Protokoll der Sitzung vom 15.11.2017

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD und des Abg. Gunter Wild, fraktionslos)

Das war Frau Grimm für die AfD-Fraktion. Jetzt hören wir Herrn Kollegen Günther für die Fraktion GRÜNE.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Es wird Sie nicht wundern, dass die Opposition das Regierungshandeln kritisch begleitet. In diesem Fall können wir nicht allzu viele Angriffspunkte finden. Der Antrag ist so formuliert, dass man ihm umstandslos zustimmen kann. Allerdings bleibt er – wir haben es schon gehört – an manchen Stellen viel zu vage. Ich kündige aber hiermit an, dass unsere Fraktion zustimmen wird.

Damit ist erst einmal alles gesagt.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und der SPD – Christian Piwarz, CDU: So wünschen wir uns die GRÜNEN! So muss es sein!)

Am Ende der ersten Rederunde spricht jetzt der fraktionslose Abg. Herr Wild. Bitte, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Sie sprechen in Ihrem Antrag von Maßnahmen zur Vermeidung der Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest. Maßnahmen? Sie hätten von „Fragen“, nicht von „Maßnahmen“ sprechen sollen.

Zu dieser auf Sachsen und Deutschland zurollenden – ich nenne es – Katastrophe einer verheerenden Tierseuche, die betroffene Landwirte um ihre Existenz bringen kann, fällt ihnen nichts anderes ein, als sich berichten zu lassen und zu prüfen. Sie müssen handeln, jetzt handeln!

Aber wir kennen es ja. Schon als es um die invasiven Tierarten, wie den Waschbär damals ging – das ist ja immer noch aktuell –, haben Sie nicht gehandelt, sondern nur einen Berichtsantrag eingebracht.

(Zuruf des Abg. Christian Piwarz, CDU)

Das Problem ist noch nicht behoben. Hier haben wir jedoch eine ganz andere Dimension. Vor allem durch den enormen Jagddruck in Tschechien weichen die Wildschweine immer mehr nach Sachsen aus. Sie müssen den Jägern jetzt und hier helfen und nicht erst lange untersuchen.

(Jan Hippold, CDU: Schreien Sie nicht so!)

Ihr Antrag, wonach berichtet und geprüft werden soll, ist nützlich, keine Frage, aber nur, wenn Sofortmaßnahmen begleitend dazu eingeführt werden. Und mit Ihrem Berichtsantrag werden Sie eine Tierseuche nicht aufhalten können. Mehr dazu dann im Änderungsantrag.

Danke schön.

(Beifall der Abg. Dr. Kirsten Muster, fraktionslos)

Das war Herr Wild, der uns auch einen Änderungsantrag angekündigt hat, den er noch begründen wird. Das hätten Sie auch gleich machen können; aber gut, das ist Ihre Sache. Wir beginnen jetzt mit einer weiteren Runde. Kollege Fischer spricht für die einbringende CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mit meinem Kollegen von Breitenbuch vereinbart, dass er sich um die Änderungsanträge kümmert, und ich möchte deshalb, Herr Abg. Wild, nur eine Sache, die Sie gesagt haben, herausgreifen. Sie werden gleich beantragen, Abschussprämien in Höhe von 50 Euro je erlegtem Tier und Fundprämien in Höhe von 25 Euro für jedes tot aufgefundene Wildschwein zu zahlen. Können Sie sich denken, was dann passiert? Haben Sie sich einmal mit dem Thema Fuchsohrprämie befasst? Ich empfehle Ihnen dringend einen Blick in die Vergangenheit, um solche Schnellschüsse in Zukunft verhindern zu können.

(Gunter Wild, fraktionslos: In Tschechien gibt es schon Abschussprämien!)

Vielleicht wäre es auch ganz gut, sich mit der Materie zu befassen, damit wir hier sachlich diskutieren. Und im Übrigen würde ich mich freuen, wenn wir anstatt eines Gebrülls normal miteinander reden würden, Herr Wild.

Zum Thema. Meine Damen und Herren, nach den Redebeiträgen zu jagdpolitischen Themen, die wir jetzt gehört haben, könnte man als Verbraucher denken: Was geht mich das an, was hat es für eine Auswirkung auf mich? Sollen sich doch die Halter, die Jäger, die Fleischer, die Spediteure um das Thema kümmern. Damit ist es dann auch gut. Das ist aber ein Irrtum.

