Protokoll der Sitzung vom 27.09.2017

Hier geht es um die Förderung eines Wirtschaftszweiges aufgrund ganz konkreter nationaler Interessen. Auch dazu habe ich heute nichts wirklich Neues von CDU und SPD gehört.

Damit bleibt noch Punkt 4, Verbesserung der Förderrichtlinie Tierzucht: Auch hier finden wir nur die üblichen Aussagen wieder, aber nichts Konkretes.

Ihr Antrag zeigt damit vor allem eines: Sie haben sich mit dem Thema Schafhaltung und den vielen Problemen der Schäfer nicht ernsthaft auseinandergesetzt. Der Antrag von CDU und SPD beinhaltet nur eine zusammengeschusterte Aufreihung pauschaler Forderungen. Wirkliche strukturelle Änderungsvorschläge haben Sie uns nicht gemacht. Damit zeigen Sie keinem Schäfer in Sachsen, dass Ihnen der Berufszweig tatsächlich am Herzen liegt.

(Beifall bei der AfD)

Nun für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Abg. Günther.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als letzter Redner in der Reihe hat man es immer sehr schwer, weil schon sehr viel Richtiges gesagt wurde.

Wir brauchen die Schafhaltung aus ganz unterschiedlichen Gründen. Einmal geht es hierbei um die Art der Landwirtschaft, und das ist genau die Landwirtschaft, wie wir sie uns immer wünschen: Da erzeugen Leute naturnah und regional Produkte, und es gibt keine erkennbaren Konflikte mit anderen Bereichen, wie wir es sonst auf vielen Gebieten verzeichnen. Es wird also regional und auch tiergerecht erzeugt.

Es gibt auch einen unglaublich großen Beitrag nicht nur im Eigeninteresse des Landwirtschaftszweigs, sondern auch im öffentlichen Interesse, im Interesse des Natur- und Landschaftsschutzes und damit auch unserer Kulturlandschaften. Denn dass wir Offenländer, dass wir Weidelandschaften haben, das macht die Vielfalt in unserem Land aus, und das funktioniert eben nicht ohne Weidehaltung.

Es gibt sogar noch ganz neue Aspekte. Auch über Neophyten haben wir im Landtag schon gesprochen. Es gibt auch schon Modellprojekte, bei denen geprüft wird, ob man hiermit bei der Weidehaltung vorankommt. Auch schon angesprochen wurde die Deichpflege. Es gibt dafür nichts Besseres als die Weidehaltung auf den Deichen.

Obwohl dies alles gut und wünschenswert ist, gibt es riesige Probleme. Wenn man die Bestandszahlen von 1990 mit denen von heute vergleicht, muss man feststellen, dass dieser Rückgang wirklich dramatisch ist.

Die Probleme liegen natürlich oft im wirtschaftlichen Bereich. Es rechnet sich kaum, Weidehaltung mit Schafen zu betreiben. Das betrifft einmal die Pachtpreise, die man zahlen muss, wenn man auf anderen Flächen weidet. Es gibt aber auch zahlreiche Konflikte. Dabei ist der Wolf vielleicht nur noch ein Tröpfchen zum Überlaufen des

Fasses, aber es gibt auch Konflikte, was Verbisse durch Hunde und Lämmerrisse durch Füchse, ja selbst durch Rabenvögel, anbelangt. Das alles sind Dinge, die statistisch überhaupt nicht erfasst werden, weil es für den Schäfer gar keinen Sinn hat, so etwas zu melden. Das wäre nur noch zusätzliche Arbeit. Diese Probleme machen das Leben des Schäfers wirklich sehr hart. Dann ist noch der Wolf eines dieser vielen Probleme.

Ein Hauptproblem teilen die Schäfer mit anderen Bereichen: Wo bekommt man die Leute her, die man einstellt? Wenn wir ihnen für den Mehraufwand, den sie haben, Geld zur Verfügung stellen, fehlen ihnen die Leute, die sie damit bezahlen sollen. Das ist oft nicht so richtig umsetzbar.

Natürlich kommt auch immer die Klage über die Bürokratie. Wenn man überhaupt als Landwirtschaftsbetrieb mit EU-Richtlinien gefördert wird, weil man nur dünne Margen erwirtschaftet, ist es ein riesen Problem, wenn man seine Arbeitszeit noch in Bürokratie steckt. Auch klagen die Schäfer oft über das Verständnis, nicht nur der Leute in den Behörden, sondern auch der Veterinäre, die zu ihnen kommen und oft Dinge abarbeiten, die aus Sicht der Schäfer lebensfremd sind.

Das ist ein Baustein, den man nicht mit Regeln hinbekommt, sondern dort ist man wieder bei dem Grundtatbestand: Verständnis füreinander und diese Problemsituationen.

