Protokoll der Sitzung vom 17.03.2016

(Beifall bei der AfD)

Herr Pallas, bitte.

Herr Hütter, ist Ihnen bekannt, dass der Sachverständige in der Anhörung zum Wachpolizeigesetz im Dezember eben genau jenes Argument vorgebracht hat, dass die Wirkungsweise der Taser aus dem gleichen Grund eingeschränkt ist, den ich vorhin vorgetragen habe? Haben Sie das Protokoll gelesen? Ist Ihnen das bekannt?

Mir ist wohl bekannt, dass diese Wirkung eingeschränkt werden kann. Aber „eingeschränkt werden kann“ heißt ja nicht, dass die Wirkung überhaupt nicht vorhanden ist. Darin sehe ich schon einen deutlichen Unterschied.

(Zuruf des Abg. Christian Piwarz, CDU)

Ich würde gern zu meinen Ausführungen zurückkommen. Der Taser könnte ein wertvolles Hilfsmittel in der Situation sein, in der der Gebrauch einer Schusswaffe unverhältnismäßig und damit unzulässig wäre. Weiterhin ist die Wirkungsdauer zeitlich begrenzt und hinterlässt im Regelfall keine bleibenden Schäden.

Uns ist sicherlich bewusst, dass es verschiedene Gutachten zum Einsatz des Gerätes und dessen Auswirkungen auf den menschlichen Körper gibt. Die Gefahren, die von diesem Gerät bei einer Anwendung ausgehen können, sind jedoch fast immer geringer als beim Gebrauch einer Schusswaffe. Auch die Möglichkeiten einer besseren Aufklärung der Einsätze bei einer mit der Distanzwaffe verbundenen Kamera oder Body-Cam eröffnet für die Justiz neue und gute Möglichkeiten.

Leider hat der rheinland-pfälzische Landtag den Vorstoß der CDU-Fraktion abgelehnt, die Distanzwaffen anzuschaffen. Wir hoffen, dass das in Sachsen nicht so sein wird.

(Beifall des Abg. Sebastian Wippel, AfD)

Selbst der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Herr Klaus Bouillon, forderte weitere technische Mittel. Auch in Berlin forderte die CDU die Einführung der TaserDistanzwaffe für die Eisatzkräfte der Polizei. Der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft in Berlin, Bodo Pfalzgraf, forderte einen schnellen Testlauf. Bei dieser Gelegenheit fällt mir gerade ein, dass auch die Bundeswehr das Gerät relativ lange getestet hat.

Wir bitten Sie daher, aus den oben genannten Gründen unseren Antrag wohlwollend zu unterstützen und den Weg für eine mögliche Einführung zu ebnen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Gibt es weiteren Redebedarf vonseiten der Fraktionen? – Das ist nicht der Fall. Ich frage Herrn Staatsminister Ulbig. – Bitte, Sie haben das Wort.

Ja, sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Über die Qualität des Antrages ist von meinen Vorrednern schon eine ganze Menge zu hören gewesen. Aber, Herr Wippel, ich sage Ihnen ganz ehrlich: Nachdem Sie den Antrag so eingebracht haben, wie Sie es getan haben, habe ich mir ernsthaft überlegt, ob ich als Vertreter der Staatsregierung dazu noch Stellung nehme.

(Beifall der Abg. Ines Springer, CDU, sowie Rico Gebhardt und Enrico Stange, DIE LINKE)

Denn um nur mal hören zu wollen, muss ich Ihnen sagen, ist diese Art und Weise und das Plenum eigentlich nicht geeignet.

(Beifall bei der CDU, der SPD, den LINKEN, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Ich habe mich nun doch dazu entschieden, um in der mir eigenen Sachlichkeit

(Albrecht Pallas, SPD: Das sind wir von Ihnen gewöhnt! – Sebastian Wippel, AfD: Herr Innenminister, Sie haben Humor!)

ein paar Themen aufzugreifen und aus der Perspektive der Staatsregierung doch Position zu beziehen.

Zum Ersten: Das Thema Verwaltungsvorschrift ist angesprochen worden; diese ist aus dem Jahr 2002 und im Jahr 2004 das letzte Mal geändert worden. Dort werden alle wichtigen praktischen und rechtlichen Aspekte zum Umgang mit dem Gerät geregelt. Vorausgegangen ist eine zweijährige Pilotphase, bei der sich im Ergebnis Folgendes herausgestellt hat: Taser können eine sinnvolle Ergänzung der Einsatzmittel der Spezialeinheiten sein, hätten aber Nachteile im alltäglichen Polizeigebrauch. Zu dieser Überzeugung sind übrigens alle anderen Bundesländer ebenso gelangt. Auch dort bleiben die Taser – wenn überhaupt – den jeweiligen SEKs vorbehalten und werden überdies in Zukunft auf der Bundesebene bei der GSG 9 Verwendung finden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Einsatz dieser Taser durch die Spezialkommandos wird in Deutschland seit 2006 durch das Polizeitechnische Institut genau dokumentiert. Außerdem teilen Experten dort die Einschätzung, nämlich die unserer Sicherheitsbehörden. Da kann man sagen, es gibt andere Länder – sie sind angesprochen worden –, die sich für eine andere Art und Weise entschieden haben. Aber es gibt sehr gute Gründe für die deutsche Praxis. Denn – viele Vorredner haben davon gesprochen – Taser sind in ihrer Handhabung recht schwierig.

