Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatsminister! Ich habe noch eine Frage zu dem Auen-Programm aus dem Koalitionsvertrag, und zwar bezüglich Konzeption und Umsetzung.
Hat das SMUL bereits konkrete Vorstellungen über angepasste Nutzungen in Auen und Retentionsräumen? Gibt es insbesondere schon konkrete Vorstellungen, wie ein Ertragsausfall bei den Landwirten, die dort in den Flächen betroffen sind, kompensiert werden soll?
Es ist auf alle Fälle so, dass die landwirtschaftliche Nutzung einer der wesentlichen Punkte ist, die wir dort betrachten müssen. Das ist nicht nur beim Auen-Programm so, sondern bei allen Retentionsflächen, bei Deichrückverlegungen und Polterschaffungen.
Um dafür Akzeptanz zu finden, ist es das Ziel, dass zumindest eine hochwasser- oder auenangepasste landwirtschaftliche Nutzung zum Teil noch möglich sein wird. Wir sind dort mit den Betrieben und Eigentümern in einem Interessenausgleich. Die Entschädigungen sind jeweils ganz individuell zu regeln: Was wird wofür entschädigt? Wir waren immer dafür, dass es im Hochwasserfall bundeseinheitliche Regelungen gibt. Wenn ich eine gemeinsame Aue schaffe, die zum Teil über Ländergrenzen hinweg geht – was es ja auch bei anderen Flächen gibt –, dann kann es nicht sein, dass Sachsen auf die eine und der Nachbar auf die andere Weise entschädigt. Das sollte schon einheitlich sein. Das hängt auch damit zusammen, ob der Landwirt bereit ist, eine Grundsicherung eintragen zu lassen. Dann ist so eine Entschädigungsleistung für den Verkehrswertverlust – ich will es nicht ökologisch betrachten – möglich.
Das wollen wir regeln. Da gibt es zum Teil auch Widerstand vom Bauernverband. Wir möchten diese Grundsicherung nicht. Ich bin der Meinung, dass das jeder Grundstückseigentümer selbst entscheiden soll. Dann kann man für ihn ganz konkrete Entschädigungsregelungen finden. Die eine Lösung gibt es sicherlich nicht.
Es beginnt die einreichende Fraktion, Frau Abg. Meier. Danach folgen CDU, DIE LINKE, SPD, AfD und die Staatsregierung, wenn sie es wünscht.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dem Landesprogramm „Weltoffenes Sachsen“ hat es in den vergangenen Jahren immer ein Auf und Ab gegeben. Anfangs war zu wenig Geld da. Irgendwann kam die CDU mit ihrem unsäglichen Bekenntniszwang, der sogenannten Extremismusklausel beziehungsweise Demokratieerklärung, um die Ecke, die allenfalls die Trägerinnen und Träger stigmatisierte, aber keinesfalls ihre Arbeit unterstützte. Nicht zuletzt war die Arbeit für viele Vereine und Verbände zunächst eine unentgeltliche, quasi eine Arbeit ins Blaue hinein, da Ablehnungs- wie Zuwendungsbescheide oftmals erst im Herbst des laufenden Förderjahres verschickt wurden und bis dahin bei den Akteuren nur der Enthusiasmus und die zaghafte Hoffnung auf eine Förderung die Arbeit ermöglichte.
Einige Probleme hat die Staatsregierung jetzt tatsächlich in den Griff bekommen und einige Entscheidungen revidiert. Beispielsweise gehört der Bekenntniszwang der Vergangenheit an. Die Projektförderung ist jetzt über drei Jahre hinweg möglich, was ich wirklich sehr gut finde. Aber andere Probleme bestehen immer noch.
Ich habe kürzlich eine Kleine Anfrage gestellt. Dort hat sich ergeben, dass es auch in diesem Jahr bis zum Sommer gedauert hat, bis die Vereine, Verbände und Initiativen ihre Bescheide erhalten haben. Genau am heutigen Tag, am 31. August, endet die Frist für die Einreichung von Anträgen auf Projektförderung durch das Landesprogramm „Weltoffenes Sachsen“ für das Förderjahr 2018 und darüber hinaus.
