Protokoll der Sitzung vom 20.11.2015

(Beifall bei der CDU)

Wir fahren jetzt fort in der Rednerreihe. Eine Kurzintervention ist natürlich auf den vorangegangenen Redebeitrag bezogen. Diese kommt von Herrn Kollegen Michel.

Danke, Herr Präsident! Ich möchte einige Sachen nicht so stehen lassen. Einerseits möchte ich darauf verweisen, dass die Kommunen ihre Zustimmung zu diesem Paket gegeben haben. Der Landkreistag genauso wie der SSG haben diesem Paket zugestimmt. Außerdem ist die Fondstrennung ganz einfach. Zukunftssicherungsfonds ist reines Landesgeld. Der Fonds „Brücken in die Zukunft“ ist eine Mischung von Bundes-, kommunalem und Landesgeld. Daher ist es eher sogar für die Transparenz hilfreich, wenn man dies trennt und in unterschiedliche Fonds anlegt. Daher möchte ich diese Vermischung nicht so stehen lassen. – Danke.

Das war eine Kurzintervention. Kollege Scheel, Sie könnten reagieren – und Sie tun das.

Danke, Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Michel, es ist ein einfaches Gesetz. Gesetzlich lässt sich natürlich auch vieles ändern. Ich werde den Eindruck nicht los, dass die Koalition mehr der Gedanke getrieben hat, habe ich irgendetwas, was ich an die Presse verkaufen kann?, als habe ich eine Lösung, die wirklich sinnvoll ist? Dabei bleibe ich.

(Beifall bei den LINKEN)

Das waren Kurzintervention und Reaktion. Wir fahren fort, und für die AfDFraktion ergreift das Wort Herr Kollege Barth.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Michel! Ich erinnere mich noch ziemlich genau an die Anhörung zum Haushaltsgesetz. Frau Kollegin Körner aus unserem gemeinsamen Landkreis, Vertreterin der Beigeordneten, saß damals hier und hat erklärt, dass die Flüchtlingspauschale in Höhe von 7 600 Euro, die die Landkreise und kreisfreien Städte zur Unterbringung der Flüchtlinge in den Gemeinschaftsunterkünften bekommen, nicht ausreichend sei. Damals wurde hier im Hohen Haus ein Betrag von 8 000 bis 9 000 Euro genannt, den die kommunale Ebene als angemessen ansieht.

Mittlerweile, wenn man die kommunale Ebene befragt, werden Beträge zwischen 10 000 und 12 000 Euro ausgerufen. Inwiefern sich dann hier Herr Pecher als ein vorzüglicher Rechner bezeichnet, kann ich nicht nachvollziehen. Ich, meine Damen und Herren, möchte Ihnen jetzt einmal eine kleine Rechnung aufmachen:

Ich hatte gesagt, die Landkreise erhalten per anno 7 600 Euro. Im Gesetzentwurf – an verborgener Stelle – konnte man lesen, dass für 2015 weitere 23 Millionen Euro lockergemacht werden und für 2016 – wenn ich es richtig sehe – 60 Millionen Euro. Jetzt habe ich mir einmal die Mühe gemacht, anhand der ankommenden Flüchtlinge und der Prognose von der Landesdirektion so genau wie möglich zu berechnen, wie hoch die Kostenpauschale pro Asylbewerber ist. Ich bin auf einen Betrag von 1 324 Euro gekommen. Wenn ich das also zusammenrechne, komme ich bei der Ergänzungspauschale von

23 Millionen Euro in Bezug auf die vorhandenen Asylbewerber, die uns in den kommunalen Raum zugewiesen werden, auf einen genauen Betrag von 8 924 Euro pro Asylbewerber.

Da stehen Sie hier und feiern sich, obwohl die Kommunen und Landkreise eindeutige Signale geben, dass dieser Betrag zu gering ist! Da muss ich ehrlich sagen: Ihre Selbstwahrnehmung scheint hier etwas getrübt zu sein.

(Beifall bei der AfD)

Ein weiteres Beispiel sind die 300 Millionen Euro. Das heißt „Sondervermögen Asyl- und Flüchtlingsfonds“, versteckt in Artikel 7. Wir haben also ein wirkliches Investitionspaket von 1,1 Milliarden Euro. Jetzt habe ich mir überlegt, wie weit die 300 Millionen Euro reichen werden, Herr Michel.

Im Kreistag Landkreis Sächsische Schweiz/Osterzgebirge sind in der Novembersitzung 19,6 Millionen Euro Kreditaufnahme für Asylunterkünfte beschlossen worden. In der Dezembersitzung sollen mehr als weitere 40 Millionen Euro Kreditaufnahme beschlossen werden für die Unterbringung von Flüchtlingen allein noch 2015. Das heißt, der Finanzbedarf meines Heimatlandkreises allein für die Unterbringung von Flüchtlingen – das wird derzeit fremdfinanziert – sind 60 Millionen Euro.

