Protokoll der Sitzung vom 11.04.2017

(Beifall bei der CDU)

Tatsächlich sieht unser Landesamt für Verfassungsschutz die Entwicklung der Muslimbrüder im Speziellen, aber auch anderer islamistischer Gruppierungen im Allgemeinen mit Sorge. Es geht um derartige ideologische Einflussnahmen bis hin zur Unterwanderung, die häufig für die Öffentlichkeit völlig unbemerkt vonstattengeht und somit auch für einzelne Beobachter nicht erkennbar ist. Das ist der Punkt, meine sehr verehrten Damen und Herren. Natürlich wird bei uns die Religionsausübung nach Artikel 4 Grundgesetz vorbehaltlos gewährt, aber

eben nicht schrankenlos, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Anlass für die Anhaltspunkte, wonach bestimmte Gruppen eine an Koran und Sunna orientierte Lebensweise auch in Deutschland einführen wollen, sind folgende zentrale Gründe, wo die freiheitlich-demokratische Grundordnung abgelehnt wird. Hier geht es um Grundrechte, wie die Gleichberechtigung von Mann und Frau, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, Verantwortlichkeit von Regierung, Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, Unabhängigkeit der Gerichte. Wer das nicht anerkennt, der akzeptiert Grundfeste unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung nicht und der muss mit konsequenter Gegenwehr rechnen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen führt das Landesamt für Verfassungsschutz vielfältige Informationsveranstaltungen und Vorträge in Behörden oder Schulen durch und ergänzt oder unterstützt diese Angebote. Ich erinnere unter anderem an das Faltblatt „Islamistische Radikalisierung unter Flüchtlingen erkennen“.

Neben dieser Aufklärungsarbeit sind wir natürlich im repressiven Bereich, in der Zusammenarbeit mit anderen Sicherheitsbehörden, besonders aktiv. Hier geht es um den ständigen anlassbezogenen Austausch von Informationen im Gemeinsamen Terrorabwehrzentrum und mit den anderen Polizeibehörden. Ganz klar ist: Repression ist und bleibt ein wichtiges Mittel unserer Demokratie. Deswegen ist unser OAZ, welches zum polizeilichen Terrorismusabwehrzentrum weiterentwickelt wird, so wichtig und maßgeblich. Deshalb schauen wir nicht nur hin, Herr Hütter, sondern, wenn beispielsweise von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien Dinge als jugendgefährdend eingestuft und uns bekannt werden, gehen auch konsequent dagegen vor, das heißt, dann werden diese eingezogen und die entsprechenden Verfahren eingeleitet, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Damit sind die Aktuellen Debatten beendet.

Fortsetzung Tagesordnungspunkt 1

Mir liegt das Ergebnis der geheimen Wahl auf der Grundlage des Wahlvorschlages der Fraktion DIE LINKE zur Wahl eines stellvertretenden Mitgliedes des Ersten Untersuchungsausschusses vor:

Abgegeben wurden 122 Stimmen, davon waren null ungültig. Es wurde wie folgt abgestimmt: 56 Jastimmen, 28 Neinstimmen und 38 Enthaltungen. Damit ist der im Wahlvorschlag genannte Abg. René Jalaß als stellvertretendes Mitglied des 1. Untersuchungssauschusses gewählt.

Ich frage Sie, Herr Abg. Jalaß: Nehmen Sie die Wahl an?

Ich gratuliere Ihnen sehr herzlich zur Wahl als Mitglied und wünsche Ihnen bei dieser Arbeit viel Erfolg.

(Beifall bei den LINKEN)

Wir kommen jetzt zu

Tagesordnungspunkt 4

Zweite Beratung des Entwurfs

Gesetz zur Weiterentwicklung des Schulwesens im Freistaat Sachsen

Drucksache 6/5078, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Drucksache 6/9118, Beschlussempfehlung des Ausschusses für Schule und Sport

Den Fraktionen wird das Wort zur allgemeinen Aussprache erteilt. Es beginnt die CDU-Fraktion, dann folgen DIE LINKE, SPD, AfD, GRÜNE sowie die Staatsregierung, wenn sie es wünscht. Herr Bienst hat das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit der heutigen zweiten Beratung zum Entwurf des Gesetzes zur Weiterentwicklung des Schulwesens im Freistaat Sachsen könnte man meinen, ein langer Meinungsbildungsprozess, ja ein

intensiver Diskussionsprozess gehe dem Ende entgegen. Wenn ich auf die vergangenen mehr als zwölf Monate zurückschaue, dann ist dem auch so. Da sehe ich die vielen Gesprächsrunden und Klausurberatungen mit Schulleitern, Lehrern, Lehrerverbänden, kommunalen Spitzenverbänden, SSG und SLKT, Kammervertretern von IHK und HWK, dem VSW, Gewerkschaften, Vertretern der Behindertenverbände, Landeselternrat, Landesschülerrat und vielen anderen mehr. Ich sehe weiter die öffentlich geführten Diskussionen im Land, aber auch die

Beteiligung in den öffentlichen Anhörungen, im Schulausschuss und die vielen Diskussionen der Fachpolitiker in der CDU-Fraktion und letztendlich auch in der Koalition.

