Wir haben es immer mehr mit einer neuen Qualität von Gewalt bis hin zum Terror gegen Ausländer zu tun, wie wir es in der Vergangenheit – Stichwort Terrorgruppe Freital – auch in Sachsen erlebt haben.
Es ist die Aufgabe der Politik, sich diesen Tendenzen und diesem Klima des Hasses entschieden entgegenzustellen, anstatt es zu relativieren oder gar zu hofieren. Der feige und gezielte Anschlag auf die Moschee am Montag sollte uns eine letzte Lehre sein, endgültig Haltung, Geschlossenheit und Entschlossenheit zu zeigen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir müssen den Menschen in Sachsen endlich das Gefühl geben, in Freiheit und Sicherheit leben zu können. Damit meine ich weniger jene, die am Tag der Deutschen Einheit feiern möchten und um deren imagebedingtes Nichterscheinen wir uns nun vordringlich sorgen. Dafür wird ein umfassendes Sicherheitskonzept, wie es der Innenminister gerade dargestellt hat, sorgen. Ich meine stattdessen jene, die täglich Anfeindungen und Gewalt ausgesetzt sind. Wir dürfen es nicht zulassen, dass Menschen Angst vor der Ausübung ihrer Religion haben. Wir dürfen es nicht zulassen, dass Menschen Angst vor politischer Betätigung haben, weil sie das Gefühl haben, dadurch zur Zielscheibe für Gewalttäter oder gar terroristische Straftaten zu werden.
Wir dürfen uns aber vor allem nicht an solche Zustände gewöhnen. Dass wir heute in einer Aktuellen Debatte noch über Bautzen debattieren werden, spricht in diesem Zusammenhang Bände. Wir dürfen nicht zulassen, dass Anschläge, Gewalt, Anfeindungen und politische Auseinandersetzungen Realität im Freistaat Sachsen werden. Wir dürfen nicht scheibchenweise den Gegnern unserer Republik das Feld überlassen und ihnen ermöglichen, Angst und Hass zu verbreiten. Es ist sonst wie bei dem berühmten Bild des Frosches, der angeblich nicht merkt, dass die Temperatur in seinem Becken langsam immer weiter erhöht wird, bis er schlussendlich gekocht wird. Unserer Werteordnung darf so etwas nicht passieren. Wir brauchen endlich ein spürbares Aufwachen in Sachsen für Mitmenschlichkeit und gegen Hass und Gewalt.
Damit gilt Folgendes: Es muss endlich Schluss mit dem Anbiedern an die Feinde unserer Republik oder Gegner unserer pluralistischen Werteordnung, egal ob innerhalb oder außerhalb der Parlamente, sein. Unsere Aufgabe ist es, endlich dem Hass und der Gewalt den Nährboden zu entziehen, statt diesen zu bereiten. Es gilt, durch entsprechendes Agieren der Sicherheitsbehörden, aber auch durch eine klare Haltung der Politik alles daranzusetzen, dass sich derartig feige Anschläge wie am Montag nicht mehr wiederholen – weder am Wochenende noch in den kommenden Wochen oder in Zukunft, egal ob in Sachsen oder irgendwo anders in Deutschland.
Werte Kolleginnen und Kollegen! Zu guter Letzt möchte ich eine klare und deutliche Botschaft meiner Fraktion aussprechen: Man mag den deutschen Nationalfeiertag begehen, wie es einem persönlich lieb ist. Es muss aber Folgendes klar sein: Jeder Mensch, der am 3. Oktober in Dresden diesen bei einem Bürgerfest begehen möchte, muss dies in Freiheit und Sicherheit tun können.
Wir dürfen der Angst nicht das Feld überlassen. Das Reden von einem Krisenmodus, wie es bei der Polizei gestern üblich war, ist, ehrlich gesagt, wenig hilfreich. Ich bin mir sicher, dass die Polizei dies durch geeignete Maßnahmen, wie es auch heute vonseiten des Innenministers dargestellt wird, sicherstellt und die Sicherheit aller Menschen am Wochenende gewährleistet sein wird. Wir dürfen uns, wie es schon viele Kollegen hier gesagt haben, nicht von Hass und Gewalt einschüchtern lassen und damit schlussendlich den Tätern den Erfolg organisieren, den sie mit ihren Taten erreichen möchten. Wir dürfen aber am Wochenende auch nicht so tun, als wäre nichts gewesen. Über dem Wochenende liegt durchaus – aufgrund der Ereignisse am Montag – ein Schatten, der uns alle zum Nachdenken, aber vor allem zum Handeln und Eintreten für die Grundwerte eines wiedervereinten Deutschlands bringen muss: für Freiheit, Menschlichkeit und Rechtsstaatlichkeit.
