Ein wesentlicher Punkt für mich ist aber der Inhalt. Ich meine damit die Bearbeitungsfristen im Landtag, also den Zeitpunkt zwischen der Einreichung eines Volksantrages und der Ermöglichung, darüber hinaus ein Volksbegehren einzuleiten. Diese Sechsmonatsfrist wollen Sie verkürzen. Das halten wir für verkehrt. Wir sind der Meinung, dass der Volksantrag ein sehr sinnvolles Instrument ist und nicht nur dazu dient, ein Volksbegehren einzuleiten. Wir sind der Meinung, der Volksantrag sollte dazu dienen, im Parlament eine Diskussion über diesen Inhalt zu führen. Wir haben die Geschäftsordnung zu Beginn der Legislaturperiode schon dahin gehend geändert, dass der Landtag zumindest beschließen kann, die Volksinitiatoren auch im Plenum zu hören. Dann sollte möglicherweise sogar eine Anhörung von Fachleuten stattfinden können. Der Landtag muss dann sorgfältig abwägen, ob er diesen Volksantrag annimmt oder ihn ablehnt und damit den Weg für ein Volksbegehren freimacht.
Ich glaube, dass es verfehlt wäre, die Frist auf weniger als sechs Monate zu verkürzen. Das zu diesem Thema.
Letztlich wollen wir – der Kollege Modschiedler sagte es bereits – prüfen, ob wir in diesem Bereich unterhalb der Ebene der Verfassungsänderung Änderungen vornehmen können. Sie können uns natürlich fragen, wo denn die Vorschläge dazu sind. Ich antworte Ihnen darauf: Sie liegen in der Tat noch nicht auf dem Tisch. Aber wir beraten darüber und werden Ihnen etwas vorlegen, womit wir im Bereich der Volksgesetzgebung etwas reformieren können, ohne dafür die Verfassung ändern zu müssen. Das wäre meiner Fraktion ein echtes Anliegen, das wir unbedingt weiter verfolgen werden.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die AfD-Fraktion wird den Gesetzentwurf der LINKEN und GRÜNEN mit dem Titel „Gesetz zur Stärkung der direkten Demokratie im Freistaat Sachsen“ ablehnen.
Grundsätzlich befürwortet die AfD-Fraktion mehr Bürgerbeteiligung. Wir wollen mehr sachunmittelbare Demokratie.
Der vorliegende Gesetzentwurf ist jedoch nicht geeignet, dieses Ziel zu erreichen. Der Gesetzentwurf ist handwerklich schlecht, Herr Bartl. Er stärkt eher die Rechte der Opposition als die Bürgerrechte.
Aus diesem Grunde hat die AfD-Fraktion in diesem Jahr einen eigenen, neuen Gesetzentwurf eingebracht. Ich möchte beispielhaft nur auf drei Punkte Ihres Gesetzentwurfes eingehen. Stichwort „Quoren“. Wir stimmen mit den LINKEN und den GRÜNEN und auch mit der SPD überein, dass die Quoren für den Volksantrag und das
Beim Volksantrag nach Artikel 71 der Sächsischen Verfassung fordert die Sächsische Verfassung 40 000 Unterschriften, der Gesetzentwurf der LINKEN und der GRÜNEN 35 000 Unterschriften und der Gesetzentwurf der AfD 0,5 % der Stimmberechtigten. Die Verfassung und der neue Gesetzentwurf nennen absolute Zahlen. Die Zahl entspricht 1 % der Bevölkerung.
Auf schwankende Bevölkerungszahlen können die ersten beiden Regelungen nur mit einer Verfassungsänderung reagieren. Das ist unpraktikabel und unverhältnismäßig. Die AfD-Fraktion schlägt eine feste Prozentzahl vor. Dadurch gibt es eine flexible Anpassung an die Bevölkerungszahl. Die AfD-Fraktion will aber auch eine Herabsetzung der Quoren auf 0,5, also eine Halbierung des notwendigen Quorums.
Nun der zweite Punkt, die Massenpetition. Die LINKEN und die GRÜNEN wollen – ich zitiere –, „dass sich der Landtag mit Gegenständen der allgemeinen politischen Willensbildung befasst.“ Sie regeln das in Artikel 71 der Sächsischen Verfassung. An dieser Stelle wurde unsauber gearbeitet, Herr Bartl: handwerklich schlecht. Das verwundert mich, zumal DIE LINKE seit dem Jahr 1990 – damals noch als PDS – regelmäßig Verfassungsänderungen einbringt. Ein Volksantrag ist ein Instrument der Volksgesetzgebung. Hier geht es aber gerade nicht um Gesetze. Artikel 71 ist der falsche Ort. Der richtige Ort – nach der Systematik der Verfassung – ist der Abschnitt Grundrechte und dort der Artikel 35 – Massenpetition. Auch die AfD fordert in ihrem Gesetzentwurf die Einführung einer Massenpetition in Artikel 35. Allerdings grenzen wir ihn ein. Massenpetitionen sind nur in den Bereichen zulässig, die der Zuständigkeit des Landtags unterliegen.
