Protokoll der Sitzung vom 31.01.2018

Kommen wir also von der Ursache zu den mithin politischen Wirkungen des Garantiefondsgesetzes. Die internationale Finanzkrise und der damit verbundene Verkauf der Sächsischen Landesbank lehren uns erstens, dass sich mutige und vielleicht auch teilweise unpopuläre Entscheidungen langfristig auszahlen. Wir sollten an dieser Stelle Stanislaw Tillich und Georg Milbradt Respekt zollen, dass sie Rückgrat und Mut besaßen, die zu diesem Zeitpunkt absolut notwendigen Entscheidungen zu treffen, die nun, elf Jahre später, doch noch einige Früchte tragen. Ein Großteil der toxischen Papiere ist verkauft.

Die zweite Lehre, die wir aus dem Aus der Sächsischen Landesbank ziehen sollten, ist die folgende: Die Sächsische Landesbank war gebaut auf Steuergeldern der Bürgerinnen und Bürger des Freistaates Sachsen, das hart und teuer erarbeitet wurde. Der durch Spekulationsgeschäfte entstandene Schaden traf und trifft demzufolge vor allem diejenigen, die mit der Ursache des Niedergangs, den Spekulationen am internationalen Finanzmarkt, selbst nichts zu tun hatten.

Ich ziehe hieraus den folgenden Schluss: Jenes Steuergeld, das nun am Ende übrig bleibt, besitzt aus meiner Sicht – und damit stehe ich zweifelsohne nicht allein – eine moralische Aufladung, weil es eben die Überbleibsel jenes Garantiefonds darstellt, der zur erfolgreichen Abwicklung der Sachsen LB beitrug.

§ 8 Satz 3 der ursprünglichen Fassung des Garantiefondsgesetzes sah vor, das verbleibende Finanzvolumen für die Nettotilgung der Kapitalmarktschulden des Freistaates

Sachsen zu verwenden, und das ist in der Finanzdiskussion hier im Sächsischen Landtag entschieden worden. Ich finde, in der damaligen Regierungskonstellation aus CDU und FDP haben wir bewusst im Verfahren eine sehr konsequente Entscheidung getroffen, obwohl die Wenigsten damals geglaubt haben, dass auch nur ein Cent am Ende der Abwicklung übrig bleibt. Es war aber dennoch klar: Wenn eine Restsumme bestehen bleibt, dann geht sie definitiv und zu 100 % in den Schuldenabbau.

Wie nachhaltig das sein kann, sehen Sie mit Blick auf meine Heimatstadt Dresden. Hinsichtlich der öffentlichen Investitionen spielt die Landeshauptstadt seit über zehn Jahren in der Bundesliga. Haben einem die Schulden der Stadt einst fast völlig den Atem abgeschnitten, kann heute im Sinne der Bürger in Infrastruktur, Schulen, Kitas, Kultureinrichtungen usw. kräftig investiert werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte ebenso nicht auslassen, dass sich mittlerweile bei dem von mir angesprochenen Paragrafen etwas geändert hat. Wir haben kein so klares und eindeutiges Bekenntnis zur Verpflichtung der Schuldentilgung mehr. Wir haben eine neue Regierung, und es gehört selbstverständlich auch dazu, dass wir jetzt darüber sprechen.

Eines steht aber fest – dazu will ich gern das wiederholen, was Jens Michel an anderer Stelle schon gesagt hat –: Der Garantiefonds kann nur aufgelöst werden mit der Entscheidung des Parlaments, und dies stellt uns nun erneut vor die politische Entscheidung über die Verwendung des übrigen Geldes. Dieser uns selbst auferlegten Aufgabe stellen wir uns als CDU-Fraktion nun hier im Parlament.

In diesem Zusammenhang möchte ich an die grundlegende Absicht des Urtextes des Sächsischen Garantiefondsgesetzes erinnern. Dieser trug tatsächlich der bereits erwähnten moralischen Verpflichtung des sinnvollen und nachhaltigen Umgangs mit dem Geld Rechnung, indem es zur Schuldentilgung des Freistaates Sachsen beitragen sollte.

Nun sind wir uns alle darüber im Klaren, dass sich der Freistaat Sachsen in mehreren Bereichen mit einem erhöhten Investitionsbedarf konfrontiert sieht. Wir haben heute bereits mit Freude vernehmen dürfen, was die Staatsregierung im Rahmen ihres angekündigten 100Tage-Programms umsetzen möchte. Natürlich wird zum Beispiel die Übernahme des kommunalen Eigenanteils beim Breitbandausbau in der Fläche des Freistaates Sachsen eine beträchtliche Summe kosten. Das kann ich Ihnen als digitalpolitischer Sprecher meiner Fraktion versichern.

