Protokoll der Sitzung vom 30.08.2017

Drittens. Vermeidung von Altersarmut. Neulich kam dazu wieder ein Bericht, diesmal aus Delitzsch. Die Tafeln werden immer öfter auch von älteren Menschen in Anspruch genommen.

Das sind die Probleme, nicht aber angeblich mangelnde politische Teilhabe. Es gibt richtige Sachprobleme, die man ohne Weiteres lösen könnte.

Hier noch ein Beispiel, das sich auf den Petitionsbericht von vorhin bezieht. Die Landesseniorenvertretung Sachsen ist empört, meine Damen und Herren, dass sie ihre Taxifahrten zu den Krankenhäusern bezahlen müssen – das können Sie im Internet aufrufen –, und die Ausländer müssen es nicht. Die älteren Menschen fühlen sich verarscht, verschaukelt. Sie haben ein ganzes Leben lang gearbeitet. Diese Stellungnahme der Landesseniorenvertretung Sachsen gefällt Ihnen natürlich nicht, sie passt nicht in Ihre Ideologie. Da fehlt auch Ihr Interesse an so etwas. Sie wollen nicht die politische Teilhabe der Senioren, sondern allein das Kreuz an der richtigen Stelle auf dem Wahlschein.

Meine Damen und Herren! Im Gegensatz zu Ihnen wird sich die AfD um die Dinge kümmern, die ältere Menschen wirklich brauchen. Diese habe ich alle aufgezählt.

Recht vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Für die GRÜNEN Herr Abg. Zschocke.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Heute fand eine Kundgebung des DGB draußen vor dem Landtag statt. Seniorinnen und Senioren wollen mehr Mitbestimmung. Sie kritisieren in ihrem Aufruf, den ich zitiere: „Seniorenpolitik auf Ebene des Freistaates Sachsen findet inzwischen nicht mehr statt.“ Auch wir GRÜNEN sagen, die Mitwirkungsrechte von Seniorinnen und Senioren sind unzureichend, intransparent und nicht demokratisch legitimiert, und das nicht nur bei Seniorinnen und Senioren. Die LINKE erinnert mit ihrem Antrag an ein Versprechen aus dem Koalitionsvertrag, nämlich ein Seniorenmitwirkungsgesetz zu prüfen. Jetzt haben wir gehört, dass das Anliegen von der Koalition klammheimlich beerdigt wurde – wie zahlreiche weitere Prüfaufträge, von denen wir seit 2014 nichts mehr gehört haben.

Spannend ist die zweite Aussage der Koalition zur Seniorenmitwirkung im Koalitionsvertrag. Da heißt es nämlich, es sei notwendig, dass in jedem Landkreis, in jeder kreisfreien Stadt Gremien der Seniorenmitwirkung bestehen. Dieses Bekenntnis wird im aktuell vorgelegten Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Gemeindeordnung aber deutlich relativiert. Seniorenbeiräte werden in § 47 Abs. 1 Satz 2 zwar erwähnt, in der Begründung wird aber klargestellt, dass der Gesetzgeber diese Beiräte für wichtig hält, ohne die Pflicht zu deren Bildung den Gemeinden vorzuschreiben. Verbindliche Seniorenmitwirkungsrechte in den Kommunen wird es wahrscheinlich in Zukunft auch nicht geben.

Wir GRÜNEN wollen nicht einfach nur mehr Gremien. Deshalb standen wir den Gesetzentwürfen der LINKEN in den letzten drei Wahlperioden auch immer etwas kritisch gegenüber. Wir wollen transparente und verbindliche Mitwirkungsrechte für Seniorenvertretungen auf kommunaler Ebene, aber auch auf Landesebene. Der Antrag, über den wir heute reden, benennt die Schwachstellen der Seniorenmitwirkung im Freistaat. Ich möchte zu den einzelnen Punkten noch etwas sagen.

