Protokoll der Sitzung vom 07.10.2015

Ich glaube, unsere Anträge, die dann oft von der CDU wiederholt werden und durch das Parlament gehen, können so schlecht nicht sein. Ich glaube, der Bürger draußen auf der Straße sieht vor allen Dingen, dass die AfD sich Sorgen macht um seine Sicherheit und nicht versucht, die bestehenden Probleme wegzureden, indem man evaluiert und sagt: Ihre Anträge taugen nichts.

Ich glaube, auch unsere Umfragewerte machen sehr deutlich, dass der Bürger auf der Straße unsere Arbeit hier durchaus zu schätzen weiß.

(Beifall bei der AfD)

Herr Lippmann, Sie möchten erwidern?

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Ich möchte erwidern, Herr Präsident!)

Bitte.

Herr Urban, das ist vielleicht der Unterschied: was da draußen ankommt und was man in diesem Parlament tut. Dies ist ein Parlament und kein Stammtisch, und nicht jede Parole, mit der Sie am Stammtisch durchkommen, reicht in diesem Hohen Hause aus, um Zustimmung zu finden. Dazu braucht es fundiertere Dinge als sämtliche Anträge, die Sie in diesem Hohen Hause jemals vorgelegt haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN – Lachen bei der AfD)

Meine Damen und Herren, das war die erste Runde. – Gibt es Redebedarf für eine weitere Runde?

(Jörg Urban, AfD, steht am Mikrofon.)

Auf die Kurzintervention können Sie nicht noch einmal intervenieren, Herr Urban. Sie können aber gern ans Mikrofon hier vorn kommen, wenn Sie noch einmal sprechen wollen. Das müssen Sie aber nicht.

(Jörg Urban, AfD: Zur zweiten Runde!)

Gibt es weiteren Redebedarf? – Das kann ich nicht feststellen. Ich frage die Staatsregierung: Wird das Wort gewünscht? – Bitte, Herr Staatsminister Ulbig; Sie haben das Wort.

Besten Dank. – Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Dass Prognosesoftware ein spannendes Thema ist, das haben wir gerade der Debatte entnehmen können. Man muss nur fein säuberlich aufpassen, dass die Fakten von Science-Fiction getrennt werden;

(Zustimmung des Abg. Christian Hartmann, CDU)

denn Verbrechen vorhersagen, bevor sie geschehen, das kann eben keine Software der Welt. Trotzdem beobachten wir die Entwicklung auf dem Markt sehr genau. Es gibt da durchaus einige sehr interessante Produkte; einige werden auch schon unter realen Bedingungen getestet. Diesen Teil lasse ich einmal weg, denn dazu haben die Vorredner auch in Bezug auf Deutschland und die einzelnen Bundesländer eine Menge ausgeführt.

Aber was versprechen die Hersteller genau? Sie erweitern das schon viel genutzte Crime Mapping, also ein rein kriminalitätsbezogenes Geoinformationssystem, mit einer Reihe weiterer Variablen und Datensätze, beispielsweise Lebensweisen von Opfergruppen, Wetterdaten oder Zahltage, an denen viel Geld in Umlauf ist. Diese Daten werden dann miteinander ausgewertet. Daraus erschließen sich gegebenenfalls Muster. Mit diesen Mustern wiederum werden bestimmte Kriminalitäts-Hot Spots bzw. Hot Dots, also Personen, die in besonderem Maße geeignet sind, angegriffen zu werden, ausgemacht.

Was kann nun die Polizei mit diesen Mustern anfangen? Diese Muster können zuallererst helfen, Kräfteeinsätze effizienter zu gestalten, beispielsweise an bestimmten Tageszeiten eine definierte Anzahl von Streifen an einem solchen Hot Spot einzusetzen, weil die Software eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für Delikte an dieser Stelle prognostiziert. Sie kann aber gerade auch bei Eigentumsdelikten und Einbrüchen eine wertvolle Hilfe sein.

