Doch die Eigenverantwortung, die wir uns vorstellen, geht natürlich noch weiter. Schulen sollen auch pädagogisch und organisatorisch freier sein als bisher, wenn sie dies denn auch möchten. So können Schulen beispielsweise mit einem pauschalisierten Lehrerarbeitsvermögen eigenverantwortlich Klassen oder Kurse einrichten. Ein Modellprojekt vor einigen Jahren hat gezeigt, dass dies gut angenommen wurde. Oder Schulen können eigenverantwortlich Lehrpläne ausgestalten und damit innerhalb eines Schuljahres für Epochenunterricht oder Ähnliches die Stundentafel umgestalten. Damit kann eine Schule ihr eigenes Profil schärfen und stärker leben als bisher.
Zur Stärkung der Mitwirkungsprozesse: Beratende Mitwirkung von Schulsozialarbeitern und Vertretern von Schulfördervereinen und des Horts an Schulkonferenzen ist neu im Gesetz geregelt. Auch sorgt eine Verbesserung der Aufgabenverteilung von Schüler- und Elternvertretern für Entlastungen. Nicht zuletzt möchte ich auf die Stärkung der Kooperation von Schulen mit anderen Schulen,
Zur kommunalen Selbstverwaltung: Kommunen legen auch weiterhin in Eigenverantwortung Grundschulbezirke fest. In sogenannten Campuslösungen können Schulträger verschiedener Schularten örtlich zusammengefasst werden, um Synergien zu heben. Dies stärkt darüber hinaus die Kooperation zwischen einzelnen Schulen und Schularten und erhöht damit die Durchlässigkeit innerhalb des Schulsystems.
Eine weitere Forderung aus dem Anhörungsprozess bezog sich auf das Einbeziehen der Schulträger bei der Bestellung von Schulleitern, bei der Berufsschulnetzplanung und der Schulkonferenz. Dieser Forderung wird mit dem Gesetz Rechnung getragen.
Grundsätzlich treten die Änderungen zum 1. August 2018 in Kraft, und trotzdem wird das Gesetz bereits zum kommenden Schuljahr 2017/2018 seine Wirksamkeit in einigen Punkten entfalten. Dies betrifft beispielsweise den geänderten Erziehungs- und Bildungsauftrag, die Schulnetzplanung oder die Lehrmittelfreiheit. Gleichzeitig sind umfangreiche Anpassungen von Verordnungen erforderlich. Diesen Prozess werden wir politisch aktiv begleiten.
Wenn ich meine Eingangsbemerkung noch einmal aufgreifen darf: Nein, der Prozess zu unserem Schulgesetz endet eben nicht mit dem heutigen Tag. Ich denke, mit dem Beschluss beginnt ein wichtiger neuer und intensiver Arbeitsprozess. Ein Prozess der Umsetzung des Schulgesetzes beginnt gerade jetzt. Ich bin überzeugt, dass wir diesen Prozess erfolgreich meistern werden, und ich bitte jetzt schon um Zustimmung zu diesem zukunftsorientierten Gesetz.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Änderung des zurzeit existierenden Schulgesetzes ist seit Jahren überfällig. Eine Forderung, die wir als LINKE über viele, viele Jahre hier im Parlament gestellt haben, soll nun ihren Niederschlag finden. Es betrifft ein Schulgesetz, das über Jahre aufgrund von Gerichtsverfahren, die in der Regel Eltern oder Schulträger geführt haben, geändert werden muss, wobei Schulmoratorien schon in der letzten Legislaturperiode sichergestellt haben, dass nicht weitere Schulschließungen durchgeführt worden sind. Es besteht also schon seit Langem die Notwendigkeit, dieses Schulgesetz im Freistaat Sachsen zu verändern. Dem wurde jetzt endlich Rechnung getragen.
Allerdings – ich möchte das gleich zu Beginn meiner Rede nennen – ist es Ihnen leider nicht gelungen, mit diesem Gesetz die Voraussetzungen für eine Reform im Bildungssystem im Freistaat Sachsen zu schaffen. Das
alte Gesetz entspricht nicht mehr den Anforderungen. Ich meine, dass ich das mit dem, was ich Ihnen gerade dargestellt habe, sowohl bezogen auf die Gerichtsurteile als auch auf die Festlegungen innerhalb des Parlaments, belegen konnte.
Die Koalitionsvereinbarung hat festgelegt, dass die Koalitionspartner CDU und SPD schon 2015 eigentlich zumindest einen Entwurf vorlegen wollten. Das ist leider nicht gelungen, sonst wären heute schon möglicherweise ein Gesetz und vor allem die nachfolgenden notwendigen Verwaltungsvorschriften und Schulordnungen in Kraft.
