Protokoll der Sitzung vom 22.06.2016

man das ausgewogen machen muss. Wir haben es jahrhundertelang hinbekommen. Mit einem Mal soll es nicht mehr möglich sein?

Zusammenfassend komme ich auf die eingangs im Gesetzentwurf erwähnte Zielstellung zurück. Ihr Vorgehen dient nur dem Erreichen der „Energiewende“. Damit haben Sie als CDU endgültig den Beweis angetreten, dass Sie Hand in Hand mit Rot-Rot-Grün eine Energiewende auf Kosten der Bürger durchdrücken wollen.

(Beifall bei der AfD)

Die Wasserkraftnutzung ist nur ein kleiner Teil davon; aber bei der Windkraft machen Sie es genauso. Ihre Politik richtet sich nicht an den Interessen der Menschen draußen aus, sondern an den Interessen Ihres Koalitionspartners. Sie sind sich in diesem Punkt sogar schon mit den LINKEN einig.

(Alexander Dierks, CDU: Das ist ja manisch, was Sie hier betreiben! – Heiterkeit bei der CDU)

Wir werden uns zu diesem Antrag der Stimme enthalten, und zwar aus folgendem Grund: Eine Zustimmung oder eine Ablehnung ändert nichts an der Tatsache, dass den Bürgern und den Gewässern Schaden zugefügt wird.

(Christian Piwarz, CDU: Und was bringt eine Enthaltung?)

Wenn Wasserkraft, dann nicht EEG-subventioniert! Da Wasserkraft bisher nur EEG-subventioniert angeboten werden kann – offensichtlich ist es nur dann wirtschaftlich sinnvoll –, bringt weder eine Zustimmung noch eine Ablehnung etwas. Diesen Unsinn mit der EEG-Umlage bezahlt der Bürger teuer. Deshalb enthalten wir uns der Stimme. Ich betone, weder eine Zustimmung noch eine Ablehnung bringt eine Änderung des Ganzen.

Danke schön.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren! Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist an der Reihe. Herr Abg. Günther, bitte sehr, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN begrüßt diesen Gesetzentwurf der Koalition ausdrücklich. Unsere Fraktion hatte jahrelang entsprechende Anträge eingebracht und Vorstöße unternommen. Ich kann noch einmal kurz begründen, was uns an der alten Wasserentnahmeabgabe immer gestört hat.

Erstens. Das gesamte Berechnungsmodell haben wir überhaupt nicht als förderlich empfunden, insbesondere nicht für die Betreiber von Wasserkraftanlagen. Es gab nicht wirklich eine sichere Berechnungsgrundlage. Das war für kleinere Betreiber eine erdrückende Situation. Vor dem Hintergrund, dass wir für die Energiewende sind und dass wir in der Wasserkraft einen sinnvollen – auch

grundlastfähigen – Energieträger sehen, kommen wir zu dem Ergebnis, dass das bisherige Berechnungsmodell nicht zielführend war.

Der zweite Grund für unsere Ablehnung war fast noch gravierender. Es lag eine große Ungerechtigkeit darin, dass ein anderer Nutzer von Wasser, die Braunkohleindustrie, überhaupt nicht von der Abgabe betroffen war. Die Auswirkungen der Braunkohleförderung auf die Oberflächengewässer sind jedoch erheblich. Es konnte nicht so bleiben, dass die Betreiber von kleinen Wasserkraftanlagen, nicht aber die Braunkohleindustrie belastet werden.

Das dritte Problem war die fehlende ökologische Lenkungswirkung der Abgabe.

Aus den genannten Gründen sind wir dafür, diesen Murks aufzuheben, und zwar rückwirkend. Aber wir möchten Fehler nicht nur reparieren, sondern auch Lösungen für die Zukunft anbieten. Deswegen haben wir einen Änderungsantrag erarbeitet. Man muss den klassischen Zielkonflikt einfach zur Kenntnis nehmen: Einerseits leistet die Wasserkraft einen Beitrag zur Energiewende. Sie gehört zum Energiemix. Andererseits haben wir ein Problem mit unseren Oberflächengewässern. Sie wissen, dass laut Wasserrahmenrichtlinie unsere Oberflächengewässer schon im Jahr 2015 in einem guten ökologischen Zustand hätten sein sollen. 96 % sind es nicht, das heißt, sie sind in einem belasteten bis schlechten Zustand. In diesem Zusammenhang spielen Wasserkraftanlagen eine Rolle, insbesondere durch ihre Verbauung. Sie zerschneiden Räume. Sie behindern den Geschiebetransport, den Auf- bzw. Abstieg von Organismen, vor allem von Wanderfischarten, sowie eine natürliche Auendynamik. Das alles sind erhebliche Eingriffe.

