Protokoll der Sitzung vom 17.09.2015

nahmen kompensiert. Deshalb sind die Haushalte im Osten mehr oder weniger konstant.

Ab dem Jahr 2020 kommen wir aus dieser strukturellen Haushaltssituation heraus und können in der Tat auch mehr Geld, wenn Steuermehreinnahmen kommen, einsetzen, um dynamische Positionen entsprechend abzudecken.

Ich will Ihnen allerdings auch eine persönliche Einschätzung geben: Wir haben nach wie vor ungebremste dynamische Positionen in unserem Haushalt. Wir werden alle Kraft aufbringen müssen, weitere Konsolidierungsanstrengungen zu tätigen, um diese Entwicklung halbwegs im Griff zu behalten. Ansonsten wird die Investitionsquote weiter sinken.

Meine Damen und Herren, ich hätte vielleicht von Anfang an darauf hinweisen sollen, die Fragen nach § 54 Abs. 1 der Geschäftsordnung so zu stellen, dass kurze Antworten möglich sind. Möglicherweise ist das kein definierter Begriff. Herr Staatsminister, die Fragen an Sie lassen wohl keine kurzen Antworten zu, –

Das sind komplexe Fragen.

(Jens Michel, CDU: Es liegt an der Komplexität!)

– weil es eben so komplex ist. – Die SPD ist an der Reihe; Mikrofon 2, bitte.

Herr Präsident! Aufgrund der Fairness würde ich den GRÜNEN und der AfD den Vortritt lassen. Wenn dann noch Zeit ist, werde ich meine Frage stellen.

Sie sind sehr kollegial. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Franziska Schubert, GRÜNE: Die AfD ist erst an der Reihe!)

Ach ja, natürlich. Ich bitte um Vergebung.

(André Barth, AfD: Erst in der zweiten Fragerunde!)

Erst sollten wir dort hinkommen, gut. – Jetzt die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Frau Schubert, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatsminister! Ich habe eine Frage zum Stabilitätsbericht 2015. Darin wird wieder darauf hingewiesen, dass die Kreditaufnahme/Kredittilgung bei Sondervermögen des Freistaates Sachsen zu einer merklichen Verzerrung der Kreditfinanzierungsquote führt. Hierzu wurden entsprechende Anpassungen vorgenommen. Wie sehen diese aus?

Herr Staatsminister.

Das ist ein permanentes Ärgernis, weil es dort eine Definition gibt, die die Realität eigentlich wenig reflektiert. Sie sprechen ja die Kreditfinanzierungsquote und dabei die Definition der Nettokreditaufnahme an. Dazu gibt es schlichtweg zwei unterschiedliche Auffassungen: Die eine Auffassung wird auch vom Statistischen Bundesamt immer wieder veröffentlicht: Das ist die Kreditaufnahme, die man auf dem freien Kapitalmarkt tätigt. Dazu muss ich sagen: Dort ist der Freistaat Sachsen ein schlechter Kunde. Warum? Wir haben zurzeit 11,3 Milliarden Euro Schulden. Wir nehmen allerdings den Kreditmarkt nur untergeordnet in Anspruch; denn wir decken unsere Schulden, indem wir Teile unserer Assets beleihen.

Um mich kurzzufassen, möchte ich nur ein Beispiel nennen: Wir haben ja unseren Pensionsfonds. Die Pensionsverpflichtungen sind Schulden, die wir gegenüber unseren eigenen Mitarbeitern haben. Der Fonds dient zur Abdeckung der Schulden. Bevor wir allerdings an den Kapitalmarkt gehen, nehmen wir das Geld beim Fonds auf, um uns ganz einfach die Zinsen, die wir dem Kapitalmarkt geben müssen, zu ersparen. Ich sage es etwas flapsig: Es ist ein bisschen linke Tasche – rechte Tasche. Aber ich bin gern bereit, für unsere eigenen Verpflichtungen Zinsen zu zahlen. Ich bin weniger gern bereit, dem Kapitalmarkt – sprich: Banken oder Versicherungen – Zinsen zu zahlen.

Diese Diskrepanz besteht. Deshalb geben wir immer zwei Zahlen heraus: die Schulden gegenüber dem Kreditmarkt und die haushalterischen Schulden, die wir dann tatsächlich auch zu bedienen haben.

Vielen Dank, Herr Staatsminister.

Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Nun gibt es die Gelegenheit für eine zweite Runde. Für die CDU-Fraktion Herr Abg. Liebhauser.

