Protokoll der Sitzung vom 28.09.2017

Vielen Dank. Ich bitte jetzt, die Stimmen auszuzählen, und alle anderen bitte ich um etwas Geduld. Danach werde ich das Ergebnis bekannt geben.

(Sebastian Fischer, CDU, steht am Mikrofon.)

Herr Fischer, Sie möchten bestimmt eine Erklärung abgeben, aber Sie müssen warten, bis wir das Ergebnis bekannt gegeben haben.

(kurze Unterbrechung)

Meine Damen und Herren! Ich möchte Ihnen das Ergebnis der namentlichen Abstimmung mitteilen und bedanke mich bei den Schriftführern für die zügige Arbeit. Für den Antrag, Drucksache 6/10734, haben mit Ja 10 Abgeordnete, mit Nein 85 Abgeordnete gestimmt, und 31 Abgeordnete haben nicht teilgenommen. Damit ist die Drucksache nicht beschlossen.

Ich sehe noch Wortmeldungen. Herr Abg. Pallas, bitte.

Danke, Herr Präsident. Ich möchte eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten abgeben.

Bitte.

Der Verlauf der Debatte hat mich dazu motiviert, mein Abstimmungsverhalten zu erklären. Ich habe den Antrag der AfD-Fraktion abgelehnt.

In der Debatte wurde deutlich, dass alle Fraktionen hier im Haus das Ziel teilen, dass Wahlkampfauseinandersetzung als ein Höhepunkt politischer Auseinandersetzung mit friedlichen Mitteln und fair ablaufen soll. Durch den Verlauf der Debatte, durch einzelne Diskussionsbeiträge könnte der Eindruck entstehen, dass nur die AfD-Fraktion als einbringende Fraktion diesem Ziel verpflichtet sei, aber alle anderen Fraktionen hier im Landtag nicht. Das ist der Grund, weshalb ich gern mein Abstimmungsverhalten erklären möchte.

Ich habe Ihren Antrag aus inhaltlichen Gründen abgelehnt; denn ich glaube, dass das, was Sie vorschlagen, nicht geeignet ist, um dieses Ziel zu erreichen – selbst wenn es möglich wäre, eine Stelle einzurichten.

Das, was wir eigentlich brauchen, ist die Rückkehr zu einer fairen, sachlichen Auseinandersetzung über Themen. Wir haben genügend Aufgaben im Freistaat Sachsen, in der Bundesrepublik. Wir brauchen keine aufgeheizten Debattendiskussionen, in denen sich die verschiedenen Politikerinnen und Politiker Dinge vorwerfen, die draußen nur die Hälfte versteht, wenn überhaupt.

Wir müssen alle einen Gang zurückschalten. Wir müssen alle vom Wahlkampfmodus zurückschalten und die Stellen stärken, die mit der Bekämpfung politisch motivierter Kriminalität, wozu dieser Themenbereich gehört, befasst sind. Das sind die Polizei, das Landesamt für Verfassungsschutz und die unterschiedlichen zivilgesellschaftlichen Organisationen, die sich mit den Ursachen dieser Phänomene befassen.

Aus diesen Gründen habe ich Ihren Antrag abgelehnt und bin trotzdem diesem Ziel verpflichtet.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU)

Das war die Erklärung zum Abstimmungsverhalten des Abg. Pallas. Es gibt noch eine Wortmeldung von Herrn Fischer; bitte.

Vielen Dank, Herr Präsident! Ich konnte nicht mit abstimmen. Mein Abstimmungsverhalten ist natürlich „nein“. Ich war auf einem Ort, wo auch der Herrgott zu Fuß hingeht. Ich bitte um Entschuldigung.

Okay, das nehmen wir zur Kenntnis.

(Heiterkeit im Saal)

Herr Mikwauschk, was ist Ihr Begehr?

Sehr geehrter Herr Präsident! Ich möchte auch erläutern, weshalb ich der Abstimmung ferngeblieben bin. Ich war bei einer angemeldeten Besuchergruppe und habe ihr die parlamentarische Arbeit des Sächsischen Landtags erläutert.

