Protokoll der Sitzung vom 20.11.2015

Viertens ist die kulturelle Bildung die Voraussetzung dafür, dass kulturelle Vielfalt erhalten bleibt. Ohne sie können die vielfältigen eigenen kulturellen Traditionen nicht lebendig bleiben. Sie ist Voraussetzung für neue Künstlergenerationen, dafür, dass es auch in Zukunft Kulturrezipienten und -konsumenten gibt. Sie ist nicht zuletzt auch die Substanz, von der die Kreativwirtschaft lebt.

Fünftens ist die kulturelle Bildung eine Voraussetzung für Demokratie, für eine Gesellschaft, die zu Selbstreflexion, Toleranz und Kritik fähig ist. Das geht nicht ohne kulturelles Wissen, auch nicht ohne einen kulturellen Wertekanon. Es geht um die Verständigung über das Minimum dessen, was die Mitglieder einer Gesellschaft an gemeinsamem kulturellem Wissen, an beständigem kulturellem Gedächtnis haben müssen.

Sechstens wird kulturelle Bildung zu einem Gegenpol des Internet-Zeitalters. Die Urteilsfindung, welche Information wichtig und welche unwichtig ist, muss im letzten Schritt im eigenen Kopf stattfinden. Der Computer kann bis heute keinen kreativen Akt berechnen, voraussagen oder erklären. Kein Algorithmus erklärt Mozart oder Picasso. Wir leben mit der modernsten Kommunikationstechnik, doch es kommt eben mehr denn je auf kulturelle Bildung an, um in der Computerwelt nicht in der Informationsflut zu ertrinken. Nicht zuletzt schafft kulturelle Bildung Identität und Heimat.

Die Vermittlung von Geschichte, Traditionen und Werten stärkt unser Zusammengehörigkeitsgefühl. Sie ist für ein Kulturland wie Sachsen ein Aushängeschild.

Meine Damen und Herren! Kunst und Kultur sind die Motoren gesellschaftlicher Entwicklung. Das macht kulturelle Bildung so bedeutsam. Kulturelle Bildung schafft neue Lernkulturen und beeinflusst nachhaltig unser Leben. Deshalb wollen wir sie weiter fördern und unterstützen. Sie soll ein bedeutender Teil des Bildungsangebotes im Freistaat Sachsen sein.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Vielen Dank, Herr Ursu. – Für die SPD-Fraktion Frau Abg. Kliese. Bitte sehr, Frau Kliese, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wer bereits etwas länger als Abgeordneter im Sächsischen Landtag sitzt, weiß, dass uns das Thema kulturelle Bildung schon eine ganze Weile beschäftigt. Wir hatten in der letzten Legislaturperiode mehrere Debatten dazu, auch öffentliche Anhörungen. Über die Frage, dass kulturelle Bildung zur Allgemeinbildung gehört, streiten wir zum Glück schon längere Zeit nicht mehr.

Es besteht parteiübergreifend Einigkeit darüber, dass es bei der kulturellen Bildung um eine Frage der Teilhabe geht. Daher gibt es auch eine Verantwortung des Staates, die Rahmenbedingungen so zu setzen, dass kulturelle Bildung befördert werden kann. Die Wiederbelebung der interministeriellen Arbeitsgruppe und die kürzlich stattgefundene Gläserne Werkstatt zur kulturellen Bildung sind in diesem Prozess wichtige Schritte; denn staatliche Verantwortung heißt nicht Dekret, sondern Dialog, und ich denke, wer die Gläserne Werkstatt einmal besucht hat, hat es dort auch spüren können.

Es ist gut, dass in dieser Runde sowohl Vertreter anderer Ministerien anwesend waren als auch eine Vielzahl von Menschen aus der Praxis: Künstlerinnen und Künstler. Denn es ist nicht so, dass es uns in Sachsen an guten Ideen und tollen Projekten fehlt. Kulturelle Bildung ist also nichts, was neu erfunden werden muss. Was muss aber gemacht werden? Wir brauchen für das, was es bereits gibt, für die wunderbaren Strukturen und Institutionen, die Landeskulturverbände, die Musikschulen, die Theater, die Museen und die Bibliotheken eine Struktur, die Aktivitäten bündelt und Hürden abbaut.