Wir haben uns als GRÜNE über den Inhalt des Antrags gefreut, denn es ist nichts Falsches darin. Deshalb kann ich es vorwegnehmen: Wir werden dem Antrag zustimmen, weil wir wollen, dass es den Schafhaltern besser geht. Ein kleiner Wermutstropfen war für uns – das ist ihnen vielleicht auch nicht verborgen geblieben –, dass wir schon vor der Sommerpause an die Weidehalter einen Antrag herausgegeben haben, um den mit Ihnen zu diskutieren. Der Antrag klang an vielen Punkten ganz ähnlich. Jetzt debattieren wir hier über Ihren Antrag, aber wir werden ihn, weil wir etwas Eigenes erarbeiten wollten, nicht ablehnen. Gleichwohl haben wir in der Diskussion mit den Weidehaltern gemerkt, dass die Probleme noch weiter gehen, außer diesen Punkten Ihres Antrages – die alle richtig sind – in der EU-Förderung.

Es gibt in der Weidehaltung neben den Schafen noch andere Tiere. Dabei ist auch an bestimmte Rinderrassen, Wisente gedacht. Es wurde erwähnt, dass es früher noch Schweine gab, die man draußen gehalten hat. Das alles sind Dinge, die sich heute nicht mehr rechnen, die man aber mit in den Blick nehmen könnte.

Es gibt ein weiteres Feld: Wie gehen wir mit unseren öffentlichen Flächen um – Vorbildfunktion des Freistaates, vielleicht auch anderer Körperschaften –, die gezielt für Weidehaltung zur Verfügung gestellt werden könnten? Es geht ganz klar auch darum, dass es sich besser rechnet, wenn man Weidehaltung und Schafhaltung wieder attraktiver machen will, und zwar nicht nur mit öffentlicher Förderung, sondern das heißt, wir brauchen hier – wie auch in anderen Bereichen der Landwirtschaft – bessere

Ketten in der Verarbeitung. Dabei geht es oft schon um Schlachtstrecken. Wer darf wie was schlachten? Das ist für einzelne Schäfer oft mit einem riesen Problem verbunden, auch die anschließende Vermarktung. Regionale Vermarktung ist genau das, was wir mit den Schafen wollen. Da fehlt es an vielen Stellen. Dort können wir noch ganz deutlich unterstützen, auch im Bereich Vertragsnaturschutz, dass man dazu kommt, noch mehr solche Projekte mit den Schafhaltern umzusetzen. Das heißt, man kann für die Schafhalter noch mehr tun. Aber deshalb ist in Ihrem Antrag nichts falsch, und wir werden ihm als GRÜNE gern zustimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN und den Abg. Marko Schiemann und Hannelore Dietzschold, CDU)

Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Herr Heinz hat in seinem Redebeitrag schon darauf hingewiesen, dass es weitere Redebeiträge aus den Reihen der CDU-Fraktion zu den Wölfen und zu den Vorhaben geben wird. Zunächst zu den Wölfen. Frau Abg. Wissel, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Schafhaltung in Sachsen steht vor einer Vielzahl an Herausforderungen. Das haben wir von den Vorrednern schon gehört. Eine der schwierigsten ist das Thema Wolf bzw. die zunehmenden Wolfsrisse bei Herdentieren. Artenschutz ist wichtig. Das ist unbestritten. Aber wir dürfen in der öffentlichen Diskussion nicht diejenigen aus den Augen verlieren, die sich 365 Tage im Jahr um ihre Tiere kümmern, sie liebevoll aufziehen und mit ihnen leiden, wenn sie krank oder verletzt sind, wenn beispielsweise ein 14 Wochen altes Lamm, das gerade aus dem Gröbsten heraus ist, am Morgen mit durchgebissener Kehle tot oder leidend daliegt. Welche traurigen Emotionen das auslöst, können die gut nachempfinden, die Verantwortung für Tiere übernehmen.

Ein Schafzüchter hat viele Aufgaben. Er muss Krankheiten und Verletzungen heilen, Kräuter und Pflanzen identifizieren und das Wesen seiner Tiere verstehen. Er ist verantwortlich für das Wohlergehen jedes einzelnen Tieres – an Wochenenden, an Feiertagen, bei Tag und bei Nacht. Darüber hinaus erbringt er gesellschaftlich anerkannte Leistungen im Naturschutz und in der Landschaftspflege. Ebenso sind Schafe für den Hochwasserschutz in Form der Deichpflege unabdingbar.

63 Übergriffe auf Nutztiere wurden vom Freistaat Sachsen in diesem Jahr bereits gemeldet – Stand 13. September. In 24 Fällen wurde der Wolf als Verursacher festgestellt. Dabei wurden 65 Tiere getötet. Eine Vielzahl von Tieren wurde verletzt. Jeder einzelne Fall davon ist ein schwerer Schlag. Alle Schafhalter im Freistaat haben mittlerweile Angst vor einem solchen Vorfall. Diese Sorgen müssen wir ernst nehmen und die Schafhaltung in Sachsen mit konkreten Maßnahmen wieder mehr stärken.

Positiv ist, dass wir in Sachsen Vorreiter bei der Förderung von Schutzmaßnahmen und Entschädigungszahlun

gen sind. Die Hilfsmaßnahmen helfen den Schäfern in der Not. Gleichwohl werden und können wir das Wettrüsten zum Schutz der Herden nicht gewinnen. Herr Klingenberger vom Wolfsmanagement hat mir bestätigt, dass sich der Wolf an Schutzmaßnahmen wie Flatterband gewöhnt und die Angst davor verliert. Die bisherigen Hilfsmaßnahmen müssen also zukünftig erweitert werden.