Zu erstens. Die Arbeit des derzeitigen Landesseniorenbeirates ist de facto abgeschafft, wenn ich das richtig deute. Dazu können Sie auch noch etwas sagen, Frau Staatsministerin. Sie kann keine Wirkung enthalten. Das hat mehrere Gründe. Die Vorschrift existiert gar nicht mehr. Es gibt unklare Entscheidungs- und Mitwirkungsrechte, nicht öffentliche Sitzungen. Wir schlagen vor, dass der Landesseniorenbeirat als beratendes Gremium wirklich ein verbrieftes Vorschlagsrecht und eine Anhörungspflicht eingeräumt bekommt. Insbesondere dann, wenn die Staatsregierung Vorschläge aus dem Gremium ablehnt, muss es eine Stellungnahme geben. Die Forderung der LINKEN nach der Einrichtung eines unabhängigen und weisungsfrei tätigen Landesrates für die Belange der Seniorinnen und Senioren unterstützen wir daher.

Zu zweitens. Die Finanzierung der Landesseniorenvertretung muss verlässlich sein, um ihre Mitarbeit im Landesseniorenbeirat, den es de facto gerade nicht mehr gibt, zu gewährleisten. Wir schlagen vor, die Landesseniorenver

tretung in Form einer Förderrichtlinie Seniorenarbeit in Sachsen zu finanzieren.

Zu drittens. Wir bleiben ein wenig skeptisch bei der Einführung eines Beauftragten für die Belange von Seniorinnen und Senioren. Aus unserer Sicht sind Senioren mündige Bürger, die verschiedene Möglichkeiten haben, ihre Interessen zu vertreten. Wir verfolgen einen anderen Ansatz, indem wir sagen: Die Strukturen auf Landes- und kommunaler Ebene müssen Eigeninitiative, Engagement und eine Vielfalt von Beteiligung ermöglichen und befördern. Vereine, Verbände und Vertretungen, die sich für die Interessen von Senioren engagieren, sind hier mehr zu unterstützen.

Zu viertens. Ganz klar, Seniorenvertretungen müssen demokratisch legitimiert sein. Wenn Vertreter gewählt werden, müssen die allgemeinen Wahlgrundsätze beachtet werden. Das heißt, die Wahlen müssen frei, gleich, geheim, allgemein und unmittelbar stattfinden. Das muss für alle politischen Ebenen gelten, bei der Staatsregierung, den Kreistagen und auch in den Stadt- und Gemeinderäten.

Zu fünftens. Auch wir setzen uns dafür ein, dass politische Gremien transparenter arbeiten. Die Rahmenbedingungen für eine gute Arbeit müssen auch gegeben sein. Dazu zählen Fahrtkostenerstattung bei Sitzungsteilnahme gewählter Seniorenvertreter ebenso wie barrierefreie Räumlichkeiten. Im Großen und Ganzen unterstützen wir den Ansatz der LINKEN. Wie gesagt, unsere kritischen Positionen zu dem Vorschlag zum Seniorenbeteiligungsgesetz, das heute nicht zur Abstimmung steht, bleiben bestehen – deshalb Unterstützung von uns.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Gibt es weiteren Redebedarf vonseiten der Fraktionen? – Das kann ich nicht erkennen. Frau Ministerin, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Wenn wir uns die Entwicklung der Bevölkerung in Sachsen ansehen, dann sind die Seniorinnen und Senioren die wachsende Bevölkerungsgruppe, und ich hoffe, dass wir alle einmal dazugehören werden. Aber Politik für ältere Menschen beginnt nicht mit der Betrachtung einer bestimmten Altersgruppe, sie ist stets generationsübergreifend auszurichten. Sie findet dann allgemeine Akzeptanz, wenn sie auf Subsidiarität aufbaut.