Das wollen wir mit diesem Antrag erreichen, denn kulturelle Bildung darf nicht nur ein Zufallsprodukt sein. Es ist schön, wenn sie zufällig irgendwo auftritt, aber wir wollen, dass sie ganz gezielt auch in bestimmten Räumen auftritt; gerade dort, wo sie im Moment vielleicht noch zu wenig stattfindet.

Deswegen haben wir mit der CDU-Fraktion im Koalitionsvertrag vereinbart, dass es ein strategisch ausgerichtetes Konzept geben muss. Sie wissen, dass wir im kulturellen Bereich mit dem Kulturraumgesetz einiges der Autonomie der Kulturräume überlassen. Die Kulturräume können viel allein entscheiden, was sie vor Ort machen wollen. Das ist aber ein Punkt, den wir gern zentral steuern wollen, bei dem es uns auch wichtig ist, eine zentrale Steuerung, eine zentrale Strategie zu entwerfen. Deshalb unser Antrag.

Mit dem Koalitionsantrag haben wir nun einige Handlungsfelder definiert, die im Rahmen des Konzepts bearbeitet werden müssen. Wenn man den Antrag liest, stellt man fest, dass er sich in der Mehrzahl der Handlungsfelder auf Kinder und Jugendliche im schulischen Bereich bezieht. Wir wissen aber auch, dass kulturelle

Bildung ein Thema des lebenslangen Lernens ist und bleibt. In Punkt 1 d) greifen wir diesen Aspekt auf. Wenn wir Zugang zu kultureller Bildung für alle wollen, müssen wir in den Schulen und Kindertagesstätten anfangen.

Es gibt eine große Anzahl von Kindern, die nur über Bildungseinrichtungen die Chance haben, zum ersten Mal ein Museum oder eine Bibliothek zu besuchen, ein Theater zu erleben oder selbst Theater zu spielen. Man muss immer wieder feststellen, auch wenn es für bestimmte Gruppen, wie Leistungsberechtigte, Rabatte in diesen Institutionen gibt, wird es nicht ausreichend von diesen Zielgruppen genutzt. Die Gründe dafür können ganz unterschiedlich sein, wie ich es bereits angedeutet habe: Soziale Aspekte spielen eine Rolle, auch ein fehlender Zugang durch das Elternhaus unabhängig von Herkunft oder Mobilitätsfragen, weil die Eltern einfach keine Zeit haben, mit ihrem Kind zum Beispiel mal in die Bibliothek zu gehen oder weil ihnen der Weg in die Bibliothek vielleicht aus ihrer eigenen Biografie nicht mehr bekannt ist.

Deswegen finden wir es wichtig, auf Kinder und Jugendliche zu fokussieren, ohne das lebenslange Lernen auszublenden. Wir sprechen davon, Methoden der kulturellen Bildung in den Unterricht einzubinden, und zwar nicht nur in Bezug auf die musischen Fächer, an die wahrscheinlich in erster Linie gedacht wird, sondern auch im MINT-Bereich. Deshalb haben wir unter Punkt 1 a) als wichtiges Handlungsfeld die Aus-, Fort- und Weiterbildung der Pädagogen definiert. Es geht darum, dass Kultur im Lebensraum Schule stattfindet, also die Frage, Künstler in der Schule bis hin zu außerschulischen Lernorten sein soll.

Eine Studie vom September 2014, die damals vom Wissenschaftsministerium in Auftrag gegeben wurde, benennt die fehlende Passfähigkeit von Kultur und Schule als zentrales Problemfeld, oder wie es ein Teilnehmer der Studie sagte – ich zitiere –: „Beide Strukturen schrammen messerscharf aneinander vorbei.“

Auch in der Gläsernen Werkstatt wurde diese Schnittstellenproblematik Schule und Kultur thematisiert. Deswegen haben wir diesen wichtigen Punkt in unserem Antrag als ersten benannt. Hier sind eine Menge Fragen ministeriumsübergreifend zu klären. Eine davon ist der zeitliche Aspekt: Bleibt für kulturelle Bildung im Bildungsprozess auch genügend Freiraum?

