Ja. Die Frage lautet: Sind Sie sich darüber im Klaren, dass es auch noch andere Möglichkeiten gibt, einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu organisieren?
Die Konsequenz Ihrer Kündigung führt darauf zurück, dass wir entweder Beitragszahler in Sachsen haben, die mit den Mitteln etwas zahlen müssten, was viel teurer ist, oder aber, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk ganz abgeschafft wird.
Ich zitiere die „Sächsische Zeitung“ vom 15.12.2016: „Für Petry ist, wie sie vor der Landtagssitzung sagte, sogar die Abschaffung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks denkbar.“
Die Option sind Sie uns bisher ja noch schuldig geblieben. Das, was Sie hier machen, ist, den öffentlichrechtlichen Rundfunk wegzuschießen, ohne ein eigenständiges Konzept vorzuweisen.
Frau Muster hat hier in hoher Theatralik und wirklich in einer Aneinanderreihung von sehr anstrengend wahrzunehmenden Argumenten den öffentlich-rechtlichen
Rundfunk angegriffen, ohne ein Konzept aufzuzeigen, in welche Richtung die AfD gehen will. Und das ist doch das Problem.
Sie schießen nur. Sie kritisieren nur. Sie machen keine eigene Entwicklung eines Konzeptes. Sie haben kein Verständnis von einem medienpolitischen Konzept in diesem Bereich.
Nein, so sei es nicht gemeint, eigentlich will man ja gar keinen sächsischen Rundfunk. Eigentlich will man überhaupt keine Rundfunkanstalt im öffentlichen Eigentum – das wäre ja noch eine Sache – oder höchstens nur eine ganz kleine, winzige. Es mag ja sein, dass die AfD meint, dass RTL, SAT1 und Eurosport ausreichen würden, um Sachsen zu informieren und zu unterhalten, aber Pustekuchen.
Zum einen würden Sie mit der Kündigung aller Rundfunkstaatsverträge ganz nebenbei auch den privaten Rundfunkanstalten die Rechtsgrundlage entziehen. Zum anderen sind diese nicht die Haifische im sehr unfriedlichen Medienmarkt. Es sind bestenfalls die Hecht; profitieren würden ganz, ganz andere.
Der Medienmarkt unterscheidet heute nicht mehr zwischen Printmedien, Radio, Fernsehen und sozialen Medien. Zumindest die jüngeren Nutzer tun das ebenfalls nicht. Im Internet folgen sie in den sozialen Netzen Links, die abwechselnd zu Zeitungsartikeln, Rundfunkbeiträgen oder Fernsehsendungen führen, und zwar weltweit. Die Medien enden nicht an nationalen Grenzen. Im Internet kommt alles zusammen und verschmilzt nach und nach. Jeder, der bei Twitter, Google, Facebook oder Youtube unterwegs ist, weiß das.
Wissen Sie, auf welchem Platz die gesamte ARD, die angeblich so teuer ist, mit 6 Milliarden Euro Jahresumsatz unter den Medienkonzernen steht? Schätzen Sie mal! – Auf Platz 25. Es beginnt mit Comcast, einer USamerikanischen TV-Kette, und Google auf Platz 1 und 2 mit jeweils circa 50 Milliarden Euro Umsatz. Es folgen 15 weitere US-amerikanische Medienkonzerne, dazwischen ein japanischer, ein britischer, zwei französische, ein chinesischer, ein kanadischer Konzern – alles Privatunternehmen. Auf Platz 9 mit Bertelsmann immerhin ein deutscher Konzern, dessen Umsatz mit 16 Milliarden Euro doppelt so groß ist wie ARD, ZDF und Deutschland Radio zusammen. Auf Platz 25 dann die ARD als erster Konzern im öffentlichen Eigentum. Kurz hinter der ARD folgt dann auch die BBC, ansonsten sind die Großen alle in Privatbesitz. Weit abgeschlagen auf Platz 72 übrigens das ZDF – kurz hinter dem staatlichen chinesischen Zentralfernsehen auf Platz 69.
Warum erwähne ich das? Weil man deutlich darauf hinweisen muss: Die AfD-Politik zur Zerstörung des einzigen großen Medienunternehmens im öffentlichen Eigentum ist – gewollt oder ungewollt – eine Politik zur
Welche Gefahr soziale Netzwerke im Internet für wahrheitsgemäße Informationen und Berichterstattung sein können, insbesondere wenn es keine starken journalistischen Gegengewichte gibt, das erleben wir ja gerade. Da spreche ich nur das Thema Fakenews an.
DIE LINKE will ARD und ZDF nicht zerschlagen, sondern erhalten und stärken. Aber wir wollen sie gründlich verändern und deshalb treten wir durchaus für eine Novellierung der Rundfunkstaatsverträge ein, ja, wir fordern sie sogar. Wir wollen nicht, dass das Geld des Beitragszahlers für überhöhte Gehälter von Direktoren und Talkmastern ausgegeben wird. Stattdessen wollen wir damit die Finanzierung eines guten investigativen und kritischen Journalismus absichern.
Wir wollen keine Berichterstattung, die – egal, ob es um griechische Schulden, ein italienisches Referendum, das deutsch-russische Verhältnis oder die US-amerikanischen Wahlen geht – ziemlich unreflektiert im Mainstream mitschwimmt, sondern wir wollen saubere und kritische Recherche und journalistische Ausgewogenheit. Das alles gibt es bisher – ist aber leider nicht immer der Standard.
