Nur bietet, das haben meine Vorredner schon deutlich gemacht, der Gesetzentwurf der AfD-Fraktion dafür von der Machart her nicht den richtigen Ansatz, um diesen Problemen Abhilfe zu schaffen. Wahrscheinlich müsste an dieser Stelle eher mein Kollege Herr Baumann-Hasske stehen, da das Grundproblem – Sie haben es schon geahnt – die konkurrierende Gesetzgebung ist.
Der Sachverständige in der Anhörung des Ausschusses für Soziales und Verbraucherschutz, Gleichstellung und Integration hat es deutlich gemacht: Es gibt ein Bundesgesetz, das das Thema Sehhilfen abschließend regelt. Im SGB V, das wurde vor mir schon ausgeführt, wird der Anspruch auf Sehhilfen geregelt. Damit nimmt der Bund die Gesetzgebungskompetenz für sich in Anspruch und lässt keine Gesetzgebungskompetenz für die Bundesländer zu. Eine sogenannte Lückenfüllung, wie es ein Sachverständiger nannte, durch die Länder ist also nicht vorgesehen. Diese würde der Entscheidung des Bundesgesetzgebers, die Leistung zu begrenzen und damit auf einen intensiveren Wettbewerb zu zielen, zuwider laufen.
In der Anhörung wurden ebenfalls andere Möglichkeiten diskutiert, wie man eine solche Unterstützung schaffen könnte. Wenn die AfD in ihrer Gesetzesbegründung darauf abzielt, explizit eine Sozialleistung einführen zu wollen und damit keine Lösung im Landesblindengeldgesetz möchte, dann war genau das einer der Vorschläge in der Anhörung, weitere Nachteilsausgleiche im Landesblindengeldgesetz aufzunehmen. Das ist durchaus eine Überlegung wert, besonders, weil wir im nächsten Jahr – das wissen Sie sicherlich auch – vor einer weiteren Überarbeitung des Gesetzes stehen. Allerdings würde ich persönlich in diesem Gesetz zunächst den Fokus auf die schon aufgenommenen Nachteilsausgleiche legen. Das betrifft die Nachteilsausgleiche für gehörlose Menschen, hochgradig sehschwache Menschen und schwerbehinderte
Ich bleibe dabei: Wir brauchen den Lösungsweg für Ihren Antrag und Ihr Ansinnen auf Bundesebene. Wir brauchen eine Diskussion, die man im Rahmen des SGB V führen muss. Nur hier wäre der richtige Ansatz, wenn man das Thema tatsächlich umsetzen möchte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Wendt, das vermeintliche Ziel Ihres Gesetzentwurfes ist es, für hochgradig sehschwache Menschen einen Anspruch auf einen Zuschuss für Sehhilfen zu schaffen. Sie versuchen, soziale Kompetenz zu inszenieren. Das ist aber unglaubwürdig, denn Sie verwechseln erneut den Landtag mit dem Bundestag.
Der Landesgesetzgeber hat keine Regelungskompetenz. Das haben wir mehrfach dargestellt. Das wissen Sie auch. Sie können Ihre abweichende Meinung zehnmal wiederholen. Deswegen müssen wir den Gesetzentwurf ablehnen.
Die Gewährung von Sehhilfen durch die gesetzlichen Kassen regelt das SGB V. Das wissen Sie ebenfalls. Bei unter 18-Jährigen werden die Kosten für eine Sehhilfe von der Gesetzlichen Krankenversicherung getragen. Bei den über 18-jährigen Versicherten gibt es Lücken. Es gibt nur bestimmte Umstände, unter denen Leistungen getragen werden. Hierbei eine Gesetzgebung durch das Land zu fordern, ist schlichtweg problematisch. Der Bund hat von seiner Gesetzgebungsbefugnis durch die Regelungen in den Sozialgesetzbüchern Gebrauch gemacht und dort die Anspruchsvoraussetzungen für den Erhalt von Hilfsmitteln, zum Beispiel Sehhilfen, geregelt.
Es greift eben auch der Ausnahmetatbestand gemäß Artikel 72 Abs. 3 Grundgesetz nicht, auf dessen Basis die Landesgesetzgeber abweichende Regelungen in Bezug auf vom Bund erlassene Gesetze treffen können. Der Bundesgesetzgeber hat eine abschließende Regelung getroffen. Sie möchten nun eine echte Sozialleistung gewähren, einen sozialrechtlichen Anspruch schaffen und damit Lücken im SGB V schließen. Dafür müsste aber das SGB V geändert werden. Das geht mit einer landesrechtlichen Regelung und mit neuen Anspruchsgrundlagen auf Landesebene nicht.
Das Sächsische Landesblindengeldgesetz wurde angesprochen. Es sieht neben monatlichen Nachteilsausgleichszahlungen an blinde Menschen jetzt schon Leistungen für hochgradig sehschwache Menschen vor. Sie behaupten im Gesetzentwurf, dass Personen mit hochgradiger Fehlsichtigkeit, die durch das Nutzen von Sehhilfen korrigierbar ist, keine Leistungen nach dem Landesblin
dengeldgesetz erhalten oder beanspruchen können. Das ist nicht der Fall. Lesen Sie es noch einmal nach. Die hochgradige Sehschwäche im Landesblindengeldgesetz knüpft an das Sehvermögen ohne die Nutzung von Sehhilfen an.
Dass der Sächsische Landtag das von Ihnen geforderte Gesetz nicht verabschieden kann, hat Ihnen auch schon unser Sachverständiger in der Anhörung ausführlich juristisch begründet. Sie versuchen, mit einem Änderungsantrag nachzusteuern. An der grundlegenden Kritik, dass wir dies hier nicht beschließen können, wird dadurch nichts geändert.
Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Herr Abg. Wendt, Sie haben bereits angekündigt, eine zweite Runde durchführen zu wollen. Ich erteile Ihnen jetzt das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich für die Redebeiträge bedanken. Herr Krasselt, bei Ihnen möchte ich mich nicht bedanken. Sie schwingen immer die populistische Keule. Sie müssen sich dieses Mal überlegen, ob es die Rechts- oder Linkskeule war.
Frau Lauterbach, ich sage vielen Dank für die sachliche Argumentation. Das gilt auch für Frau Kliese und Herrn Zschocke.
Wir möchten einen Übergang oder eine Überbrückung schaffen, bis die Maßnahmen im Leistungskatalog verankert sind. Deshalb denke ich, dass wir als Land einen Schritt nach vorne machen sollten, um den Druck in Richtung Bundesebene zu erhöhen. Da wir selbst als Fraktion keine Vertretung oder Fraktion auf Bundesebene haben, machen wir es über das Landesparlament. Wir machen es auch mit Sicht auf unsere Bürger im Freistaat Sachsen, damit auch diese bis zur Wiederaufnahme unterstützt werden. Deshalb ist es notwendig, dass wir dieses Gesetz heute verabschieden.
Ich hoffe, Sie stimmen unserem Gesetzentwurf entsprechend zu. Dass Sie ein Haar in der Suppe finden, war klar. Wir hatten zur Anhörung zwei Sachverständige eingela
den. Einer dieser Sachverständigen war ein Fachanwalt. Ansonsten wurden keine weiteren Anwälte angehört. Unsere Juristen sagen genau das, was ich auch sage: Der Bundesgesetzgeber bezieht sich nur auf die Krankenkassen. Das heißt im Umkehrschluss jedoch nicht, dass wir als Land nicht eigene Gesetze schaffen können, die sich außerhalb der Krankenkassen bewegen. Deshalb ist Ihre Argumentation bezogen auf diesen Punkt nicht angebracht.
Wir sollten uns keinen kleinkarierten Denkweisen hingeben. Wir sollten unseren Blick und unsere Sinne für diejenigen schärfen, die betroffen sind.
Ich erzähle Ihnen einmal eine kleine Geschichte. Ich war vor einigen Monaten mit meiner Mutter unterwegs. Wir wollten gemeinsam eine Straße überqueren. Wir hielten an. Auf einmal lief meine Mutter los – ich konnte sie gerade noch zurückhalten, denn just in diesem Moment überquerte bzw. kreuzte ein Fahrradfahrer unsere Übergangsstelle. Ich habe meine Mutter zurückgezogen. Es hätte durchaus Schlimmeres passieren können; beide hätten sich verletzen können und es hätte eventuell noch Schlimmeres eintreten können. Ich habe meine Mutter gefragt: Mensch, Mama, sag einmal, hast du den Fahrradfahrer denn nicht kommen sehen? Sie hat tatsächlich gesagt: Ich habe ihn nicht gesehen, weil ich trotz Brille sehr, sehr schlecht sehe. Ich habe sie gefragt: Warum kaufst du denn keine neue Brille, wenn du eine andere benötigst? Da meinte sie: Eine Brille ist sehr, sehr teuer. – Das war erst einmal die Aussage.
Wir konnten das in unserem familiären Bereich lösen und haben diese Brille natürlich finanzieren können. Aber schauen Sie einmal nach draußen, schauen Sie einmal auf unsere sächsischen Bürger, auf die sozial Schwachen, die eben nicht die Möglichkeit haben, hier finanziell aktiv zu werden. Aufgrund dessen ist dieses Gesetz notwendig: als Übergang, bis auf Bundesebene entsprechende Leistungen wieder in den Leistungskatalog aufgenommen worden sind.
Ich sage Ihnen ehrlich, ich möchte nicht in Ihrer Haut stecken, wenn Sie diesen Gesetzentwurf ablehnen. Wollen Sie Ihren Wählern dann gegenübertreten und sagen: „Wir haben dieses Gesetz abgelehnt, weil wir es nicht für notwendig erachtet haben“ oder „weil einfach kein Bedarf da ist“?
Von daher kann ich Ihnen ganz klar sagen: Stimmen Sie unserem Gesetzentwurf zu, auch wenn er von der AfD ist. Stimmen Sie zu und tun Sie den Bürgern in Sachsen etwas Gutes. Es ist notwendig.
Meine Damen und Herren! Die zweite Rederunde ist eröffnet. Möchte noch jemand das Wort ergreifen? – Herr Krasselt, bitte.
Als Redebeitrag. – Herr Wendt, Sie haben offensichtlich nicht ganz zugehört. Alle haben durchaus gesagt, dass das, was Sie als Problem vorgetragen haben, überdenkenswert ist.
Der Weg über ein Gesetz ist aber der falsche. Das ist in der Anhörung so klar gesagt worden, dass Sie den Entwurf besser zurückgezogen hätten und sich besser über einen neuen Weg Gedanken machen müssten. Dann gibt es eine Möglichkeit. Aber mit dem Kopf durch die Wand zu wollen und ein Gesetz zu machen, das rechtlich nicht möglich ist, ist einfach der falsche Weg.
Vielen Dank. Das war ein Redebeitrag in der zweiten Runde. Gibt es weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall. Herr Wendt, Sie möchten noch eine dritte Runde beginnen?