Protokoll der Sitzung vom 16.12.2016

Möglicherweise ist das aber genau Ihre Absicht, denn Ihr Antrag zielt auf die zentralen Grundpfeiler unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung, die Reduzierung von Medienpluralismus und Meinungsvielfalt, für die die öffentlich-rechtlichen Programmangebote von ARD und ZDF von großer Bedeutung sind.

Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist für uns keine medienpolitische Alternative für Deutschland.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsministerin Barbara Klepsch)

Meine Damen und Herren! Nun die Fraktion DIE LINKE; Herr Abg. Neubert. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als ich den Antrag der AfD las, fiel mir ein alter Kinderwitz ein:

(Heiterkeit bei den LINKEN)

Das Häschen kommt abgehetzt aus dem Wald gerannt und wird gefragt, was denn los sei. Außer Atem berichtet es: Der Förster misst bei allen Tieren die Länge der Schwänze und schneidet alle Schwänze über einen halben Meter ab. Aber Häschen, dann hast du doch nichts zu befürchten, du hast doch nur einen kurzen Stummelschwanz. Ja, sicher, aber der Förster schneidet erst ab und misst dann. – Ein alter Grundsatz, den man in fast jedem Beruf lernt: Zuerst messen, dann schneiden.

Sie werden sicher vermuten, wie ich darauf kam: Am 15. November hat die AfD zwei Drucksachen gleichzeitig eingereicht, zum einen eine Große Anfrage mit 630 Einzelfragen. Offensichtlich haben Sie großen Wert darauf gelegt, den Rekord bei der Anzahl der Einzelfragen aufzustellen. Manche Antwort hätten auch Grundschüler durch Googeln gefunden, aber sei es drum.

Es gibt darin durchaus vernünftige Fragen, zum Beispiel die Frage 13: „Welche einzelnen Verfahrensschritte werden zur Änderung von Rundfunkstaatsverträgen durch einen Rundfunkänderungsstaatsvertrag durchlaufen?

(Bitte die einzelnen Schritte aufzählen und kurz beschrei- ben.) “ Bis zum 27. Januar muss Ihnen die Staatsregierung darauf antworten. Und wenn Sie dann die Antwort haben, könnten Sie auch mitreden bei der Frage, in welchen Schritten die Rundfunkstaatsverträge geändert werden können und geändert werden müssen. Sie wüssten dann auch, dass es nicht sinnvoll ist, alle Rundfunkstaatsverträge zu kündigen – insbesondere dann nicht, wenn sie den Wunsch nach Veränderung vor allem damit begründen, dass Ihnen der öffentlich-rechtliche Rundfunk zu teuer erscheint. Denn das ist angeblich Ihr erstes und wichtigstes Problem. (Karin Wilke, AfD: Nein!)

Leider konnten Sie es nicht abwarten und haben am selben Tag, an dem Sie die Fragen gestellt haben, gleich noch beantragt, alle Rundfunkstaatsverträge zum

31.12.2016 zu kündigen. Sie hätten besser die Antwort abwarten sollen, denn Ihr Vorschlag ist wirklich alles andere als clever.

(Dr. Kirsten Muster, AfD, steht am Mikrofon.)

Als besorgter Bürger frage ich mich: Wenn zu Ihnen ein Dresdner oder Leipziger Mieter kommt – –

Ich wollte Sie den Satz noch zu Ende sprechen lassen, Herr Neubert, aber Sie sind, wie es aussieht, schon bereit, die Zwischenfrage zuzulassen.

Ja, selbstverständlich.

Frau Dr. Muster, bitte.

Vielen Dank. Herr Neubert, ist Ihnen klar, dass es eine Frist für die Kündigung gibt, die zum 31.12.2016 einzuhalten ist?

(Heiterkeit bei den LINKEN und der CDU)

Die Frage ist beantwortet. Herr Neubert, bitte.

(Anhaltende Heiterkeit)

Ich als besorgter Bürger frage mich: Wenn zu Ihnen ein Dresdner oder Leipziger Mieter kommt, der mit einer Mieterhöhung für seine Wohnung nicht einverstanden ist, geben Sie ihm dann auch den Rat, zuerst seinen Mietvertrag zu kündigen und danach mit dem Vermieter einen günstigeren auszuhandeln? So weltfremd kann man doch gar nicht sein.

(Jörg Urban, AfD: Das kann sehr sinnvoll sein!)

Man kann nur hoffen, dass nie ein Mieter bei der AfD nachfragt.

(Beifall bei den LINKEN)

Das Ergebnis wäre, dass er nach der Beratung durch die AfD noch viel mehr Miete bezahlen müsste, als der Vermieter ursprünglich erhöhen wollte.

(Jörg Urban, AfD: Mit Wirtschaft haben Sie noch nie etwas zu tun gehabt!)

