Es kommt daher darauf an, Instrumente und Maßnahmen zu entwickeln und zu fördern, die bislang nicht erreichte Gruppen aktiv aufsuchen. Die Landeszentrale, die Volkshochschulen, freie Träger in der politischen Bildungsarbeit, auch Gemeinwesenprojekte können solche aufsuchenden Maßnahmen für Personen, die eher einen geringen Zugang zu Bildungsangeboten in den ländlichen Regionen haben – auch für Migrantinnen und Migranten – durchführen.
Wir unterstützen deshalb den Antrag, denn ich muss es deutlich sagen: Die Defizite bei der politischen Erwachsenenbildung in Sachsen sind hoch. Hoch sind aber auch die Problemwahrnehmungsdefizite in der Staatsregierung. Deswegen ist es wichtig, dass hier noch einmal dazu berichtet wird.
Meine Damen und Herren, das war die erste Runde. Gibt es aus den Reihen der Fraktionen Redebedarf für eine weitere Runde? – Frau Abg. Junge, bitte sehr, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Bienst hatte die Frage gestellt, warum wir diesen Antrag noch einmal stellen. Wir sind mit der Beantwortung völlig unzufrieden. Aus unserer Sicht ist eine Vielzahl an Fragen nicht oder falsch beantwortet worden.
Ich gehe einmal kurz auf zwei, drei Punkte ein. Zum Beispiel ist der Fragekomplex I aus unserer Sicht völlig unzureichend beantwortet, weil nur ganz kurz der Zustand aus dem Jahr 2014 mit dem Weiterbildungskonzept abgehandelt wurde. Was man daraus für die nächsten Jahre entwickelt hat oder bis jetzt erreicht hat, das steht nirgendwo.
Zweitens. Es wird behauptet, dass es im Bereich der politischen Bildung flächendeckende Angebote gibt. Ich habe da völlig andere Erfahrungen gemacht. Ich habe nämlich in den vergangenen anderthalb Jahren zwei Touren gemacht: einmal eine Volkshochschultour und einmal eine Tour bei einem freien Weiterbildungsträger. Dort habe ich alle befragt und mit allen Gespräche geführt. Sie haben letztendlich dargestellt, dass sie keine
flächendeckenden Weiterbildungsangebote haben. Warum? Sie haben einfach gar nicht mehr die Möglichkeiten und Mittel zur Verfügung. Das ist die Debatte, die wir auch im Haushaltsausschuss geführt haben. Sie sind nicht mehr in der Lage, politische Weiterbildungsangebote so anzubieten, dass sie zum Beispiel auch im ländlichen Raum wirksam werden können. Das heißt, dort ziehen sie sich auf kulturelle oder entsprechende berufliche Weiterbildungsangebote zurück. Der Aufwand für politische Veranstaltungen, diese zu konzipieren, ist viel höher als in anderen Bereichen.
Deswegen gibt es dort sehr viel Kritik, gerade bei den freien Weiterbildungseinrichtungen und -trägern, aber auch beim Volkshochschulverband. Das wissen Sie auch. Da gibt es in den letzten Jahren Positionspapiere in Größenordnungen, wo sie das entsprechend kritisiert und dargestellt haben.
Frau Junge, geben Sie mir recht, dass gerade in den ländlichen Bereichen die Angebote reiner politischer Weiterbildung eben nicht angenommen werden? Geben Sie mir recht, dass wir eine neue politische Weiterbildungsstruktur in Sachsen entwickeln müssen, damit wir die Menschen auch in ländlichen Strukturen erreichen?
Ja, Herr Bienst, darin gebe ich Ihnen recht, dass wir da neue Angebote entwickeln müssen. Aber wer soll es denn machen? Machen sollen es letztendlich die Volkshochschulen und die Träger der freien Weiterbildungseinrichtungen. Sie haben aber das Problem, ich hatte es dargestellt, dass sie aufgrund der geringen Mittel, die sie zur Verfügung haben, gar nicht mehr die Zeit haben, um diese kostenintensiven Programme entwickeln zu können.
Das Problem ist, dass solche aufsuchenden Angebote, die überall gefordert werden, und das schon seit mehreren Jahren, mehr Zeit, Geld und Personal kosten. Bitte schön, deswegen gibt es die Forderungen von den Trägern der Weiterbildung, die sagen, wenn ihr das haben wollt, muss der Freistaat Sachsen dort entsprechende Mittel zur Verfügung stellen. Deswegen gab es auch in der Haushaltsdiskussion und der Haushaltsdebatte Anträge von uns, die Mittel wesentlich zu erhöhen und nicht nur 1 Million Euro draufzulegen, sondern zu sagen, wir
brauchen wenigstens 4 Millionen Euro Aufwuchs, um genau diese politische Bildungsarbeit leisten zu können.