Was dieses Mal in der zugrunde liegenden Förderrichtlinie, die erst kürzlich novelliert wurde, steht, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat mich wirklich sprachlos gemacht. Unter Punkt V „Art, Höhe und Umfang der Förderung“ ist im Punkt Bemessungsgrundlage zu lesen – ich zitiere –: „Personalausgaben sind nur bis zur Höhe der Vergütungsgruppe E 9 nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst zuwendungsfähig.“
Was heißt das denn im Konkreten? Im Bereich der politischen Bildungsarbeit haben wir es, abgesehen von Bürotätigkeit, in aller Regel mit Tätigkeiten zu tun, die einen Hochschulabschluss notwendig machen. Diejenigen, die in der politischen Bildung tätig sind, sind in aller Regel Politikwissenschaftlerinnen und Politikwissenschaftler,
Pädagoginnen und Pädagogen oder auch Historikerinnen und Historiker. Offensichtlich scheint dieses Wissen zum Tarifrecht bei Ihnen nicht vorhanden zu sein. Wenn Sie nachschauen, dann müssen Leute, die einen Bachelorabschluss haben, in der Tarifgruppe E 9 bis E 12 vergütet werden. Liegt ein Master-, Diplom- oder Magisterabschluss vor, dann ist sogar eine Eingruppierung in E 13 bis E 15 vorzunehmen.
Ja, Sie haben in der Förderrichtlinie eine Ausnahmeregelung verankert. Das haben Sie den Antragstellern auch lapidar mitgeteilt. Aber letztlich – da müssen wir doch ehrlich sein – führt das Ganze doch dazu, dass die Träger noch länger auf ihre Bescheide warten, weil die SAB, wenn es um Sonderregelungen geht, das natürlich besonders prüfen wird. Da müssen wir uns doch nichts vormachen.
Das Letzte, was eine Demokratieförderung in diesem Land braucht, ist doch, dass ihr bürokratische Knüppel zwischen die Beine geworfen werden.
Mit der Deckelung der Personalausgaben ist eben keine qualifizierte Bildungsarbeit zu leisten. Mit dieser Begrenzung senden meines Erachtens CDU und SPD ein fatales politisches Signal, was ihr professionelle demokratische Bildungsarbeit hier im Freistaat Sachsen offenbar wert ist.
Dass die CDU hierzulande der Förderung demokratischen Engagements eher geringen Stellenwert beimisst, ist nicht wirklich etwas Neues. Aber von Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, und vor allem von Ihnen, liebe Frau Ministerin Köpping, bin ich, offen gesagt, wirklich enttäuscht, dass Sie diesen Raubbau an der Trägerlandschaft mitmachen. Ziehen denn nicht gerade Ihre Kandidatinnen und Kandidaten im Bundestagswahlkampf durch die Lande, um für gerechte Löhne zu werben? Ist es das, was Sie sich darunter vorstellen? Mit gerechten Löhnen hat das doch wirklich nichts zu tun.
Sie erklären die Tarifbindung zum Ausnahmefall und nicht zur Regel, mit verheerenden Folgen insbesondere für die langjährigen Trägerinnen und Träger in der sächsischen Bildungslandschaft; denn für sie drohen ab Anfang 2018 dramatische Auswirkungen. Mit der Entgeltgruppe E 9 ist es kaum noch möglich, qualifizierte Neueinstellungen mit Hochschulabschluss zu gewinnen. Zudem lassen sich Geschäftsführerstellen schwerlich finanzieren. Das bedeutet im Extremfall, dass die Vereine genötigt sind, langjährige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu entlassen und die Stellen für ein deutlich geringeres
Entgelt wieder auszuschreiben. Ob Sie dann wirklich qualifiziertes Personal finden, das steht auf einem anderen Blatt.
Sicher können die Träger nach anderen Wegen suchen, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über gesonderte Honorare aus eigenen Mitteln zu bezahlen. Aber, mit Verlaub, das ist doch wirklich zynisch. Ich frage mich: Auf wessen Kosten denn? Es ist eine Bankrotterklärung, dass Sie die Träger vor die Entscheidung stellen, ob sie schlecht bezahltes Personal beschäftigen und ein gutes Bildungsangebot anbieten, oder ob sie ein angemessenes Gehalt zahlen, dafür aber ihre Bildungsangebote einschränken müssen. Alle Fördermittel nützen in diesem Land doch nichts, wenn erzielte Erfolge auf diesen Wegen konterkariert werden.
Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist noch nicht zu spät. Wir haben heute diesen Antrag gestellt. Wir wollen die Aufhebung der faktischen Entgeltobergrenze im Förderprogramm „Weltoffenes Sachsen“, und es gibt im Bundesgebiet tatsächlich kein einziges ähnliches Programm, das eine Obergrenze eingezogen hat, auch nicht im Bundesprogramm. Wir wollen, dass sich stattdessen die Höhe der zuwendungsfähigen Personalausgaben an der Eingruppierung in der jeweiligen Vergütungsgruppe des Tarifvertrages orientiert. Es soll also tatsächlich wieder eine Tarifbindung hergestellt werden.