Es kommt hinzu, dass Gewässer im Regelfall hoch geschützt sind. Insofern kommen die europäischen Regelungen für Schutzgebiete zum Tragen. Flusslandschaften gehören zu unseren wertvollsten Naturräumen. Wir sehen aber, dass zu deren Schutz noch nicht ausreichend geschieht. Ich nenne nur eine Zahl – die Kollegin hat das Problem schon angesprochen –: Wir in Sachsen haben reichlich 300 Wasserkraftanlagen. Von diesen haben 270 keinerlei Fischaufstiegshilfen. Es besteht also erheblicher Handlungsbedarf. In der Vergangenheit wurde zwar die Abgabe erhoben, aber keinerlei Lenkungswirkung erzielt. Dieses Problem gilt es anzugehen. Ich habe bereits erwähnt, dass hier auch EU-Vorgaben umzusetzen sind. Wenn wir damit nicht vorankommen, drohen uns erhebliche Strafzahlungen. Diese hätte der Steuerzahler zu tragen. An irgendeinem bleibt es hängen.

Unser Vorschlag lautet, die Betreiber von Wasserkraftanlagen ins Boot zu holen. Auch dieser Zweig der Energieerzeugung muss so ausgestaltet sein, dass er funktionieren kann. Deswegen haben wir in unseren Antrag ein anderes, leistungsbezogenes Berechnungsmodell aufgenommen. Damit könnten die Betreiber von Wasserkraftanlagen schon am Jahresanfang kalkulieren, wie viel sie zahlen werden. Unsere zweite Grundidee geht dahin, 50 % zu

erlassen, wenn tatsächlich in die ökologische Ertüchtigung investiert wird. Damit setzen wir einen Anreiz. Ich hoffe, dass Sie unserem Änderungsantrag zustimmen.

Zugleich kündige ich Ihnen schon heute an, dass wir im Zuge der Haushaltsberatungen darauf hinwirken werden, dass auch der Freistaat dafür noch Geld drauflegt; denn die aus der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie resultierenden Aufgaben werden nicht allein aus den Beiträgen der Betreiber von Wasserkraftanlagen zu leisten sein.

Die historischen Schauanlagen möchten wir komplett befreien. Damit erkennen wir an, dass sie vor allem Leistungen für die Allgemeinheit erbringen. Viele dieser Anlagen sind denkmalgeschützt und werden nicht kommerziell betrieben. Dort hätte die Erhebung der Abgabe keinen Sinn.

Ich wiederhole unsere wesentliche Forderung: Die Abgabe muss auch die Braunkohle umfassen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde der Aussprache. Gibt es aus den Reihen der Fraktionen Bedarf an einer zweiten Runde? – Das ist nicht der Fall.

Herr Heinz, um nichts verkehrt zu machen: Sie stehen bei mir auf dem Zettel.

(Andreas Heinz, CDU: Davor müsste „gegebenenfalls“ stehen! – Heiterkeit)

Das steht nicht auf dem Zettel.

(Andreas Heinz, CDU: Nein!)

Okay.

Dann frage ich die Staatsregierung: Wird das Wort gewünscht? – Herr Staatsminister Schmidt, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit der Verabschiedung dieses Gesetzentwurfs wird eine langjährige, kontrovers geführte Debatte beendet.

Sehr geehrte Frau Dr. Pinka, es ist immer wieder beeindruckend, wie Sie mit einer komplett negativen Rede Ihre Zustimmung begründen. Das ist schon bemerkenswert.

(Beifall bei der CDU – Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Wir haben doch die Grundlage gelegt!)

Es war richtig zu spüren, wie sehr Sie bedauern, dass es heute zu diesem Beschluss kommt.

(Zuruf der Abg. Dr. Jana Pinka, DIE LINKE)

Es wird Ihnen sicherlich schwerfallen, am Ende doch zuzustimmen.

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Nein!)