Jetzt komme ich zu Punkt 3 meiner Kritik. Sehr problematisch ist für uns die Neufassung des Artikels 72 Abs. 1 der Sächsischen Verfassung: „Durch Volksantrag ist über ein vom Landtag beschlossenes Gesetz abzustimmen, wenn der Landtag dies auf Antrag von einem Drittel seiner Mitglieder beschließt.“ – Was Sie da einführen wollen, ist ein fakultatives Referendum auf Antrag einer Minderheit im Landtag. Auch wir wollen mit unserem Gesetzentwurf die Einführung eines fakultativen Referendums, aber antragsberechtigt, lieber Herr Bartl, ist an allererster Stelle in unserem Gesetzentwurf das Volk,
und als Zweites die Mehrheit der Mitglieder des Parlaments und als Drittes die Staatsregierung. Ihr Gesetzentwurf wirkt wie das Jammern über die eigene Oppositionsrolle. Wollten Sie die Oppositionsrolle stärken und ein wenig Sand in das Getriebe des Gesetzgebungsverfahrens streuen?
Es wird auch nach Ihrem Antrag wieder mit Mehrheit über den Gesetzentwurf abgestimmt, egal wie gering Sie die Antragsquoren ausgestalten. Also: Wir haben gern
Ihren Gesetzentwurf durchgearbeitet und viele wichtige Impulse aus der Anhörung im Ausschuss und noch mehr gute Informationen aus den Vorträgen des AfDDemokratiekongresses im Mai 2015 erhalten. Wichtige Impulse für mehr Bürgerbeteiligung hatten wir auch von der Demokratiekonferenz der Staatskanzlei in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Kanton Aargau im Mai 2016 erwartet. Sie merken: Im Mai 2015 fand der AfDDemokratiekongress statt, im Mai 2016 die Demokratiekonferenz der Staatsregierung exakt am gleichen Ort: beide im Mai.
Uns hat bei der Demokratiekonferenz schon das Datum gewundert: ein Montag, ein Werktag. Die Einladung erfolgte dann wohl für ausgewählte Bürgerinnen und Bürger per Post. Nicht alle Landtagsabgeordneten erhielten eine solche Post. Die AfD hatte ihren Demokratiekongress an einem Samstag veranstaltet und alle Bürgerinnen und Bürger in Sachsen mit Plakaten und Zeitungsannoncen eingeladen.
Der Demokratiekonferenz des Herrn Ministerpräsidenten haben wir entnommen, dass die Regierung mit den vorhandenen Verfassungsregelungen hoch zufrieden ist. Alles funktionierte in Sachsen nach Auffassung der CDU reibungslos. Besonders die Bürgerdialoge hätten sich bewährt. An eine Verfassungsänderung denkt die CDU nicht. Mehr direkte Demokratie wird es mit dieser Koalition in Sachsen nicht geben.
Die AfD-Fraktion will Elemente der direkten Demokratie stärken. Wir sind eine Realitätspartei. Wir suchen Bürgernähe. Die Bürgerinnen und Bürger sollen selbst Entscheidungen über einzelne Sachfragen treffen.
In einer Regierungserklärung vor dem Bundestag hat Willy Brandt am 28. Oktober 1969 ausgerufen – ich zitiere –: „Wir wollen mehr Demokratie wagen.“ – Damals, liebe SPD, waren Sie noch eine Volkspartei.
– und von dem vorliegenden Gesetzentwurf der LINKEN und der GRÜNEN auch nicht. Wir werden diesen Gesetzentwurf ablehnen.
Tut mir leid, jetzt ist die Rede vorbei. Ich kann keine Zwischenfrage mehr zulassen, aber eine Kurzintervention ist möglich.
Es wurde soeben gesagt, dass es mit der CDU keine Elemente der direkten Demokratie gebe – das ist falsch! Es wurde ebenfalls gesagt, dass die Diskussion in der CDU nicht stattfinde – auch das ist falsch!
Ich möchte daran erinnern, dass ich auch mitwirken durfte an der Meinungsbildung und dass die Junge Union Sachsen und Niederschlesien hierzu einen Beschluss gefasst hat. Das fakultative Gesetzesreferendum ist aktuelle Beschlusslage der Jungen Union Sachsen und Niederschlesien.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Herr Kollege Fischer, ich freue mich über die Junge Union und alle Untergliederungen, aber Sie haben hier das Privileg, dass Sie nicht nur in der Jungen Union, sondern auch hier im Landtag sitzen. Das richtige Gremium hierfür wäre der Landtag. Und diesbezüglich habe ich von einem Referendum leider nichts gehört. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben Ihnen schon zu Beginn der Legislaturperiode angeboten, mit uns gemeinsam eine engagierte Demokratieoffensive in Sachsen zu starten. Es geht darum, die Bevölkerung stärker in demokratische und gesellschaftliche Prozesse einzubeziehen und die Demokratie im Freistaat mit genau diesen Rahmenbedingungen auszustatten, damit sie sich wirksamer entfalten kann. Das ist doch wirklich wichtig.
