Protokoll der Sitzung vom 27.09.2017

Insgesamt 1 000 Stellen wird das Bundesprogramm so neu besetzen. Mehr als 50 Stellen davon stehen den sächsischen Hochschulen zur Verfügung. Die ersten 26 Stellen für den Freistaat wurden letzte Woche durch die gemeinsame Wissenschaftskonferenz der Länder genehmigt; 18 für die TU Dresden, acht für die TU Freiberg. Mit dem Gesetzentwurf eröffnen wir die Möglichkeit, die besten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für diese Plätze zu gewinnen und diese mit einer W2Professur auch entsprechend zu vergüten.

Für uns Wissenschaftspolitiker ist die Situation der jungen Wissenschaftler immer wieder ein Thema, vor allem die Kritik an den kurzen Laufzeiten ihrer Arbeitsverträge. Junge Menschen, die sich für eine akademische Laufbahn entschieden haben, investieren viel Zeit und Energie in die wissenschaftliche Qualifikation, teilweise ohne verlässlich zu wissen, ob sie langfristig eine Perspektive haben. Das wird sich nicht ganz vermeiden lassen, da die Flexibilität des Wissenschaftssystems durch ausschließlich unbefristete Stellen zum Erliegen kommen würde. Aber eine gute Balance ist wichtig.

Wir begrüßen es ausdrücklich, dass der Bund zusammen mit den Ländern durch dieses Programm mehr Verlässlichkeit und Karriereperspektiven schafft. Nun liegt es in der Verantwortung der Hochschulen, diese Stellen klug zu besetzen und ihr Profil damit zu stärken. Auch ist es wünschenswert, wenn sie die jungen Wissenschaftler durch entsprechende Unterstützung, beispielsweise

Mentorenprogramme, auf ihren Weg begleiten.

Der Bund unterstützt die Hochschulen aber nicht nur mit dem erwähnten Tenure-Track-Programm, unsere sächsischen Hochschulen für angewandte Wissenschaften haben sich im Bundesprogramm „Innovative Hochschule“ erfolgreich durchgesetzt. Auch das soll an dieser Stelle einmal erwähnt und gewürdigt werden.

Der Bund hat noch weitere Änderungen vorgenommen, die unmittelbaren Einfluss auf unsere sächsischen Hochschulen haben. So werden wir durch Änderung des Bundesstatistikgesetzes zeitnah einen besseren Überblick über die Promovenden an den einzelnen Hochschulen erhalten.

Zurück zum vorliegenden Gesetzentwurf. Auch der zweite Punkt ist nicht weniger wichtig und wird unsere Hochschulen im Wettbewerb um die besten Wissenschaftler stärken. Mit dieser Änderung eröffnen wir die Möglichkeit einer höherwertigen Professur, die Besoldungsgruppe W3 zur Rufabwehr im Rahmen von Bleibever

handlungen zu übertragen. Ziel ist es, herausragende Persönlichkeiten an sächsischen Hochschulen zu halten. Wir wissen, dass der Wettstreit um die besten Köpfe in der Wissenschaft immer härter wird. Dabei kann es durchaus ein starkes Argument sein, die bisherigen W2Stellen in W3-Stellen ohne erneutes Ausschreibungs- und Berufungsverfahren aufzuwerten.

Wir haben im Ergebnis der Anhörung noch einmal intensiv über den Punkt der Einwilligung des Wissenschaftsministeriums an dieser Stelle gesprochen. Dieser Schritt soll und wird den Prozess nicht verlängern. Das hat uns das Wissenschaftsministerium zugesichert und auch, dass die konkrete Anfrage höchste Priorität genießt und innerhalb weniger Tage im Haus entschieden werden wird. Ich denke, dieser Weg ist der richtige in Abwägung zwischen der Freiheit der Hochschulen auf der einen und der Verantwortung der Staatsregierung auf der anderen Seite.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gute Leute machen an unseren Hochschulen eine exzellente Forschungsarbeit. Die zahlreichen Antragsskizzen im Rahmen der Exzellenzstrategie sind dafür ein starker Ausdruck. Morgen entscheiden Deutsche Forschungsgemeinschaft und Wissenschaftsrat, welche Antragsskizzen für die Exzellenzstrategie zugelassen werden. Es ist ein wichtiger Schritt, und wir drücken alle unsere Daumen, dass die harte Arbeit, die an den sächsischen Hochschulen geleistet wird, morgen mit der entsprechend hohen Anzahl von Zulassungen für die nächste Phase der Exzellenzstrategie gewürdigt wird.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf stärken wir die Hochschulen für diesen Weg. Deshalb haben wir das Signal aus der Anhörung verstanden, dass wir die vorliegenden Änderungen so zügig wie möglich beschließen sollen. Dieser Bitte kommen wir gern nach.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Fraktion DIE LINKE; Herr Abg. Jalaß, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen und AfD und nicht mehr so ganz AfD!