Meine erste Zwischenfrage hat sich bereits erledigt. Diese hätte nämlich gelautet, ob Sie zur Kenntnis genommen haben, dass wir 1 Million Euro draufgelegt haben.
Zweitens. Haben Sie zur Kenntnis genommen, dass auch der Finanzierungsmodus mit der Weiterbildungsverordnung, was die zu geringen Teilnehmerzahlen angeht, verändert worden ist?
Das habe ich auch zur Kenntnis genommen. Ich sage aber noch einmal: Für die vielen Aufgaben im Bereich der Weiterbildung – das ist ja nicht nur politische Bildung, dass wissen Sie ja auch und das haben wir auch dargestellt, dass das nur ein Bereich der Weiterbildung ist – existieren ganz viele Probleme. Wir haben es bereits auch anderweitig dargestellt: zum Beispiel die Ausfinanzierung der entsprechenden Honorarkräfte. Wir brauchen inklusive Angebote, wir brauchen digitale Bildung usw. Das ist also ein großes Spektrum.
Die politische Bildung als Stiefkind der Weiterbildung, das haben Sie auch dargestellt, hat entsprechende Ansprüche. Es reicht eben aus der Sicht sowohl des Volkshochschulverbandes als auch der freien Weiterbildungsträger nicht aus zu sagen, die nächsten zwei Jahre müsst ihr mit 7 Millionen Euro auskommen und trotzdem noch mehr Aufgaben bewältigen. Zudem sollt ihr auch noch aufsuchende Angebote der politischen Bildung machen. Denken Sie bitte darüber nach, dass dort aktiv Ihrerseits gehandelt wird und entsprechend auch andere Strukturen entwickelt werden.
Deswegen sind wir mit der Beantwortung überhaupt nicht zufrieden, weil sie einfach den Stand bis 2014 abbildet und nicht einmal Überlegungen anstellt, wie es dort mit den Problemen weitergehen soll. Die Fragen 4 und 5 sind gar nicht beantwortet worden.
Meine Damen und Herren, gibt es weitere Wortmeldungen? – Das kann ich nicht erkennen. Ich frage die Staatsregierung: Wird das Wort gewünscht? – Frau Staatsministerin Kurth, Sie haben jetzt das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Wie wir bereits in den Redebeiträgen gehört haben, ist politische Erwachsenenbildung sehr
vielfältig. Sie ist ein Spiegel des Zeitgeschehens. Sie ist Motor politischer Prozesse. Sie ist das Ergebnis einer sehr langen historischen Entwicklung.
Politische Bildung als Teil von Bildung insgesamt ist dem Menschen eigen und vollzieht sich sowohl durch dessen Wahrnehmung der Gesellschaft als auch durch seine Teilhabe. So formuliert auch die Sächsische Weiterbildungskonzeption die politische Weiterbildung, die zudem Kenntnisse über politische Strukturen und Prozesse sowie regionale, nationale, europäische und globale Entwicklungen vermittelt. Darüber hinaus zeigt die Weiterbildungskonzeption Handlungsbedarfe auf. Für die politische Bildung gilt es demnach, eine stabile und flächendeckende Förderung der politischen Bildungsarbeit in unterschiedlichen Formen und mit innovativen Bildungsaktivitäten anzustreben.
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Politische Erwachsenenbildung wird den sächsischen Bürgerinnen und Bürgern durch die verschiedensten Träger im Freistaat Sachsen bereits flächendeckend angeboten. Neben der schon genannten Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung sind das unsere Volkshochschulen, sind das die kirchlichen Bildungseinrichtungen, ist das Arbeit und Leben e. V. sowie die Ländliche Erwachsenenbildung. Diese engagieren sich zusammen mit verschiedensten Verbänden und Vereinen für diesen Weiterbildungszweig.
