Jetzt zu der Frage, ob wir uns Sorgen machen müssen über den Datenschutz in Sachsen. – Wissen Sie, dazu besteht eben einiger Anlass. „Handygate“ hat nämlich nicht irgendwo stattgefunden, sondern in Sachsen, wo durch die Behörden Millionen Daten von Menschen erfasst worden sind.
Die automatisierte Kennzeichenerfassung findet auch in Sachsen statt – 1 900 Stunden im vergangenen Jahr. Da schauen wir als LINKE dann doch etwas genauer hin.
Ich nehme freudig zur Kenntnis, dass der Herr Abg. Schollbach über eine Gesamtkollektion der James-Bond-Filme verfügt – das scheint genug Anhalt für eine entsprechende Impulsgebung zu sein.
In der Tat hatten wir in Sachsen im Rahmen polizeilicher Handlungsmaßnahmen die entsprechende Datenerfassung.
Wir hatten eine richterliche Prüfung, und auch das ist lebendige Realität in Sachsen: dass entsprechende ordnungsgemäße rechtliche Verfahren und Prüfungen diesen Vorgang bearbeitet und beurteilt haben.
Ansonsten gilt – noch einmal zu der von Ihnen so betroffen formulierten Erfassung von Kennzeichen im Rahmen der polizeilichen Maßnahmen –, dass sie auf rechtlich sauberen Füßen erfolgt sind, dass sie im Rahmen eines rechtlich normierten Verfahrens laufen. Ich hatte darauf hingewiesen: Die passieren nicht nur in Sachsen, sondern auch in anderen Bundesländern. Das Verfahren, das wir in Sachsen haben, ist in diesem Jahr in Bayern abschließend – weil dort genau dieselben Bedenken vorgetragen worden sind – höchstrichterlich als zulässig befunden worden. Insoweit bin ich mir sehr sicher. Aber es ist ja gut, wenn Sie darauf hinweisen; damit geben Sie uns Gelegenheit, noch einmal darauf hinzuweisen, dass es auf rechtlich korrekten Füßen läuft.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich werde Sie jetzt nicht mit meinem James-Bond-Sehverhalten unterhalten; aber ich will mich in dieser Debatte auch nicht drücken, denn ich muss offen gestehen, dass ich eine ganze Reihe der Bedenken in diesem Zusammenhang teile.
Seit vielen Jahren setze ich mich auf Bundesebene und darüber hinaus für Datenschutzbelange ein und natürlich ist auch das, was hier eingeführt wird, aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht unbedenklich; völlig klar.
Ich meine, dass bereits im Vorfeld des jetzt vom Bundeskabinett beschlossenen Gesetzentwurfes eine Menge zu dieser Thematik diskutiert wurde und dass die Bundesregierung diesen Bedenken weitestgehend Rechnung getragen hat.
Ich möchte dabei nicht verhehlen, dass ich Bedenken habe, ob das alles so kommt, glaube aber, dass das Verfahren im Bundestag und nachher im Bundesrat dort, wo noch Lücken bestehen sollten, dafür sorgen wird, dass sie geschlossen werden.
Was immer Anlass zu Bedenken gibt, ist, wenn Technologien eingeführt werden, die für die Zukunft weitergehende Überwachungsinstrumente zur Verfügung stellen. Damit fühlt man sich als Rechtspolitiker, der sich für Freiheits- und Bürgerrechte einsetzt, nicht wohl. Das ist ein großes Problem.
Das, was die Datenschutzbeauftragten bundesweit in diesem Zusammenhang zu Protokoll gegeben haben – die
Bedenken, die dazu geäußert werden –, teile ich; gar keine Frage, denke aber, dass der Gesetzgeber, der hier tätig wird, im Moment gerade dabei ist, alles Notwendige zu tun, um für die Zukunft eine Überwachung auszuschließen.
Wir werden allerdings alle darauf achten müssen, dass der Bundesgesetzgeber dieses Instrumentarium nicht falsch einsetzt. Im Moment – hier möchte ich meinen Vorrednern etwas widersprechen – scheint mir diese Gefahr nicht zu bestehen; denn das jetzt zunächst einmal im Bundeskabinett beschlossene Gesetz sieht ausdrücklich vor, dass die dort erhobenen Daten nur für diese Zwecke verwendet werden dürfen und anschließend sofort zu löschen sind. Das sind genau die Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht an solche Datenerhebungen gestellt hat, und es entspricht auch der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zum Thema Vorratsdatenspeicherung. Genau das darf hier nicht passieren. Vorratsdatenspeicherung darf nicht stattfinden.