Meine Fraktion fordert daher von Bund und EU eine finanzielle Beteiligung an Präventionsmaßnahmen.

Bürokratische Regelungen, die Frust bei den betroffenen Tierhaltern verursachen, sollten überarbeitet und vereinfacht werden. Beim Schadensausgleich ist ein Vollkostenausgleich zu gewährleisten. Darüber hinaus bedarf es einer zusätzlichen Unterstützung für die erhöhten Aufwendungen beim Auf- und Abbau der Herdenschutzzäune sowie bei der Unterhaltung von Herdenschutzhunden – zum Beispiel bei den Futterkosten. Auch sollten wir die Mutterschafprämie – wie heute schon mehrfach gehört – wieder gewähren.

Sehr geehrte Kollegen! Beim Thema Wolf handelt es sich um einen klassischen Zielkonflikt zwischen Natur und Artenschutz. Es muss endlich Klarheit darüber geschaffen werden, ob die Wolfspopulation in Deutschland den sogenannten guten Erhaltungszustand erreicht hat und damit den Status als streng geschützte Art verlieren kann. Dabei sind besonders regionale Populationsentwicklungen zu berücksichtigen; denn die Situation in der Lausitz ist eine andere als in Baden-Württemberg, wo bisher nur ein einzelner Wolf aufgetreten ist. Hier muss das Bundesumweltministerium handeln und zusammen mit Polen das Monitoring abstimmen und durchführen.

Artenschutz ist sinnvoll, hat aber auch seine Grenzen, spätestens wenn Wölfe für Menschen zur Gefahr werden, Nutztiere reißen und so große Schäden anrichten, dass Existenzen auf dem Spiel stehen.

(Silke Grimm, AfD, steht am Mikrofon.)

Frau Wissel, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein. – Dann sind weiterführende Maßnahmen notwendig. Dazu gehört auch der Abschuss einzelner Tiere, wenn sie die Scheu vor den Menschen verloren haben und verhaltensauffällig in die Herden gehen.

Um es noch einmal deutlich zu betonen: Artenschutz ist wichtig und unverzichtbar. Aber wir müssen den Schutzstatus der Wölfe im Lichte der regionalen Populationsentwicklung anpassen dürfen.

(Beifall bei der CDU und SPD – Silke Grimm, AfD, steht am Mikrofon.)

Sie wünschen, Frau Grimm?

Eine Kurzintervention.

Bitte schön.

Frau Wissel, denken Sie, dass durch mehr Prävention gegen den Wolf die Population in den ostsächsischen Räumen gesenkt werden kann?

(Patricia Wissel, CDU: Ich habe das akustisch nicht verstanden. – Patrick Schreiber, CDU: Ist das eine Frage oder eine Kurzintervention? – Zuruf des Abg. Marko Schiemann, CDU)

Sie haben gesagt, dass Sie mehr Prävention mit den polnischen Kollegen zum Wolfsmanagement und vorbeugende Maßnahmen wollen, um die Schäfer zu schützen. Ich glaube nicht, dass das eine sinnvolle oder zweckführende Maßnahme ist, um die hohe Population des Wolfes in Ostsachsen zu reduzieren. Die CDU sollte sich auf anderen Ebenen stärker machen.

Das war dann doch die geglückte Kurzintervention der Abg. Grimm. Frau Wissel, wollen Sie darauf reagieren? – Das wollen Sie nicht. Sie arbeiten nicht mit mir. Sie brauchen mir nur ein Zeichen zu geben. – Okay. Für die SPD-Fraktion, Herr Winkler.

Danke, Herr Präsident. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte nicht vor, in die zweite Runde zu gehen, aber die polemischen Vorwürfe des Herrn Urban haben mich dazu veranlasst, das doch zu tun. Er hat sich nun schon dort vorn hingesetzt und versteht immer noch nicht, was hier vorn gesprochen wird.

Wir haben durchaus Vorschläge gemacht,

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

welche Maßnahmen zu entwickeln sind, zum Beispiel die Förderung des Aufwands zum Bau der Schutzzäune einzubeziehen. Wir haben von der Einführung der Mutterschaftsprämie gesprochen,

(Zuruf des Abg. André Barth, AfD)

von der umfassenden Entschädigung im Schadensfall. Wir haben die Leinenpflicht abschaffen wollen. Wir haben damit schon einige Vorschläge gemacht, die sicherlich umsetzbar sind. Unsere Aufgabe ist es jetzt, nach dem Prüfen der Maßnahmen gemeinsam zu diskutieren, was für unsere Schäfer noch notwendig ist. Dass etwas notwendig ist, habe ich bei dem Besuch des Sächsischen Schaf- und Ziegenzuchtverbands erfahren, der sich genau auf diese Punkte konzentriert hat und genau das von uns erwartet und von uns fordert.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Ich frage die Fraktion DIE LINKE: Wird noch das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.