Sehr geehrte Damen und Herren! An dieser Stelle möchte ich an meine anfänglichen Ausführungen anschließen. Seit 2014 wachsen unsere Rücklagen der Kranken- und Rentenversicherung nicht mehr, trotz steigender Einnahmen und gebremster Konjunktur. Die Ausgaben steigen schneller, die Reserven schwinden. Der Präsident der Deutschen Rentenversicherung, Axel Reimann, machte dafür gegenüber der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ unter anderem die Rente mit 63, die Mütterrente und den Renteneintritt der geburtenstarken Jahrgänge verantwortlich. Er warnte am 22.07.2015 davor, dass bereits 2019 die Reserven gefährlich erschöpft sein könnten. Aber was machen wir dann? Diese Mahnung richte ich an diejenigen, die immer meinen, das Geld komme schon irgendwoher, wir lebten ja schließlich in einem reichen Land und wir würden das schon irgendwie schaffen.
Belastungen drohen uns auch noch von ganz anderen Seiten: Nach spätestens 15 Monaten Aufenthalt in unserem Land steht den neuen Mitbürgern die Mitgliedschaft in unseren Krankenkassen zu, und das meistens unter den gleichen Bedingungen wie für einheimische Hartz-IVEmpfänger: volle Leistungen bei Mindestbeitrag. Die Rentner der östlichen Bundesländer fordern seit Langem die Angleichung an das westdeutsche Rentenniveau. Diese Aufzählung ließe sich weiter fortsetzen. Ironisch könnte man konstatieren, dass sich das von der AfDFraktion im vorliegenden Antrag beschriebene Problem der Strafzinsen somit von ganz allein erledigt.
Kurz und gut: Sehr geehrte Damen und Herren von der AfD, tun Sie uns und sich selbst einen Gefallen und ziehen Sie Ihren Antrag zurück! Das Anliegen ist längst
erkannt und bei uns, gerade bei der sächsischen CDU und ihrer originären Wirtschaftskompetenz, in besten Händen.
Anträge zur falschen Zeit schaden einem noch so nützlichen Anliegen mehr, als sie es fördern. Wenn Sie einen konstruktiven Beitrag leisten wollen, dann spitzen Sie Ihre Ohren und lernen Sie von uns, wie erfolgreiche Wirtschaftspolitik funktioniert!
Der Sächsische Landtag ist ein besonders geeignetes Klassenzimmer. Oder noch besser: Lösen Sie Ihren Stammtisch auf und schicken Sie den lernfähigen Teil Ihrer Leute zu uns!
Aufnahmeanträge für die Mittelstandsvereinigung Leipzig, deren Kreisvorsitzender ich bin, habe ich immer in meiner Aktentasche. Sie können dann schon bei den nächsten Aktivitäten der MIT-Mittelstandsvereinigung Sachsen dabei sein und dabei zur unmittelbaren Stärkung Sachsens und seiner Wirtschaft beitragen. Seien Sie versichert, dass beim nächsten Parteitag der sächsischen CDU der Bereich Wirtschaft eine bedeutsame Rolle spielen wird und das Thema Vorfälligkeit der Sozialbeiträge dabei Beachtung findet.
Darüber hinaus wird die MIT Leipzig am 17.08. bei ihrem traditionellen Sommerfest den Fraktionsvorsitzenden der CSU im Bayerischen Landtag, Thomas Kreutzer, begrüßen und dabei auch unser Anliegen vorbringen.
Was ich als weitere Anregung für Ihr politisches Handeln und Versagen als Alternative erwähnen möchte, ist der Umstand, dass Sie Ihr Anliegen nicht im Ausschuss vorgebracht haben. Die Tagungslänge des Wirtschaftsausschusses war sehr kurz und impliziert, dass in Bezug auf Arbeit, Verkehr und Wirtschaft in Sachsen alles im Lot sei. Hier hätten Sie durchaus mit Ihrem Selbstverständnis und Ihrer Verantwortung als Opposition für eine Horizonterweiterung sorgen können. Aber Sie müssen ja in bester Stammtischmanier den Versuch unternehmen, das Fahrrad durch Einziehen einer weiteren Speiche neu zu erfinden. Dies können wir Ihnen als CDU-Fraktion nicht durchgehen lassen
und fordern Sie daher auf, unser Trittbrett zu verlassen. Wir werden es nicht zulassen, dass unsere Staatsregierung durch eine unausgegorene Initiative ein weiteres Mal scheitert. Wir wollen erfolgreiche Ergebnisse!
