Protokoll der Sitzung vom 31.08.2016

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Gibt es weiteren Redebedarf vonseiten der Fraktionen? – Das kann ich nicht erkennen. Dann bitte ich die Staatsregierung.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Wenn man sich den Gesetzentwurf zur Änderung der Sächsischen Verfassung anschaut, dann sieht man, dass der Kern der Vorschlag ist, die Quoren für Volksantrag und Volksbegehren abzusenken. Dieser Vorschlag ist nicht neu. Wir haben oft darüber diskutiert. Deswegen möchte ich mich an dieser Stelle etwas kürzer fassen.

Anders als der Parlamentarische Rat bei der Erarbeitung des Grundgesetzes vor inzwischen fast 70 Jahren, haben die sächsischen Verfassungsgeber vor 24 Jahren – damals sehr fortschrittlich übrigens – die Möglichkeit der Volksgesetzgebung vorgesehen.

Die Erfahrung zeigt, dass sich diese Entscheidung bewährt hat. Es gab damals Argumente, die dagegengesprochen haben; aber all diese Bedenken und Einwände haben sich nicht bestätigt.

Der für mich wichtigste Gedanke hinter den in unserer Verfassung vorgesehenen Mitsprache- und Mitentscheidungsmöglichkeiten ist der, die Akzeptanz von Entscheidungen in der Bevölkerung zu verbessern und damit letztlich das Vertrauen in die Demokratie zu stärken. Das hat außerdem den positiven Effekt, dass es extremen Gruppierungen schwerer fällt, fruchtbaren Boden für ihre Ideologien zu finden.

Die Frage nach einer Ausweitung direktdemokratischer Elemente in Sachsen ist deshalb in meinen Augen im Grundsatz absolut legitim. Die Antwort kann aber nicht darin liegen, schlicht punktuelle Änderungen in einem ausbalancierten, genau abgestimmten System vorzunehmen. Das sieht der Gesetzentwurf jedoch vor. Aber die Kombination eines Fünf-Prozent-Quorums für ein Volksbegehren mit einem quorenlosen Volksentscheid genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht. So könnten nämlich Gesetze zustande kommen, die nur von einer verhältnismäßig kleinen, einer zu kleinen Minderheit der Bevölkerung befürwortet werden. Von einer ausreichenden demokratischen Legitimation dieser Volksgesetzgebung kann dann nicht mehr gesprochen werden. Eine solche Regelung würde höchstwahrscheinlich gegen das Demokratieprinzip verstoßen.

Soweit sich der Gesetzentwurf an der Höhe der Quoren in anderen Ländern orientiert, wird verschwiegen, dass die dort genannten Länder – also Schleswig-Holstein, Brandenburg und Thüringen – anders als Sachsen jeweils Quoren für Volksentscheide in ihren Landesverfassungen

verankert haben. Nur wenn ein Quorum für den Volksentscheid vorgesehen ist, kann eine verhältnismäßig geringe Beteiligung auf der Stufe der Volksbegehren hingenommen werden. Auf diese Bedenken ist auch in der Anhörung eingegangen worden. Aus unserer Sicht ist dieser Entwurf deshalb abzulehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Meine Damen und Herren, wir kommen zur Abstimmung. Aufgerufen ist das Gesetz zur Stärkung der direkten Demokratie im Freistaat Sachsen, Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion GRÜNE. Wir stimmen über den Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion GRÜNE ab. Es liegen keine Änderungsanträge vor, daher schlage ich vor, dass wir artikelweise vorgehen. Gibt es dagegen Widerspruch? – Das ist nicht der Fall.

Ich rufe die Überschrift auf. Wer möchte die Zustimmung geben? – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Ich habe eine Mehrheit von Gegenstimmen gesehen, aber auch Zustimmung. Die Überschrift ist abgelehnt.

Ich rufe Artikel 1 auf, Änderung der Verfassung des Freistaates Sachsen. Wer gibt die Zustimmung? – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltungen, Stimmen dafür, dennoch mit großer Mehrheit abgelehnt.

Ich rufe Artikel 2 auf, Inkrafttreten. Wer gibt die Zustimmung? – Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Auch hier keine Stimmenthaltungen, Stimmen dafür, dennoch mit großer Mehrheit abgelehnt.

Bitte, Herr Scheel.

Frau Präsidentin, ich darf für meine Fraktion nach § 47 in Verbindung mit § 105 der Geschäftsordnung eine Schlussabstimmung erbitten.

Meine Damen und Herren, es wird eine Schlussabstimmung gewünscht. Ist das bei der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auch so? Dann hätte ich die Bitte, dass Sie es noch einmal erklären.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, wir schließen uns dem Antrag der Fraktion DIE LINKE an.

(Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU: Überraschend!)

Gut. Es ist also Schlussabstimmung gewünscht. Ich weise darauf hin, dass ein verfassungsänderndes Gesetz gemäß Artikel 74 Abs. 2 des Freistaates Sachsen der Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Landtags bedarf und gemäß § 105 Abs. 2 der Geschäftsordnung über Verfassungsänderun

gen in der Schlussabstimmung namentlich abgestimmt werden muss.