Aber dennoch sollten wir uns vor allem der Grundintention des § 8 des Garantiefondsgesetzes vergewissern: des Schuldenabbaus. Nur dies kann die oberste Lehre aus der Causa Sachsen LB sein: Lebe nicht über deine Verhältnisse, sondern gehe verantwortungsvoll mit dem um, was du besitzt. Künftige Generationen werden es uns danken.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sollten an dieser Stelle nicht den Fehler begehen, in ein Schwarz

weiß-Denken abzugleiten, sondern die Debatte ist damit eröffnet, was wir mit diesem Geld machen. Eine konsumtive Verwendung dieses Geldes ist für mich tabu, denn dies entspricht nicht dem Anspruch der Verfasser des Gesetzes und der moralischen Pflicht des anständigen Umgehens mit dem Geld der Sachsen.

In diesem Sinne bin ich gespannt auf die Diskussion, die wir natürlich nicht nur heute Abend, sondern auch in den folgenden Wochen und Monaten im Parlament führen werden. Bis zur Endabrechnung des Garantiefondsgesetzes wird es noch einen Moment dauern, und dann werden wir im Parlament wieder dazu debattieren.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit und eine gute Diskussion.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Herr Abg. Rohwer, das war eine Punktlandung; vielen Dank. Für die Fraktion DIE LINKE Frau Abg. Meiwald. Bitte sehr.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Uns liegt nun erneut eine Unterrichtung über den Vollzug des Garantiefondsgesetzes vor, und ich möchte die Gelegenheit nutzen. – Ich hatte den Redebeitrag angemeldet und freue mich, dass sich Herr Rohwer freut, dass er dazu reden kann.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, in diesem Zusammenhang einige Worte für meine Fraktion zu sagen, zumal es sich diesmal eben nicht um eine bloße Kenntnisnahme von Garantiezahlungen handelt.

Nach derzeitigem Plan soll die Sealink Funding noch in diesem Jahr abgewickelt werden. Derzeit befinden sich noch vier Restpapiere im Portfolio, und auch diese werden über kurz oder lang abgestoßen. Eine Endabrechnung des Garantiefonds wird sich auch nach dem Verkauf dieser Papiere noch etwas hinziehen. Doch ein Ende ist in Sicht – heute also eine Gelegenheit, ein erstes Resümee zum Abenteuer Landesbank zu ziehen.

Das Thema beschäftigt uns hier alle bereits geraume Zeit in diesem Hohen Hause, und einige von Ihnen beschäftigte es sogar im Rahmen eines Untersuchungsausschusses.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in all diesen Jahren ist uns eines nicht gelungen – ist Ihnen von der CDU eines nicht gelungen –: die Frage nach der Schuld zu beantworten; denn zumindest auf Ihrer Seite war der Wille dazu nur schwer zu erkennen. Dabei ist es doch so einfach: Das, was wir in den letzten Jahren diskutiert haben, ist das Ergebnis einer CDU, deren Minister und Ministerpräsidenten, die auf der einen Seite, getrieben durch Selbstüberschätzung, das ganz große internationale finanzpolitische Rad drehen wollten, sowie von Entscheidungsträgern, die sich von windigen Schlitzohren haben über den Tisch ziehen lassen. Hinzu kam über einen langen Zeitraum die Leugnung von Tatsachen und das Weitermachen trotz offensichtlicher Alarmsignale.

Ich möchte an dieser Stelle an eine Rede des ehemaligen Finanzministers und Vaters der Landesbank Georg Milbradt erinnern, der im Jahre 2005 – dort schon Ministerpräsident – sagte: „Eine Bank, die nicht bereit ist, Risiken einzugehen, brauchen wir nicht. Es ist sozusagen prägend für das Bankgeschäft, dass eine Bank, also auch die Landesbank, Risiken eingeht. Sie kauft Risiken. Es liegt auch in der Natur des Geschäftes, dass nicht alle Bankgeschäfte erfolgreich sind. Das betrifft den klassischen Kredit ebenso wie Beteiligungen oder andere Formen der Unternehmensfinanzierung und die Aktivitäten am internationalen Kapitalmarkt. Auch für die Landesbank gilt der allgemeine unternehmerische Grundsatz, dass es nicht für alle von einem Unternehmen entwickelten Geschäftsideen eine Erfolgsgarantie gibt.“ – Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, diese Worte sollten auch Ihnen eine Mahnung sein. Glauben Sie nicht alles, was Ihnen Ihre Ministerpräsidenten sagen!

(Beifall bei den LINKEN)

Wohlgemerkt, liebe Kolleginnen und Kollegen: Was Sie oder die Mitglieder der Regierung mit Ihrem Privatgeld machen, ist mir gelinde gesagt wurst. Wir reden hier aber über Geld von Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes. Da klingen diese Worte zugegebenermaßen mit dem heutigen Wissen eher wie Hohn; und, meine verehrten Damen und Herren, noch größer wird der Hohn, wenn ich Sie und vor allem Herrn Michel höre, der immer vor Ausgaben und Investitionen warnt, der nicht in die Köpfe in unserem Land, nicht in ein lebenswertes Sachsen, nicht in die Kommunen und somit die Menschen vor Ort investieren möchte, weil das Risiko für den Staat, sich finanziell zu übernehmen, zu groß ist

(Jens Michel, CDU: Glatt gelogen!)

und wir eventuell zukünftig diese Lasten nicht mehr schultern könnten.

