Erahnten Sie in der Begründung Ihres Antrags vom 14. November 2014 noch embargobedingte „massive Arbeitsplatzverluste in Sachsen“, so orakeln Sie in Ihrer jetzigen Begründung gar den „möglichen Verlust Tausender sächsischer Arbeitsplätze“ herbei – und schon haben Sie Ihren vielen Gespenstern, die Sie über Sachsens Straßen schicken, ein neues hinzugefügt.
Das Embargo hat Arbeitsplätze gekostet – zum Glück relativ wenige. Leider können auch noch einige weitere verloren gehen. Doch unsere sächsische Wirtschaft ist – auch dank einer zukunftsorientierten Wirtschaftspolitik des Freistaates – breit aufgestellt, und unsere sächsischen Unternehmer sind klug.
Zum einen meistern sie, wenn auch mit einigem Kraftaufwand, die gewachsene Bürokratie im RusslandGeschäft. Zum anderen nutzen sie die Möglichkeiten, neue Märkte zu erschließen. Auch hier sind die Worte des Wirtschaftsministers aufschlussreich: Es sind gerade einmal zwei Unternehmen gewesen, die das Konsolidie
rungsprogramm der Sächsischen Aufbaubank in Anspruch genommen haben. Sachsen benötigt keine Weltuntergangsszenarien, Sachsen benötigt Realpolitik. Die betreiben wir seit nunmehr 25 Jahren erfolgreich –
Werfen wir noch einen Blick auf das durchaus umfangreiche, wenn auch nicht neue Zahlenwerk in Ihrer Antragsbegründung. Diese Zahlen stimmen auf den ersten Blick. Auf den zweiten Blick jedoch entlarven sie Ihr eigenes Ansinnen, Ihre Panikmache. Wer die Außenhandelszahlen genau betrachtet – ich unterstelle Ihnen, dass Sie das getan haben –, sieht sofort, dass das Exportvolumen bereits 2012 zu sinken begann, also eindeutig vor dem Beginn der Embargo-Maßnahmen. Dafür geschah das aber ebenso eindeutig zeitgleich mit dem Beginn des Verfalls des Rohölpreises.
Es bedarf keiner allzu großen wirtschaftspolitischen Kompetenz, daraus zu folgern, dass die Gründe für den Rückgang des Russlandsgeschäfts vielschichtiger sind. Sie basieren zu einem großen Teil auf der schwierigen Situation der russischen Wirtschaft und damit der russischen Währung, einhergehend mit den sinkenden Rohstoffpreisen. Es ist aber nicht so, Herr Beger, wie Sie sagten: dass wir den russischen Staatsbankrott herbeiführen wollten. Daran würden wir Sachsen uns, sage ich einmal, wahrscheinlich einen Bruch heben.
Der Schwenk auf den Rückgang der Zahl der Touristen aus Russland beweist mir zumindest, dass auch Sie selbst sich dieser Tatsache durchaus bewusst sind. Eine differenzierte Betrachtungsweise und die konstruktive Suche nach Entwicklungschancen sächsischer Unternehmen sind aber gar nicht Ihr Geschäft. Sie versuchen, bestehende Probleme unserer Unternehmer zu instrumentalisieren und diese vor Ihren müden, ideenlosen und wieder einmal auf der Gegenspur steuernden Karren zu spannen.
Sehr geehrte Damen und Herren, dafür ist uns die Zeit zu schade. Wir sehen mit Interesse der anstehenden Weiterentwicklung unserer außenwirtschaftlichen Leitlinien entgegen. Wir versuchen, mit unseren Unternehmen neue Märkte zu erschließen. Wir schauen in diesem Zusammenhang gespannt auf die Entwicklung beispielsweise im Iran. Wir unterstützen die Unternehmen dabei, durch Weiterentwicklung ihrer Produkte breiter und stärker auf dem internationalen Markt aufzutreten.
Wir pflegen bestehende Wirtschaftskontakte eben auch und gerade zu Russland, denn dieses Land ist und bleibt ein ernst zu nehmender Global Player, dem wir traditionell in vielerlei Hinsicht verbunden sind. Wir gehen fest davon aus, dass Russland seine eigenen Wirtschaftsprobleme meistern und auch zukünftig ein starker Partner Sachsens sein wird.
Dafür steht die Sächsische Staatsregierung sowohl in Person des Wirtschaftsministers als auch glaubhaft in der
Person des Ministerpräsidenten selbst. Das bedarf unserer Energie – aber nicht die ausufernde Diskussion zu Ihrem durchschaubaren Antrag. Deshalb lehnen wir ihn ab.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Da ist er wieder – der klassische Einsatzantrag der AfD. Diesmal sind es die Russlandsanktionen, aber das Thema ist bei diesem Antrag eigentlich fast egal. So, wie er geschrieben ist, hätte es genauso gut oder genauso schlecht um europäische Klimapolitik, den Binnenmarkt oder europäische Landwirtschaftssubventionen gehen können. Sie müssen in diesem Antrag exakt vier Wörter ändern und den letzten Halbsatz streichen, um ihn flexibel an jedes denkbare europapolitische Thema anzupassen.