In den letzten Jahren haben wir viel erreicht. Wir sollten unser Licht nicht unter den Scheffel stellen. Angebotene Maßnahmen, Förderbereiche für ältere Menschen – allein der Blick auf unsere Alltagsbegleiter, letzte Woche durften wir in Leipzig 300 Alltagsbegleiter begrüßen – zeugen von einer hervorragenden Arbeit im Freistaat Sachsen. Ich nenne noch Nachbarschaftshelfer usw.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aktive politische Teilhabe von älteren Menschen ist in Sachsen eine Selbstverständlichkeit. Davon zeugt auch dieses Hohe Haus. Immerhin können wir die Erfahrung von 20 Abgeordneten nutzen, die älter als 60 Jahre sind, und am Ende der Legislaturperiode werden noch einige dazukommen. Aber auch in den Gemeinderäten oder in den Kreistagen arbeiten selbstverständlich viele Seniorinnen und Senioren für die Gemeinschaft mit. In fast allen Landkreisen und kreisfreien Städten gibt es Seniorenvertretungen. Diese gibt es, weil sich auch ältere Menschen in der Verantwortung für die Bevölkerung sehen und nicht, weil irgendwelche Gesetzlichkeiten sie dazu zwingen.

Bürgermeister, Landräte, Verantwortliche in der kommunalen Familie wissen um den Schatz der älteren Generation, ja, sie wissen um diesen Erfahrungsschatz. Mit der Landesseniorenvertretung Sachsen e. V. als landesweite Interessenvertretung für Senioren stehen wir im ständigen Austausch. Bei allen Vorhaben, die ältere Menschen betreffen, aber auch darüber hinaus, werden sie einbezogen. Aus meiner Sicht ist damit eine funktionierende Schnittstelle vorhanden, diese wichtige Gruppe bei Entscheidungen auf Landesebene mit einzubeziehen.

Ein Punkt ist mir in der Diskussion noch besonders wichtig. Wie ich anfangs bereits erwähnt habe, gewinnt die Bevölkerungsgruppe der Seniorinnen und Senioren in Sachsen ein zunehmendes politisches Gewicht. Bis 2030 wird die Hälfte der Einwohner im Freistaat Sachsen älter als 51,8 Jahre sein. Durch Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts wird sie der politischen Willensbildung Ausdruck verleihen und die jeweiligen Interessen auch nachdrücklich vertreten. Dies zeigt sich beispielsweise auch heute schon an verschiedenen Hinweisen und Anregungen, die ich als Sozialministerin fast täglich erhalte. Senioren sind mündig, sie treten für ihre Interessen – und das zu Recht – ein.

Ich möchte sagen, eine Mitwirkung, egal durch welchen Personenkreis, lässt sich nicht durch gesetzliche Maßnahmen erzwingen. Senioren wollen, Senioren sollen ihre Belange selbst wahrnehmen. Das wird von dieser Gruppe bereits leidenschaftlich und engagiert getan.

Um noch einmal ganz kurz auf die Berliner Leitlinien einzugehen: Darin ist formuliert, dass sich unsere älteren Menschen bis ins hohe Alter wohlfühlen und aktiv am Leben teilhaben. Auch diese Formulierung, auch dieser Inhalt wird der rote Faden in unserem gerade noch in Arbeit befindlichen Dachkonzept „Gutes Leben im Alter“ sein.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Schlusswort hat die Linksfraktion. Herr Abg. Wehner, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Vielen Dank, meine sehr verehrten Damen und

Herren, für die bis auf einen Fall doch sehr sachliche Besprechung unseres Antrags.

Was die Modifizierung der Gemeindeordnung betrifft, bitte ich um Nachsicht. Ich komme quasi von der Reha und habe noch nicht mitbekommen, dass Sie schon etwas getan haben. Wir werden noch ausreichend Gelegenheit haben, darüber zu diskutieren, ob die Modifizierung in § 47 mit der Einfügung, dass insbesondere die Seniorenvertretungen zu beachten sind, wirklich ausreichend ist.

