Zunächst frage ich, ob einer der Berichterstatter zur mündlichen Ergänzung der Berichte das Wort wünscht. – Das stelle ich nicht fest.
Ich erkenne aber, dass von einer Fraktion nach § 63 Abs. 3 Satz 3 der Geschäftsordnung das Wort gewünscht wird. In welcher Art und Weise, Herr Lippmann?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Fraktion beantragt tatsächlich gemäß § 63 Abs. 3 Satz 3 die Aussprache zur Petition 6/00248/3 „Baumschutzsatzung – Gesetzesänderung“.
Dann werden wir so verfahren, wenn Sie die Aussprache beantragen. Meine Damen und Herren! Ich verweise hier auf unsere Regelungen zu den Redezeiten: 10 Minuten je Fraktion. Die müssen Sie nicht ausschöpfen, meine Damen und Herren. Die Reihenfolge, wie wir das hier immer geübt haben: CDU, DIE LINKE, SPD, AfD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wir beginnen mit der Aussprache zu der genannten Drucksache. Wird von der CDU-Fraktion das Wort gewünscht?
Derzeit nicht. Das wird jetzt spannend. Wird von der Fraktion DIE LINKE das Wort gewünscht? – Ja. Bitte, Frau Dr. Pinka. Ich erteile Ihnen das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die größten Kritiken unserer Fraktion seit der großen Novelle des Naturschutzgesetzes 2013 betrafen und betreffen genau die in der Petition angesprochenen Regelungen im kommunalen Baumschutz; denn bereits damals haben die vormaligen Koalitionäre in der Diskussion betonkopfartig keinen Millimeter preisgegeben, obwohl man zu dem Zeitpunkt schon die Position zum kommunalen Baumschutz als realitätsverleugnend bezeichnen konnte. Denn es zeigten sich schon fatale unmittelbare Auswirkungen durch die Gesetzesänderung zur Anpassung des Landesumweltrechts an das neue Bundesrecht aufgrund der Föderalismusreform von 2010.
Es wurden beispielsweise Bäume vermehrt auch außerhalb der gesetzlich festgelegten Schonzeit gefällt. Schon 2013 hatten unsere Recherchen ergeben, dass Bürgerinnen und Bürger im Mai, also mitten in der Brutzeit, plötzlich vermehrt Bäume fällten. Sie handelten nach dem Motto: Es gibt doch keine Baumschutzsatzungen mehr, und wir können alle Bäume fällen.
Ich frage Sie: War das aus Unkenntnis? Ich glaube nicht, weil durch CDU und FDP aus einer gut funktionierenden Regelung Rechtsunsicherheit für die Bürgerinnen und Bürger entstanden ist und aus einem eingespielten Verfahren ein Chaos entstand, bei dem nun irgendwie jeder meint, das Recht zu haben, sich mit einer Axt im Vorgarten frei bewegen zu können.
Die Verweise auf den Artenschutz im Naturschutzrecht sind ganz offensichtlich zu abstrakt und werden für einige Menschen zur Falle. Zudem hat auch damals schon zum Beispiel das Umweltamt in Dresden errechnet, dass die Zahl der Ausgleichspflanzungen für gefällte Bäume um 75 % abgenommen hatte. Warum soll auch der mündige Bürger nachpflanzen, wenn der Gesetzgeber ihn davon befreit?
Vor dem Hintergrund der möglichen CO2-Bindung durch Bäume, der Staubbindung durch Laubbäume und der Verbesserung des Kleinklimas ist ein Baumbestandsrückgang aus meiner Sicht wohl kaum ein Beitrag zum Klimaschutz, zu dem sich auch unsere Staatsregierung bekannt hat. Wenn wir hier keinen Stopp einlegen, werden wir in naher Zukunft weitere Problemstädte mit zunehmender Feinstaubbelastung oder fehlenden Grünflächenzügen haben.
Bis heute ist die Gesetzeslage unverändert. Ich kann dem Koalitionsvertrag von CDU und SPD auch keine Korrekturabsichten entnehmen. Das heißt dann ganz viel weitere freie Fahrt für freie Bürger und freie Säge für freie Bürger.
Das bleibt auch auf längere Zeit so. Im Übrigen hatten wir deshalb dieses Gesetz „Baum-ab-Gesetz“ getauft.
Das Problem haben leider nun die betroffenen Kommunen auf unabsehbare Zeit. Sie haben auch die damals viel gepriesene Verwaltungsvereinfachung auszubaden. Es gibt eine erhebliche Rechtsunsicherheit im Hinblick auf arten- und biotopschutzrechtliche Regelungen. Ich sage nur: Schwarzpappel oder Baumweide.