Das bedeutet, dass Personalausgaben für Personen, die fachliche Aufgaben im Sinne des jeweiligen Förderprojekts ausüben, für die ein akademischer Abschluss erforderlich ist, nur förderfähig sind, wenn eine Untergrenze in Höhe der Vergütungsgruppe E 9 eingehalten wird, so wie es zum Beispiel auch in Thüringen geregelt ist. Das ist – wie beschrieben – die niedrigst mögliche Eingruppierung für Akademikerinnen und Akademiker.
Ich kann Sie nur auffordern: Stimmen Sie unserem Antrag zu! Dass es die politische Bildung in diesem Land wirklich nötig hat, von qualifizierten Fachkräften ausgeübt zu werden, das dürfte uns allen klar sein.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Frau Meier, ich weiß nicht so recht, wie Sie es zusammenbekommen, dass Sie auf der einen Seite sagen, die CDU hätte ein stiefmütterliches Verhältnis dazu, demokratisches Engagement in diesem Freistaat zu fördern, auf der anderen Seite aber ein Bekenntnis zur freiheitlichdemokratischen Grundordnung als sogenannten Bekenntniszwang formulieren. Das ist aus meiner Sicht eine Schere im Kopf, die ich jedenfalls so nicht zusammenbekomme.
(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Valentin Lippmann, GRÜNE: Das sind Äpfel und Birnen, Herr Dierks!)
Ich war zumindest erfreut, dass wir uns einig sind, dass das Programm „Weltoffenes Sachsen“ im Freistaat ein sehr wesentliches Instrument zur Bekämpfung von jeder Art von Extremismus ist. Gerade in Zeiten, in denen verschiedene politische und gesellschaftliche Kräfte – sowohl in der analogen als auch in der digitalen Welt – versuchen, die Gesellschaft zu spalten, ist dieses Projekt wichtiger denn je.
Ich wünsche mir aber auch, dass speziell wir in diesem Hause etwas mehr zu diesem gesellschaftlichen, zu diesem demokratischen und friedlichen Konsens beitragen; denn ich denke, das beste Förderprogramm ist nichts wert, wenn auch hier im Haus immer wieder versucht wird – dazu schaue ich ganz gezielt nach rechts und nach links –, die Grenzen des Sagbaren zu verschieben und die Anwendung von Gewalt nicht nur nach Legalität und Illegalität, sondern immer auch nach Legitimität zu bewerten. Auch das ist eines demokratischen Parlaments unwürdig.
Ich möchte aber zum konkreten Antrag kommen, über den wir heute sprechen. Aus meiner Sicht handelt es sich um einen reinen Wahlkampfantrag. Wir haben mit „Weltoffenes Sachsen“ das mit Abstand größte Landesprogramm im Bundesvergleich zur Förderung von Demokratie, Toleranz und zur Begegnung extremistischer Strukturen in unserer Gesellschaft.
Der Vorwurf, wir würden den Lohn bzw. die Personalkosten deckeln, ist in der Realität schlicht und ergreifend nicht zutreffend. Ich selbst bin Mitglied des Beirates von „Weltoffenes Sachsen“. Wir sprechen regelmäßig darüber, dass bei Projekten diese Ausnahmeregelung Anwendung findet, dass Fachkräfte besser bezahlt werden können. Das findet regelmäßig statt. Mir ist nicht bekannt, dass wir in Größenordnungen Probleme hätten, die Mittel zu verausgaben, weil tatsächlich keine Fachkräfte mehr gefunden werden können.
Im Gegenteil: Wir müssen immer wieder über eine Vielzahl von Projekten entscheiden, weil dieses Programm gut angenommen wird. Wie ich bereits sagte, gibt es ein hohes Maß an gesellschaftlicher Notwendigkeit für dieses Programm.
Insofern werden wir diesen Antrag ablehnen, weil der Gegenstand aus unserer Sicht nicht ausreichend relevant ist.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Gerade hatten wir eine Aktuelle Debatte der Koalition zu guter Arbeit und guten Löhnen, und schon wenige Stunden später müssen wir darüber sprechen, wie ernst es der Koalition mit diesem Thema ist, vor allem in einem Bereich, wo Sie es selbst in der Hand haben.
So haben Sie in der Förderrichtlinie des Programms „Weltoffenes Sachsen“ vom 07.03. dieses Jahres festgelegt, dass Gehälter die E 9 nicht übersteigen dürfen bzw. nicht mehr förderfähig sind. Wir sprechen zwar nur von einem kleinen Mosaikstein der Demokratieförderung, aber allein an dieser einen Tatsache wird deutlich, wie ernst es Ihnen um die Förderung der Demokratie in diesem Freistaat ist.
Noch einmal zum Sachverhalt. Es ist bereits vorhin zitiert worden, worum es dabei geht: „Die Personalausgaben sind nur bis zur Höhe der Vergütungsgruppe E 9 nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst zuwendungsfähig.“