Wir wollen ein differenziertes und vielseitiges Angebot für alle Publikumsgruppen aufrechterhalten und ausbauen – keinen Rückbau auf eine unattraktive sogenannte Grundversorgung. Auch Sport, Show und Krimi gehören dazu.
Wir wollen endlich eine faire Bezahlung auch der freien Mitarbeiter in den Rundfunkanstalten. Wir wollen, dass beitragsfinanziertes Fernsehen ohne Werbung auskommt, auch online. Wir wollen keine sachliche oder zeitliche Beschränkung der Onlineaktivitäten der öffentlichen Rundfunkanstalten. Wir wollen eine Demokratisierung der Kontroll- und Aufsichtsgremien.
In seiner heutigen Zusammensetzung verkörpert der MDR-Rundfunkrat bestenfalls das, was sich die CDU bei seiner Gründung unter Zivilgesellschaft so vorgestellt hat – aber keinesfalls die Zivilgesellschaft, wie sie heute ist. Dabei rede ich vom lächerlichen Frauenanteil, von der Schieflage zwischen Unternehmerverbänden und Arbeitnehmerverbänden; davon, dass Kirchen so überrepräsentiert sind, als wären wir ein tief religiöses Land, in dem Migranten oder andere Minderheiten aber gar nicht vorkommen, usw. usf.
Was überhaupt nicht mehr geht und was mit Staatsferne unvereinbar ist: dass ein eben erst ausgeschiedener CDUFraktionsvorsitzender ohne jede medienpolitische Erfahrung zum Vorsitzenden des MDR-Rundfunkrates gemacht
Auch zu den Finanzen haben wir eine klare Position. Weil es einerseits verfassungsrechtlich in Deutschland nicht möglich ist, den öffentlichen Rundfunk so wie in anderen Ländern aus allgemeinen Steuermitteln zu finanzieren, es andererseits aber auch nicht sinnvoll ist, ausgerechnet die journalistischen Maßstäben genügenden Beiträge im Internet zu verschlüsseln, genau deshalb sollten die Rundfunkbeiträge eben nicht nach dem ungerechten Haushaltsprinzip erhoben werden, sondern wie Steuern auch nach dem Prinzip „Wer ein großes Einkommen hat, zahlt mehr; wer weniger hat, zahlt weniger; und wer sehr wenig hat, wird vom Beitrag befreit“. Das wäre sozial gerecht und das wäre auch angemessen für Medienanstalten in Gemeineigentum, wie es ARD und ZDF nun einmal sind, und als solche werden wir sie auch verteidigen.
Vielen Dank, Herr Neubert. Meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion ist an der Reihe. Herr Abg. Panter; bitte sehr, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin selten sprachlos, aber bei der Lektüre dieses AfD-Antrags war ich sprachlos – und nach der Rede von Frau Dr. Muster fehlt mir eigentlich komplett die Spucke, denn sie war wirklich mutig. Ich gehe nicht auf den Vortragsstil ein, sondern auf den Inhalt. Zu dem, was Sie hier vorgetragen haben, gehört wirklich sehr, sehr viel Mut.
Sie wollen also, dass der Rundfunkstaatsvertrag gekündigt wird. Das ist der klare Tenor. Sie behaupten, dass Sie damit die Rundfunkordnung des öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems neu ordnen wollen. Das behaupten Sie, das ist letztlich noch nicht erwiesen, und Sie meinen, das wäre innerhalb von zwei Jahren möglich. Na dann, viel Spaß und gute Reise!
Ich frage mich ernsthaft bei Ihrem Antrag: Was wollen Sie wirklich, was wollen Sie wirklich ändern? So, wie Sie vorgehen, können Sie diese Ziele doch gar nicht erreichen.
Ich finde dieses Bild mit dem Stummelschwänzchen, das der Kollege Neubert gebracht hat, bei diesen AfD-Antrag eigentlich ganz passend. Ich hätte es anders, kürzer formuliert: Sie schießen erst und wollen dann reden. Das Problem ist nur, dass der Delinquent dann schon tot ist. Ups, na ja …
Ich komme noch zu einigen inhaltlichen Punkten. Sie loben ja den privaten Rundfunk über den grünen Klee – ich zitiere: „Es gibt in Deutschland unzählige private
Ihnen ist bewusst, dass Sie, wenn Sie den Rundfunkstaatsvertrag kündigen, dann auch die §§ 20 bis 34 des Rundfunkstaatsvertrages mit kündigen und damit den privaten Anbietern die rechtliche Grundlage entziehen? Ich bin mir sicher, das ist Ihnen bewusst. Das heißt also, wir stehen am Ende dann mit einem Mediensystem da, das weder öffentlich-rechtliche noch private Anbieter kennt. Die Konsequenz ist wahrscheinlich – Kollege Neubert hat es gesagt –: Wir öffnen Anbietern aus anderen Ländern Tür und Tor, vor allem den amerikanischen. Ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich Ziel sein kann. Nun gut.
Wer sich mit Ihrem Antrag auseinandersetzt, der muss ganz zwangsläufig zu der Überzeugung kommen, dass Sie an einer sachlichen Auseinandersetzung mit dem Thema gar nicht interessiert sind.