Unser Selbstverständnis ist, dass die Erfolge sächsischer Bildung auf Stabilität und Kontinuität in der sächsischen Bildungspolitik basieren. Wir stellen die Qualität des Unterrichts in den Mittelpunkt, nicht die Frage der Strukturen. Bisher gab es keine Bildungsexperimente mit der sächsischen CDU, und es wird auch zukünftig keine Experimente mit der sächsischen CDU geben.

(Beifall bei der CDU)

Dennoch gibt es Gründe, auf veränderte Rahmenbedingungen mit einer Anpassung der gesetzlichen Grundlagen zu reagieren, ohne die Eckwerte der Bildungsstrukturen in Sachsen zu verändern. Unser parlamentarischer Geschäftsführer Christian Piwarz hat anlässlich der Pressekonferenz zur Änderung des Schulgesetzes formuliert – ich zitiere –: „Die Veränderungen im neuen Schulgesetz stehen für eine Evolution statt für eine Revolution.“

Ich denke, treffender kann man die vorliegende, zukunftsorientierte Gesetzesnovelle mit den von der Koalition vorgetragenen Änderungsanträgen nicht beschreiben. Dass es so umfangreiche Veränderungen zum Gesetzentwurf gab, zeigt, dass wir den zu Beginn bereits erwähnten Anhörungsprozess und die gemachten Vorschläge und Anregungen ernst nehmen. Dass sich nicht jeder Vorschlag im Gesetz wiederfindet, ist, so denke ich, selbstverständlich. Ein Gesetz muss die verschiedenen, für sich genommen sicher berechtigten Interessen der einzelnen Akteure zusammenführen. Dass dies oft in einen Kompromiss mündet, halte ich nicht für halbherzig, wie uns sicherlich in späteren Reden noch vorgeworfen wird, sondern für eine logische Konsequenz.

Mit dem Koalitionsvertrag hatten wir zudem eine wichtige Grundlage, die jenseits aller finanziellen Fragen die politischen Rahmenbedingungen für diese Gesetzesänderungen gesetzt hat. Damit war auch klar, dass es bestimmte Änderungen – Stichwort Gemeinschaftsschule – nicht geben wird. Das hat nichts mit ideologischer Verbohrtheit zu tun, sondern mit den Grundlagen der gemeinsamen Arbeit in einer Koalition. Richtig ist, dass seit 2004 das Sächsische Schulgesetz fast unverändert geblieben ist. Dass aber in einer modernen Gesellschaft, in der sich Bildungsansprüche ändern, auch Gesetze angepasst werden müssen, um Strukturen zu stabilisieren, qualitativ weiterzuentwickeln, zu modernisieren und zukunftsorientiert zu fassen, ist selbstverständlich. Dies haben wir getan.

Notwendig war die separate Änderung des § 34 Schulgesetz zur Neuregelung der Bildungsempfehlung, die am 1. Februar dieses Jahres in Kraft getreten ist. Mit dieser aufgrund eines Gerichtsurteils notwendig gewordenen Veränderung wird dem Elternwillen stärker Rechnung getragen und die Wahl des Bildungsweges an eine weiterführende Schule verändert. Die Bildungsempfehlung ist

nun eine tatsächliche Empfehlung, die eine Entscheidungshilfe für Schüler und Eltern ist. Darüber haben wir bereits im Februar diskutiert. Schließlich wird dieser bereits beschlossene § 34 in das Gesetz implementiert.

Nachfolgend möchte ich wesentliche Änderungen im Gesetz benennen und damit auch einbringen sowie anschließend auf deren Inhalte eingehen:

Erstens. Der Erziehungs- und Bildungsauftrag im § 1 ist moderner gefasst.

Zweitens. Die Schulstrukturen in ländlichen Räumen werden durch dieses Gesetz gefestigt; Schulen werden erhalten.

Drittens. Die Schulart Oberschule wird gestärkt und nun begrifflich im Gesetz verankert. Das Herzstück sächsischer Bildungslandschaft erfährt eine weitere Aufwertung.

