Protokoll der Sitzung vom 26.05.2016

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Das wundert mich nicht!)

Er atmet in nicht gerechtfertigter Weise den Geist des Misstrauens gegen die sächsische Polizei, und seine Zielrichtung ist augenscheinlich nicht die Verbesserung der Sicherheit für die Menschen in Sachsen und nicht die Verbesserung der Sicherheit der Anwender. Der Antrag zielt auch nicht auf eine Optimierung der Aufgabenerfüllung ab – der schriftliche Antrag; Ihre Begründung ist eine etwas andere. Dabei hätten wir zu einem etwas anderen Ergebnis kommen können.

Liest man die Punkte 1 a bis g, die beschreiben, was die Untersuchung insbesondere enthalten soll, so fällt auf, dass es nahezu nur um eine kritische Bestandsaufnahme hinsichtlich des grundrechtsrelevanten Handelns der Behörden geht. Das einzige Grundrecht allerdings, das Sie dabei zu kennen scheinen, ist das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Andere Grundrechte werden in dem Antrag noch nicht einmal namentlich erwähnt.

Natürlich ist der Datenschutz überaus wichtig. Es wäre nur schön gewesen, wenn der Antrag der GRÜNEN ein Mindestmaß an Verständnis dafür hätte erkennen lassen, wie wichtig ein effektiver Datenaustausch für die Bekämpfung von Straftaten und zur Vorbeugung von Terror ist. Sie betreiben an dieser Stelle Täterschutz statt Opferschutz, aber ganz klar!

(Lachen des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE – Valentin Lippmann, GRÜNE: Von Ihnen möchte ich nichts zu Bürgerrechten hören!)

Trotz der Verengung auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung bleiben Sie unkonkret. Welche schwerwiegenden Befugnisse meinen Sie? Was meinen Sie mit „ermitt

lungstaktischem Ertrag“? Das Wort ist mir noch nie über den Weg gelaufen.

(Enrico Stange, DIE LINKE: Das muss nichts heißen!)

Seit wann ist die Strafprozessordnung, in der die Befugnisse der Ermittlungsbehörden geregelt sind, Landesrecht? All das sind Dinge, um die Sie sich in Ihrer Begründung kümmern. Warum lassen Sie dagegen die Maßnahmen der Gefahrenabwehr weitgehend weg? Wann hat sich aus Ihrer Sicht eigentlich ein Mittel bewährt?

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Das soll ja die Kommission machen!)

Wenn nur einer stirbt oder wenn zehn Leute nicht sterben, nur wenn ein Sachse nicht stirbt? Oder dürfen die Erkenntnisse auch mit anderen Behörden ausgetauscht werden?

Die Antragsbegründung lässt auch nicht erkennen, warum gerade in Sachsen der Bedarf für eine solche Evaluation gesehen wird.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Na, weil ich nicht für Baden-Württemberg zuständig bin!)

Stattdessen machen es sich die GRÜNEN sehr einfach und verweisen darauf, dass es auf Bundesebene eine ähnliche Regierungskommission gegeben hat und auch in zwei Bundesländern Evaluierungen zu landesgesetzlichen Regelungen in die Wege geleitet wurden.

Die Kommission im Bund war sinnvoll und auch die in der Begründung genannte Debatte über die Vorverlagerung von strafbaren Handlungen weit in die Vorbereitungsphase ist diskussionswürdig. Darüber wird auch seit vielen Jahren immer wiederkehrend diskutiert. Diskussionswürdig ist auch die Vermischung von Strafprozessrecht und Gefahrenabwehr in der Strafprozessordnung. Das ist aber alles Bundesrecht und entzieht sich weitgehend unserem Gestaltungsspielraum in Sachsen.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Ja, richtig! Deswegen haben wir ja auch eine Kommission beantragt!)

Die Idee, das Landesamt für Verfassungsschutz erst beim Vorliegen einer Gefahr tätig werden zu lassen, ist zynisch. Das steht in Ihrer Antragsbegründung. Wenn eine Gefahr vorliegt, dann muss die Polizeibehörde tätig werden. Zudem schreibt das Sächsische Verfassungsschutzgesetz aus gutem Grund vor, Verfassungsschutz und Polizei und ihre Aufgaben zu trennen. Eine geheime Staatspolizei wollen wir hier nicht. So entsteht der Eindruck, dass hier der Blinde inhaltlich dünn und populistisch vom Sehen redet.