Die Staatsregierung wird darin aufgefordert, einmal mit der Bundesregierung zu reden, damit diese auf europäischer Ebene einmal ein beliebiges, austauschbares Thema ansprechen möge. Wenn man solche Anträge schreibt, ist das einfach und geht fix, und es hat auch noch den Vorteil, dass man mit der gleichen Schablone Unmengen von Vorlagen herauspulvern kann, ohne dass man übertrieben viel geistige Leistung investieren muss.
Ich frage mich bei solchen Anträgen aber immer, ob Sie das, was Sie hier tun, selbst nicht ernst nehmen oder ob Sie damit das Parlament verhöhnen wollen. Oder sind Ihre politischen Angebote wirklich so dünn, dass Sie sich im Wesentlichen auf das Abschreiben und Nachplappern von krawalligen Pegida-Parolen beschränken? Mit dieser Art von Anträgen gelingt es Ihnen jedenfalls nur schwerlich, die Substanzlosigkeit Ihrer Arbeit hier im Landtag zu verbergen.
Blicken wir doch einmal zurück, was die augenfällige Genese Ihres Antrags war: Was haben Sie eigentlich gemacht? Mitte Januar wurde Ministerpräsident Tillich auf dem Neujahrsempfang der Vereinigung der Sächsischen Wirtschaft in einer Podiumsdiskussion unter anderem zum Thema Russland-Sanktionen befragt. Nun war der Herr Ministerpräsident in diesem Podiumsgespräch zugegebenermaßen recht schwammig und konnte oder wollte nicht mit konkreten Maßnahmen aufwarten, aber er versprach vor den Wirtschaftsvertretern, sich für ein Ende der Sanktionen einzusetzen.
Diese Aussage wurde im Nachgang auch medial widergespiegelt. Nach diesem Vorgang haben Sie, wenn man sich das Datum der Einreichung Ihres Antrags anschaut, sage
und schreibe eine Woche lang gebraucht, um unter Zuhilfenahme Ihrer Standardschablone für Einsatzanträge diesen heute hier zur Abstimmung stehenden Antrag zu zaubern – einen Antrag, mit dem Sie die Staatsregierung auffordern, die Gespräche mit der Bundesregierung zu führen, die der Ministerpräsident bereits angekündigt hat. Der Antrag ist in der Sache genauso schwammig und unverbindlich wie die Aussagen des Ministerpräsidenten aus dem Januar selbst.
Wie schon gesagt: Eine ganze Woche haben Sie dafür gebraucht – Chapeau! Als Sie gestern Ihren bei uns abgeschriebenen Antrag zu Frauen- und Kinderschutzeinrichtungen kleinlaut wieder zurückgezogen haben, hätten Sie diesen Antrag aufgrund mangelnder Eigenleistung eigentlich auch gleich mit einstreichen können.
Nicht dass Sie mich falsch verstehen: Die Sanktionen sind außenpolitisch untauglich, schaden der sächsischen Wirtschaft und gefährden Arbeitsplätze. Nach Meinung unserer Fraktion ist die Staatsregierung viel zu spät aufgewacht.
Ich darf daran erinnern, dass wir noch vor reichlich einem Jahr hier im Plenum eine Debatte zu einem Antrag unserer Fraktion hatten, in dem wir uns mit den RusslandSanktionen und deren Folgen beschäftigt haben. Damals hatten die Staatsregierung und die sie tragenden Koalitionsfraktionen die mit den Sanktionen verbundenen Probleme verdrängt und die Sanktionen vorbehaltlos befürwortet. Auch heute können wir – trotz Festreden – die konkreten Schritte seitens des Kabinetts noch nicht wirklich erkennen. Wir wünschen uns ein deutlicheres und klareres Engagement und letztlich auch Resultate.
Was uns in diesem Punkt allerdings keinen Millimeter vom Fleck bringt, meine Damen und Herren von der AfD, ist ein Antrag ohne inhaltliche Substanz. Wir werden ihn logischerweise ablehnen.
Herr Brünler sprach gerade für die Fraktion DIE LINKE. Für die SPD-Fraktion folgt jetzt Herr Kollege Baum.
besonders die landespolitischen. Wie sonst sollte man diesen Antrag verstehen? Selbstverständlich kann man im Sächsischen Landtag große außenpolitische Themen wie die Krimkrise und die Ukrainekrise ansprechen.
Selbstverständlich ist auch, dass in Zeiten der Globalisierung internationale Konflikte ihre Wirkungen auch in Sachsen zeigen. Ob aber nun der Sächsische Landtag wirklich der geeignete Ort ist, um über die Wirksamkeit der EU-Sanktionen gegen Russland zu urteilen oder über die deutsche und europäische Außenpolitik im UkraineKonflikt zu richten, diese Frage sollte schon erlaubt sein.
Worüber wir in diesem Haus aber auf jeden Fall reden sollten, ist die Frage, welche Auswirkungen die RusslandSanktionen der EU wirklich auf unseren Freistaat haben. Da nehme ich Sie, die Abgeordneten der AfD, in die Pflicht, sich an den Maßstäben Ihres eigenen Antrages zu orientieren. Die Staatsregierung solle auf die Bundesregierung sachlich einwirken – so heißt es in Ihrem Antrag. Sachlich heißt eben vor allen Dingen, sich mit den Tatsachen und mit den Fakten auseinanderzusetzen und nicht mit Mysterien, Herr Kollege Beger.