Viertens. Die Planung beruflicher Schulen erfolgt zentral und trägt somit zu einem stabilen Schulnetz über ganz Sachsen bei.

Fünftens. Schulen können mit dem neuen Schulgesetz verlässlicher planen, erhalten mehr Freiheiten und mehr Eigenverantwortung.

Sechstens. Alle am Bildungsprozess Beteiligten erhalten mehr Mitwirkungsspielräume – sowohl Schüler als auch Eltern und Bildungspartner.

Siebentens. Das Gesetz trägt zur Stärkung kommunaler Selbstverwaltung bei.

Achtens. Mit dem Gesetz begeben wir uns auf einen Weg hin zur Inklusion, der zunächst freiwillig beschritten werden soll und mit zusätzlichen Ressourcen ausgestattet wird.

Mit diesem letzten Punkt möchte ich keine Wertigkeit andeuten; inhaltlich wird meine Kollegin Iris Firmenich in der zweiten Runde dazu weitere Ausführungen machen. Doch nun zu den Inhalten, zunächst zum Erziehungs- und Bildungsauftrag:

Mit dem § 1 werden fachübergreifende schulische Erziehungs- und Bildungsaufgaben gesetzlich verankert. Die Vermittlung von Alltags- und Lebenskompetenz, die Auseinandersetzung mit Politik, Wirtschaft, Umwelt und Kultur, die Stärkung von Kommunikation und Medienbildung, die Herausbildung von Demokratiebewusstsein und Toleranz sowie die Festigung der interkulturellen Bildung bilden wesentliche Schwerpunkte und stellen zukunftsorientierte Bildungsgrundlagen dar. Dazu notwendige Ressourcen müssen nicht zuletzt aus einer intensiven Diskussion zu veränderten Stundentafeln und damit verbundenen Lehrplanüberarbeitungen gewonnen werden.

Zu den Schulstrukturen insbesondere im ländlichen Raum: Wir schreiben das derzeitig geltende Schulschließungsmoratorium ins Gesetz. So kann die kleinste Grundschule in Sachsen bei jahrgangsübergreifendem Unterricht schon mit 30 Schülern Bestand haben, und Grundschulen bei mindestens 60 Schülern können auch Klassen mit zwölf statt bisher 15 Schülern bilden. Ebenso können

Oberschulen vorübergehend und dauerhaft einzügig geführt werden. Gymnasien haben erstmals die Möglichkeit, jährlich alterierend zwei- bzw. dreizügig mit 20 Schülern pro Klasse zu laufen. Diese Ausnahmeregelungen für Grundschulen und Gymnasien gelten für ländliche Räume außerhalb von Mittel- und Oberzentren, die für Oberschulen sogar außerhalb der Oberzentren.

Zur Stärkung der Oberschulen: Der bewährte Praxisberater wird nach Auslaufen der ESF-Förderung durch ein Landesprogramm finanziert, und es wird ihn zukünftig an allen Oberschulen geben. An allen derzeitig 283 Oberschulen wird es einen Schulsozialarbeiter, der durch Landesmittel zu 100 % finanziert wird, geben. Dieser wird den Bildungsprozess unterstützen – übrigens eine oft gemachte Förderung im Beteiligungsprozess. Um die Schulleitung zu stärken, werden Fachleiter an Oberschulen installiert.

Zur Berufsschulnetzplanung: Um in Sachsen bedarfsgerecht flächendeckend Fachkräfte auszubilden und um ein ausgewogenes, unter zumutbaren Bedingungen erreichbares Bildungsangebot zu sichern, schreibt das Gesetz eine zentrale Berufsschulnetzplanung fest. Diese wird durch das sächsische Kultusministerium geführt. Eine sorgfältige Planung setzt natürlich intensive Abstimmungsprozesse aller Betroffenen und das Einvernehmen mit den Schulträgern voraus. Berufsschulzentren sollen eine Mindestschülerzahl von 550 Schülern haben. Damit wird erstmals überhaupt eine Mindestschülerzahl für Berufsschulzentren eingeführt. Ausnahmen bei überregionaler Bedeutung sind auch hier zulässig.

Zur Stärkung der Eigenverantwortung: Ebenfalls eine Forderung aus den Beteiligungsprozessen war das unbürokratische Einrichten eines Schulkontos im Namen des Freistaates. Das vorliegende Gesetz regelt dies. Dort werden zukünftig Gelder für Klassenfahrten oder Exkursionen sowie eingeworbene Geldmittel verwaltet. Nicht zuletzt hat der Gewinn aus Kuchenbasaren oder Ähnlichem einen Platz gefunden.