Das Sächsische Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft wird, die erfolgreiche Verabschiedung heute vorausgesetzt, den Gesetzentwurf umsetzen. Dazu werden künftig die Verfahren zur Festsetzung der Wasserentnahmeabgabe entfallen. Die für 2013 ergangenen Festsetzungs- und Erhebungsbescheide werden aufgehoben. Bereits gezahlte Wasserentnahmeabgaben werden zinslos erstattet. Auch das ist ein Punkt, über den mit dem Verband der Wasserkraftwerksbetreiber Einigung erzielt werden konnte.

Allerdings müssen die Wasserkraftanlagenbetreiber dafür im Gegenzug künftig sämtliche Investitionskosten für Maßnahmen zur Verbesserung der Durchgängigkeit selbst tragen. Die bisherige Förderung für Fischaufstiegs- und abstiegsanlagen entfällt zukünftig. Alle bewilligungsreifen Anträge allerdings, die bis zum 22. März 2016 – das ist der Tag der Einbringung des Gesetzentwurfes in den Sächsischen Landtag – eingegangen waren, können noch bis Ende dieses Jahres bewilligt werden. Die zuständigen Behörden werden dafür sorgen, dass die Betreiber der Wasserkraftanlagen ihre Anlagen so ökologisch ertüchtigen, dass ihre Gewässer für Fische durchgängig werden. Für die nach der europäischen Wasserrahmenrichtlinie als prioritär eingeordneten Gewässer ist das bereits bis zum Jahr 2019 zu erreichen. Dazu werden sich die Behörden weiterhin mit den Anlagenbetreibern über die dafür notwendigen Maßnahmen verständigen. Ich bitte schon jetzt beide Seiten um ein aktives Mitwirken, um das schnell auf den Weg zu bringen.

Meine Damen und Herren! Ich hoffe, dass wir nun gemeinsam unsere Kraft – natürlich einerseits für die Erzeugung dieser erneuerbaren Energie, aber auch für die ökologische Ertüchtigung der dafür notwendigen Anlagen – einsetzen und sie darauf konzentrieren. Ich möchte mich aber an dieser Stelle auch bei allen bedanken, die sich letztendlich in einem sehr konstruktiven und sachlichen Dialog für diese Einigung eingesetzt haben. Das war ein Beispiel, wie man mit Verbänden konstruktiv zusammenarbeitet. Es war von beiden Seiten der Wille zu einer zielgerichteten Einigung erkennbar. Noch einmal meinen herzlichen Dank an alle, die sich hier eingebracht haben. Ich empfehle, dem Beschlussvorschlag des Ausschusses für Umwelt und Landwirtschaft zu folgen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung – Dr. Jana Pinka, DIE LINKE, steht am Mikrofon.)

Frau Dr. Pinka, Sie wünschen?

Eine Kurzintervention, Herr Präsident, wenn ich darf.

Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Schmidt! Ja, was soll ich denn meiner Fraktion bei diesem

Wassergesetz empfehlen, das unsere Fraktion schon in der Haushaltsgesetzgebung für das Jahr 2013 nicht eingeführt hätte? Sie waren damals schon Mitglied der Fraktion und werden sich erinnern, dass wir das damals schon abgelehnt und immer gefordert haben, die Wasserentnahmeabgabe nicht einzuführen. Warum sollen wir heute diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen? Dafür gibt es keinen plausiblen Grund.

Der Landtag hat innerhalb der letzten drei Jahre einen Zugewinn an Informationen und Daten gehabt, auch auf Initiative von Frau Kagelmann, von mir usw. Wir wissen jetzt über bestimmte Dinge Bescheid – ich sagte es vorhin –, wie die Wasserentnahmeabgabe für Landestalsperrenverwaltungsanlagen. Wir wissen jetzt, dass die Lenkungswirkung nicht eingetreten ist. Wir wissen, dass es gar kein Potenzial für diese Wasserentnahmeabgabe gibt, und wir wissen jetzt auch, dass es eigentlich schon damals so war. Ich hatte immer gesagt: Warten Sie mit der Fortschreibung der Wassergesetzgebung, warten Sie, bis dieses Urteil der Europäischen Union gefallen ist. Sie haben es nicht getan. Sie haben alles dafür getan, dass die Wasserentnahmeabgabe – wohl wissend, dass sie keine Lenkungswirkung entfaltet – eingeführt wird. Da darf ich in einer Rede auch mal kritisch sein, denn letztendlich haben wir das nicht zu verantworten, sondern Sie.

(Beifall bei den LINKEN)