In allen sächsischen Landkreisen und allen kreisfreien Städten sind somit Träger der Erwachsenenbildung vertreten, die auch Angebote zur politischen Erwachsenenbildung vorhalten. Es wurden schon Zahlen genannt. Im laufenden Jahr fanden rund 2 200 Weiterbildungsveranstaltungen allein an den gemäß Weiterbildungsförderungsverordnung unterstützten Weiterbildungseinrichtungen statt. Ich bin sehr dankbar dafür, dass die Mittel aufgestockt werden konnten und in unserem Haushalt auch in Bezug auf die Teilnehmerzahlen eine Lockerung herbeigeführt werden konnte.
Darüber hinaus agiert aber auch in Kooperation mit Kommunen sowie öffentlichen und freien Trägern die Sächsische Landeszentrale für politische Bildung im Rahmen ihres staatlichen Auftrages explizit im Kontext der politischen Bildung. Ihre Veranstaltungen sind in der Regel für alle interessierten Zielgruppen öffentlich zugänglich. Dabei ist die räumlich angemessene sachsenweite Verteilung des Angebotes ein sehr wichtiges Anliegen. Die Landeszentrale ist außerdem ständiges Mitglied im Landesbeirat für Erwachsenenbildung. Sie stellt sich zudem dem Anspruch, ihre Angebote auf die unterschiedlichen Zielgruppen auszurichten. Bereits seit längerer Zeit setzt die Landeszentrale deshalb verstärkt auf offene Dialogformate, um Kenntnisse zu vermitteln und Informationsaustausch zu gewährleisten.
Beispielhaft für dieses Veranstaltungskonzept steht „Kommune im Dialog (KiD)“, das sich als ständiges Angebot und Instrument politischer Meinungs- und
Darüber hinaus hat die Landeszentrale ein Referat „Politische Bildung online“ eingerichtet, um politische Bildung all jenen zugänglich zu machen, die sich vornehmlich nur noch online informieren.
Weitere Angebote und Formate zur verständlichen Darstellung komplexer Sachverhalte sowie zur Stärkung der Diskursfähigkeit und Weiterentwicklung der Wissensvermittlung werden zurzeit erarbeitet. Mit diesen Angeboten sollen beispielsweise Lehrer und Weiterbildner unterstützt werden.
Flankiert werden die interaktiven Bildungsangebote durch eine breite Palette an Publikationen, die sich politischen, historischen und gesellschaftsrelevanten Themen widmen.
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Vor wenigen Wochen haben uns alle, auch mich, die Ergebnisse des „Sachsenmonitors“ betroffen gemacht. Die politische Bildung an unseren Schulen zu stärken ist mir nicht erst seitdem wichtig. Ich ermuntere unsere Lehrerinnen und Lehrer ausdrücklich zu politischen Diskussionen, nicht nur auf medialem Weg, sondern vor allem in persönlichen Gesprächen. Zeit und die Möglichkeit, aktuelle politische Geschehnisse zu diskutieren, gibt es in allen Unterrichtsfächern.
Analoges gilt für die Erwachsenenbildung. Der Freistaat Sachsen fördert bereits jetzt Weiterbildungsprojekte über Ressortgrenzen hinweg. Ich möchte einige benennen: der Innovationspreis Weiterbildung, die Weiterbildungsförderung, das Programm „Weltoffenes Sachsen“, die Demografierichtlinie. Mit all diesen Mitteln wird stets auch die politische und bürgerschaftliche Bildung gefördert.
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! In Sachsen wird insbesondere die berufliche Weiterbildung sehr gut angenommen. Natürlich gibt es nichts, was nicht verbessert werden könnte. Das gilt für die berufliche Weiterbildung ebenso wie für die kulturelle, allgemeine oder politische Bildung. Der Freistaat stellt für die Erwachsenenbildung in den kommenden beiden Jahren jeweils 7 Millionen Euro zur Verfügung. Schon benannt wurde die Steigerung um 1 Million Euro gegenüber dem Jahr 2016.
Die Angebote in ihren unterschiedlichsten Formaten und Ausprägungen sind vorhanden. Sie müssen aber, wie wir schon diskutiert haben, auch angenommen werden. Ich glaube, hier haben wir noch ein gutes Stück Weg vor uns. Dabei sind auch die Weiterbildungsträger gefragt, ihr Programm noch passgenauer auf die jeweilige Zielgruppe auszurichten und mit den Anbietern in einer Region abzustimmen.
Meine Damen und Herren! Politische Erwachsenenbildung kann nicht verordnet werden. Jede und jeder muss vielmehr selbst dazu bereit sein, sich weiterbilden zu wollen. Dafür ist die Erwachsenenbildung in Sachsen gut