In der schon erwähnten Studie gibt es dazu ein plastisches Beispiel: So wurde eine Lehrerin, die ein Schülerkonzert ausrichtete, gefragt: „Und, wann machst du wieder normalen Unterricht?“ – Ihre Antwort darauf war: „Leute, das ist normaler Unterricht!“. Das heißt, im Selbstverständnis von Schulverwaltung wird kulturelle Bildung in der praktischen Arbeit noch nicht immer als integraler Bestandteil des Bildungsprozesses angesehen. Es geht hier weiter um Fragen des Zugangs von Künstlerinnen und Künstlern an Schulen und deren faire Entlohnung. Es geht um Mobilität und Passfähigkeit der Förderinstrumente. Das heißt, dass es auch eine öffentliche Verkehrsver

bindung zum Theater und zur Bibliothek geben muss, damit die Schulklasse praktisch hin- und wieder zurückkommen kann. Das haben wir in unserem Antrag in Punkt 2 benannt.

Es fällt hier aber noch ein anderer Aspekt darunter. Für den Besuch von außerschulischen Lernorten, wie Theater oder Museen, muss meist ein kleiner Obolus entrichtet werden; Sie kennen das vielleicht selbst von Ihren Kindern oder aus der Schule. Ein kleiner Obolus für Eintrittsgelder oder Fahrtkosten muss entrichtet werden. Manche Familien können oder wollen es sich nicht leisten. Ich weiß es nicht, aber einige von ihnen können es sich tatsächlich nicht leisten. Praktisch wird dann gerade der Teil der Schule ausgegrenzt, für den die Schule die einzige Möglichkeit des Zugangs zur Kultur ist. Hier müssen wir schauen, ob unsere aktuellen Unterstützungsmechanismen überhaupt zusammenpassen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Frage der Vernetzung und der Transparenz ist ein weiterer wichtiger Punkt. Eng damit verbunden ist die Qualität der Angebote. Neben den institutionellen Kultureinrichtungen sind die Landesvereinigung kulturelle Jugendbildung und die Landeskulturverbände für uns wichtige Partner. Die Landeskulturverbände widmen sich seit vielen Jahren sehr intensiv der kulturellen Bildung, vor allem vor dem Hintergrund der Qualitätskriterien. Die Landeskulturverbände nehmen diese Aufgabe zusätzlich zu ihren bisherigen Aufgaben wahr.

Unsere politische Verantwortung sehe ich unter anderem darin, die bereits vorhandenen Strukturen zu stärken. Deshalb bin ich froh, dass es uns im letzten Haushalt gelungen ist, die Mittel für diese Landeskulturverbände, die das jetzt mit tragen werden, aufzustocken.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Ich glaube, wir kommen bei kultureller Bildung nicht voran, wenn wir ständig neue Modellprojekte auflegen. Auch das ist ein Punkt, auf den uns Kulturschaffende und die Partner der kulturellen Bildung sehr oft hinweisen.

(Beifall der Abg. Cornelia Falken, DIE LINKE)

Wir müssen bei dem, was wir fördern, auf Nachhaltigkeit schauen; denn nur dann haben wir eine Chance, eine größtmögliche Teilhabe zu erreichen, und zwar egal, ob Jung und oder Alt, ob Arm oder Reich, ob mit Behinderung oder ohne Behinderung und ob mit Migrationshintergrund oder ohne Migrationshintergrund.

Wir haben vor zwei Legislaturperioden erstmals einen Haushaltstitel „Kulturelle Bildung“ einrichten können. Dieser richtete sich vor allen Dingen an die Kulturräume. Ich bin sehr froh, dass dieser Haushaltstitel fortgeführt und verstärkt wurde.

Mittlerweile haben sich fast alle Kulturräume dem Aufgabenfeld der kulturellen Bildung gewidmet. Die Evaluation zum Kulturraumgesetz hebt das positiv hervor. Sie macht aber gleichzeitig darauf aufmerksam, dass es notwendig ist, Qualitätskriterien aufzustellen, um – ich zitiere – „die

Prüfung der Förderfähigkeit und die Evaluation der Bildungsangebote zu erleichtern“.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum Abschluss möchte ich auf einen weiteren Aspekt verweisen, der im Antrag nicht explizit genannt worden ist, weil er ein selbstverständlicher Bestandteil von kultureller Bildung sein sollte: Es ist die interkulturelle Bildung. Kultur hat immer etwas mit Erleben, mit Spüren, mit Erfahren, mit Fühlen, mit Verarbeitung und mit Vermitteln zu tun. Kunst und Kultur helfen, Unwissenheit und Vorurteile abzubauen, und zwar sowohl bei dem ankommenden als auch bei dem bereits dagewesenen Menschen. Es geht hierbei um die Förderung von Neugier, von Offenheit und Respekt.