Im Übrigen: In der Anhörung im Umweltausschuss am 04.03.2016 wurde dies erneut durch kommunale Sachverständige bestätigt.
Der Zweck des Gesetzes, also die Verwaltungsvereinfachung, wurde damals schon gnadenlos verfehlt und ist es heute noch. In den Kommunen ist ein erheblicher Mehraufwand entstanden, und die Zahl der Ordnungswidrigkeitsverfahren hat deutlich zugenommen. Die Anfragen in den Kommunen resultieren aus einer Verunsicherung, die mit dieser Artendifferenzierung zusammenhängt. Es
kommt weiterhin zu Begutachtungen vor Ort. Das heißt, es müssen trotzdem viele Vor-Ort-Termine wahrgenommen werden. Eine andere Frage, die sich immer wieder stellt, lautet: Ist es ein bebautes Grundstück? Klar ist es, wenn ein Wohnhaus dort steht, aber was, wenn es ein Hühnerstall, eine Scheune oder ein Carport ist?
Die Petition greift genau diese Probleme des Naturschutzgesetzes auf, weil durch Gesetzgebung dermaßen in die kommunale Selbstverwaltung eingegriffen wurde, dass die Kommunen ihre Baumschutzsatzungen nur so textlich fassen können, wie es das Gesetz aktuell vorsieht.
Es gibt aber einen neuen Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Die Mehrheit bräuchte eigentlich nur in Kürze diesem mit der Neufassung von § 19 zustimmen, und damit könnte der Petition abgeholfen werden.
Wie mir von meinen Kolleginnen und Kollegen aus dem Petitionsausschuss allerdings berichtet wurde, war die Mehrheit nicht einmal bereit, den Abschluss der Petition bis auf diesen Abstimmungstag zu verschieben. Ich würde prognostizieren: Die Mehrheit dieses Landtages wird den Entwurf wohl ablehnen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Petition konnte seitens des Landtages und des Petitionsausschusses nicht abgeholfen werden. Die Grundlage hat Frau Dr. Pinka genannt: Naturschutzgesetz aus dem Jahr 2013, in erster Linie die Einführung der Flexibilisierung des Baumschutzes aus dem Jahr 2010. Das ist die derzeitige Rechtslage. Deshalb ist eine Debatte im Zusammenhang mit dieser Petition am heutigen Tag nicht zielführend. Ich möchte dennoch – das hat Frau Dr. Pinka schon gemacht – auf die Gesetzesinitiative und die damit verbundene Anhörung vom 04.03. zum Baumschutzgesetz der Fraktion GRÜNE verweisen und verbinde damit den Wunsch, dass wir diese Debatte genau zu diesem Gesetzentwurf führen und nicht heute im Zuge dieser Petition. – Danke.
Meine Damen und Herren! Ich rufe die AfD-Fraktion auf. Möchte hier jemand sprechen? – Das ist nicht der Fall. Möchte die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sprechen? – Ja. Herr Abg. Günther, bitte.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bäume bewegen nun einmal die Menschen. Ich denke, dass es Ihnen als Abgeordnete ähnlich gehen wird wie mir – mir kraft meines Amtes als GRÜNER und umweltpolitischer Sprecher noch viel mehr –, dass sich Menschen bei Ihnen melden, weil irgendwo eine Kettensäge angelegt worden ist. Das ist ein fast tägliches Geschäft. Wir sollten deshalb eine Petition zu diesem Thema hier im Plenum ernst nehmen, denn es ist ein ganz, ganz breites Anliegen in der Bürgerschaft.
Genau. Da ist die Petition ganz vorsichtig. Sie sagt nur: Man soll den Kommunen – niedrigste Verwaltungseinheit – wieder die Möglichkeit einräumen, nach Bedarf vor Ort zu entscheiden, in welchem Umfang sie Baumschutzsatzungen erlassen.
Denn der Bürger erwartet nämlich, dass, wenn er eine Petition einreicht, das auch den Landtag bewegt, und ist manchmal enttäuscht, wenn ich ihm mitteilen muss: Nein. In die Wahrnehmung des Plenums gerät so etwas nicht. Es hat etwas mit Demokratie zu tun, wie ernst ich das nehme.
Herr Günther, ich weise Sie darauf hin: Die Sitzungsleitung liegt in meinen Händen. Sie reden Ihre Rede, und wenn Sie unterbrochen werden sollen, dann frage ich Sie.