Protokoll der Sitzung vom 10.11.2016

Familien weiterhin unterstützen. Sie kennen die Leistungen: Es ist der Landesfamilienpass, es sind Leistungen der

Stiftung Familie, Hilfe für Familie, Kinder und Mütter, es ist die Bezuschussung von Familienferien, und auch das Landeserziehungsgeld sollte hier auf alle Fälle mit angesprochen sein.

Bei der Suche nach den Ursachen für die mangelnde Teilhabe von Kindern müssen wir selbstverständlich die Einkommen der Eltern in den Blick nehmen, und das hat aus meiner Sicht auch Abg. Homann sehr eindrücklich noch einmal mit angeführt.

Beleuchtet werden müssen in diesem Zusammenhang hinreichend bekannte Ursachen wie Teilzeitarbeitslosigkeit, geringe Entlohnung, Erwerbslosigkeit im Ganzen, Verschuldung, Krankheit oder auch hohe Lebenshaltungskosten. Wenn ich das anspreche, dann wird deutlich, dass wir hier über ein ganz klares Querschnittthema sprechen. Dieses kann nicht nur mit Blick auf eine adäquate Ausgestaltung der Sozialgesetzgebung und flankierender familienpolitischer Leistungen erbracht werden, nein, vielmehr sind hier alle Politikbereiche gefragt, insbesondere Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik, aber ganz besonders natürlich auch Bildungspolitik und das Thema Infrastruktur.

Ja, wir wissen, langfristig gesehen sichert nur eine gute, eine stabile Erwerbsperspektive der Eltern eine Teilhabe der Familien und damit auch eine Teilhabe der Kinder am gesellschaftlichen Leben. Wenn wir in der Großen Anfrage angeführt haben, dass die Armutsgefährdungsquote gesunken ist – ja, sie ist in den letzten zehn Jahren gesunken auf 16,3 im Jahr 2015 –, dann, Frau Schaper, kann es uns natürlich nicht zufriedenstellen. Wir werden weiterhin alle familienpolitischen, alle Maßnahmen ergreifen müssen, um die Armutsgefährdungsquote für den Freistaat Sachsen weiter zu senken. Da kann es uns weiter nicht zufriedenstellen, dass wir im Bundesschnitt im Mittel liegen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Meine Damen und Herren! Zur Besprechung der Großen Anfrage der Fraktion DIE LINKE liegt ein Entschließungsantrag unter der Drucksache 6/7056 vor; er ist noch nicht eingebracht. Frau Abg. Schaper, Sie haben jetzt die Gelegenheit dazu. Bitte sehr.

Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau Staatsministerin Klepsch! Vielen Dank für die sachliche Debatte. Sie haben eine sachliche Debatte eingefordert, und ich denke, die haben wir hier auch geführt. Insofern vielen Dank an alle Redner(innen). Aber in einer sachlichen Debatte muss es möglich sein, auch kritisch Dinge anzusprechen, und Schönrechnerei ist nun einmal nach meiner Auffassung noch eine sehr gemäßigte Form.

Ihre Einlassung zum Beispiel, dass sich die Armut von einem Kind in München anders darstellt als in Görlitz – mit Verlaub, Frau Ministerin –, verstehe ich nicht. Arm ist arm, egal wo das in Deutschland ist.

(Beifall bei den LINKEN)

Wir reden hier auch von Chancengleichheit. Das Bildungs- und Teilhabepaket, liebe Kollegin Dietzschold, haben Sie hier sozusagen ein wenig als Krone der Armutsbekämpfung gebracht. Was ist das für ein Teilhabepaket, das eine Chancengleichheit von – –

(Unruhe)

Ja, ist so – –

Frau Schaper, Sie bekommen jetzt bitte die Kurve und reden über den Entschließungsantrag.

Ja, selbstverständlich, Herr Präsident, na so was. Das ist mir ja noch nie passiert.

(Leichte Heiterkeit – Zuruf von der CDU: Hoppala!)

In dem Entschließungsantrag wird eindeutig auf diese Kenntnislücken von der Staatsregierung und auf die Kinderarmut hingewiesen. Damit wir einen lebenslagenbezogenen Report überhaupt bekommen können, müssen wir erst einmal wissen, wo die Defizite liegen, und die sind nicht erfasst – von Ihnen deutlich geworden in der Beantwortung –, Wohnverhältnisse, gesundheitliche

Situation, Freizeitverhalten und gesellschaftliche Teilhabe festzustellen.

Deshalb fordern wir Sie in unserem Entschließungsantrag auf, die Sozialberichterstattung so zu gestalten, dass die verschiedenen Lebenslagen von Kindern und Jugendlichen in Sachsen mit erfasst werden. Um belastbare Zahlen zu erhalten, soll künftig außerdem der Bundesmedian herangezogen werden. Es soll ein Rahmenkonzept zur Bekämpfung von Kinderarmut erarbeitet und gegenüber der Bundesregierung sich für eine Kindergrundsicherung eingesetzt werden. Das fordert der Entschließungsantrag, denn im Bildungs- und Teilhabepaket, Frau Dietzschold, kann ein Kind zum Beispiel nur seine Leistungen verbessern, wenn es versetzungsgefährdet ist, aber nicht, um von Note 2 auf Note 1 zu kommen. Da schreiben Sie sich in dem Antrag dumm und dämlich,

(Steve Ittershagen, CDU: Na, na, na!)

und das ist keine Chancengleichheit.