Wir lehnen hier heute Ihren Antrag ab und setzen stattdessen unsere Bemühungen konstruktiv fort. Schließlich wollen wir nicht, dass Schopenhauer mit einer anderen Aussage recht behält: „Kein Geld ist vorteilhafter angewandt als das, um welches wir uns haben prellen lassen, denn wir haben damit unmittelbar Klugheit eingehandelt.“
Anschließend lässt sich überaus positiv vermerken, dass sich der Bundesrat zumindest für die Entbürokratisierung starkgemacht hat und auf Initiative des Normenkontrollrates die Notwendigkeit der doppelten Lohnabrechnung entsprechend unserer MIT-Forderung überprüft werden soll.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Es ist schon interessant, welche Angebote hier vonseiten der CDU aufgemacht werden; aber lassen Sie mich zum Antrag kommen, der zwei Themen beinhaltet: Strafzinsen und Vorfälligkeitsabgaben. Der Begriff „Vorfälligkeitsabgaben“ ist offenbar eine Wortschöpfung der AfD-Fraktion, aber ich nehme an, es handelt sich um die Sozialversicherungsbeiträge und die Vorfälligkeit ebendieser. Zum Thema Strafzinsen komme ich am Ende meines Beitrages zu sprechen, weil das offensichtlich Ihr Lieblingsthema ist.
Nun zunächst zum Thema selbst: Herr Pohle ist bereits darauf eingegangen, dass es im Jahr 2005 ein bedrohliches Defizit in der Sozialversicherung, insbesondere in der Rentenversicherung, gab. Wer sich etwas näher mit der Materie auskennt, wird wissen, dass die Rentenversicherung eine sogenannte Nachhaltigkeitsrücklage beinhaltet. Diese Nachhaltigkeitsrücklage beträgt 0,2 Monatsauszahlungen. Darüber hinaus gibt es eine sogenannte Schwankung, die stattfinden kann, ohne dass irgendein Mechanismus zum Einsatz kommt: Bis zu 0,15 Monatsauszahlungen der Rentenversicherung passiert zunächst einmal nichts. Nur wenn man darunter liegt, ist theoretisch eine Anpassung des Rentenfaktors, das heißt der Beiträge, nötig. Im Jahr 2005 ist dieser Notfall eingetreten; man ist unter die 0,15 Monatsausgaben gesunken. Dann gab es die Debatte zu der Frage, was zu machen sei, die die damalige rot-grüne Koalition zu beantworten hatte. Man hätte eine – in Vorwahlkampfzeiten nicht besonders beliebte – Rentenbeitragserhöhungsdebatte am Hals gehabt oder man bedient sich eines Tricks.
Der Trick, der damals gemacht wurde, war, die Rentenzahlung einmalig um einen Monat nach vorn zu holen. Das hat im Jahr 2006 dazu geführt, dass mit dem damaligen Rentenentlastungsgesetz vom 3. August 2005 diese Vorfälligkeit entstanden ist. Das heißt, einen Monat
vorher wurde vereinnahmt. Damit hatte man die Frage der Nachhaltigkeitsrücklage geklärt, brauchte die Rentenbeiträge nicht nach oben anzupassen und hat damit übrigens, Herr Pohle, auch eine Entlastung der Wirtschaft erreicht, weil diese dann auch die höheren Rentenbeiträge nicht zahlen musste.
Es handelt sich dabei um einen Einmaleffekt, wie wohl schon gesagt wurde, der ungefähr 20 Milliarden Euro umfasste. In der Tat hat diesen Einmaleffekt natürlich die Wirtschaft quasi aus ihren Liquiditätsreserven finanziert. So weit, so richtig. Es gab auch durchaus Kritik der deutschen Wirtschaft, des Handwerkstages, die ja bis heute anhält. Dieser Liquiditätsentzug – das dürfte sich jetzt über die Jahre einigermaßen ausgeregelt haben – bringt auch einiges an Bürokratie mit sich. Wenn ich im Vorfeld schätzen muss, was ich am Ende des Monats eventuell habe, heißt das, ich muss schließlich zweimal rechnen.
Dieses Problem, das eben noch einmal mit angesprochen wurde, ist im Jahr 2006 zumindest schon einmal teilweise mit gelöst worden. Da gab es ein wunderschönes „Gesetz zum Abbau bürokratischer Hemmnisse, insbesondere in der mittelständischen Wirtschaft“. Dieses Gesetz wiederum hat ein sogenanntes Optionsmodell ermöglicht, mit dem gestattet ist, die Beiträge, die man im Vormonat bezahlt hat, als Pauschale anzunehmen und im nächsten Monat die Abrechnung zu machen. Damit war der bürokratische Mehraufwand sowohl für die Sozialversicherungsträger wie auch für die Wirtschaft eigentlich überschaubar. Das Problem existiert also in der Schärfe, die es am Anfang hatte, nicht mehr. Insofern sehe ich jetzt auch noch keine große Änderungsnotwendigkeit.