Erstens braucht es für einen effektiven Einsatz des Tasers, um eine Zielperson wirksam aufhalten zu können, zwar nicht das Eindringen, Herr Hütter, aber eben doch den Hautkontakt, um die entsprechende Wirkung zu entfalten. Kommt dieser nämlich nicht zustande, weil beispielsweise die Kleidung zu dick ist, kann dem betreffenden Beamten unter Umständen die Zeit für weitere Reaktionen fehlen. Anders ausgedrückt: Wer sich für den Taser entscheidet, der läuft Gefahr, in einer heiklen Situation – und nur dann wäre der Gebrauch von Tasern überhaupt zulässig – die Schusswaffe nicht mehr zu erreichen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Na klar gestatte ich eine Zwischenfrage, gern.

Bitte sehr.

Herr Staatsminister, vielen Dank für Ihre Ausführungen. Wir hatten ja ein Gespräch mit der Herstellerfirma, und ich kann Ihnen hier hundertprozentig weitergeben, dass es – –

(Zurufe: Eine Frage stellen!)

Ach so, ja.

Ist Ihnen bekannt, dass die Technik vorangeschritten ist, und dass ein Körperkontakt nicht mehr vonnöten ist?

Mir ist das bekannt, was meine Spezialisten zu dem Einsatz dieser Technik sagen, und sie gehen davon aus, dass, um die Wirksamkeit in vollem Umfange eintreten zu lassen, beide Elektroden Hautkontakt haben müssen.

(Interne Wortwechsel zwischen den LINKEN und der SPD)

Wichtig ist, Herr Stange, das Thema gesundheitliche Risiken. Insofern will ich ein Stück weit dem vorgreifen, was in der Antwort zu erwarten ist. Ja, es gibt gesundheitliche Risiken eines Taser-Kontakts bei der Zielperson, die eben nicht immer abzusehen sind. Gerade deshalb bedarf es eines ständigen Trainings im Umgang mit den Tasern, und genau das ist vor allen Dingen bei den Spezialeinheiten gegeben.

Zur Ergänzung des Antrages sei hier erwähnt, dass wir zehn dieser Geräte vom Typ Taser X3 haben und das SEK in den letzten beiden Jahren, 2014 und 2015, insgesamt dreimal vom Taser Gebrauch gemacht hat. Deswegen will ich aus der Sicht des zuständigen Staatsministers sagen: Es bleibt für die sächsische Polizei dabei, dass diese Instrumente, die Taser, nur für Spezialkräfte zur Verfügung gestellt werden. Deshalb ist dieser Antrag ungeeignet, und ich bitte ihn abzulehnen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Das Schlusswort hat die AfD; Herr Wippel, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Wir haben eine sehr lebhafte Debatte hinter uns. Der Taser, kann man jetzt feststellen, ist eine Geschichte voller Missverständnisse. Deswegen ist es außerordentlich wichtig, dass wir uns einmal darüber aufklären lassen; denn einige von Ihnen können offensichtlich, obwohl sie sich gut vorbereitet haben, vielleicht doch noch etwas lernen. Oder wir haben teilweise völlig unterschiedliche Kenntnisstände, und insofern ist ein Berichtsantrag genau das Richtige.

Deswegen würden wir auch zu kurz greifen, wenn wir jetzt – salopp ausgedrückt – sagen würden: Liebe Staatsregierung, berichtet uns einfach mal dazu, danach entscheidet, wie ihr wollt. Nein, wir wollen erst die Daten haben, und dann werden wir sehen, ob wir in Zukunft noch einmal darüber diskutieren, und die Diskussion dann

auch in einem anderen Rahmen fortführen und uns dann vielleicht dazu entscheiden, den Taser für die Polizei doch einzuführen.

Ich möchte die inhaltliche und polizeitaktische Debatte an dieser Stelle gar nicht weiterführen. Dass man verschiedene Mittel vorhält, wenn man in einen Einsatz geht usw. usf. – das sind alles Fakten, die hier nicht berücksichtigt worden sind und die die Sache scheinbar unnötig verkomplizieren. Wir brauchen auch nicht darüber zu reden, dass die normalen Einsatzentfernungen für den Schusswaffengebrauch in der Regel diese 6 Meter nicht übersteigen.

Aber es wird ja gesagt, der Antrag sei qualitativ schlecht, liebe GRÜNEN und auch liebe Kollegen von der SPD. Herzlichen Glückwunsch, willkommen im Klub – offensichtlich sind wir genauso gut wie Sie,

(Zuruf von der SPD: Ganz bestimmt nicht!)

denn Sie haben immerhin in Bayern ähnliche Anträge eingebracht, nämlich im Jahr 2009 unter der Drucksache 16/2480 bzw. 16/2585. Das waren reine Berichtsanträge – dagegen ist unser Antrag noch ziemlich lang –, und dieser Antrag wurde dort von allen Parteien angenommen und die Berichte sind offensichtlich geliefert worden.

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Dort hält man es mit der Demokratie anders. Wir schauen sehr gern nach Bayern – nehmen wir uns einmal ein Beispiel daran!

(Beifall bei der AfD)

Dass Kollege Stange Interesse an der Debatte hat, hat er ja gezeigt, indem er die Kleine Anfrage am 8. März zu dem Thema gestellt hat. Über die Sinnhaftigkeit, ob wir ihn einführen oder nicht, werden wir in Zukunft entscheiden. Dann wird man natürlich auch darüber sprechen müssen, welche rechtlichen Rahmenbedingungen man hat, ob er als Waffe, als Schusswaffe gilt oder als Hilfsmittel der körperlichen Gewalt gilt usw. Das sind alles Fragen, über die wir uns auch in diesem Hohen Hause und in den zuständigen Ausschüssen gern unterhalten wollen.

Deswegen machen Sie sich selbst nichts vor, leben Sie Demokratie, stimmen Sie dem Antrag zu!