In Dresden – so war in der Zeitung zu lesen – ist der Bedarf wohl 50 Millionen Euro oder mehr. Das heißt, ein Landkreis und eine kreisfreie Stadt verbrauchen für 2015 und 2016 nach vorläufiger Prognose bereits 110 Millionen Euro. Da wollen Sie uns hier erzählen, dass 300 Millionen Euro ausreichend sind, meine Damen und Herren? Ich muss ganz ehrlich sagen: Das ist eine unseriöse Finanzplanung.

(Beifall bei der AfD)

Herr Michel, ich will jetzt hier nicht orakeln und irgendeine Zahl in den Raum werfen. Aber ich halte die Zahl von 800 Millionen Euro für realistischer als die 300 Millionen Euro, die Sie in Ihren Fonds eingestellt haben. Daher, meine Damen und Herren, ist auch das Zitat von Herrn Tillich in der Presse „Am Geld soll es nicht liegen, wenn in der nächsten Zeit die Belastungen durch neue Flüchtlingsströme auch in Sachsen zunehmen“ aus meiner Sicht nicht nachvollziehbar; denn der Freistaat Sachsen ist nach wie vor ein Land, das am Tropf der Geberländer hängt.

Ich danke Ihnen recht herzlich, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD)

Herr Barth hatte für die AfD das Wort. Die GRÜNEN haben keinen Redebedarf. Damit eröffnen wir eine dritte Rederunde. Für die einbringende CDU-Fraktion spricht jetzt Herr Kollege Hartmann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr

Barth, manchmal ist es förderlich, man redet nur über Dinge, von denen man etwas versteht. Die 300 Millionen Euro Vorsorge Asyl sind ein Teilbetrag, mit dem der Freistaat in Verantwortung der Regierungskoalitionen Mittel bereitstellt, um einen Teil der anfallenden Kosten vorsorglich mitfinanzieren zu können. Das nennt man verantwortungsvolle Haushaltspolitik auf der Grundlage einer veränderten Istsituation. Es ist ein Teilbetrag als Vorsorge für die anstehenden Herausforderungen.

Wenn Sie schon eine Rechnung aufmachen, dann rechnen Sie bitte auch die vom Bund ab Januar zusätzlich fließenden Mittel dazu. Im Übrigen reden wir nicht über das Thema Asyl. Insoweit komme ich jetzt zum eigentlichen Thema.

Herr Scheel, 800 Millionen Euro sind ein recht hoher Betrag, wenn man die These vertritt, einfach einmal nur so etwas der Presse verkaufen zu wollen. Ich denke, das ist schon deutlich mehr.

(Zuruf des Abg. Sebastian Scheel, DIE LINKE)

Ich möchte mich aber auf Herrn Schollbach konzentrieren. Ein selbstgefälliger Auftritt und ein arroganter Vortrag, aber es passt zu Herrn Schollbach, der sich gern in der Rolle eines altrömischen Senators sieht: Marcus Cato.

(Heiterkeit – Beifall bei der CDU)

So ist es seine höchst individuelle Leistung, alle seine Ausführungen nach dem Motto „Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Karthago zerstört werden muss“ auf die Union zu adaptieren. Nur auf die Dauer wird das recht langweilig.

Aber kommen wir zurück. Herr Schollbach – das gehört der Vollständigkeit halber dazu – ist formal Fraktionsvorsitzender der LINKEN im Stadtrat. Er gefällt sich aber eher in der Rolle des selbst ernannten Regenten der Landeshauptstadt Dresden. Insoweit ist ihm auch völlig egal, wer unter ihm offensichtlich in Mehrheiten und als Oberbürgermeister im Rathaus steht. Als Kronzeuge beruft er sich auf Hartmut Vorjohann. Nun gut.

Ich will deutlich sagen, Herr Schollbach: Als Erstes: Die Erde ist keine Scheibe. Zweitens: Wäre sie es, wäre diese Scheibe größer als Dresden.

(Heiterkeit – Zurufe von den LINKEN)

Ich glaube, es ist auch nicht tunlich, dass Sie jetzt die Ebenen vermischen und die Stadtratsdebatte hier in das Hohe Haus holen. Wenn ich so wäre wie Sie, würde ich jetzt die Diskussion darüber beginnen, wie Ortschaften in der Landeshauptstadt Dresden durch die linke Stadtratsmehrheit behandelt werden. Aber ich bin ja nicht wie Sie. Insoweit zurück zum Thema.