Dann kam die Sächsische Staatsregierung unter Staatsminister Morlok, FDP, zu der Auffassung: Wir müssen da mal dringend was machen; es sieht ja auch gut aus, wenn man sich um die Wirtschaft kümmert, vor allen Dingen, wenn man FDP und ein bisschen auf dem Abwärtsgleis ist. – Was haben sie gemacht? Sie haben gesagt: Das ist alles Unsinn; wir müssen das Ganze wieder abwickeln. Wir machen es wie vorher. – Sie sind damit in den Bundesrat gegangen, und der Bundesrat hat gesagt: Liebe Leute, so einfach ist die Welt nicht. Einfach etwas im gesamten Bereich der Sozialversicherung rückabwickeln bringt ja auch ein paar Probleme mit sich, zum Beispiel, dass der eben noch bei der Wirtschaft entstandene Liquiditätsengpass dann in der Sozialversicherung stattfindet – in der Tat auch nur einmalig, aber das könnte ja auch zu Problemen führen.
Insofern: Vorsicht an der Bahnsteigkante! Eine einfache Rückabwicklung ohne die Probleme, die für die Sozialversicherung dabei entstehen, zu berücksichtigen sollte man nicht unbedingt machen. Deswegen bin ich gespannt – ich habe auch zur Kenntnis genommen, dass die mittelständische Initiative der Union mit daran ist, das noch einmal aufzurufen –, zu welchem Ergebnis Sie am Ende des Tages kommen werden, ob sich der Aufwand wirklich lohnt.
Das ist ja Ihr Lieblingsthema. Jetzt kommen wir zu den öffentlichen Haushalten. Wir reden also von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungsträgern. Es gibt eine wunderschöne Berechnung der Deutschen Bundesbank, wie viele Minderausgaben die öffentlichen Haushalte – Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherung – durch die Niedrigzinspolitik der EZB bisher hatten. Seit Einführung dieser Niedrigzinspolitik, seit 2008, ist es die stolze Summe von 193 Milliarden Euro, die wir weniger an Zinsen ausgeben, genau das Geld, das man für so wunderbare Projekte wie kostenloses Schulmittagessen, mehr Polizeistellen, mehr Lehrerstellen oder sonst irgendetwas einsetzen kann.
Sie betrachten immer nur die eine Seite, das ist die weitaus kleinere, die des Strafzinses: Da muss ich ja etwas zahlen. Sie sehen aber nicht die andere Seite der Niedrigzinspolitik, nämlich die der massiv geringeren Ausgaben bei den Zinsen. Allein der Freistaat Sachsen gibt mittlerweile im Vergleich zu 2008 ungefähr 300 Millionen Euro weniger für Zinsen aus – Geld, das wir für viele gute und bessere Dinge ausgeben können. Sie werden doch bei aller Kritik, die Sie haben – Sie können gern auf die EZB und die EU schimpfen –, nicht ignorieren, dass der Staat im Moment sehr stark von diesen Niedrigzinsausgaben profitiert.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren von der AfD! Sie haben vorhin gesagt: „Tun Sie das nicht als Schaufensterantrag ab!“ Dazu muss ich Ihnen sagen: Das Ding ist so unterirdisch, da muss man meilenweit buddeln, um ans Tageslicht zu kommen, wo sich ein Schaufenster überhaupt erst lohnen würde.
Es sind zwei Themenkomplexe. Erklären Sie mir einmal, was die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen durch die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer, zu welchem Zeitpunkt auch immer, mit Strafzins oder mit Negativzins zu tun hat.
Den Antrag kann man auch nicht verstehen, wenn man sich ihn einmal ernsthaft anschaut, es tut mir leid.
Kommen wir einmal zum Thema Bürokratie. Herr Scheel hat das auch schon dargelegt. Es ist ein Zeitraum von zehn Jahren, in dem alle EDV-Systeme angepasst worden
sind. Es sind im Jahr 2006 Erleichterungen für die Anpassung geschaffen worden, sodass man dies pauschal leisten kann. Auf beiden Seiten, auf Arbeitgeberseite wie auf Kassenseite, sind alle Systeme angeglichen. Wie auch dargelegt wurde, war es ein Einmaleffekt, der damals erzielt wurde. Wir können auch politisch diskutieren, ob das damals sinnvoll oder nicht sinnvoll war. Das sei dahingestellt. Aber jetzt noch von Bürokratiebelastung zu reden, das ist haargenau dieselbe Debatte, wie wir sie beim Mindestlohn hatten: dass das alles nur Bürokratie und zu viel Kontrollaufwand mit sich bringt.
Hören Sie jetzt noch etwas davon? Ich habe mich gestern einmal ausdrücklich danach erkundigt, ob dies wirklich noch ein Thema bei den sächsischen Unternehmen ist: Es ist keines. Es mag nicht schön sein, dass da etwas verrutscht ist, aber es ist kein Thema mehr.
Sie machen eine Pseudodebatte auf. Diese Pseudodebatte über Bürokratiebelastung verknüpfen Sie dann mit simpler, dummer, dreister, dumpfer EU-Hetze. Etwas anderes ist das nicht, was Sie hier mit dem Negativzins machen.
Ich möchte hier einmal deutlich sagen: Ich bin stolz, in einem Land zu leben, das so ein Sozialsystem finanzieren kann, und zwar durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer,