Protokoll der Sitzung vom 09.11.2016

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Damit schließe ich den Wahlgang. Ich schlage vor, dass wir während der Auszählung der Stimmen mit dem nächsten Tagesordnungspunkt fortfahren.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 4

Zweite Beratung des Entwurfs

Gesetz zur Änderung glücksspielrechtlicher Vorschriften

Drucksache 6/4785, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Drucksache 6/6893, Beschlussempfehlung des Innenausschusses

Die Reihenfolge in der ersten Runde ist: CDU, DIE LINKE, SPD, AfD, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn sie es wünscht. Ich erteile jetzt der CDU-Fraktion, Herrn Abg. Fritzsche, das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Der vorliegende Gesetzentwurf wurde von der Staatsregierung eingebracht und dem Innenausschuss zur fachlich-inhaltlichen Beratung überwiesen.

Im Innenausschuss haben wir dazu eine öffentliche Anhörung beschlossen, welche am 16. September 2016 mit drei Sachverständigen stattgefunden hat. Am 27. Oktober haben wir den vorliegenden Gesetzentwurf im Innenausschuss abschließend beraten. Dabei lag ein Änderungsantrag der Koalition aus CDU und SPD vor, welcher in der Hauptsache Hinweise des Juristischen Dienstes zur Rechtsförmlichkeit umgesetzt hat.

Die Beschlussempfehlung des Innenausschusses liegt Ihnen in der Drucksache 6/6893 vor. Grundlage für den vorliegenden Gesetzentwurf ist der Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland, der sogenannte

Glücksspielstaatsvertrag. Dieser soll mittels der im Gesetzentwurf enthaltenen glücksspielrechtlichen Vorschriften rechtssicher vollzogen werden. Der Glücksspielstaatsvertrag dient der länderübergreifenden koordinierenden Regulierung des Glücksspiels mit den vorrangigen Zielen der Sucht- und Kriminalitätsprävention sowie dem Jugend- und Spielerschutz.

Der Glücksspielstaatsvertrag beschäftigt die Länder intensiv, da Entscheidungen des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes zur Zulässigkeit der Erteilung von Konzessionen Neuregelungen erforderlich machen. Zudem sind Entwicklungen im Bereich Sportwetten zur Kenntnis zu nehmen. Diese sicherlich schwierigen Verhandlungen zum kommenden Glücksspieländerungsstaatsvertrag sind jedoch nicht Gegenstand der heutigen Debatte. Die Ausführungsbestimmungen im Sächsischen Ausführungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag haben sich in der Vergangenheit grundsätzlich bewährt. Drei Schwerpunkte der vorliegenden Änderungen lassen sich identifizieren. Diese wurden von den Sachverständigen der öffentlichen Anhörung auch nicht in Abrede gestellt.

Erstens wird eine Verfahrensregelung zur Bündelung der Beantragung von Erlaubnissen für die Vermittlung von Glücksspielen in Annahmestellen und Wettvermittlungsstellen für Sportwetten aufgenommen. Zweitens wird die Zuständigkeit der Landesdirektion Sachsen für die Ermächtigung anderer Länder zur Erfüllung glücksspielrechtlicher Aufgaben nach § 9 Abs. 1 Satz 4 sowie nach § 12 Abs. 3 Satz 3 Glücksspielstaatsvertrag geregelt. Es ist also von einer Konzentrationswirkung zu sprechen.

Außerdem wird die bestehende Zuständigkeit der Landesdirektion Sachsen für die Spielbanken als Verpflichtete nach dem Geldwäschegesetz ausdrücklich festgeschrieben.

Drittens werden deklaratorische Regelungen zum Erlaubnisvorbehalt für sogenannte Altspielhallen, wie bei Inkrafttreten des ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages am 1. Juli 2012, festgeschrieben.

Ich bitte Sie um Zustimmung zum vorliegenden Gesetzentwurf und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Die Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Regelungsgehalt des uns vorliegenden Gesetzentwurfs zur Änderung glücksspielrechtlicher Vorschriften erschöpft sich im Wesentlichen in der Implementierung eines Verbots von Mehrfachkonzessionen, einer bestimmbaren Regelung zur Zuständigkeitsübertragung auf die Landesdirektion, der zeitlichen Begrenzung der Laufzeit von Altkonzessionen mit einer entsprechenden Pflicht zur Neubeantragung von Genehmigungen und redaktionellen Aktualisierungen des Gesetzestextes. Letzterem diente auch der Änderungsantrag der Koalition zur Bearbeitung der Hinweise des Juristischen Dienstes aus der Vorprüfung des Gesetzentwurfs.

Die öffentliche Anhörung zur Erarbeitung des Gesetzentwurfs wurde von den Sachverständigen genutzt, um noch einmal Grundsätzliches, insbesondere zum Glücksspielstaatsvertrag, zu erörtern. Hier gehen die Auffassungen der Spielautomatenwirtschaft und der Verbände, die sich der Suchtprävention verschrieben haben, naturgemäß auseinander.

An dieser Stelle will ich auf den Gesetzentwurf meiner Fraktion – Drucksache 6/5530 – zur Neuregelung der Verwendung der Lotterie- und Glücksspielerträge für soziale Zwecke sowie zur Verbesserung der Glücksspielsuchtprävention verweisen. Dieser Gesetzentwurf setzt sich weitaus tiefer gehend mit der Regelungsmaterie auseinander und führt Zweckbindungen zur Suchtprävention ein; denn sowohl nach den derzeit geltenden Bestimmungen des Sächsischen Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag als auch mit dem heute verhandelten Gesetz über glücksspielrechtliche Regelungen sind weder konkrete gesetzliche Vorgaben zur gebotenen

Prävention und Erforschung der Glücksspielsucht noch verbindliche Regelungen zur konkreten anteilmäßigen Verwendung der Reinerträge aus den vom Freistaat Sachsen veranstalteten Sportwetten, Lotterien und Ausspielungen umgesetzt worden. Insoweit ist der uns vorliegende Gesetzentwurf sehr halbherzig.

Mit dem Gesetzentwurf der LINKEN, der am 1. September 2016 in den Geschäftsgang des Landtags gegangen ist, wird sehr konkret genau das geregelt, was die Sachverständigen in der mündlichen Anhörung zum heute verhandelten Gesetzentwurf als Defizite im Spielerschutz und vor allem bei der Suchtprävention bemängelten.

So sollen verpflichtende Maßnahmen zur Glücksspielsuchtprävention gesetzlich geregelt werden. Außerdem sollen durch den Freistaat Sachsen die Suchtforschung im Bereich des Glücksspiels unterstützt und die Beteiligung sichergestellt werden.

Darüber hinaus wird in unserem Gesetzentwurf die Verteilung des Reinertrags aus den Lotterieausspielungen künftig für die jeweiligen Zwecke wie folgt neu geregelt: Er soll mindestens zu einem Drittel für die Förderung der Kinder-, Jugend- und Wohlfahrtspflege sowie für die Suchtprävention, die Suchthilfe und die Förderung der Bereiche Sport, Kultur und Umwelt verwendet werden.

So, sehr geehrter Herr Staatsminister, hätte Ihr Gesetzentwurf ebenfalls aussehen können, wenn Ihnen das am Herzen läge, was in wohlfeilen Sonntagsreden gern propagiert wird: Spielerschutz, Jugendschutz und Glücksspielsuchtprävention.

Schließlich hat Ihnen mit der Stellungnahme vom 20. Januar 2016 die Sächsische Landesstelle gegen die Suchtgefahren e. V. Folgendes auf den Weg mitgegeben – ich zitiere –: „Leider erfolgte im Rahmen der Novellierung keine Bearbeitung weiterer in unserer Stellungnahme aufgeführter Problembereiche. Die Regelungen zum Verfahren der Selbstsperre, Sperrsystem, Präzisierung zu geforderten Sozialkonzepten, inklusive Schulungen, als auch Klarstellungen zur Verwendung staatlicher Einnahmen aus Glücksspielen. Festzustellen ist somit bestehender Novellierungs- und Ergänzungsbedarf entsprechender Regelungen zur Umsetzung des Glücksspielstaatsvertrages in Sachsen.“

Obwohl Ihnen nicht nur die Sächsische Landesstelle gegen die Suchtgefahren die aus ständiger Rechtsprechung in den geltenden Glücksspielstaatsvertrag übernommene Aufgabenstellung – ich zitiere – „... das Entstehen von Glücksspielsucht- und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzung für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen“, mit ihrer Stellungnahme wiederholt unter die Nase reibt, haben Sie tatsächlich die Chuzpe, dem Landtag einen um genau diese Aufgaben erleichterten Gesetzentwurf vorzulegen.

Das ist traurig und macht deutlich, dass Ihnen offenbar Spielerschutz und Glücksspielsuchtprävention keine

Herzensangelegenheit sind, die Einnahmen aus Glücks

spiel, Lotterie und entsprechenden Steuern aber sehr wohl.

Zwar können praktisch sicherlich die nach Ablauf der Übergangsfristen erforderlichen neuen Genehmigungsverfahren noch einmal als Kontrolldurchlauf für die Verwaltung gelten – das will ich nicht unerwähnt lassen –, aber dennoch bleiben Defizite, wie eben beschrieben, und die in der mündlichen Anhörung sehr schön herausgearbeiteten Kontrolldefizite.