Wir Menschen können zwar nicht erkranken, wir sind aber von dem Thema existenziell betroffen, denn unsere Hausschweine – und wir alle essen Schweinefleisch – können die Krankheit weiterverbreiten. Die betroffenen Fleischprodukte, wenn sie in den Handel und in den Kreislauf geraten, können enorme Schäden für die deutsche Wirtschaft verursachen, aber auch für den Tourismus.

Zu den Fakten. Wir haben schon gehört, dass die Mortalität bei hundert Prozent liegt. Im Seuchenfall kann das bei der vorbeugenden Keulung benachbarter Betriebe einen wirtschaftlichen Schaden für die Landwirtschaft bedeuten, der derart enorm ist, dass man es sich kaum vorstellen kann, und das für eine Branche, die ohnehin in einem Preiskampf steckt, der mörderisch ist. Die Verantwortung der Gesellschaft steht also im Mittelpunkt. Und, meine Damen und Herren, ich bin auch der Meinung: Wenn wir über diese jagdlichen Maßnahmen reden, geht es auch um Tierschutz. Jedes nicht befallene, nicht kranke Tier ist ein Erfolg. Wir als Menschen haben die moralische Pflicht, möglichst wenig langes Tierleid zuzulassen und uns um Gottes Schöpfung zu kümmern. Daher sind die genannten Maßnahmen als Vorsorge extrem wichtig.

Wir haben europaweit in Deutschland eine der höchsten Schwarzwilddichten. Da müssen wir ran. Wir müssen die Ausbreitungsgeschwindigkeit senken. Das geht natürlich nur mit der Jagd. Was haben wir in den letzten Jahren erlebt, meine Damen und Herren? Die Jagd ist das Hobby von ein paar Sonderlingen, die Sonntag früh in den Wald gehen, sich auf die Hochsitze setzen und warten, bis der röhrende Hirsch aus dem Wald heraustritt. Das ist aber falsch, denn die Jagd, meine Damen und Herren, gehört vom Rand der Gesellschaft, wo sie sich jetzt leider befindet, wieder ins Zentrum. Die Jagd als Thema muss uns wieder breiter interessieren. Die Jagd ist wichtig, denn nur Jäger, Halter und Bürger gemeinsam können die Seuche wieder eindämmen.

Deutschland würde im Seuchenfall für lange Zeit mit seinen Fleischprodukten von vielen Ländern als Exporteur oder Importeur gesperrt werden. Das Verbot der Ein- und Ausfuhr von fleischhaltigen Lebensmitteln – wir haben das schon gehört – würde für Reisende gelten, also auch für uns ganz praktisch. Man müsste, wie der Sachse sagt, sein Bemmenpaket an der Grenze abgeben. Jeder von Ihnen, der schon einmal in den USA war, weiß, dass das schwer zu vermitteln ist. Ausbreitungsgebiete würden für den Tourismus gesperrt werden. Man stelle sich das bloß in touristisch wichtigen Regionen vor, wie dem Zittauer Gebirge, dem Vogtland oder dem Erzgebirge. Das wäre ein wirtschaftliches Problem für alle Branchen, die dort tätig sind.

Und eine Sache ist Fakt, weil von der Linksfraktion das Argument kam, wir wüssten nicht, wie die Seuche sich verbreitet. Es ist doch ganz klar, und das hat das Friedrich-Loeffler-Institut festgestellt: Ausbreitungsfaktor

Nummer eins ist der Mensch. Das Friedrich-LoefflerInstitut hat alle anderen Ausbreitungsmöglichkeiten, wie Tierkontakt und Jagdtrophäen, als mäßig eingestuft. Das heißt, der Mensch, der seine Lebensmittel wegwirft, der kontaminierte Kleidungsstücke verbringt, ist derjenige, der diese Seuche verbreitet. Deshalb möchte ich mich am Ende meiner Rede an alle Touristen, Hobbyhalter, Waldbesucher und Spaziergänger richten: Melden Sie jedes Schwein.

(Heiterkeit)

Das ist nicht lustig. Ich glaube auch nicht, dass man sich darüber lustig machen sollte. Melden Sie jedes Schwein, das Sie halten, der Veterinärbehörde in Ihrem Landkreis. Führen Sie im Seuchenfall keine Schweineprodukte aus. Hier geht es nicht nur um Wurst- und Fleischwaren, denn Schweinefleisch kann auch in anderen Produkten enthalten sein. Akzeptieren Sie die Einschränkungen, die sich notwendig machen werden: Betretungsverbote, Zäune, Stoppschilder. Vertrauen Sie den Jägern und den Bauern bei der Eindämmung dieser Seuche und akzeptieren Sie bitte auch drastische Maßnahmen, denn ohne diese werden wir diese Seuche nicht in den Griff bekommen.