(Heiterkeit bei den LINKEN)

Der vorliegende Gesetzentwurf soll die Beteiligung am Bundesförderprogramm für den wissenschaftlichen

Nachwuchs WISNA ermöglichen und die Hochschulen im Wettbewerb um die besten Fachleute stärken.

Wir haben aber an einigen Punkten berechtigte Zweifel, ob der gewünschte Erfolg so eintreten wird. Um erfolgreich am Programm teilzunehmen, ist es notwendig, dass die Universitäten ihre Berufungsordnung anfassen und die Länder das Berufungsrecht neu strukturieren. Für solch ein kleines Programm ist das schon beachtlich; das ist eine Menge „Holz“.

Kern dieses Programms ist der sogenannte Tenure-Track. Der Bund stellt hierbei die Mittel für 1 000 neue TenureTrack-Professuren bereit. Das ist unterm Strich eine sehr überschaubare Zahl; denn in Deutschland gibt es immerhin 426 Hochschulen und damit würde jede Hochschule bestenfalls eine oder zwei neue Stellen erhalten. Das hat Frau Rüger von der Mittelbauinitiative der Uni Leipzig bei der Anhörung schon gesagt. Der Bedarf liegt offensichtlich höher. Er wurde schon genannt: Von 27 TenureTrack-Professuren für Sachsen sind 26 vergeben, davon 18 an die TU Dresden und 8 an die Freiberger Bergakademie. Nun ist das Kontingent für Sachsen nahezu ausgeschöpft, und das teilte dann auch das SMWK mit.

Die Voraussetzung für die Förderung war die Vorlage eines Gesamtkonzepts zur Personalentwicklung. Die Konzepte müssen dann aber auch umgesetzt werden. Aus der Verwaltungsvereinbarung geht hervor, dass es nach Auslaufen des Programms zu einem Stellenaufwuchs kommen sollte. Diese Finanzierung läuft von 2017 bis 2032. Prof. Dr. Meyer, Sächsischer Staatsminister für Wissenschaft und Kunst a. D., führte in der Anhörung jedoch aus, dass die neu entstandenen Stellen haushaltsrechtlich noch nicht dauerhaft gesichert sind.

Eine Bestätigung von WISNA in Sachsen ist damit also noch nicht fundamentiert. Die Stellen an den Universitäten letztlich in ebendiesem Umfang zu erhöhen, wie mit dem Bundesprogramm auch Professuren bewilligt wurden, wird langfristig die haushalterische Herausforderung sein. Das haben die Länder unterschrieben und dazu besteht auch eine Verpflichtung. Die Unis schneiden sich das jedenfalls nicht aus den Rippen, oder um Prof. Dr. Müller-Steinhagen, Rektor der TU Dresden, zu zitieren: „Mehr als die derzeit vorhandenen Stellen haben wir ja nicht.“

Meine Damen und Herren! Ein weiterer Aspekt des Entwurfs ist die sogenannte Rufabwehr. Seit dem Jahr 2008 ist das Berufungsrecht an die Rektorinnen und Rektoren übergegangen. Nun soll bei Ausschreibungsverzicht, um beispielsweise den Ruf einer anderen Hochschule abzuwehren, das SMWK vorher einwilligen. Ich bitte Sie: Damit wird nicht nur die Autonomie der Hochschulen arg beschnitten – was für sich allein gesehen schon bitter genug wäre –, sondern das ganze Verfahren wird, entgegen dem eigentlichen Anliegen, verlangsamt, und ich glaube nicht, dass der Verlangsamungseffekt nicht eintreten wird. Denn das müssen wir uns einmal vorstellen: Da kommt eine internationale Uni um die Ecke mit einem Topangebot und sagt: Ich hätte gern bis Monatsende eine Entscheidung, ja oder nein, hopp oder top. Und wie reagieren wir hier? Wir schalten die geballte Ministerialverwaltung dazwischen. Das kann doch nicht unser Ernst sein!