Es ist mitnichten so, dass wir uns erst seit Beginn der Legislaturperiode mit diesem Gesetzentwurf befassen, sondern wir beschäftigen uns schon seit vielen Jahren – das wissen Sie sehr genau – mit Gesetzentwürfen speziell zur Quorensenkung. Es ist nicht so, dass es etwas mit der aktuellen Situation zu tun hätte. Dennoch ist es wichtig, an dem Thema dranzubleiben.
Seit zwei Jahren haben wir eine schwarz-rote Koalition. Wir müssen feststellen, dass es den Willen zur Erleichterung der direkten Demokratie in dieser Koalition nicht gibt. Dabei nützt es überhaupt nichts, wenn es aus den Reihen der Fraktionen hierzu einzelne Wortmeldungen gibt, die immer wieder Offenheit signalisieren. Unter dem Strich bleiben zwei Punkte: Erstens, durch die Sächsische Staatsregierung gab es die Demokratiekonferenz. Sie war für alle Beteiligten sehr enttäuschend. Am Ende hat es dazu geführt, dass über diese Demokratiekonferenz medial kaum berichtet wurde.
Zweitens gibt es die Koalitionsfraktionen. Von denen können wir Folgendes hören: erstens Basta-Manier, das heißt, wir ändern gar nichts an der Verfassung. Es bleibt
alles so, wie es in dieser Legislaturperiode ist. Punkt, Ende der Debatte. Und zweitens gibt es Ausflüchte, die uns so dargestellt werden, dass der vorliegende Gesetzentwurf an der einen oder anderen Stelle falsch zusammengebaut wäre oder erhebliche Mängel hätte.
Dann wird – wie jetzt auch – angeführt, dass im Gesetzentwurf keine konkreten Zahlen enthalten sind. In Wirklichkeit stehen in der aktuellen Verfassung Zahlen drin und in unserem Entwurf auch. Beide Dokumente enthalten als Ergänzung auch Prozentzahlen. Das ist wichtig, denn wir brauchen eine verständliche Fassung einer sozusagen verständlichen Verfassung. Das heißt, diejenigen, die ein Volksbegehren initiieren oder einen Volksantrag ins Rollen bringen wollen, müssen die Hürde kennen. Diese Hürde ist am besten verständlich, wenn sie in Form einer Zahl angegeben ist, damit man genau weiß, dass man soundso viele Tausend Unterschriften sammeln muss.
Es liegt doch auf der Hand, dass es schwierig ist, hier mit Prozentzahlen zu arbeiten. Man nennt das in der Computersprache Anwenderfreundlichkeit. Wir hatten in den letzten Jahren in Sachsen eine Negativschlagzeile nach der anderen. Ich will Ihnen sagen, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen der Bereitschaft, sich besonders radikalen – im Sinne von kompromisslosen – Forderungen anzuschließen, und der Unfähigkeit zum Diskurs bzw. der Unfähigkeit zu einer adäquaten Debattenkultur. Das kann man doch nicht leugnen. Demokratie muss gelernt werden. Das wissen wir doch alle, wie wir hier sitzen. Es ist nichts Starres, was nun einmal da ist, gewonnen wurde und nicht verändert werden muss, sondern Demokratie braucht Bewegung. Sie braucht Luft zum Atmen und Zeit zum Ausdiskutieren von Themen. Aber vor allem muss sie von den Beteiligten gelernt werden.
Es waren die ostdeutschen Bundesländer, die aufgrund ihrer Erfahrung in der DDR das Instrument der Volksgesetzgebung in die Verfassung aufgenommen haben. Das Ziel bestand genau darin, Demokratie zu entwickeln und Lust an Beteiligung zu wecken. Dass wir es heute mit einem zahnlosen Tiger zu tun haben, wie es Kollege Bartl gerade beschrieben hat, ist peinlich für Sachsen. Das muss nicht so sein, und das muss auch nicht so bleiben; denn den Wert der Demokratie zu erkennen ist wichtig, und ebenso ist es wichtig, den Menschen etwas zuzutrauen. Wir trauen den Menschen etwas zu.
Es ist wichtig, sie in die Debatte einzubeziehen. Am Ende müssen sie sich natürlich auch selbst etwas zutrauen. Dabei geht es um die Frage, dass man ein Referendum als Landtag nach außen gibt. Man muss sich selbst zutrauen, dass man mit eigenen Argumenten nicht nur im Landtag, in dem man die Mehrheit sicher hat, sondern auch draußen vor der Tür Mehrheiten überzeugen kann. Das ist das Entscheidende.
Deswegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, wäre es für meine Begriffe ein unglaublich wichtiger Beitrag für die politische und demokratische Kultur in