(Sebastian Wippel, AfD, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Der große französische Schauspieler Yves Montand hat einmal gesagt: In der Politik ist es wie im täglichen Leben: Man kann eine Krankheit nicht dadurch heilen, dass man das Fieberthermometer versteckt.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Kollege Fischer?

Kollege Wippel, bitte.

Vielen Dank, Herr Präsident. Sehr geehrter Herr Kollege Fischer! Ich habe Ihnen gerade sehr aufmerksam zugehört. Sie haben den Vorschlag gebracht, dass man den Veterinärämtern jedes Schwein melden soll. Jetzt frage ich mich, wie ist das denn, zu welchen Geschäftszeiten soll das denn stattfinden.

Eine Frage bitte.

Na ja, ich möchte eine Erklärung von ihm haben. Sind die Ämter jetzt rund um die Uhr offen? Gibt es eine Hotline?

Bitte eine Frage daraus machen, Kollege Wippel.

Wie wollen die Ämter das machen? Er hat den Vorschlag gemacht und ich frage nach, weil ich es verstehen möchte, Herr Präsident.

Bitte.

Ich begrüße sehr, dass die AfDFraktion nachfragt, ohne zu brüllen. Das ist eine Neuerung. Wunderbar.

Es ist ganz einfach derjenige gemeint, der zu Hause ein Schwein hält. Der Bauer, der Landwirt, der Privatmann. Nur wenn die zuständigen Behörden davon wissen, können sie im Seuchenfall helfen. Ganz einfach.

Aber kommen wir zum Schluss. Wichtig ist, dass wir gemeinsam handeln und gesellschaftlich Vorurteile gegenüber Landwirtschaft und Jagd endlich überwinden und abstellen, und wichtig ist, dass wir alle mit anpacken. Jeder von uns ist dazu aufgerufen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Kollege Fischer hat für die CDU-Fraktion eine neue Runde eröffnet. Gibt es weiteren Redebedarf zu diesem Thema aus den Fraktionen? – Das sehe ich nicht. Damit erteile ich der Staatsregierung das Wort. Herr Staatsminister Thomas Schmidt, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, es ist ein Thema,

das etwas exotisch klingt, uns aber sehr schnell und massiv treffen kann. Deshalb sollte man den immer wieder auftretenden Herausforderungen und Gefahren, die in der Land- und Forstwirtschaft auftreten, möglichst präventiv begegnen. Diese Herausforderung durch die Afrikanische Schweinepest ist unmittelbar. Sie ist in Europa seit einigen Jahren vorhanden. Sie kommt aus Richtung Osteuropa immer stärker auf uns zu. Wir haben inzwischen den ersten Fall, der 300 Kilometer von Sachsen entfernt ist, in Tschechien feststellen müssen. Respekt vor den tschechischen Kollegen, wie sie dieser Herausforderung begegnen. Schuld, Frau Kagelmann, ist natürlich die Globalisierung, ist die Massentierhaltung. Das hätte ich mir denken können. Nein, es ist in diesem Fall eben nicht so.

Am hartnäckigsten hält sich die Schweinepest in Regionen im Baltikum, in Ostpolen, in denen es eine ausgeprägte Kleinhaltung von Hausschweinen gibt, zum Teil unter hygienischen Bedingungen, die schwierig sind, und wo die Kontrolle und Begegnung dieser Gefahren schwierig zu handhaben sind. In diesem Fall sind es eben nicht die Globalisierung und die immer nicht so richtig definierte Massentierhaltung, sondern genau das Gegenteil ist der Fall. Deshalb hält sich die Afrikanische Schweinepest genau in diesen Regionen so hartnäckig.

Wir müssen uns darauf vorbereiten. Die Schweinepest – das ist schon gesagt worden – ist eine Tierseuche, die zwar nicht für den Menschen gefährlich ist, aber unsere 650 000 Hausschweine und natürlich auch die Wildschweine sind stark gefährdet, sie können binnen kurzer Zeit, in ein, zwei Wochen, an dieser Krankheit verenden.

Es gibt – deshalb ist auch der Vergleich zur normalen Schweinepest nicht richtig – keine vorbeugende Impfung. Das ist nicht möglich. Deshalb müssen wir andere Maßnahmen ergreifen.