Indem verpflichtend Glückspielanbieter durch ein neuerliches Genehmigungsverfahren kontrolliert werden,

versucht man durch erneute Genehmigungsverfahren kostengünstig der Kontrolldefizite Herr zu werden. Ob damit die illegalen Anbieter, die sich vermutlich zu keinem Zeitpunkt einem staatlichen Verfahren unterzogen haben und dies sicherlich auch nicht beabsichtigen, überhaupt erreicht werden können, darf – wie in der Anhörung dargestellt – getrost bezweifelt werden. Daneben haben wir gegebenenfalls künftig – auch das sollte nicht verschwiegen werden – eine Reihe von Klagen vor den Verwaltungsgerichten in Bezug auf das zu erwartende Auswahlverfahren von genehmigungsfähigen Spielstätten für Glücksspiel zu erwarten. Dabei werden sich die jeweils unterliegenden ehemaligen Anbieter auf den Bestands- und Vertrauensschutz berufen und versuchen, sich am Freistaat schadlos zu halten.

Sehr geehrter Herr Staatsminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Alles in allem haben Sie mit dem vorliegenden Gesetzentwurf in der A-Note wohl eher eine 3,5 erreicht. Sie haben gerade so das Allernötigste geregelt und die Aspekte des Spielerschutzes und der Glücksspielsuchtprävention sehenden Auges, also bewusst, herausgehalten. Damit bleibt der Gesetzentwurf hinter den Aufgabenstellungen des Glücksspielstaatsvertrages und hinter den gesellschaftlichen Erfordernissen zurück.

Meine Fraktion wird sich aus diesen Gründen bei der Abstimmung über diesen Gesetzentwurf enthalten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Für die SPD Herr Abg. Pallas, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir beraten heute den Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung glücksspielrechtlicher Vorschriften. Es klang schon an: Das Glückspielrecht fußt in Deutschland im Wesentlichen auf dem Glückspielstaatsvertrag zwischen den Bundesländern. Darin sind bundeseinheitliche Regelungen für das Glücksspiel vereinbart, die dann von den Ländern unter anderem in Ausführungsgesetzen umgesetzt werden sollen.

Dieses Gesetz und auch andere Vorschriften sollen nun für Sachsen geändert werden. Bei dem Gesetzentwurf handelt es sich inhaltlich um klarstellende Regelungen zu einem rechtssicheren Vollzug des Staatsvertrages, es geht

aber auch um die Vereinfachung von Genehmigungsverfahren. Zudem geht es darum, bereits bestehende Zuständigkeiten ausdrücklich im Gesetz festzuschreiben.

Ich finde, das sorgt für mehr Klarheit, mehr Anwenderfreundlichkeit sowohl aufseiten der Behörden als auch bei den Antragstellerinnen und Antragstellern. Auch im Bereich der Spielhallen haben wir eine Klarstellung durch den Gesetzentwurf. Das betrifft sowohl die Rechtsgrundlagen für aufsichtsrechtliche Maßnahmen als auch einen Erlaubnisvorbehalt für sogenannte Altspielhallen.

Auf diese eher formalen Klarstellungen ist der Gesetzentwurf beschränkt. Es ist also ganz bewusst von vornherein keine umfassende inhaltliche Novellierung, sondern ein Nachjustieren der bereits bestehenden Landesregelungen durch eine Optimierung selbiger. Die Grundlage dafür sind Praxiserfahrungen der letzten Jahre. Dieses Ziel der Klarstellung und Optimierung wird aus unserer Sicht erreicht, weshalb die SPD-Fraktion dem Gesetzentwurf zustimmen kann.

Es hat am 16. September 2016 dazu eine Anhörung im Innenausschuss gegeben. Ich möchte im Folgenden noch kurz auf einige Äußerungen der Sachverständigen eingehen.

Insbesondere der Sachverständige Dr. Pagenkopf bekräftigte, dass die von der Staatsregierung vorgeschlagenen Regelungen sinnvoll und geeignet sind, die Ziele der Novelle zu erreichen – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Nur ganz nebenbei: Dr. Pagenkopf war 20 Jahre lang Revisionsrichter am Bundesverwaltungsgericht. Seit dem Jahr 2010 berät er insbesondere Kommunen, Glücksspielbehörden und Bundesländer zum Vollzug des Glücksspielrechts. Er hat also einen sehr großen Überblick darüber, welche Praxisprobleme sich mit der Zeit herauskristallisiert haben und wie das im Hinblick auf die ergangene Rechtsprechung gelöst werden kann.

Dieser Praxiserfahrung entspringt auch sein Hinweis, dass für den wirksamen Vollzug von Gesetzen auch ausreichend Personal zur Verfügung stehen muss.

Dr. Pagenkopf sagte dazu konkret – ich zitiere –: „Jedes Gesetz ist schlecht, wenn es aufgrund Personalmangels nicht vollzugsfähig ist. Ansonsten läuft es leer.“

Diese Aussage unterstützt die SPD-Fraktion, und ich unterstütze es ebenfalls ausdrücklich. Auch diese Thematik wird nicht zuletzt im Zuge der Arbeit der Stabsstelle Personalmonitoring und der damit verbundenen auflagenkritischen Personalbedarfsberechnung für die Landesverwaltung mit zu untersuchen sein.