Es ist in dieser Legislaturperiode nach meiner Meinung und nach Meinung meiner Fraktion – ich glaube, Sie stimmen mir zu – das größte Projekt, ein neues Schulgesetz zu erarbeiten und zu beschließen. Die Staatsministerin hat einen Weg beschritten, vor dem ich damals große Hochachtung hatte, und zwar Bürgerforen durchzuführen, also nicht nur Gespräche mit den gewählten Gremien unterschiedlicher Art und Weise zu führen – was auch sehr wichtig ist, wie Herr Bienst gerade dargestellt hat – sondern vor allem auf die Bürger zuzugehen und mit den Bürgern zu sprechen. Das fand ich damals großartig.
Allerdings muss man ganz klar sagen, dass sich die Erwartungshaltung, die die Bürgerinnen und Bürger entwickelt haben, mit dem Entwurf der Staatsregierung – ich betone das noch einmal – überhaupt nicht erfüllt hat. Die vielen Stellungnahmen, die eingegangen sind – es waren weit über tausend, ich habe die genaue Zahl nicht im Kopf, aber Frau Staatsministerin, Sie werden es nachher sicher noch sagen –, haben nicht dazu geführt, dass sie im Entwurf der Staatsregierung einen Niederschlag gefunden oder den Vorstellungen der Bürgerinnen und Bürger entsprochen hätten. Sie, Frau Staatsministerin, haben damals – Sie werden sich daran erinnern – im Parlament erklärt, nachdem Sie die Bürgerforen durchgeführt hatten, dass Sie mit dem zufrieden sind, was Sie dort gemacht haben, bezogen auf den von Ihrem Haus vorgelegten Entwurf.
Allerdings ist es nicht entscheidend, ob Sie, Frau Staatsministerin zufrieden sind. Ich bin gespannt, was Sie heute dem Parlament dazu mitteilen werden. Entscheidend ist vielmehr, dass wir ein Gesetz haben, das den heutigen Ansprüchen genügt und das vor allen Dingen in die Zukunft weist.
Natürlich bin auch ich der Auffassung, dass man ein Schulgesetz nicht alle zwei oder drei Jahre neu schreiben kann. Das ist nicht das Ziel eines Gesetzes, sondern in der Schule muss es Stabilität geben. Das ist gar keine Frage, dazu stehe ich auch. Aber die Chance, die wir jetzt gehabt hätten, wenn nach so vielen Jahren – 13, 14 Jahren – nun dieses Gesetz in Kraft treten wird, endlich eine Bildungsreform anzutreten und diese Reform mit einem Gesetz zu untermauern, haben Sie ganz klar vertan.
Der Anspruch der Staatsregierung, einen zukunftsfähigen Entwurf vorzulegen, ist jämmerlich im Sande verlaufen. Ich muss ehrlich sagen – und will das auch ganz deutlich betonen –, dass wir es als Fraktion – ich persönlich und viele andere auch – beschämend finden, wenn eine Regierung, die auch durch die SPD geführt wird, einen solchen Entwurf vorlegt. Ich will das auch ganz deutlich an Frau Stange und Herrn Dulig festmachen, weil dieser Entwurf, der aus dem Kabinett hinausgegangen und in die Diskussion des Parlaments gekommen ist, es nicht wert ist, über ihn zu diskutieren. Wir haben uns damals ganz klar in der Fraktion positioniert und gesagt: Ziehen Sie diesen Entwurf zurück und schreiben Sie ein neues, zukunftsweisendes Gesetz! Das ist nicht passiert.
Selbst ein Schulgesetz zu verabschieden, das nicht besser ist als das von 2004, nach nunmehr 13, 14 Jahren, war den Fraktionen der SPD und CDU zu viel. Ich glaube, Sie hätten sich geschämt, wenn Sie dieses Gesetz so verabschiedet hätten. Also gab es heftige und intensive Diskussionen innerhalb der Fraktionen, auch mit uns – keine Frage. Diese Diskussionen haben dazu geführt, dass 52 Änderungsanträge von CDU und SPD gemeinsam im Schulausschuss vorlagen, um ein Gesetz zu ändern, das 45 Paragrafen hat. Das ist gelinde gesagt – –
Das mag aus Ihrer Sicht, Herr Schreiber, ganz sicher Demokratie sein, zeigt aber, wie schlecht dieser Gesetzentwurf der Staatsregierung gewesen ist.
Sie wissen – ich habe es mehrfach in nicht öffentlichen Sitzungen, aber auch öffentlich in der Bevölkerung dargestellt –, dass ich anerkenne, was Sie da geleistet haben, weil ich weiß und es Ihnen glaube, dass die Arbeit nicht leicht war. Trotzdem müssen wir feststellen, dass dieses Gesetz von vorn bis hinten aus Kompromissen besteht.
Herr Bienst hat vorhin selbst gesagt, dass dieses Gesetz in vielen Punkten aus Kompromissen besteht. Wir brauchen aber ein Gesetz, das vernünftig vor Ort in den Schulen, aber natürlich auch bei den Schülern, Eltern und anderen Gremien wie den Schulträgern anwendungsfähig ist und nicht aus Kompromissen besteht.