Das haben auch alle zur Kenntnis genommen. Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Meine Damen und Herren! Damit ist dieser Tagesordnungspunkt beendet.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 8

Jetzt handeln – Sachsen aktiv im nationalen Klimaschutz positionieren

Drucksache 6/10736, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beginnt mit der Aussprache der Abg. Dr. Lippold. Danach folgen CDU, DIE LINKE, SPD, AfD und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Herr Dr. Lippold, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! „Wir werden Wege finden, um das nationale 40-%-Klimaschutzziel bis zum Jahre 2020 einzuhalten. Das verspreche ich Ihnen.“

Das ist ein Zitat, meine Damen und Herren. Das sagte Angela Merkel, jetzige und wahrscheinlich auch künftige Bundeskanzlerin, vor genau zwei Wochen zur besten Sendezeit.

Nur, wer mit eigenen Vorschlägen in die jetzt bundesweit anstehende Diskussion über neue Klimaschutzmaßnahmen und weitere Klimaschutzinstrumente geht, kann bei deren Ausgestaltung ein Wörtchen mitreden. Tut die Staatsregierung das nicht, so wird sie nur dabei zusehen, was andere für Sachsen festlegen. Wie weit sie sich dann querstellen kann, wird von der eigenen Verhandlungsmacht abhängig, und die ist wohl in den letzten Tagen sicherlich nicht gewachsen.

Deshalb fordern wir in unserem Antrag die Staatsregierung dazu auf, selbst eigene Vorschläge für substanzielle Beiträge Sachsens zur Erreichung von Klimaschutzzielen auf nationaler Ebene zu unterbreiten. Wir fordern die Staatsregierung auf, dies zur Stärkung der eigenen Rolle in diesem Prozess im Rahmen einer Bundesratsinitiative für ein Sofortprogramm zu tun.

Dazu muss die Staatsregierung zunächst die eigenen Ziele und Teilziele in den einzelnen Sektoren definieren. Das wäre die Aufgabe eines aktuellen Energie- und Klimaprogramms des Freistaates. Jetzt rächt es sich, dass dessen Fortschreibung verschleppt wurde. Wir fordern deshalb, wenigstens die Eckpunkte zu Sektorzielen rasch zu

erarbeiten und vorzustellen. Das ist von hoher Dringlichkeit.

(Zuruf des Abg. Jörg Vieweg, SPD)

Lieber Herr Minister Dulig! Ich glaube, Sie sind mit dem Ansatz konkreter eigener Gegenvorschläge zur Abwehr von Lösungsansätzen aus dem Bund ganz gut vertraut, wenn ich dabei etwa an die Diskussion zum Klimaschutzbeitrag 2015 denke. Warum wird nun jetzt nach der Bundestagswahl des Jahres 2017 das lange zuvor absehbare Nachsteuern unvermeidlich und überaus dringlich? Deutschland ist von der Erfüllung der beschlossenen Klimaschutzziele weit entfernt. Das hat die Bundesregierung bereits in ihrem jüngsten Projektionsbericht 2017 eingestanden und für das Jahr 2020 eine Emission von 816 Millionen Tonnen Treibhausgasäquivalent prognostiziert, mithin eine jährliche Lücke von 66 Millionen Tonnen zum Ziel von 750 Millionen, das sich aus der 14%igen Reduktion gegenüber dem Jahr 1990 ergibt.

Thinktank Agora Energiewende, der das Bundeswirtschaftsministerium in energie- und klimapolitischen Fragen berät, hat Anfang September eine Analyse vorgelegt, wonach dieses Ziel noch sehr viel deutlicher verfehlt wird, nämlich um 116 Millionen Tonnen, sodass dann statt 40 % nur 30,5 % Minderung stünden.

Doch wie unbeweglich ist dieses Ziel? Gerade im Kohleland Sachsen habe ich immer wieder gehört, das Bundesziel sei zu ambitioniert und man müsse nicht mehr tun als andere. Das Bundesziel für das Jahr 2020 ist beileibe nicht plötzlich vom Himmel gefallen. Die dritte Bundesregierung in Folge hat es nunmehr bekräftigt. Auch die aktuelle Bundesregierung sieht diesbezüglich keine Luft zu weniger Ambitionen.