Das Solidarprinzip stellen wir einmal an den Anfang. Eigentlich glaube ich nicht, dass ich das der LINKEN erklären müsste, aber Ihr Vortrag zeigt, dass es hier Handlungsbedarf gibt. Das Solidarprinzip bedeutet in sich, dass Sachsen und die Kommunen gemeinsam die finanziellen Herausforderungen der Zukunft und der

Gegenwart bewältigen. Der Grundsatz gilt: Geht es dem Freistaat gut, soll es auch den Kommunen gut gehen. Hat der Freistaat klamme Situationen, leisten auch die Kommunen ihren Beitrag dazu. Dieses Solidarprinzip findet Ausfluss im FAG, das in Deutschland keine Selbstverständlichkeit ist. Im Übrigen wird auch von anderen Bundesländern beneidet, wie in Sachsen diese Finanzbeziehungen geregelt sind.

Aber das Solidarprinzip regelt nicht nur die Verhältnisse zwischen dem Freistaat und den Kommunen, sondern es definiert auch eine Solidarität der Landkreise, kreisangehörigen Kommunen mit den kreisfreien Städten. Jetzt sind Sie in der Verantwortung, Herr Schollbach, Ihre Rolle nicht zu instrumentalisieren, sondern verantwortungsvoll ein solches Thema zu begleiten.

Dazu sage ich zwei Punkte. Erstens. 800 Millionen Euro Kommunalfinanzpaket. Von den 800 Millionen Euro bekommen die kreisfreien Städte 400 Millionen Euro, die Landeshauptstadt Dresden über 160 Millionen Euro, und das mit einer Förderquote von 75 %. Ich schreibe es Ihnen ins Stammbuch. Damit können Sie eine ganze Menge Schulen bauen. Ich glaube, das ist auch die Herausforderung, vor der die Stadt steht.

Natürlich hat niemand behauptet, wie Sie es von den LINKEN gern tun, dass der Freistaat jetzt gönnerhaft 800 Millionen Euro als sein Paket verkauft. Nein, die Kommunen, der Landkreistag und der Sächsische Städte- und Gemeindetag haben gemeinsam mit den Fraktionen und der Staatsregierung im Solidarprinzip jeder seinen Beitrag geleistet und zu den 159 Millionen Euro – deshalb auch das Verfahren – zusätzliches Geld gepackt, um veritable Pakete zu schnüren. Zu den veritablen Paketen gehört der Wahrheit halber, dass Sie gern in Ihrer Rhetorik Geld vereinnahmen, das Ihnen gar nicht zusteht.

400 Millionen Euro für die kreisfreien Städte, 160 Millionen Euro für Dresden, 75 % Förderquote – das ist deutlich mehr, als Sie selbst bei der besten Rechnung bekommen. Und das ist auch gut so. Aber gleichzeitig ist es richtig, dass wir uns die Finanzbeziehungen des GMG II anschauen. Da ist es doch eine Wahrheit, –

Die Redezeit!

– dass der Veredlungsfaktor dazu geführt hat, dass wir eine Unwucht zulasten des ländlichen Raumes haben.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Ehrlichkeit in der Politik bedingt, dass dieser Ausgleich zwischen den kommunalen Ebenen zu gewährleisten ist.

So viel von meiner Seite. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Kollege Hartmann sprach für die CDU. Die SPD ist ebenfalls einbringend. Mario Pecher ergreift jetzt das Wort für seine Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Innenpolitiker und als Finanzpolitiker möchte ich auf ein Thema eingehen, das immer wieder hier angesprochen wird: Kommunales Geld, das wir den Kommunen wegnehmen. Wir machen ein kommunales Finanzpaket über 800 Millionen Euro mit einem Planungshorizont von fünf Jahren für die Kommunen. Was für Geld nehmen wir denen weg? Was nehmen wir denen weg?

Dann möchte ich noch darauf hinweisen, wer bestimmt, was kommunales Geld ist. Das bestimmt zum einen unsere Verfassung, Artikel 87 und 84, dass wir das durch ein Gesetz zu regeln haben und dass wir die Kommunen zu beteiligen haben, und dann bestimmen wir das hier, der Gesetzgeber. Nicht Bürgermeister, nicht Kommunalparlamente, so wichtig sie für die Demokratie in diesem Land sind. Wir sind der Souverän in diesem Land, wir als Parlament entscheiden über ein Gesetz, das die Kommunen mit Finanzmitteln ausrüstet. Nichts anderes wird passieren mit dem FAG 2017/18, mit dem FAG 2019/20 und mit den Neuverhandlungen dann auch zum GMG I ab dem FAG 2021. Das ist ein ganz normales Verfahren des Gesetzgebers, des Souveräns.

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Was sind denn die Absprachen?)

Dieses Paket, das wir jetzt geschnürt haben – –

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Wer verhandelt denn noch?)