Übrigens, Frau Staatsministerin, wie müssen Sie sich eigentlich fühlen – vielleicht können Sie uns das einmal sagen –,
wenn Sie hier feststellen, dass Sie mit Ihrem Entwurf ganz klar versagt haben? Das zeigen sowohl die Reaktio
Ich gehe davon aus, Frau Staatsministerin, dass Sie in Ihrer Rede – wir werden es gleich hören – diesen jetzt vorliegenden Gesetzentwurf besonders loben werden, wohl wissend, dass Sie an diesem vorliegenden Gesetzentwurf mit den vielen Änderungen von CDU und SPD nicht wirklich einen Anteil haben.
Es werden viele Themen, bei denen es zwingend notwendig wäre, sie in einem Gesetz zu regeln – und hierzu brauchen wir einen Gesetzesanspruch –, in diesem Gesetz entweder gar nicht – Herr Bienst hat das jetzt selbst dargestellt – oder nur halbherzig angefasst.
Ich will nur einige Punkte benennen, weil ich leider nicht so viel Redezeit habe, wie ich brauchen würde. Meine Kollegen schmunzeln schon.
Da ist als Erstes das Thema „Längeres gemeinsames Lernen über das 4. Schuljahr hinaus“. Hier haben wir eine große und wesentliche Chance verpasst, die mehrheitlich im Parlament sogar erreicht werden könnte, wenn die SPD nicht in den Zwängen der Koalition mit der CDU wäre, sondern selbst entscheiden könnte, wie sie es wollte.
Drei Viertel der Eltern, Schüler, die Wirtschaft, Gewerkschaften und viele andere Gremien haben klar signalisiert, dass sie das längere gemeinsame Lernen wollen und es fordern.
Wir haben in vielen Anhörungen, die wir zu diesem Schulgesetz durchgeführt haben, was auch vernünftig und richtig war, zahlreiche Sachverständige gehabt, die uns dargelegt haben, dass das längere gemeinsame Lernen ein erster Schritt wäre, um ein verbessertes Schulsystem und den Einstieg in eine Bildungsreform im Freistaat Sachsen zu gestalten.
Sie werden sich erinnern, da es noch gar nicht so lange her ist, dass wir zur letzten Anhörung den Bürgermeister aus Jena, Herrn Schenker, hier bei uns hatten, der ausführlich mit klaren Zahlen dargelegt hat, dass sich die Leistungsfähigkeit der Gemeinschaftsschulen durch das längere gemeinsame Lernen in seiner Stadt sehr positiv entwickelt hat. Dieser Bürgermeister ist kein linker Bürgermeister, ist kein SPD-Bürgermeister, sondern ein Bürgermeister der CDU. Das heißt, dass es in Thüringen die Gesetzesänderung in der letzten Legislaturperiode unter Führung von SPD und CDU ermöglicht hat, eine Gemeinschaftsschule neben den anderen Schulformen zu gestalten, was sich eindeutig ausgezahlt hat.
Wir werden nachher auf unseren diesbezüglichen Änderungsantrag, den wir natürlich einbringen werden, eingehen. Mit diesem Antrag werden wir vorschlagen, einen ersten Schritt zur Gemeinschaftsschule über eine zusätzliche Schulform innerhalb des jetzt vorhandenen Systems
zu gehen. Das ist ein sehr freundlicher Schritt der LINKEN, da Sie wissen, dass wir eigentlich ein flächendeckendes System beim längeren gemeinsamen Lernen im Freistaat haben wollen.
Es kommt mir ein bisschen wie eine Gnade vor, dass es einen Paragrafen in diesem Gesetz gibt, in dem wenigstens das Chemnitzer Schulmodell und die Nachbarschaftsschule in Leipzig in einem Konzept erhalten bleiben dürfen, das sich seit der Wende bewährt hat. Durch die Tätigkeit dort ist dieses Konzept eigentlich bestätigt. Es ist gut, dass wenigstens diese beiden Schulen in einem Paragrafen erfasst werden.
Allerdings muss ich Ihnen sagen, dass ich das für eine Selbstverständlichkeit halte und finde, dass man sich dafür nicht besonders loben muss. Sie bauen allerdings in diesem Paragrafen sofort Hürden auf.
Ein weiteres Thema, das Sie nach unserer Auffassung nur halbherzig im Gesetz anfassen, ist das der Inklusion. Man kann nicht einfach die Integration zur Inklusion machen, weil das zwei unterschiedliche Begriffe mit unterschiedlichen Inhalten sind. Man muss nach unserer Auffassung in diesem Gesetz klare und eindeutige Regelungen treffen. Dass Sie das zum Beispiel erst einmal versuchsweise auf freiwilliger Basis durchführen wollen – darüber haben wir im Schulausschuss debattiert –, ist dem Gesetz überhaupt nicht zu entnehmen. Dieses Gesetz, das wir jetzt haben, sieht diesen Bereich überhaupt nicht vor. Man muss klare Bedingungen und die Voraussetzungen dafür schaffen, um an den sächsischen Schulen eine inklusive Beschulung der Kinder und Jugendlichen wirklich durchzuführen.