Das Ergebnis des Pariser Klimaschutzabkommens bedeutet nichts anderes als ein globales Budget, welches man selbstverständlich auf nationale Budgets, dort auf Sektoren und auch auf Sektoren in Bundesländern herunterbre

chen kann und wird. Das erschreckend geringe Volumen dieses Budgets steht nicht etwa für eine Lockerung, sondern für eine weitere Verschärfung des nationalen Ziels. Über die Größe dieses Budgets an sich können Sie überhaupt nicht verhandeln. Es sitzt nämlich schlichtweg kein Verhandlungspartner an der anderen Seite des Tisches: Die Natur verhandelt nicht mit uns.

Auch wir in Sachsen müssen uns davor hüten, bei begründeten Zielen, die uns Anstrengungen abverlangen, reflexhaft über die Abwehr der Ziele statt über die Veränderung der Politik auf dem Weg zur Zielerreichung nachzudenken.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das gilt nicht nur für die Treibhausgase. Dasselbe haben wir in den letzten Wochen beim hochgiftigen Quecksilber aus sächsischen Kohlekraftwerken und bei gesundheitsschädlichen Stickoxiden beobachten müssen.

Offenbar hat beim Klimaschutz aber die Staatsregierung die ganze Zeit darauf spekuliert, dass die nationalen Ziele für die Jahre 2020 und 2030 dehnbar wären, um ausreichend Platz für ihre hochfliegenden Kohleträume und tiefer gelegten sächsischen Klimaschutzziele zu machen. Mit dieser Überzeugung im Hinterkopf hat sie die im Koalitionsvertrag vereinbarte Fortschreibung des sächsischen Energie- und Klimaprogramms verschleppt und stattdessen gebetsmühlenartig die Überzeugung von einer jahrzehntelangen Zukunft der Braunkohleverstromung wiederholt.

Ich glaube, auch Ihnen dämmert langsam, dass Sie sich gründlich verspekuliert haben könnten. Mit unserem Antrag wollen wir, dass es nicht nur langsam dämmert, sondern dass Ihnen ganz schnell ein Licht aufgeht.

Es ist keine zwei Wochen her, dass die Bundeskanzlerin die Zieleinhaltung versprochen hat. Wenn man am Ende bei 38 oder 39 % landet, so ist das vermutlich schon ein Beleg für ernsthafte Anstrengungen. Doch ein krachendes Verfehlen kann sich die Bundesrepublik, die sich bei den G7, den G20 und darüber hinaus für große internationale Anstrengungen starkgemacht hat, und kann sich auch eine Bundeskanzlerin, die gerade daraus einen erheblichen Teil ihrer weltweiten Reputation bezieht, schlichtweg nicht leisten.

Dass die Verfehlung eines mit relativ einfachen und volkswirtschaftlich sinnvollen Maßnahmen erreichbaren Klimaschutzziels für meine Partei inakzeptabel ist – die rein rechnerisch infrage kommen, auch ein Wörtchen mitzureden haben –, das brauche ich wohl nicht zu betonen.

Herr Minister Dulig, wenn Sie irgendwo einen Entwurf des neuen Energie- und Klimaplans im Schubkasten haben, so wäre jetzt die Zeit, ihn da herauszuholen, egal, an welchem CDU-geführten Ministerium der Entwurf vielleicht abgeprallt ist. Denn wenn es ihn gibt, dann stehen genau dort die einzigen Zahlen, die man für die weitere Diskussion hat.

Sie, Herr Minister Dulig, sind mit dem Wirtschafts- und Energieressort derjenige, der im Bund die Diskussion über die sächsischen Minderungsbeiträge zu führen hat. Glauben Sie mir, hierbei geht es nicht um den Kampf gegen Berliner Ministerien. Es geht um einen Kampf, den alle gemeinsam gegen die Zeit zu führen haben. Sie werden dort nicht ohne substanzielle Minderungsbeiträge herausgehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn Sie diese nicht vorschlagen können, dann wird man Ihnen eine Liste vorlegen. Verantwortungsvolle Landespolitik handelt, bevor ihr Handeln von außen bestimmt wird. Zumindest hat verantwortungsvolle Politik für Sachsen rechtzeitig einen Plan davon, was auf uns zukommt. Handeln Sie verantwortungsvoll, und gestalten Sie Sachsens Rolle im Klimaschutz aktiv!