In der Anhörung zum Gesetzentwurf wurde deutlich gemacht, dass die Regelungen zur Rufabwehr und zu Entfristungsentscheidungen nicht gebündelt behandelt werden sollten. Herr Noack vom Deutschen Hochschulverband wies dabei auf einen möglichen gesetzgeberi

schen Widerspruch hin. Nun bin ich zwar kein Jurist, aber es würde mich nicht überraschen, wenn er Recht behielte.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir begrüßen es ja grundsätzlich, dass mit dem vorgelegten Entwurf die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Teilnahme am WISNA-Programm geschaffen werden sollen. Aber dass Sie eine zügige Rufabwehr potenziell ausbremsen, indem Sie noch mehr Bürokratie beimischen, wird sich vermutlich als Bremsklotz herausstellen. Das widerspricht auch erheblich dem Gedanken, dass unsere Hochschulen autonomer sein sollen. Die Bindung an die Zustimmung des SMWK könnte doch mit dem bereits vorher abgestimmten Qualitätssicherungskonzept schon gegessen sein. Außerdem halten wir die Vermischung von TenureTrack und Rufabwehr für falsch. Die Bindung der familienpolitischen Komponente ausschließlich an TenureTrack-Professuren lehnt DIE LINKE ebenfalls ab. Entweder gilt das für alle oder für niemanden. Um Familienförderung ging es heute ja schon in Teilen.

Vor diesem Hintergrund können wir uns heute hier leider nur enthalten.

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Für die SPDFraktion Herr Abg. Mann, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Koalition rückt mit dem heutigen Gesetz erneut den wissenschaftlichen Nachwuchs und damit Fachkräfte in den Fokus.

Gestatten Sie mir deshalb einen kurzen Blick zurück in die gerade abgelaufene Legislatur des Deutschen Bundestages. Die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses war ein Kernanliegen der Sozialdemokratie in der Großen Koalition im Bund und ist es auch weiterhin in Sachsen. Einige Stichpunkte seien genannt: die Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes, die Reform der Hochschulstatistik, um Studienverläufe einschließlich der Promotionsphase erfassen zu können, das Bund-LänderProgramm mit 1 000 Tenure-Track-Professuren, um eine frühzeitige wissenschaftliche Karriere als Professorin bzw. Professor beginnen und planen zu können.

Deshalb möchte ich an dieser Stelle meinen Dank an zwei engagierte sächsische Wissenschaftspolitiker richten, die dem 19. Deutschen Bundestag wohl nicht mehr angehören werden: Dr. Simone Raatz aus Mittelsachsen und Michael Kretschmer aus Görlitz. Beide haben dazu beigetragen, dass die sächsische Wissenschafts- und Forschungslandschaft wächst.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der Staatsregierung)

Der Freistaat Sachsen hat sich mit der Unterzeichnung des Bund-Länder-Programms zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, kurz WISNA, dazu verpflichtet, die finanz- und hochschulrechtlichen Voraussetzungen

zu schaffen. Genau das tun wir als Koalition mit diesem Gesetz, da nunmehr ein Tenure auch für je zwei Professuren möglich wird. Wir sichern heute also rechtlich ab, dass die TU Dresden und die TU Bergakademie Freiberg die Fördermittel für 18 bzw. acht Tenure-TrackProfessuren tatsächlich erhalten können. An beide Universitäten ergeht mein Glückwunsch zur erfolgreichen Antragstellung an dieser Stelle.

Zu den genannten Initiativen gehört aber auch das Thema „Gute Arbeit an den Hochschulen“, um die Verantwortung von Hochschulleitern als Arbeitgeber stärker ins Bewusstsein zu rücken. Hierbei haben wir an allen sächsischen Hochschulen noch Nachholbedarf, wie die beginnende Umsetzung des Rahmenkodexes für gute Arbeit in der Wissenschaft belegt.