An dieser Stelle möchte ich eine kurze Anmerkung zu den Zahlen machen, die angesprochen worden sind, was die Einbruchstatistiken in Bezug auf Leipzig und Dresden betrifft: Ich weiß nicht, mit welchen Kriminalitätsstatistiken Sie arbeiten. Wenn ich die PKS vom Jahr 2013 oder jene von 2014 anschaue, so kann ich darin keine sächsische Stadt unter den ersten zehn Großstädten erkennen. Vor diesem Hintergrund würde mich schon einmal interessieren, welche Basis Sie zugrunde legen.

(Zuruf des Abg. Enrico Stange, DIE LINKE)

Eines muss dabei aber immer klar sein: Am Ende sind das Wahrscheinlichkeitsrechnungen, die auf Daten der Vergangenheit beruhen. Das heißt: Ändern sich aus irgendwelchen Gründen die Variablen, dann sind die bisherigen Muster faktisch wertlos und der Algorithmus beginnt wieder von vorn.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Klartext bedeutet das: durchaus viel Potenzial, aber die Entwicklung befindet sich gewissermaßen noch in den Kinderschuhen. Deswegen muss sie weiterhin ausgiebig unter realen Bedingungen getestet werden. Erste Ergebnisse der Pilotprojekte in Deutschland sehen dabei durchaus sehr vielversprechend aus, dennoch ist das für mich kein Grund zu vorschneller Euphorie; denn die abschließende Evaluation der Testphasen steht überall noch aus.

Wenn es aber so weit ist, schauen wir uns die gesammelten Daten sehr genau an und werden sie dann noch einmal bewerten. Eines möchte ich aber an dieser Stelle schon vorweg sagen: Für den Fall, dass sich eine solche Technik auch für den polizeilichen Einsatz in Sachsen anbietet, werden wir uns vorher eng mit dem Datenschutzbeauftragten abstimmen; denn das Ganze soll ja dann auch auf rechtlich festen Füßen stehen.

Kurzum: Die Staatsregierung ist sich der Potenziale solcher Software durchaus bewusst, aber wie Herr Stange richtig sagte, verfolgen wir derzeit die Entwicklung sehr genau und sehen zum jetzigen Zeitpunkt vom Einsatz einer solchen Technik ab. Deshalb empfiehlt die Staatsregierung, diesen Antrag abzulehnen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Meine Damen und Herren, wir kommen zum Schlusswort. Für die AfD-Fraktion Herr Abg. Wippel. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete! Zum einen: Die Kleine Anfrage, in der wir uns erstmalig mit dieser Materie beschäftigt haben, datierte vor der Pressemitteilung aus Bayern. Sie stammt vom Mai und ist sehr defizitär – im Sinne von nicht zutreffend – beantwortet worden.

Was die Kosten betrifft, so geht der Hersteller davon aus, dass die Einrichtung einer Probephase am Anfang 150 000 Euro kostet und die Betriebskosten im laufenden Jahr sowie der Preis für die Software für den Bereich eines Landes mit zehn Polizeidirektionen und Anbindung an das LKA ebenfalls bei 150 000 Euro jährlich liegen dürfte. Die Haushälter unter Ihnen wissen, wie viele Beamte man für diese doch geringfügigen Kosten einstellen könnte, und ich kann mir nicht vorstellen, dass diese eine vergleichbare Auswertetätigkeit hinbekommen

Die Vermeidung von Straftaten, indem ich Menschen bereits beim Ausspähen von Objekten stellen und dann gefahrenabwehrrechtliche Maßnahmen treffen kann, ist doch das Beste; denn die Gefahrenabwehr ist doch die Königsaufgabe der Polizei. Und wenn es gar nicht erst zur

Straftat kommt – was wollen Sie denn mehr? Aber das ist Ihnen nicht recht. An dieser Stelle geht Ihnen, Herr Lippmann, scheinbar Täterschutz vor Opferschutz.