Sehr geehrter Herr Staatsminister! Ich habe eine Frage zur Investitionsquote. Ist die Abfinanzierung der Ausfallbürgschaft für die Landesbank in die Berechnung der Investitionsquote eingeflossen? Wenn ja, wie ist die rechtliche Grundlage und in welcher Höhe in Prozent?

Ist darauf eine kurze Antwort möglich?

Jetzt mache ich es ganz kurz: In die Berechnung der Investitionsquote geht dieser Wert, den wir für die Landesbank aufbringen müssen, ein, in den SoBEZ-Nachweis nicht. Das heißt, in gewisser Weise besteht eine Unsystematik. Aber die Definitionen sind festgelegt, und damit ist es halt so.

Vielen Dank, Herr Staatsminister. Für die Fraktion DIE LINKE Herr Abg. Scheel.

Herr Staatsminister! Ich möchte gern auf das zweite Thema zu sprechen kommen: Wir waren alle schon damit befasst – auch zu Beginn der Haushaltsdebatte –, dass die kommunale Familie darüber geklagt hat, dass die Pauschalen, die ihr für die Flüchtlinge zur Verfügung gestellt werden, nicht auskömmlich sind. Es ist gesagt worden, dass ein Gutachten in Arbeit ist. Wann haben wir mit dem Ergebnis des Gutachtens zu rechnen?

Die eigentliche Frage: Wenn das Ergebnis des Gutachtens sagt, dass eine höhere Pauschale nötig ist, werden Sie dann umgehend diese Pauschale für die Kommunen anpassen oder erst im darauffolgenden Jahr mit dem Doppelhaushalt?

Herr Staatsminister.

Es ist richtig, Herr Scheel, dass ein Gutachten erstellt werden soll, allerdings zusammen mit der kommunalen Ebene. Wenn dieses Gutachten vorliegt, gibt es auch schon mit der kommunalen Ebene eine Vorabsprache. Diese sieht derart aus, dass man im Jahr 2016 eine Anpassung vorsieht, allerdings zahlungswirksam erst mit dem Haushalt 2017, weil wir ja einen beschlossenen Haushalt für die Jahre 2015 und 2016 haben. So ist die Vereinbarung mit der kommunalen Ebene.

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Zwischenfinanziert?)

Nein.

Vielen Dank, Herr Staatsminister. Herr Abg. Pecher für die SPD-Fraktion.

Vielen Dank, Herr Präsident! Herr Staatsminister, ich möchte die Gelegenheit zu folgender Frage nutzen: Wie ist der Stand – vielleicht in zwei, drei Sätzen erläutert – in den Länderfinanzausgleichsverhandlungen?

Wenn ich es kurz machen soll: Es ist alles noch im Fluss. Ich kann Ihnen dazu definitiv noch nichts sagen. Meine große Hoffnung besteht darin, dass wir vor dem 24. September eine Lösung finden werden. Wenn Sie mit der Antwort so zufrieden sind, möchte ich es dabei belassen. Ansonsten könnte ich mindestens zwei Stunden darüber sprechen.

Vielen Dank, Herr Staatsminister. Ihre Einladung dazu nehmen wird gern an. – Für die AfD-Fraktion fragt Herr Abg. Barth.

Herr Staatsminister! Mit welchen Gesamtkosten für die Unterbringung der Asylbewerber rechnet der Freistaat Sachsen derzeitig für das Jahr 2015, und führt eine eventuell gesteigerte Kostenzahl trotzdem dazu, dass wir keinen erhöhten Rückgriff in die allgemeine Haushaltslage vornehmen müssen?

Herr Staatsminister.

Sie merken, ich habe Schwierigkeiten, Ihre Frage präzise zu beantworten. Ich möchte kurz begründen, warum das so ist.

Ich habe in den vergangenen Wochen mehrmals einen Fehler gemacht; ich gebe das auch offen zu. Wir haben jeden Morgen eine sogenannte Morgenlage, was die Asylproblematik anbelangt. Dort diskutieren wir alles durch, und ich unterrichte am frühen Nachmittag die Leute aufgrund der Informationen, die ich zur Morgenlage bekommen habe. Am Abend stelle ich dann fest, dass die Information, die ich gegeben habe, falsch war. Warum? – Das ist kein böser Wille oder die Absicht zu lügen, sondern wir haben eine unglaubliche Dynamik, was die Anzahl der Asylsuchenden anbelangt.