(Zurufe von der CDU)

Angesichts des Umfangs der Bürgschaft für Ihre Zockerei in Höhe von 2,75 Milliarden Euro, für die sich übrigens der damalige Finanzminister Tillich im Dezember 2007 hier noch im Plenum hat feiern lassen, ist das für mich eine verquere Logik.

Nun sind bisher Zahlungen in Höhe von rund 1,8 Milliarden Euro geleistet worden. So wie es aussieht, müssen wir die Garantie nicht im vollen Umfang nutzen – es bleibt also etwas übrig; wir sprechen hier möglicherweise von 850 Millionen Euro. Trotzdem – was hätte man nicht alles mit diesem Geld machen können?

In der gleichen Rede im Dezember 2007 sagte Herr Tillich: „Mit den Steuermehreinnahmen ist Sachsen in der Lage, auf unvorhergesehene Ereignisse zu reagieren. Für Untergangsstimmung gibt es wahrlich keinen Anlass. Der sächsische Haushalt steht weiter auf stabilem Fundament. Sie, das Parlament, haben den Finanzminister beauftragt, mit den Steuermehreinnahmen vor allem Zukunftsvorsor

ge zu betreiben. In dieser schwierigen Situation bedeutet die Bürgschaftsrücklage jedoch ebenfalls Vorsorge.“

Nein, liebe Kolleginnen und Kollegen, hier widerspreche ich vehement. Zukunftsvorsorge wäre gewesen, unsere Kommunen zu stärken, Lehrerinnen und Lehrer auszubilden, die Infrastruktur für die Zukunft fit zu machen. All das haben Sie verpasst – nicht gewollt –, und ich bin mir sicher, viele Probleme, die wir aktuell haben, die Stimmung in unserem Land hätten wir nicht ohne die Landesbankpleite.

(Beifall bei den LINKEN – Zurufe von der CDU)

Es ist doch vollkommen verständlich, dass die Menschen aufbegehren, wenn ein Einnahmenrekord nach dem anderen verkündet wird, bei den Menschen aber nichts davon ankommt.

(Steve Ittershagen, CDU: Na aber, jetzt übertreiben Sie aber maßlos!)

Darf ich? Danke!

Jetzt haben wir die Gelegenheit, Fehler der Vergangenheit zu korrigieren und die Ungerechtigkeiten wiedergutzumachen. Geben Sie den Menschen und den Kommunen das Geld zurück! Eine Erhöhung der Schlüsselmasse im FAG wäre ein Anfang.

Lassen Sie mich zum Schluss noch ein, zwei kritische Worte zur Informationspolitik des Finanzministeriums verlieren. Das betrifft nicht den neuen Finanzminister; der kann nichts dafür.

Im Sommer letzten Jahres erzählte mir ein Journalist, dass wohl Geld übrig bleiben wird in dem Garantiefonds. Dann konnte man in einer Zeitung lesen, dass der Verkauf der Papiere begonnen hat – und als Letztes wurde der HFA informiert. Transparenz, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, geht anders!

(Zuruf von der CDU: Wieso?)

Spannend wäre es, hierzu einmal die Meinung des Rechnungshofes zu hören.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Mitte des Jahres vielleicht die letzten Papiere verkauft sind und wir in naher Zukunft eine Schlussrechnung vorliegen haben, dann wird der Spuk Landesbank vorbei sein. Die langfristigen Nachwirkungen werden wir sicherlich noch über Jahre spüren.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Nun die SPD-Fraktion; Herr Abg. Pecher, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich könnte diese Debatte in zwei Sätzen führen: Ja, Glück im Unglück; und ja, es hätte schlimmer kommen können. Aber so einfach sollten wir es uns nicht machen, weil ich jetzt ein bisschen in

dem Spagat zwischen Frau Meiwald und Herrn Rohwer stehe.

(Oh! des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE)

Ich denke, natürlich gibt es einen Verantwortlichen für das, was 2007 passiert ist. Hier muss man zwei Dinge trennen: den Bankenwissensstand zu dieser Zeit in der Welt und den Stand im parlamentarischen Verfahren, das durchgeführt wurde.

Dass es passieren kann, dass Papiere über Nacht am Markt nicht mehr handelbar, nicht mehr zu verkaufen sind – zu behaupten, dass das jemand hätte voraussehen können, das ist Glaskugel. Daraus wurden letztendlich auch die entsprechenden Schlussfolgerungen der BaFin mit den Basel-II- und Basel-III-Vorgaben in der gesamten Bankenwirtschaft gezogen. Die Bankentechnik heute ist wesentlich robuster und risikoärmer und besser mit Liquidität abgedeckt als zu dieser Zeit.