Das alles sind wichtige Ressourcen, um ein friedliches Zusammenleben von Menschen mit unterschiedlichem kulturellem Hintergrund zu gestalten. Das wollte ich abschließend erwähnen, weil es sich im Antrag nicht so explizit wiederfindet.

Ich freue mich sehr über den Antrag. Er bündelt ein gemeinsames und parteiübergreifendes Anliegen der letzten Jahre und setzt es fort. Die Erstellung eines landesweiten Konzeptes ist die logische Konsequenz der Bemühungen um eine starke kulturelle Bildung in Sachsen.

Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dass kulturelle Bildung im Bildungsprozess im Freistaat kein Zufallsprodukt ist.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU – Beifall der Staatsministerin Dr. Eva-Maria Stange)

Vielen Dank, Frau Kliese. – Für die Fraktion DIE LINKE Herr Abg. Sodann. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen, besonders von den Koalitionsfraktionen! Blieben Sie Ihren bisherigen Argumentationslinien treu, müssten Sie Ihren heutigen Antrag eigentlich konsequent ablehnen; denn er ist eigentlich überflüssig, da er bereits Handeln der Staatsregierung ist.

Vor Kurzem lud im Auftrag von Staatsministerin Frau Dr. Stange das SMWK zum Runden Tisch Kulturelle Bildung ein. Anwesend waren unter anderem Vertreter der Kulturvereine und -verbände, Mitglieder des Kultursenats, Kulturschaffende sowie Gäste aus anderen Bundesländern, genau mit dem Ziel, über ein landesweites Konzept zu sprechen und die Grundlagen dafür zu legen – und das ist für mich Handeln.

Der Vorschlag jedoch, ein landesweites strategisches Konzept für die kulturelle Bildung zu erarbeiten, tut aus unserer Sicht not und findet auch die Zustimmung unserer Fraktion. Andere Bundesländer sind da schon weiter.

Was mich allerdings schon ein wenig verwundert, ist die Tatsache, dass Sie ein solches Konzept für die Förderung und Entwicklung der kulturellen Bildung in Zusammen

arbeit mit den Kulturräumen für sinnvoll erachten, jedoch ein strategisches Entwicklungskonzept für die Theater und Orchester im Lande ablehnen. Sie argumentieren, dass es sich in dem letzteren Fall um einen Eingriff in die Autonomie der Kulturräume handelt, im Fall der kulturellen Bildung jedoch nicht. Das begreife, wer will, aber vielleicht können Sie da im Nachgang ein wenig Licht ins Dunkel bringen, Frau Ministerin Dr. Stange.

Kulturelle Bildung – ein in diesen Tagen sehr strapazierter, fast inflationär gebrauchter Begriff, dehnbar in alle Himmelsrichtungen. Die Inhalte sind so vielfältig; sie umfassen sämtliche künstlerisch-ästhetischen Genres, von der Musik – klassisch, modern, komponiert, gesungen, allein oder im Chor –, über die darstellenden Künste – von Schauspiel, Regie und Tanz –, zur Literatur – geschrieben oder rezitiert –, bis hin zu den bildenden Künsten – vom Töpfern bis zum Malen –; den Armaturbereich, die soziokulturellen Zentren nicht zu vergessen, ebenso die Vermittlung von Geschichte usw. usf. So vielfältig – so wichtig.

Nur kommt es nun darauf an, wie man das im Antrag geforderte landesweite Konzept für Sachsen mit Inhalt füllt und welche Richtung man der Umsetzung gibt, damit man eben nicht im Klein-Klein verharrt und immer und immer wieder einzelne innovative Modellprojekte fördert und, sobald Strukturen vorhanden sind, sie wieder verschwinden lässt.