(Beifall bei den GRÜNEN sowie vereinzelt bei den LINKEN und der SPD – Beifall bei der Staatsregierung)
Das war Herr Kollege Lippmann. Er sprach für die Fraktion GRÜNE. Damit ist die Aussprache zur Erklärung des Staatsministers des Innern beendet.
Die Verteilung der Gesamtredezeiten der Fraktionen hat das Präsidium wie folgt vorgenommen: CDU 33 Minuten, DIE LINKE 25 Minuten, SPD 18 Minuten, AfD 14 Minuten und GRÜNE 10 Minuten. Der Staatsregierung stehen zweimal 10 Minuten zur Verfügung, wenn sie das wünscht. Außerdem hat der Sächsische Ausländerbeauf
tragte in der Zweiten Aktuellen Debatte um das Wort gebeten. Ich schlage vor, ihm das Wort nach den Beiträgen der Fraktionen und vor der Staatsregierung zu erteilen. Sind Sie damit einverstanden? – Ich sehe keinen Widerspruch. Wir können also so verfahren.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Das Finanzausgleichsgesetz sieht vor, dass die fünf neuen Bundesländer berichten. Berichten sollen sie – ich zitiere – „über die Fortschritte bei der Schließung der Infrastrukturlücke und die Verwendung der erhaltenen Mittel zum Abbau teilungsbedingter Sonderlasten“. Das ist am 7. September durch die Vorlage des Fortschrittsberichts im Haushalts- und Finanzausschuss erfolgt.
Insgesamt geht es um 156 Milliarden Euro an Solidarpakt-II-Mitteln. Das sind die Mittel, die den neuen Ländern und Berlin in einem Zeitraum von 2005 bis 2019 zur Verfügung stehen. Allein im Korb I reden wir über 105 Milliarden Euro, was die sogenannten Sonderbedarfsergänzungszuweisungen, die SoBEZ-Mittel, anbelangt. Anfänglich hatte Sachsen 2,7 Milliarden Euro zur Verfügung. Im Jahr 2015 standen noch reichlich 1,3 Milliarden Euro zur Verfügung. Ihnen allen ist bekannt, dass bis zum Jahr 2020 diese Mittel auf null abgeschmolzen werden. Es ist momentan noch keine Nachfolgeregelung geschaffen worden, obwohl bekannt ist, dass hier noch ein erheblicher Aufholprozess bzw. Nachholbedarf besteht.
Die SoBEZ-Nachweisquote auf Landesebene beläuft sich auf 179 % im Jahr 2015. Das ist der höchste Wert seit dem Jahr 1995 und hat verschiedene Gründe. Ein wesentlicher Grund ist die Zuführung in das Sondervermögen „Brücken in die Zukunft“, welches wir im Dezem
ber 2015 beschlossen haben und in dem Jahr auch komplett finanziert wurde. Das ist auch ein wesentlicher Grund, warum die Investitionsquote bei erfreulichen 20 % liegt. Das ist natürlich auch dem Einmaleffekt „Brücken in die Zukunft“ in Höhe von 2,7 % zu verdanken. Der Vollständigkeit halber sei noch angemerkt, dass die Zuführung zum Garantiefonds bei den Investitionen keine Rolle spielt. Es ist wichtig, dies noch einmal zu erwähnen.
Zusammen mit der kommunalen Ebene haben wir einen Rekordwert erreicht. Die Nachweisquote liegt bei 273 %. Das ist im Prinzip auch der vollständige und zweckentsprechende Nachweis der Verwendung der SoBEZ-Mittel. Wenn man sich vor Augen führt, dass 3,4 Milliarden Euro rechnerisch möglich gewesen wären, Finanzierungen mit den SoBEZ vorzunehmen, dann ist das durchaus ein stolzer Wert, den wir erreicht haben. Ein besonderer Dank gilt dabei vor allem der kommunalen Ebene, deren Finanzen und Investitionen daran einen großen Anteil haben.