Wir kommen daher nun zur namentlichen Abstimmung. Ich bitte um den Namensaufruf und um volle Konzentration im Parlament.

Ich beginne mit dem Namensaufruf, Buchstabe A.

(Namentliche Abstimmung – siehe Anlage)

Befindet sich ein Abgeordneter im Raum, der nicht aufgerufen worden ist?

Das ist nicht der Fall. Dann bitte ich jetzt um Auszählung und um etwas Geduld.

(Kurze Unterbrechung)

Meine Damen und Herren! Das Ergebnis liegt jetzt vor. Für den Gesetzentwurf haben 31 Abgeordnete und dagegen 84 Abgeordnete gestimmt. Enthaltungen gibt es null. 11 Abgeordnete haben nicht teilgenommen. Damit ist der Gesetzentwurf abgelehnt worden, und der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Meine Damen und Herren, ich kann damit auch den Tagesordnungspunkt beenden und rufe auf

Tagesordnungspunkt 3

Zweite Beratung des Entwurfs

Gesetz zur Gewährleistung der Gleichstellung von Beamtinnen und Beamten

im Vorbereitungsdienst bei Leistungen nach dem Reisekostengesetz

Drucksache 6/5221, Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 6/6194, Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses

Wir gehen in die allgemeine Aussprache. Es beginnt die Linksfraktion, danach folgen CDU, SPD, AfD, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Ich erteile nun Herrn Abg. Tischendorf das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, es gibt sie noch, diese jungen Menschen, die in Sachsen im öffentlichen Dienst beschäftigt sind

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Nicht mehr lange!)

und die daran glauben, dass diese Koalition es noch irgendwie ernst meint mit dem Thema Attraktivitätssteigerung; wir hatten es ja heute schon. Natürlich ist den meisten davon klar, dass es keinen großen Sprung geben wird; kleine Verbesserungen sind vielleicht möglich.

Umso mehr denken die jungen Kolleginnen und Kollegen heute, wie es ihnen mit unserem Gesetzentwurf ergehen wird; denn es sind oftmals die kleinen Dinge, die man ohne großes Geld umsetzen kann, und die jungen Beschäftigten werden sich fragen, ob es heute passieren wird.

Mit dem eingebrachten Gesetzentwurf der LINKEN haben Sie heute die Gelegenheit, meine sehr geehrten Damen und Herren, für etwas mehr Gerechtigkeit für die jungen Menschen im Staatsdienst zu sorgen. Wir geben hier besonders auch einmal der SPD-Fraktion die Gelegenheit, sich in einem kleinen Schritt aus der Umklammerung der CDU zu befreien.

(Zurufe von der SPD)

Im Rahmen der Tarifauseinandersetzungen im Frühjahr hatten sächsische Auszubildende mehrfach darauf hinge

wiesen, dass die Schlechterstellung der Beamtinnen und Beamten im Vorbereitungsdienst gegenüber den anderen Auszubildenden bei der Erstattung von Reisekosten im Dienstrecht nicht mehr hinnehmbar ist. Wenn ich es richtig sehe, war meine Fraktion wohl die einzige, die das Gesprächsangebot positiv aufgenommen hat, zumindest ist DIE LINKE die einzige, die da im Parlament aktiv geworden ist.

(Beifall der Abg. Kerstin Köditz, DIE LINKE)

Danke. Wir stimmen durchaus den Vertretern des Beamtenbundes zu, dass es mit Blick auf die Regelungen des Bundes und anderer Bundesländer keinerlei sachliche und rechtliche Gründe gibt, die eine solche Einschränkung auch nur ansatzweise als nachvollziehbar oder gerechtfertigt erscheinen lassen.

Wenn ich eingangs von den Koalitionssprechblasen gesprochen habe, so ist es an dieser Stelle wohl angebracht, eine zu zitieren. Ich nehme die aus dem Koalitionsvertrag und finde dort folgende Worthülse: „Wir brauchen auch weiterhin gut ausgebildete, motivierte und leistungsfähige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Vor diesem Hintergrund der demografischen Entwicklung wollen wir den öffentlichen Dienst nicht überaltern lassen und ihn auch für junge, qualifizierte Bewerber attraktiv gestalten.“ – Frau Friedel hat es mit ihren eigenen Worten zitiert.

Dank unserer heutigen Abstimmung können Sie mich auch gern der Lüge überführen, meine sehr geehrten Damen und Herren der Koalition, und unserem Gesetzentwurf dann doch zustimmen; das würde ich ganz gern in Kauf nehmen. Wenn CDU und SPD schon der eigenen Wortkreation im Koalitionsvertrag nicht trauen, dann

könnten die Damen und Herren der Mehrheitsfraktion doch einmal den Aussagen aus dem Abschlussbericht der Personalkommision folgen: „Die zurückgehende Zahl junger Menschen und die Konkurrenzsituation zur privaten Wirtschaft und zu anderen öffentlichen Arbeitgebern bei der Suche nach gut ausgebildetem, leistungsfähigem Personal machen es notwendig, den öffentlichen Dienst im Freistaat Sachsen attraktiver zu gestalten.“