegen das Ausland: 44.

Wir wissen aber, dass es zur Streitbeilegung eine Öffentlichkeit geben muss. Wir möchten, dass sich staatlich bestellte Richter damit befassen. Wir möchten die Möglichkeit der Revision vor einer weiteren Instanz einräumen, und wir möchten offensichtlich unbegründete nicht zulassen. Das geht nur an Handelsgerichten, so wie wir

sie kennen, vielleicht auch international eingerichtet, aber das geht nicht über den Weg der Schiedsgerichte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte auf einen Umstand hinweisen, der eine Besonderheit in den Vereinigten Staaten darstellt: der Local Content. Die Local-Content-Klausel wird voraussichtlich so bleiben. Das bedeutet: Wenn Sie zum Beispiel eine Straßenbahn in die Vereinigten Staaten verkaufen wollen, brauchen Sie weiterhin ein Zweitwerk in den USA. Denn 51 % der Wertschöpfung müssen in einem der Bundesstaaten der Vereinigten Staaten von Amerika stattfinden.

Es ist deshalb nur legitim, dass beide Vertragspartner die Rechte der Arbeitnehmer schützen. Wenn das so in den Vereinigten Staaten bleibt, dann trifft das natürlich auch für die Arbeitnehmerschaft in Europa zu. Deshalb muss die Bundesregierung alles daran setzen, die nationalen Interessen Deutschlands zu wahren. Die Chancen in diesem gemischten Abkommen müssen verbessert und die Risiken minimiert werden.

Diesem Auftrag an die Verhandlungen schließen wir uns an, damit auch die Interessen des Freistaates Sachsen für die Zukunft gewahrt werden.

Ich danke Ihnen für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Vielen Dank, Herr Schiemann. Ich erteile der SPD-Fraktion das Wort. Herr Abg. Baumann-Hasske, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, Ihre Bedenken sind berechtigt. Ich glaube auch, dass in dem Antrag der CDU- und der SPD-Fraktion zum Ausdruck kommt, dass es Anlass für Bedenken gibt. Wir sagen nur nicht von vorn herein, dass auf gar keinen Fall ein Abkommen zu schließen ist. Wir sagen: Lassen Sie uns unsere Bedenken zum Ausdruck bringen. Lassen Sie die Verhandlungen durchlaufen. Lassen Sie uns das Resultat ansehen, und lassen Sie uns dann bitte beschließen, ob wir dieses Abkommen wollen oder nicht. Das Abkommen birgt nun wirklich nicht nur Gefahren, sondern auch eine ganze Menge Chancen.

Der Vergleich zum NAFTA-Abkommen wird gern bemüht. Aber die Europäische Union befindet sich in keiner vergleichbaren Situation zu Mexiko, und wir wollen natürlich nicht das NAFTA-Abkommen für die Verhältnisse zwischen den USA und der Europäischen Union übernehmen.

(Einzelbeifall bei der CDU)

Wer von beiden der stärkere Verhandlungspartner ist, das ist noch nicht ganz klar. Einige der besonders neoliberalen Bedingungen, die bisher in den Verhandlungen auf den Tisch gekommen sind, stammen von der Europäischen Union. Das haben wir alle nicht gemerkt, als deren Vertreter losgezogen sind und mit ihrem Verhandlungsmandat versucht haben, bestimmte Eckpunkte zu setzen.

Wir können das auch am CETA-Abkommen sehen. Beim CETA-Abkommen sind eine Menge von Bedingungen aufgenommen worden, die erst im Nachgang zu Überlegungen geführt haben, ob man diese zurücknehmen kann, beispielsweise das Thema Investorenschutz, über das wir eben gehört haben. Jetzt sagen die Kanadier plötzlich: Liebe Europäer, es ist nett, dass ihr sagt, ihr wollt es nicht mehr haben. Aber erinnert euch daran, dass ihr es reingesetzt habt. Wir wollten solche Regelungen nicht haben. Ihr habt es durchgesetzt bei CETA. Wir finden es überraschend, dass ihr es wieder rausnehmen wollt.

Daran sieht man auch, dass gerade für diese komplizierten Abkommen Öffentlichkeit in diesem Bereich notwendig ist. Sie sorgt dafür, dass mehr Klarheit besteht und dass auch die europäischen Verhandler sehr viel stärker im Interesse der europäischen Bürgerinnen und Bürger verhandeln müssen, weil die Öffentlichkeit sie dazu zwingt. Wir müssen uns darüber klar sein, dass wir als Öffentlichkeit selbst tätig werden, weiterhin Druck machen und zusehen müssen, was bei diesen Verhandlungen herauskommt.

Dann ist der Landtag gefragt zu überprüfen, ob wir dieses Abkommen wollen oder nicht. Bisher gibt es dazu nur eine ungefähre Meinungsbildung. Ich weise darauf hin, dass es am 17. Juni in Paris im Parlament ein interparlamentarisches Treffen gegeben hat. Dort sind die zuständigen Politiker aus den europäischen Parlamenten zusammengekommen und haben sich darüber ausgetauscht, was sie von TTIP und den bisher bekannt gewordenen Inhalten halten. Dabei stellte sich heraus, dass Belgien, Frankreich, Luxemburg und Österreich TTIP sehr skeptisch bis ablehnend gegenüberstehen. Sie haben vor allem große Bedenken hinsichtlich der Wettbewerbsfähigkeit von kleinen und mittleren Unternehmen. Zypern hat große Bedenken, was das angeht. Es bestehen Bedenken hinsichtlich des Investitionsschutzes, der Gefahr sozialen Dumpings, der Umweltstandards, der geschützten Ursprungsbezeichnungen, des Datenschutzes, der Verbraucherstandards. Das wird bei denen auch gesehen.