Es ist an der Zeit, meine ich, größere Brötchen zu backen und zu einer Verstetigung gelungener Projekte zu kommen und diese gegebenenfalls noch auszubauen. Ich denke zum Beispiel an die Erweiterung von „Jedem Kind sein Instrument“ hin zu „Jedem Kind sein Instrument, Tanz, Theater und Chor“, eventuell in Jugendkunstschulen, gleichwohl die Ermöglichung von Neuem nicht zu verhindern.

In der Schule hat die kulturelle Bildung für Kinder und Jugendliche mit Recht ihren besonderen Platz. Sie wird von Lehrerinnen und Lehrern innerhalb des Schulunterrichts sowohl fächerübergreifend als auch fachspezifisch vermittelt. Kompetenz in kultureller Bildung ist ebenso wichtig wie in allen anderen Fächern. Und dennoch: Allein in Dresden fielen im Jahr 2012 über 11 000 Unterrichtsstunden in den musischen Fächern in der Grundschule aus – Ergebnis einer Kleinen Anfrage meiner Kollegin Cornelia Falken; vielen Dank.

Das ist in mehrerer Hinsicht und langfristig fahrlässig und nimmt unseren Kindern Wertvolles. Unser diesbezügliches Anliegen, unseren Antrag zu diesem Thema, Unterrichtsausfall in den Fächern Musik und Kunst, heute gemeinsam mit dem vorliegenden Antrag zu behandeln, lehnte die CDU/SPD-Koalition ab. Als Grund gaben sie an, der Gegenstand des Antrages gehöre in den Kultusbereich und nicht ins Ministerium für Wissenschaft und Kunst. Diese Ablehnung zeigt doch, dass die Koalitionäre die Begründung ihres eigenen Antrages wohl nicht ganz ernst nehmen; denn darin heißt es nämlich, kulturelle Bildung sei eine Querschnittsaufgabe vom Ministerium

für Wissenschaft und Kunst, dem Ministerium für Kultus und dem Ministerium für Soziales. So ist der wirkliche Grund für die Nichtbehandlung unseres Antrags wohl weniger die Ressortzuständigkeit als vielmehr die Scheu, sich mit unliebsamen Tatsachen auseinanderzusetzen.

Die Tendenz, den Fachunterricht in Musik und Kunst an den Schulen aus Kostengründen zu reduzieren, verfolgen wir mit Sorge. Es besteht die Gefahr, Kunst und Musik – kulturelle Bildung also – in den Ganztagsbereich zu verlagern, und das wollen die Koalitionsfraktionen offenbar nicht wahrhaben. Außerschulische Angebote an kultureller Bildung ergänzen die kulturelle Bildung in der Schule, können sie erweitern, aber nicht ersetzen.

Schade, dass die SPD bei allem Verständnis für Kompromisse in einer Koalition mit dem uns vorliegenden Antrag qualitativ so weit hinter ihre eigenen Anforderungen an ein landesweites Konzept aus dem Jahr 2013 zurückgefallen ist. Es ist mir gänzlich unverständlich – Sie sprachen es schon an, Frau Kliese –, wie man in dieser aktuellen Situation aktuelle Forderungen nicht formuliert, zum Beispiel, wie man angesichts der Aufgabe, viele Flüchtlinge zu integrieren, die interkulturelle Bildung vergessen kann. Sie sagen, es geht von allein; aber in der Politik ist es meist so: Was nicht schwarz auf weiß auf Papier zementiert ist, findet nicht statt.

Des Weiteren ist mir völlig schleierhaft, wie Sie die Forderungen nach angemessener Honorierung von Kulturschaffenden für ihre Leistungen nach Vereinfachung und Vereinheitlichung von Förderrichtlinien, nach barrierefreier Ausgestaltung kultureller Angebote einfach so unter das Pult fallen lassen konnten. All das aber gilt es in einem landesweiten Konzept zu berücksichtigen.

Gut hingegen ist der Ansatz, die Ausbildung von pädagogischen und künstlerischen Fachkräften qualitativ zu verbessern. Das ist ein wichtiger Schritt dahin, dass auch die Lehrkräfte selbst kulturelle Bildung als essenziellen Bestandteil ihres Unterrichts begreifen und engagiert durchsetzen. Sie hatten dazu schon ein Beispiel gebracht, Frau Kliese. Es gibt eben mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, als unsere Schulweisheit sich träumen lässt – um es mit Hamlet zu sagen.