Sie werden sich erinnern: In der letzten Sitzung des Landtags im Dezember hatte die Koalition bereits eine Aktuelle Debatte zum Thema Außenwirtschaft angesetzt. Dort habe ich Ihnen mit Zahlen und Fakten zu erklären versucht, wie sich die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Sachsen und Russland entwickelt haben – auch, dass die Sanktionen auf die Wirtschaftsbeziehungen nur marginal Einfluss haben. Aber offensichtlich haben Sie entweder nicht richtig zugehört oder es auch nicht verstanden. Deshalb darf ich es Ihnen gern noch einmal erklären. Der Rückgang der sächsischen Exporte nach Russland hat schon viel früher begonnen. Die Ursache ist vor allem mit der wirtschaftlichen Situation in Russland selbst zu erklären und eben nicht nur und ausschließlich mit dem EU-Embargo.
Sehen wir uns an, welche Produkte oder Branchen überhaupt von den Sanktionen betroffen sind. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um vier Bereiche: Erstens ein Rüstungsembargo, das heißt Verbot von Einfuhren und Ausfuhren, zweitens ein Lieferverbot für Güter mit doppeltem Verwendungszweck, sogenannte Dual-UseGüter, für militärische Endabnehmer, drittens ein Lieferverbot für Hochtechnologien zur Erdölförderung in der Arktis, der Tiefsee und für Schieferölexporte sowie viertens Finanzsanktionen gegen mehrere staatliche Banken und bekannte Rüstungsunternehmen. Nun frage ich Sie von der AfD: Von welchem dieser vier Bereiche ist die sächsische Wirtschaft so dramatisch betroffen, wie Sie uns dies hier ein Stück weit vorgaukeln wollen?
Tatsächlich gibt es einen Rückgang der sächsischen Exporte. Dies betrifft vor allem den Maschinenbau, die Elektrotechnik und den Kraftfahrzeugbau. Das sind allesamt Branchen, die ausdrücklich keine Rüstungsgüter herstellen. Der Rückgang muss also andere Gründe haben. Das sieht auch unser Wirtschaftsministerium so. In seiner Antwort auf eine Kleine Anfrage Ihrer AfDFraktion vom September vergangenen Jahres, Drucksache 6/2390, wird dies deutlich ausgedrückt. Ich möchte daraus gern zitieren: „Die Ausfuhren in die russische Föderation sind bereits seit 2013 zurückgegangen.“ Die
Sanktionen aber wurden erst im August 2014 in Kraft gesetzt. Der wirtschaftliche Abschwung und der damit verbundene Rückgang der Kaufkraft hat in Russland also schon viel früher begonnen und ist der wahre Grund des Rückgangs der sächsischen Exporte.
Aber die AfD wollte dies noch immer nicht glauben und schickte eine weitere Kleine Anfrage hinterher, Drucksache 6/3625. Diese wurde am 14. Januar 2016 vom Wirtschaftsministerium beantwortet. Auch daraus möchte ich gern zitieren: „Der Rückgang der sächsischen Exporte hat bereits vor der Ukraine-Krise und dem Inkrafttreten der EU-Sanktionen gegenüber Russland begonnen. Dieser Rückgang ist daher nicht nur auf die EU-Sanktionen zurückzuführen, sondern generell auf die tiefe wirtschaftliche Rezession in Russland, die gesunkenen Erdölpreise in Verbindung mit einer starken Rohstoffabhängigkeit der russischen Wirtschaft sowie auf den Rubelverfall und den allgemeinen Vertrauensverlust infolge der UkraineKrise.“
Kurzum: Dass die sächsischen Exporte nach Russland wieder steigen, ist nicht von den EU-Sanktionen abhängig, sondern vor allem von der russischen Wirtschaft selbst.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zum Abschluss noch einmal darauf zurückkommen, was ich bereits bei der letzten Debatte im Dezember betont habe. Unser Ziel muss es sein, die Gesprächskanäle nach Russland weiter offenzuhalten und weiter einen kritischen Dialog mit unseren russischen Partnern zu führen. Russland ist nach wie vor ein wichtiger Handelspartner für Sachsen. Wir wollen, dass dies so bleibt. Da müssen wir sachlich die Probleme benennen und die guten Kontakte in unsere russischen Partnerregionen weiter nutzen. Es gibt keine einfachen Antworten auf komplexe Fragen und weltpolitische Zusammenhänge, auch wenn die AfD uns und den Menschen dies immer wieder gern weismachen will.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der AfD; ich kann nur hoffen, dass die gestrige Meldung im Deutschlandfunk nicht den Tatsachen entspricht, wonach die AfD von Putin und Russland mitfinanziert wird.
Der Antrag der AfD hilft keineswegs, den UkraineKonflikt zu lösen. Noch weniger hilft er der sächsischen Wirtschaft. Deswegen lehnen wir ihn ab.