Sie müssen zurzeit rechnen, dass täglich 300 bis 500 Menschen nach Sachsen kommen. Am Wochenende, wenn manchmal ganze Züge ankommen, können es schlagartig noch mehr sein. Wir müssen sie bis zum Abend unterbringen, das heißt, sie sollen auch ein Dach über dem Kopf haben.

Schauen Sie sich an, was das bedeutet: Am Anfang des Jahres sind wir noch davon ausgegangen, dass wir in unseren Erstaufnahmeeinrichtungen 2 380 Plätze benötigen. Zurzeit gehen wir davon aus, dass wir 15 000 benötigen. Ich bin mir nicht sicher, ob das das Ende der Fahnenstange ist.

Damit Sie einmal ein Gefühl dafür bekommen, über wie viel Geld wir reden – das sagt noch nicht detailliert aus, wie viel Geld tatsächlich im Spiel ist –: Nehmen wir unsere FlüAG-Pauschale. Sie beläuft sich pro Kopf und Jahr auf 7 600 Euro nach Haushaltsbeschluss. Rechnen wir einmal mit den offiziellen Zahlen der Bundesregierung: Die Bundesregierung hat gesagt, dass in diesem Jahr 800 000 Asylsuchende nach Deutschland kommen werden. Unser Wirtschaftsminister, Herr Gabriel, hat am Montag gesagt: Vielleicht müssen wir doch mit einer Million rechnen.

Ich nehme jetzt einmal die 800 000. Es wird der Königsteiner Schlüssel angewandt, und das heißt: Von diesen Menschen werden 5 % nach Sachsen kommen. Das sind, wenn Sie es ausrechnen, 40 000. Wenn Sie die 40 000 mit der FlüAG-Pauschale von 7 600 multiplizieren, dann kommen Sie auf eine Jahresscheibe von über 300 Millionen Euro. Jetzt wissen Sie auch, dass die FlüAG-Pauschale nur einen Teilaspekt der Kosten darstellt. Wenn Sie die anderen Kosten noch berücksichtigen, dann kommen Sie auf noch erheblich größere Summen.

Ich will es einmal so ausdrücken: Wir reden über größere, dreistellige Millionenbeträge. Wie viel im Jahr 2015 dann wirksam werden, kann ich Ihnen nicht sagen, denn die Kurve steigt ja noch. Erst mit der Jahresschlussrechnung werde ich Ihnen gesicherte und vernünftige Zahlen geben können.

Ihre Frage ist zu Recht gestellt: Bekommt man das im laufenden Haushalt hin?

Ich will es kurz machen: Wir können es im Haushalts- und Finanzausschuss detaillierter diskutieren, aber es gibt vielleicht noch mehr Zahlen. Das Instrumentarium, das ich zurzeit zur Verfügung habe – das haben Sie mir ja zur Verfügung gestellt –, wird höchstwahrscheinlich ausreichend sein, das Jahr 2015 zu gestalten. Im Jahr 2016, wenn die vollen Jahresscheiben wirksam werden, wird es eine besondere Herausforderung für uns sein. Ich bin mir nicht sicher, ob wir das hinbekommen.

Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Nun die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN; Frau Schubert.

Sehr geehrter Herr Staatsminister, ich habe noch eine Frage zum Fortschrittsbericht Aufbau Ost 2014. Dort steht auf Seite 16 im unteren Bereich: „Spürbare Veränderungen haben sich auch an anderen Stellen im Nachweisschema ergeben. Sowohl die Gewährung von Darlehen als auch der Erwerb von Beteiligungen sind im Berichtsjahr erheblich gestiegen, wozu wesentliche Einzelfälle beigetragen haben.“ Welche wesentlichen Einzelfälle sind das?

Herr Staatsminister.

Da muss ich passen. Ich habe einige Einzelheiten dazu im Kopf, aber bevor ich Ihnen etwas Falsches sage, prüfe ich es noch einmal nach. Ich bitte Sie zu akzeptieren, dass ich Ihnen in der nächsten Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses eine Tabelle übergebe, um welche Einzelfälle es sich hierbei handelt.

Das können Sie akzeptieren; das machen wir so. – Meine Damen und Herren! Wir haben noch 9 Minuten Zeit und die CDU ist wieder an der Reihe. Möchte noch jemand eine Frage stellen? – Herr Abg. Krasselt, bitte.