(Beifall bei der AfD)

Liebe Kollegen Abgeordnete! Womit müsste sich solch eine Kommission, wenn man sie einsetzte, eigentlich befassen? – Sie müsste sich damit befassen, ob die sächsischen Gesetze im Hinblick auf die veränderte Sicherheits

lage in Sachsen ausreichend sind und wo diesbezüglich Verbesserungsbedarf besteht. Reichen unsere Gesetze aus, um der gewalttätigen linksextremistischen Szene zum Beispiel in Leipzig Herr zu werden?

(Lachen der Abg. Enrico Stange und Klaus Bartl, DIE LINKE – Enrico Stange, DIE LINKE: Dafür brauchen wir ein Spezialgesetz!)

Genügen sie, um der steigenden Zahl von Wohnungseinbrüchen zu begegnen?

(Klaus Bartl, DIE LINKE: Lassen Sie uns ein paar Gesetze machen!)

Die Beispiele ließen sich nahezu beliebig fortsetzen. Wir von der Alternative für Deutschland würden uns als Letzte gegen eine Evaluierung der bestehenden Sicherheitsgesetze mit dem Ziel einer Verbesserung der Sicherheit für die Bevölkerung sperren. Den hier von den GRÜNEN vorgelegten Misstrauensantrag gegen die sächsischen Sicherheitsbehörden müssen wir allerdings ablehnen. Der Antrag ist inhaltlich dünn und linkspopulistisch. Deutschland darf in Sachen Sicherheit kein Bremsklotz werden in Europa und in Sachsen schon gleich gar nicht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Gibt es aus den Reihen der Fraktionen Redebedarf für eine weitere Runde? – Das kann ich nicht feststellen. Möchte die Staatsregierung sprechen? – Herr Staatsminister Ulbig, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Lippmann! Ein wenig gewundert habe ich mich schon über diesen Antrag. Da fordern die GRÜNEN beim Bund mehr Polizei und sagen Ja zu mehr Sicherheit, nur um quasi im selben Atemzug hier in Sachsen ans Fundament für die sächsische Polizei zu gehen.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Dünnes Eis!)

Dabei vergessen Sie aber, meine sehr verehrten Damen und Herren von den GRÜNEN, wenn wir es uns einmal genauer anschauen: Das Sächsische Polizeigesetz geht durchaus sorgsam mit datenschutzrechtlichen Vorgaben um. Es enthält im Vergleich zu den meisten Polizeigesetzen anderer Bundesländer bislang deutlich weniger Eingriffsbefugnisse. Im Übrigen sind das auch weniger als zum Beispiel in Baden-Württemberg, Hamburg, Rheinland-Pfalz oder Nordrhein-Westfalen.

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Bei uns existiert derzeit weder eine Befugnis zur Aufzeichnung von Inhalten von Telekommunikation noch von Telekommunikationsverkehrsdaten. Es gibt auch keine speziellen Befugnisse, den Standort eines mobilen Telekommunikationsgerätes herauszufinden oder gar eine Telekommunikation zu unterbrechen, und schließlich fehlt auch insbesondere eine Befugnis zur Erhebung von

Nutzungsdaten über in Anspruch genommene Telemedien nach dem Telemediengesetz. Nahezu sämtliche dieser Punkte sind in Ländern, in denen auch grüne Regierungsbeteiligung vorhanden ist, geregelt. Vielleicht können Sie sich an der einen oder anderen Stelle einmal mit Ihren Kollegen austauschen.

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Das würde dann vielleicht für uns in der Diskussion, die wir noch zu führen haben, manches an Ertrag bringen.

(Beifall bei der CDU)

Das gilt im Übrigen auch für den zweiten Punkt Ihres Antrages, nämlich die Berichterstattung und die Evaluierung. Das Sächsische Polizeigesetz sieht bereits jetzt jährliche Berichtspflichten für eingriffsintensive Maßnahmen vor, was ich im Dezember-Plenum hier im Hohen Hause zuletzt persönlich getan habe.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Ja, aber nur zum Teil!)