(Beifall bei den LINKEN)

Ich bitte Sie daher um Zustimmung zu unserem Antrag – und noch einmal herzlichen Dank für diese wirklich sachliche Debatte.

(Beifall bei den LINKEN)

Meine Damen und Herren, der Entschließungsantrag ist eingebracht. Gibt es

hierzu Wortmeldungen? – Frau Dietzschold für die CDU-Fraktion, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Entschließungsantrag: Die Sozialberichterstattung kommt – das hat Herr Homann deutlich ausgeführt. Wir als Koalition werden dafür im Haushalt Gelder zur Verfügung stellen.

Weiter ist geplant, einen Beirat zur Sozialberichterstattung zu initiieren und einzurichten. Dazu sind an uns alle über den Sozialausschuss Einladungen ergangen. Hier bietet es sich an, dass alle, die daran Interesse haben, auch teilnehmen und so dazu beitragen, dass wir bei einer Sozialberichterstattung über die gleichen Dinge sprechen und nicht der eine über dies und der andere über das.

Das soziale Bildungs- und Teilhabepaket, das Sie mir jetzt vorgehalten haben, Frau Schaper, besagt nicht, dass es eine Lernförderung ist, sondern es ist eine unterstützende Leistung für Kinder, die sich in Problemlagen befinden. Lernen muss jedes Kind natürlich noch selbst.

(Susanne Schaper, DIE LINKE: Natürlich! …)

Wir sind ja froh, dass im Freistaat Sachsen mehr Kinder geboren werden; Kinder sind für uns alle eine Bereicherung und wir haben alle in der Familie unseren Vorteil davon, wenn wir auf Kinder schauen. Deshalb gehört es für mich dazu, dass wir die Anreize, die eine solche Situation bietet, dann auch verstetigen.

Ich möchte zu dem Antrag nur so viel sagen: Wir werden ihn als Fraktion ablehnen, denn wir dürfen Kinder nicht als Belastung sehen, sondern wir müssen Kinder auch als Chance für uns alle sehen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD – Zuruf der Abg. Susanne Schaper, DIE LINKE – Unruhe)

Gibt es weitere Wortmeldungen? – Für die SPD-Fraktion Herr Abg. Homann.

(Anhaltende Unruhe)

Vielen Dank, Herr Präsident! Frau Schaper, wenn Sie so hervorheben, wie schön sachlich es war, dann verlieren Sie jetzt nicht noch auf der Zielgeraden die Balance.

(Heiterkeit – Zurufe)

Ich komme hier kaum zu Wort, weil ich Sie die ganze Zeit im rechten Ohr habe; es tut mir leid. Wenn ich zu Wort komme, komme ich auch zur Sache.

Wir haben uns den Entschließungsantrag angeschaut und ich habe in meinem Redebeitrag ausreichend klargestellt, an wie vielen wichtigen Baustellen wir in der Koalition sowohl im Bund als auch im Land arbeiten, wo wir noch Handlungsbedarf sehen. Ich halte den Großteil des Antrags – überall, wo es um den Bereich Sozialberichterstat

tung geht – durch unser Handeln als Koalition für erledigt.

Der Passus zum Thema Kindergrundsicherung – bei allem Respekt, das ist ein Thema, worüber wir uns sowohl im Bund als auch im Land verständigen. Dort ist ein klassischer Unterschied, ohne es werten zu wollen, zwischen CDU und SPD, und deswegen werden wir als SPDFraktion diesem Antrag nicht zustimmen.

Meine Damen und Herren! Gibt es weitere Wortmeldungen? – Herr Wendt, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Schaper, auch mir liegen Familie und Kinder wirklich zutiefst am Herzen, aber, ich denke, wir benötigen keine weiteren neuen Daten. Zum einen bietet die Sozialberichterstattung in Zukunft wirklich Daten, mit denen wir hoffentlich auch arbeiten können. Zum anderen müssen wir nicht feststellen, dass wir Probleme haben, denn die Probleme sind bekannt. Wir sollten uns primär darum kümmern, dass endlich aktiv gehandelt wird.

Ob jetzt der Bundesmedian einbezogen wird oder nicht, das ist mir, ehrlich gesagt, wurscht. Hauptsache, wir kommen jetzt einen Schritt voran

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: „Wurst“ heißt das!)

und bekämpfen nicht die Folgen, sondern die Ursachen. Aufgrund dessen werden wir Ihren Antrag ablehnen.

Vielen Dank.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Weil das wurst ist! Wir haben es verstanden!)

Meine Damen und Herren. Gibt es weitere Wortmeldungen? – Herr Abg. Zschocke, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Debatte hat gezeigt, dass es höchste Zeit ist, die soziale Lage wirklich genauer zu analysieren und politische Antworten zu suchen. Der Antrag findet unsere Unterstützung. Das ist ganz klar. Der Antrag formuliert ja auch einen Anspruch an die Ausgestaltung der Sozialberichterstattung.