Frau Staatsministerin, für das Dachkonzept würde ich mir wünschen, dass wir die Gelegenheit haben, darüber hier im Landtag zu diskutieren, zumindest im Ausschuss, damit wir auch die Dinge, die gerade auch in den Leitlinien in Berlin geregelt sind, die wir in unserem Antrag meinen, vielleicht mit einbringen können. Damit wäre ein wesentlicher Aspekt unseres Anliegens verfolgt.

Wenn Sie darauf hinweisen, dass die aktive politische Teilhabe selbst auch im Sächsischen Landtag repräsentiert ist, weil wir schon 20 Abgeordnete haben, die älter als 60 Jahre sind, dann ist das schön. Ich fühle mich auch dazugehörig. Deshalb bringe ich mich hier auch aktiv ein. Was ich aber überhaupt nicht haben will: Es reicht eben nicht aus, den ältesten Landtagsabgeordneten hier im Sächsischen Landtag zu haben, der auch noch zur AfD

Fraktion gehört und der dann meint, man müsse darüber überhaupt nicht reden. Es kommt eben nicht nur auf die Themen von Armut und auf die Themen von barrierefreiem Wohnraum an. Es kommt insbesondere darauf an, wie die Generationen im ländlichen Raum und in der urbanen Gegend miteinander leben, wie sie sich einbringen können, wie sie ihre Erfahrungen untereinander austauschen. Dafür ist selbstbestimmte Mitwirkung ein ganz entscheidendes Element.

(Staatsminister Markus Ulbig: Richtig!)

Für Sie also noch einmal die Gelegenheit, unserem Antrag zuzustimmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Meine Damen und Herren, ich lasse jetzt über den soeben diskutierten Antrag abstimmen. Wer dem Antrag der Fraktion DIE LINKE seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltungen. Eine Anzahl von Stimmen dafür. Dennoch ist der Antrag mit Mehrheit abgelehnt worden. Ich schließe den Tagesordnungspunkt und rufe auf

Tagesordnungspunkt 8

Familiennachzug nach dem Aufenthaltsgesetz

Drucksache 6/10386, Antrag der Fraktion AfD

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Es beginnt die einreichende Fraktion der AfD mit Herrn Abg. Wippel. Danach folgen CDU, DIE LINKE, SPD, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn sie es wünscht. Herr Wippel, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete! Die AfD-Fraktion stellt heute den Antrag, sich dafür einzusetzen, den Familiennachzug insbesondere von Asylanten sehr stark einzuschränken. Das klingt erst einmal nach einem unscheinbaren Thema, aber dahinter verbirgt sich eigentlich nichts anderes als die wichtige Frage, wie unser Land in Zukunft aussehen soll.

Im Jahr 2016, mit dem Jahresabschluss, haben wir in Deutschland 660 000 Syrer gezählt. Im Jahr 2018 werden 390 000 Syrer ihre Familien nachholen können. Wir gehen davon aus, dass von diesen Leuten drei Personen pro Einzelpersonen nachgeholt werden können. So kommen wir plötzlich auf eine Gesamtzahl von 2,1 Millionen Syrern, die dann in Deutschland leben werden.

Sie sagen, das sei vielleicht nicht viel, aber ich sage Ihnen: Doch, das ist sehr viel; denn Syrien hat vor Kriegsbeginn nur 22,5 Millionen Einwohner gehabt. Das heißt, 10 % der Syrer werden dann in Deutschland leben.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Könnten in Deutschland leben!)

Wenn diese Familien hier sein werden, dann stellt sich natürlich die Frage: Gehen sie dann auch wieder nach Hause, wenn der Krieg vorbei ist? Ich sage: sehr wahrscheinlich nicht. Dann bekommt der Rechtsstaat ein Problem,

(Patrick Schreiber, CDU: Warum denn?)

und zwar ein sehr großes Problem mit dem Vollzug seiner Gesetze, die er hat.