Wir werden auch in Zukunft anlasslose Vorratsdatenspeicherung auf Bundesebene nicht wieder einführen können, weil der Europäische Gerichtshof uns das untersagt hat. Darüber werden wir in diesem Haus vielleicht auch noch manche Diskussion führen müssen. Ich glaube aber, nach meiner Kenntnis, nach meiner persönlichen Analyse und nach dem, was viele Wissenschaftler inzwischen dazu gesagt haben, ist das so. Anlasslose Vorratsdatenspeicherung ist nach Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes nicht möglich.
Es bleibt das Risiko, dass der Gesetzentwurf, wie er jetzt beschlossen worden ist, immer noch nicht mit EU-Recht in Übereinstimmung steht. Es bleibt die Gefahr, dass die Kommission und später vielleicht auch der Europäische Gerichtshof dieses als eine Diskriminierung von Ausländern in Deutschland sieht.
Ich glaube aber auch, dass hier eine ganze Reihe von Versuchen unternommen worden ist, diese Gefahr zu bannen. Es ist zunächst in die Souveränität des bundesdeutschen Gesetzgebers gestellt, Kraftfahrzeugsteuersenkungen zu beschließen, ohne dass dies gleich eine Diskriminierung für ausländische Benutzer deutscher Autobahnen darstellen muss.
Dieser Widerspruch wird noch aufzulösen sein. Ich denke aber, dass der Europäische Gerichtshof uns insoweit folgen dürfte, denn anderenfalls könnte man zum Beispiel nicht ohne Weiteres in Deutschland ein System einführen, wie es beispielsweise in Frankreich besteht, wo ja alle gleichermaßen Autobahngebühren zahlen müssen und die Kraftfahrzeugsteuer insgesamt niedriger ist.
Wir vollziehen im Moment eher eine Angleichung an das französische System. Insofern sehe ich die Gefahr der Diskriminierung nicht.
Die AfD-Fraktion, bitte. – Kein Bedarf mehr. Mir liegen keine Wortmeldungen vonseiten der Fraktionen mehr vor. – Sie wollen noch einmal sprechen? – Bitte, Herr Lippmann.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Noch einmal kurz etwas zum zweiten Antrag der LINKEN vonseiten der GRÜNEN. Der Antrag hat sich ja nun tatsächlich, was die Vorlage des Berichtes angeht, erledigt.
Aber ich nutze die Gelegenheit, bei diesem Bericht einmal statt über das Ob über das Wie zu sprechen. Denn „Bericht“ mag ich für das, was uns gestern vorgelegt wurde, nicht in den Mund nehmen. Es handelt sich, Herr Minister, in Bezug auf die Kennzeichenerfassung um einen Absatz mit zwei Zahlen darin, und das Ganze war es auch bei dem letzten Bericht dazu. Da bekommen wir mit jeder ordentlichen Kleinen Anfrage von Ihnen, Herr Minister, deutlich bessere und umfangreichere Zahlen, als dies in diesem Bericht vorgelegt wird.
Es ist nichts zu entnehmen, zu welchen Orten, zu welcher Zeit, aus welchen rechtlichen und tatsächlichen Gründen ein Kfz-Scanner eingesetzt wurde, wie viele Kennzeichen dann auch wirklich operativ erfasst wurden. Das ist mehr als verwunderlich, weil die Daten offensichtlich in Ihrem Haus vorliegen.
Sie sollten sich vielleicht – zumindest ist das die Empfehlung meiner Fraktion – zukünftig an den Berichten des Datenschutzbeauftragten oder des Ausländerbeauftragten orientieren, die faktisch, was ihre Berichtspflicht angeht, auf einer nicht wesentlich umfangreicheren Rechtsgrundlage operieren, und das hier dazu nutzen, vollumfänglicher zu berichten. Oder eine Empfehlung unserer Fraktion: Heften Sie eine entsprechende Kleine Anfrage der GRÜNEN daran, aus der diese Daten zu entnehmen sind. Das wäre weitaus hilfreicher als dieser einzelne Absatz.
Gibt es weiteren Redebedarf vonseiten der Fraktionen? – Das ist nicht der Fall. Somit frage ich den Staatsminister. – Herr Staatsminister Ulbig bitte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe am Anfang überlegt, warum Herr Stange die Einbringung des Antrags mit den Worten „Es war einmal“ begonnen hat. Im Laufe der Debatte ist mir das einigermaßen klar geworden, weil Herr Stange zumindest in Teilen einen Beitrag dazu leisten wollte, vielleicht nicht Märchen zu erzählen, aber zumindest bei der Mythenbildung ein Stück weiter voranzukommen.