Wie sehen nun diese konkreten Zahlen im wirtschaftlichen Sinn betrachtet aus? Das Bruttoinlandsprodukt hat einen Wert von 74,8 % des Bundesdurchschnitts. Die Bruttowertschöpfungsquote liegt bei 79,5 %. Wir haben einen Exportrekord im Jahr 2015 erreicht, das bedeutet eine Steigerung um 7 %. Die Arbeitslosenquote lag 2015 bei 8,2 %. Hier – das möchte ich noch einmal besonders erwähnen – ist eine Halbierung der Arbeitslosenquote im Vergleich zu 2006 mit 17 % erreicht worden. Auch die Arbeitslosigkeit in Sachsen im Vergleich zu den neuen Bundesländern liegt 1 % unter deren Durchschnitt. Ich
denke, meine Damen und Herren, auch so geht sächsisch. Darauf dürfen wir stolz sein, und wir können stolz darauf sein, dass Sachsen auf einem guten Weg ist.
Aber der Angleichungsgrad in Gänze liegt derzeit eben noch nicht einmal bei 80 %. Der Fortschrittsbericht zeigt, dass wir nach 26 Jahren deutscher Einheit zwar viele Erfolge erreicht haben, aber weiterhin noch viel zu tun ist. Hierbei ist es, abschließend gesagt, wichtig, dass wir in den Verhandlungen mit dem Bund, was die Nachfolgeregelungen ab 2020 betrifft, eine Nachfolgeregelung erreichen, damit wir auch weiterhin das dringend benötigte Geld bekommen, um die zweifelsohne noch vorhandene Infrastrukturlücke Stück für Stück zu schließen. Da bin ich optimistisch. Wie gesagt: Wir sind auf einem guten Weg, auch dank unserer soliden Finanzpolitik.
Die eine antragstellende Fraktion ist die CDU, die andere die SPD. Für diese SPDFraktion spricht jetzt unser Kollege Pecher.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Fortschrittsbericht 2015 – wer ihn sich anschaut, wird feststellen: sehr klar strukturiert, gut beschrieben, inhaltlich sauber aufgearbeitet. Warum sage ich das? Es gibt mir immer noch Hoffnung für unseren sächsischen Beteiligungsbericht.
Kommen wir zum Inhalt. Viele Indikatoren – so beschreibt es der Fortschrittsbericht – zeigen in Sachsen nach oben, das ist erfreulich: Einwohnerzahlen, Arbeitsmarkt, Bruttoinlandsprodukt, daraus abgeleitet natürlich Steuereinnahmen. Jetzt wurde erst veröffentlicht, dass Sachsen bundesweit 2016 überdurchschnittliche 2,5 % erreichte. Das ist gut für Sachsen und zeigt natürlich auch, dass Sachsen von dieser Koalition gut regiert wird.
Wir haben auf staatlicher Seite eine Erfüllungsquote von 179 %. Ich kenne das aus den Meldungen der „Freien Presse“ zu DDR-Zeiten. Das waren die Ergebnisse in der Landwirtschaft. Wir müssen sehen, dass hier Sondereffekte gelten. Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass ich stolz darauf bin, dieses Brückenprogramm 2015 generiert zu haben und dass dieses Programm viele Neuheiten enthält. Ich rede nicht nur über die Höhe – dieses Programm mit einem Volumen von 800 Millionen Euro generiert 1 Milliarde Euro Investitionen in den nächsten vier bis fünf Jahren; wir haben auch die Planbarkeit hergestellt, die Verwendbarkeit verbessert und das Thema Investitionsbegriff in Richtung Instandhaltung erweitert.
Das sind alles Faktoren, die dem Land guttun, die den Kommunen die Flexibilität geben und die diese in die Lage versetzen, ihren Beitrag zum Fortschrittsbericht für die Verwendung der SoBEZ-Mittel zu leisten.
Die Seite 18 des Fortschrittsberichts fasst im Wesentlichen die Ergebnisse treffend zusammen. Wir müssen sehen, dass wir bei den Kommunen durchaus Probleme haben. Das hat der Finanzminister an dieser Stelle beim FAG schon einmal beschrieben. Die Möglichkeiten der Steuereinnahmen sind bei den Kommunen im Wesentlichen ausgereizt, was eine immer stärkere Abhängigkeit der Kommunen vom sächsischen FAG erzeugt.