Über das Sächsische Kontrollgesetz ist außerdem eine umfassende ergänzende Berichterstattung zu den Maßnahmen im Einzelnen sichergestellt.

Davon abgesehen – das ist hier in der Diskussion schon deutlich geworden – läuft längst eine Evaluierung zur Auskunft von Bestandsdaten für den Zeitraum 2014 bis 2016. Bei den Einsätzen mit schwerwiegenden Eingriffen in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung berichten wir nicht nur gegenüber dem Landtag, sondern auch gegenüber dem Sächsischen Datenschutzbeauftragten. Unsere Berichterstattung hat in den vergangenen Jahren jedenfalls immer gezeigt – so habe ich es auch im Dezember vorgetragen: Die sächsische Polizei geht mit den ihr übertragenen Befugnissen äußerst maßvoll um.

Eines ist also klar: Es ist uns jetzt nicht vorzuwerfen, dass wir Sicherheit und Datenschutz nicht sorgfältig im Einklang halten würden. Wir sind uns alle einig: Freiheit ist ein hohes Gut, und das muss verteidigt werden. Aber angesichts wachsender, auch internationaler Herausforderungen müssen wir an dieser Stelle immer in Bewegung bleiben und entsprechende Anpassungen vornehmen; denn spätestens seit den Attentaten in Frankreich ist klar: Die Verhinderung von Terrorismus in Deutschland kann nur erfolgreich sein, wenn die Polizei in allen Ländern ähnliche Befugnisse hat. Es bleibt also weiterhin eine wichtige Aufgabe, die Harmonisierung von Landespolizeigesetzen voranzutreiben.

Insofern, Herr Lippmann, ist Ihr Antrag durchaus eine gute Gelegenheit, deutlich zu machen: Ja, in Sachsen besteht Handlungsbedarf, aber vielleicht ein wenig anders, als Sie es denken, denn im Vergleich zu anderen Bundesländern wird deutlich: Die Befugnisse für polizeirechtliche Maßnahmen in Sachsen müssen durchaus ergänzt werden. Genau das war im März auch Gegenstand bei uns im Kabinett. Wir haben uns darauf geeinigt, Vorschläge zur Anpassung unseres Polizeigesetzes an den

in anderen Bundesländern mittlerweile erreichten Standard zu erarbeiten.

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Insbesondere geht es um das Thema Regelungslücken bei der Gefahrenabwehr. Konkrete Ergebnisse sind abzuwarten.

Zum Schluss möchte ich noch kurz auf das Verfassungsschutzgesetz eingehen. Das haben wir im Jahr 2013 novelliert und damit deutlich gemacht: Wir haben die Grundlage für einen modernen Verfassungsschutz im Freistaat gelegt, auch weil darin Punkte enthalten sind, die der parlamentarischen Kontrolle unterliegen. Das gilt beispielsweise für den längerfristigen Einsatz verdeckter Bild- und Tonmaßnahmen oder für angeordnete Wohnraumüberwachungen. Umfangreiche Kontrollrechte sind also bereits vorhanden. Dazu zählen neben der PKK die G10-Kommission, das SMI als Fachaufsicht und auch hier wieder der Sächsische Datenschutzbeauftragte und die Gerichte.

Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, kann ich Ihnen aus der Perspektive der Staatsregierung empfehlen, den Antrag abzulehnen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Meine Damen und Herren! Das Schlusswort hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Herr Abg. Lippmann, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank für die sehr eindrucksvolle und einblicksvolle Debatte. Herr Wippel, ich beginne einmal kurz mit Ihnen. Ich möchte von Ihnen nichts mehr zum Bargeldverbot und Ähnlichem hören, wo Sie immer eine Monstranz vor sich hertragen: das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und die Angst, dass hier Leute verfolgt werden; und Sie erzählen jetzt bei fundamentalen Eingriffen in die Bürgerrechte etwas von Täterschutz. Das ist infam und vor allen Dingen inkonsequent. Sie haben quasi Ihre Fraktionsvorsitzende gerade von hinten erdolcht bei Ihrem Thema Bargeldverbot.