Nun mag mancher sagen, der Vergleich sei weit hergeholt. Das ist er aber ganz und gar nicht. Es gibt genau zwei Möglichkeiten: Entweder die anderen Länder wollen sich mit Sachsen auf Verbesserungen an den Rundfunkstaatsverträgen einigen – wenn das der Fall ist, braucht Sachsen aber keinen einzigen Rundfunkstaatsvertrag zu kündigen, sondern die Staatsregierung könnte, wie schon so oft, einen Rundfunkänderungsstaatsvertrag aushandeln und abschließen – oder aber die Staatsregierung und wir als Parlament wollen oder können uns – aus welchem Grund auch immer – mit den anderen nicht auf etwas Besseres einigen.

(Karin Wilke, AfD, steht am Mikrofon.)

Dann stünden wir zum Beispiel nach der Kündigung des MDR-Staatsvertrages ohne Mitteldeutschen Rundfunk da.

Herr Neubert, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Frau Wilke, bitte.

Herr Neubert, genau wie ich haben Sie sicherlich die vielen Rundfunkänderungsstaatsverträge und das Aushandeln derselben verfolgt. Sind Sie wirklich der Meinung, dass wir noch länger an diesen vielen kleinen Stellschrauben drehen sollten, oder machen wir es denn mal neu und richtig?

Ich halte es für höchst vernünftig, an den Rundfunkänderungsstaatsverträgen weiter zu arbeiten. Wenn wir einen starken öffentlichrechtlichen Rundfunk für die Zukunft wollen, der ausgewogen ist in allen Formen – darauf werde ich noch eingehen –, dann ist der Rundfunkänderungsstaatsvertrag genau das richtige Instrument der Änderungen und des Agierens im Freistaat Sachsen.

Wir könnten uns mit den anderen also nicht auf etwas Besseres einigen. Dann stünden wir zum Beispiel nach der Kündigung des MDR-Staatsvertrages ohne Mitteldeutschen Rundfunk da – das wäre die Konsequenz – und hätten – das würde vielleicht manchen hier im Haus gefallen – einen sächsischen Rundfunk als Landesanstalt statt einer Dreiländeranstalt und vielleicht ein sächsisches Fernsehen statt des ZDF.

Wissen Sie, welche Rundfunkanstalten am teuersten sind? Das sind natürlich die Einlandanstalten. Selbst die großen, zum Beispiel der Bayerische Rundfunk oder der Hessische Rundfunk, kosten pro Einwohner etwas mehr als der MDR. Der Saarländische Rundfunk kostet pro Einwohner das Eineinhalbfache. Bei Radio Bremen ist es noch einmal deutlich mehr. Da Sachsen weder so groß wie Bayern oder Hessen noch so klein wie das Saarland oder Bremen ist, würden wir wahrscheinlich irgendwo dazwischen liegen. Auf jeden Fall würde es deutlich teurer als bisher werden. Das leuchtet jedem betriebswirtschaftlich Vorgebildeten ein. Es gehen Synergien verloren, Dinge müssen doppelt getan und doppelt bezahlt werden.

Wenn also alle Landtage dem bundesweit eingebrachten AfD-Antrag folgen würden und nicht nur der MDR, sondern auch der NDR, der SWR, der RBB, das ZDF und Deutschlandradio aufgelöst werden würden, dann würde das zu einer Kostenexplosion im öffentlich-rechtlichen Fernsehen und Hörfunk führen. Da aber diese Kosten aus verfassungsrechtlichen Gründen auch weiterhin nicht aus Steuern, sondern nur aus Rundfunkbeiträgen gedeckt werden dürfen, müssten diese deutlich steigen, mindestens über 20 Euro, wahrscheinlich aber noch weit, weit mehr, in Richtung 30 Euro.

(Karin Wilke, AfD, steht am Mikrofon.)

Das wäre die Konsequenz. Der AfD-Antrag – –

Herr Neubert, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Moment. – Der AfD-Antrag zur Kündigung der Staatsverträge treibt die Rundfunkbei

träge in die Höhe. Der Antrag ist Schaumschlägerei und in Wahrheit zutiefst unsoziale Politik.

(Beifall bei den LINKEN und der Abg. Dr. Claudia Maicher, GRÜNE)

Gestatten Sie jetzt eine Zwischenfrage? – Frau Wilke.

Herr Neubert, wenn wir an eine Erneuerung des Rundfunkstaatsvertrages denken, dann vergleichen wir das nicht mit Staatsverträgen anderer Bundesländer, die womöglich noch teurer sind als das, was wir mit dem MDR aushandeln, –

Die Frage!

– sondern wir vergleichen es mit – –

(Sarah Buddeberg, DIE LINKE: Die Frage!)

Frau Wilke, Ihre Frage, bitte.