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Also, Parteiengezänk ist an dieser Stelle einfach fehl am Platz. Es gibt hier nur richtige und falsche Lösungen. Aus unserer Sicht ist das hier die richtige Lösung. Deswegen, sehr verehrte Damen und Herren, werbe ich noch einmal ausdrücklich um die Zustimmung zu unserem Antrag.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren, ich stelle nun die Drucksache 6/2801 zur Abstimmung. Wer zustimmen möchte, zeigt das jetzt bitte an. – Vielen Dank. Wer ist dagegen? – Vielen Dank. Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei keinen Stimmenthaltungen und Stimmen dafür hat der Antrag dennoch nicht die erforderliche Mehrheit gefunden. Dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 9

Das Leid ehemaliger Heimkinder in Behinderteneinrichtungen

und Psychiatrien in der DDR aufarbeiten und anerkennen

Drucksache 6/2796, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Die Aussprache erfolgt wie folgt: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, DIE LINKE, SPD, AfD und die Staatsregierung, sofern das Wort gewünscht ist. Wir beginnen mit der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Herr Abg. Zschocke, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Viele ehemalige Heimkinder in Behinderteneinrichtungen und Psychiatrien haben zu DDR-Zeiten gelitten. Es gibt Berichte von grausamen und menschenunwürdigen Maßnahmen und Unterbringungen. Diese liegen uns vor, und sie erschüttern uns.

Im Bundestag sind bereits mehrere Petitionen eingegangen, in denen Betroffene zu Recht eine Rehabilitierung fordern. Auch wir Abgeordneten haben uns im Sozialausschuss im Sommer mit einer Petition zu diesem Anliegen beschäftigt. Dennoch: Das Leid dieser Betroffenengruppe wurde bis heute nicht öffentlich anerkannt. Im DDRHeimkinderfonds wurden sie nicht als Anspruchsberechtigte berücksichtigt. Das heißt ganz konkret: Sie wurden bei der Einrichtung dieses Fonds schlichtweg vergessen.

Am 9. September 2015 gab es in Berlin eine Anhörung mit Betroffenen. Ich habe das aufmerksam verfolgt. Dort wurden verschiedene Lösungsvorschläge diskutiert. Alle drei vorgeschlagenen Finanzierungsoptionen scheiterten

jedoch daran, dass jeweils mindestens ein Partner – also Bund, Länder oder die Kirchen – nicht zugestimmt hat. Das Treffen endete ohne Einigung und unter der großen Kritik der geladenen Betroffenen. Das bedeutet, eine Lösung ist immer noch nicht in Sicht.

Frau Klepsch, die nächste Sozialministerkonferenz am 18./19. November in Erfurt wird das weitere Verfahren beraten und beschließen. Ziel muss es sein – und deswegen dieser Antrag –, die grundsätzlichen Entscheidungen noch in diesem Jahr zu treffen. Auch Sachsen muss seinen Beitrag dazu leisten, dass diese Ungleichbehandlung schnell beendet wird, denn das Thema ist nicht neu.

Seit 2013 beraten Bund und Länder, wie den Betroffenen geholfen werden kann – bisher ohne Lösung. An der Arbeitsgruppe auf Bundesebene – Frau Klepsch hatte darüber im Sozialausschuss berichtet – ist das sächsische Ministerium beteiligt. Hier sehen wir die Aufgabe, dass es jetzt eine zügige Lösung geben muss. Wir fordern Sie deshalb auf, sich auch auf Bundesebene und im Rahmen der Arbeits- und Sozialministerkonferenz im November für die Schaffung eines Fonds einzusetzen.

Für uns Bündnisgrünen ist natürlich völlig klar, dass diejenigen, die in Einrichtungen Zwang, Unrecht und Leid erleben mussten, nicht in Vergessenheit geraten dürfen. Auch sie müssen ein Recht auf Hilfs- und Unterstützungsleistungen erhalten. Es darf auch keinen Unter