Wenn wir uns auf den konkreten Antrag beschränken, haben einige Gott sei Dank ausgeführt, dass im Bundeskabinett gestern eine Entscheidung getroffen worden ist,
die sich teilweise von dem, was hier gesprochen wurde, ein Stück weit distanziert oder anders aussieht.
Es ist tatsächlich so, dass geplant war, dass das Kraftfahrbundesamt ein zentrales Register führen soll, in dem verschiedene Angaben zu machen sind. Aber anders als im zuletzt vorgelegten Gesetzentwurf sind die Bedenken der Datenschützer berücksichtigt worden, und es hat aufseiten des Bundes zu Recht entsprechende Nacharbeiten gegeben. Deswegen ist in dem gestern beschlossenen Entwurf klar geworden, dass Daten der Maut nicht für die Strafverfolgung genutzt werden.
Außerdem enthält der Gesetzentwurf eine Sicherheitsklausel, damit alle datenschutzrechtlichen Anforderungen eingehalten werden. Von einer zentralen Überwachung auf Sachsens Straßen kann weiß Gott keine Rede sein. Denn um dem Missbrauch der Daten vorzubeugen, gibt es eindeutige Vorgaben. Herr Baumann-Hasske hat darauf hingewiesen. Es muss eine strenge Zweckbindung der Daten gewährleistet sein. Erhobene Bilder und Daten sollen unverzüglich gelöscht werden, sobald klar ist, dass der zum Fahrzeug gehörende Halter die Maut bezahlt hat. Also werden nur noch Daten von Personen gespeichert, die als Mautpreller infrage kommen. Es wird also keine standardmäßige Speicherung von Bewegungsprofilen geben.
Zu guter Letzt reden wir von stichprobenhaften Kontrollen. Das heißt, die Mautbrücken sollen nicht jedes durchfahrende Fahrzeug scannen, und das Foto des Autos darf die Fahrzeuginsassen nicht erkennen. Das ist doch ein deutlicher Unterschied zu dem, was hier teilweise vorgetragen worden ist.
Noch ein ganz kurzer Hinweis zu dem, was den Bericht und seine Inhalte betrifft: Erstens hat tatsächlich das Parlamentarische Kontrollgremium diesen Bericht schon im Juni vorliegen gehabt und ihn auch schon beraten. Herr Lippmann, mein Bericht bezieht sich auf die gesetzlichen Anforderungen, und insofern entspricht er den gesetzlichen Vorgaben. Natürlich haben Sie recht, wenn Sie sagen, dass in einzelnen Kleinen Anfragen andere und darüber hinausgehende Informationen getätigt worden sind.
Insofern will ich Ihnen, Herr Schollbach, auch noch antworten: Sie bringen das, was gerade im Gesetzentwurf des Bundes in Verbindung mit Maut angesprochen worden ist, mit unserem anlassbezogenen Kennzeichenerfassungssystem in Verbindung. Aber Sie haben ja angekündigt, dass sich das im kommenden Jahr etwas intensivieren wird, ich würde Ihnen nur raten, dass Sie das, was die Auseinandersetzung betrifft, auf eine sachliche und vernünftige Art und Weise behandeln. Dann bin ich auch bereit, in den Dialog oder in den Diskurs einzusteigen. Denn wenn wir über ein Polizeigesetz und über ein automatisches Kennzeichenerfassungssystem reden, so ist das eine völlig andere Grundlage, und es dient am Ende dazu, Straftaten zu verfolgen. Aus meinen Informationen haben Sie ja längst mitbekommen, dass wir im Jahr 2013 immerhin 183 Echtzeittreffer hatten.
Ja, selbstverständlich. Und damit ist ein Beitrag zur Strafverfolgung geleistet worden. Wo Sie innerhalb des Rechtsstaates stehen, kann ich noch nicht so richtig einordnen, aber aus meiner Sicht ist es notwendig und sinnvoll, wenn wir über diesen Weg auch Kfz-Diebe stellen können. Dann hat das System seinen Beitrag dazu geleistet. Das hat nichts mit rechtswidrigem Verhalten oder unzulässiger Erfassung von Daten zu tun.
Vor diesem Hintergrund herzlichen Dank, und ich hoffe, dass wir das nächste Mal ein bisschen sachlicher miteinander diskutieren.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Staatsminister, dann wäre es doch klug gewesen, jetzt einmal die Zahl der Kfz-Diebe, die Sie im letzten Jahr dingfest gemacht haben, hier auch zu benennen. Das waren wahrscheinlich so wenig, dass es sich nicht lohnt, sie zu nennen.