Am Kabinettstisch konnte man sich leider nicht zu einer echten kleinen Novelle durchringen. Dennoch hat es ein weiterer Punkt ins Änderungsgesetz geschafft: Es ist die schon angesprochene Rufabwehr. Mit diesem Instrument sollen Hochschulen Spitzenwissenschaftlerinnen und Spitzenwissenschaftler in Sachsen durch sogenannte Bleibeverhandlungen halten können, indem eine höher dotierte W-3 Stelle angeboten werden kann.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beschließen heute in einem zügigen Parlamentsverfahren – wofür ich mich bei Ihnen allen bedanken möchte – dieses kurze Änderungsgesetz. Ich habe nicht verhehlen können und möchte auch weiterhin nicht verhehlen, dass es seitens der SPD-Landtagsfraktion mehr Gesprächs- und Änderungsbedarf zum Hochschulgesetz gibt. Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist das Thema „Gute Arbeit an Hochschulen“ sowie die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses eben mehr als Tenure-Track. Wir müssen uns die Lebens- und Arbeitssituation der über 20 000 Menschen im wissenschaftlichen Mittelbau in Sachsen ansehen und darauf reagieren und, falls die Hochschulen hier nicht zur Selbstverwaltung fähig sind, notfalls auch steuernd eingreifen.

Die Anhörung zu diesem Änderungsgesetz hat zudem deutlich gemacht, dass wir nicht einmal genau wissen, wie viele in Sachsen promovieren. Der Vorsitzende der Landesrektorenkonferenz und Rektor der TU Dresden sagte unter anderem: Ich weiß nicht, wie viele wir genau haben, weil die derzeitige Gesetzeslage nicht vorschreibt und auch gar nicht ermöglicht zu wissen, wie viele Doktoranden wir an der Universität haben. Ich wäre dankbar für eine etwas verbindlichere Regelung, die sicherlich den Arm des Rektorates stärken würde. Wir haben – Zitat – „irgendwo zwischen 4 000 und 8 000 Promovierende an der TU Dresden“. Er selbst findet diese Ungenauigkeit unbefriedigend.

Ich persönlich erachte es deshalb als zwingend, dass die im Koalitionsvertrag verankerten verpflichtenden Doktorandenlisten eingeführt werden und es künftig Betreuungsvereinbarungen gibt. Im Allgemeinen muss die Qualitätssicherung während der Promotion stärker in den Fokus rücken.

Diese Fragen müssen wir klären, und zwar gesetzlich und nicht auf einem weiteren Umweg mit halbverbindlichen Vereinbarungen. Mindestens das sind wir meiner Meinung nach unserem wissenschaftlichen Nachwuchs, den Fachkräften von morgen und Spitzenwissenschaftlern in spe, schuldig.

Falls die Einsicht dazu noch in dieser Legislatur bei unserem Koalitionspartner reift, hierfür mehr zu tun, dann möchte ich hier und heute erneut meine Hand reichen. Ich konnte und kann mir nicht vorstellen, dass die CDULandtagsfraktion keinen weiteren Änderungsbedarf hat. Die dynamische Wissenschafts- und Hochschullandschaft ist unserer Meinung nach kein geeignetes Feld für eine Blockadepolitik.

Der SPD-Landtagsfraktion ist dabei klar, dass die Gemeinsamkeiten für eine große Novelle nicht reichen. Aber die kleinen Stellschrauben zu drehen, um unseren Hochschulen echte Autonomie sowie insbesondere dem akademischen Mittelbau mehr Verlässlichkeit zu geben, wäre das Gebot der Stunde.

Ich könnte weitere Vorschläge nennen, aber ich denke, es reicht zu sagen: CDU und SPD haben sich am Kabinettstisch auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zur Umsetzung von WISNA geeinigt. Das tragen wir natürlich mit.

Zufrieden bin ich als Hochschulpolitiker damit nicht und die 20 000 Menschen im wissenschaftlichen Mittelbau in Sachsen können es auch nicht sein. Es ist dennoch ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, weshalb ich um ihre Zustimmung werben möchte.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU – Beifall bei der Staatsregierung)

Die AfD-Fraktion; Frau Abg. Wilke, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die AfD-Fraktion wird den Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Sächsischen Hochschulfreiheitsgesetzes ablehnen. Wir haben Änderungen im XL-Format erwartet und Sie legen die Small-Variante vor.

Mit dieser Gesetzesänderung realisieren Sie nur die Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern vom 16. Juli des vergangenen Jahres zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, und es werden vier neue Möglichkeiten für ausschreibungsfreie Berufungen geschaffen. Das Gesetzesvorhaben an sich ist richtig, aber leider ist die Umsetzung in Landesrecht nicht gelungen.