Protokoll der Sitzung vom 31.01.2018

Dass es passieren kann, dass Papiere über Nacht am Markt nicht mehr handelbar, nicht mehr zu verkaufen sind – zu behaupten, dass das jemand hätte voraussehen können, das ist Glaskugel. Daraus wurden letztendlich auch die entsprechenden Schlussfolgerungen der BaFin mit den Basel-II- und Basel-III-Vorgaben in der gesamten Bankenwirtschaft gezogen. Die Bankentechnik heute ist wesentlich robuster und risikoärmer und besser mit Liquidität abgedeckt als zu dieser Zeit.

Inhaltlich-parlamentarisch muss man deutlich sagen – und man kann es in den Protokollen des damaligen Untersuchungsausschusses nachlesen, der eingesetzt wurde, erst über die NBL Leasing und dann erweitert auf die Landesbank –, dass der damalige Ministerpräsident, der unter Kurt Biedenkopf als Finanzminister Architekt dieser Bank gewesen ist und als Ministerpräsident ohne Rückkopplung mit dem Parlament am Parlament und am Haushalt vorbei – selbst an seiner eigenen Fraktion vorbei, damals alleinige Mehrheitsfraktion – die Gewährträgerhaftung konserviert hat, um über den Finanzmarkt Dublin zu ermöglichen, mit diesen Verbundelementen Masse zu hebeln und an den relativ geringen Margen der Provision Geld zu verdienen. – Horst Metz hat es hier immer sehr schön als Cashcow benannt und damals dem HFA vorgestellt.

Das ist das eigentliche Dilemma und Drama an dieser Geschichte, woraus wir auch unsere Lehren gezogen haben, dass solche Dinge nie wieder passieren dürfen, dass am Parlament vorbei solche Haushaltsentscheidungen getroffen werden.

Ich will gar keine Schuldzuweisung machen – es war damals so –; er musste das auch einräumen. Letztendlich hat er auch die Verantwortung übernommen. Der Rest war technisch organisiert über die BaFin, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen, wo man die Landesbank Baden-Württemberg faktisch genötigt hat, um einen Dominoeffekt zu vermeiden, die Landesbank zu übernehmen.

Das einzige Positive, das man an dieser Finanzkrise sehen kann, ist, dass das Sparkassensystem in Deutschland das robusteste System für solche Finanzkrisen ist. Darauf sollten wir in Zukunft aufbauen.

Was das Thema des Fonds dieser 890 Millionen Euro betrifft, so sage ich ganz deutlich für die SPD-Fraktion: Ich werde mich jetzt an Verteilungsdiskussionen wirklich nicht beteiligen. Das Parlament, der Haushaltsgesetzgeber, muss sich damit befassen. Hier gibt es sicher ganz

viele Ideen. Ich habe an der Informationspolitik des Finanzministeriums nichts auszusetzen.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Das ist ein Spagat!)

Auch das ist ein Spagat, das ist richtig.

(Leichte Heiterkeit)

Ich glaube, dass man solche Dinge unmöglich zu vernünftigen Kurswerten verkaufen kann, wenn man es vorher durch die Gremien und damit in der Medienwelt bekanntmacht. Das ist ja der Widerspruch dabei, zu sagen, Sie wollen Transparenz, oder Sie wollen viel Geld für den Steuerzahler retten. Hier hatte im Vordergrund zu stehen, viel Geld für den Steuerzahler und unser Land zu retten, und das ist auch passiert.

Vielleicht als Abschluss: Der nette – wie sagte er es? ich komme nicht auf den Namen – kleine zweistellige Millionenbetrag, der vielleicht noch erwirtschaftet werden kann. Diese Argumentation merke ich mir für die Haushaltsberatungen, wenn wir im Sozialministerium sitzen. Dann möchte ich auch einmal für das Sozialministerium, für das Soziale im Freistaat Sachsen einen kleinen netten zweistelligen Millionenbetrag.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und der CDU und des Staatsministers Matthias Haß)

Meine Damen und Herren, die AfD-Fraktion hat keinen Redebedarf angemeldet. Dabei bleibt es auch? – Dann frage ich jetzt die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. – Es ist deutlich zu erkennen. Frau Abg. Schubert, bitte sehr, Sie haben jetzt das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Pleite der Landesbank und die Art und Weise, wie die Staatsregierung damit umgegangen ist und auch immer noch umgeht, haben wir heute alle fraktionsübergreifend gleich bezeichnet: Es ist ein Fiasko.

Der Freistaat Sachsen hatte in seinem Beteiligungsportfolio schon Porzellan, Wein und Pferde, und dann musste es auch noch eine Bank sein.

Die Landesbank des Freistaats hat auf internationalen Finanzmärkten bei extrem riskanten Finanzgeschäften unglaublich viel Geld verzockt und auch verbrannt. Weil es eben die Bank des Freistaats war und dieser für seine Bank bürgt, muss er, ob er will oder nicht, auch für das Fiasko aufkommen.

Wir haben es von den Kollegen bereits mehrfach gehört: Ein öffentlicher Haushalt wie der des Freistaats Sachsen besteht aus Steuergeldern. Das ist immer Geld, das den Menschen in Sachsen zusteht und das Land voranbringen soll.

Durch das Sachsenbankfiasko wurde Land und Leuten viel von diesem Geld weggenommen. Es sind 2,75 Mil

liarden Euro, die in den letzten zehn Jahren den Menschen und dem Land, dem Freistaat, gefehlt haben.

Es sind die Menschen in diesem Land, die für diese Pleite aufgekommen sind und aufkommen.

Der Schaden, der mit der Landesbankpleite auch in gesellschaftlichen Bereichen angerichtet wurde, ist kaum in Worte zu fassen.

Sie erinnern sich vielleicht noch an das Jahr 2011. Mit dem Doppelhaushalt 2011/2012 wurde der Garantiefonds, über den wir heute auch sprechen, eingerichtet. Das war genau das Jahr, in dem besonders viele und schmerzhafte Einschnitte im Sozialbereich zu verzeichnen gewesen sind. Wenn man in diesen sächsischen Doppelhaushalt von damals hineinschaut, dann sieht man es sehr deutlich.

Natürlich hatte die Einrichtung dieses Garantiefonds nichts damit zu tun, dass es diese Einschnitte in diesen Größenordnungen geben musste. Das wurde immer wieder beteuert.

Fahrlässigkeit hat den Umgang mit der Landesbank geprägt, und Fahrlässigkeit prägt den gesamten Prozess, Fahrlässigkeit und organisierte Unverantwortlichkeit.

Die Sachsen LB hatte einen Aufsichtsrat. Das will ich hier einmal ins Gedächtnis rufen. Auf kommunaler Ebene wurde beispielhaft geregelt, was es bedeutet, Mitglied in einem Aufsichtsrat zu sein, und welche Qualifikationen damit einhergehen, dass sich Aufsichtsräte regelmäßig weiterbilden müssen, um eben diese Aufgabe verantwortungsvoll wahrnehmen zu können. Diese Auflagen gelten für die Landesebene bis zum heutigen Tage nicht. Das ist mir und meiner Fraktion völlig unverständlich.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Laut Garantiefondsgesetz soll die Staatsregierung dem Haushalts- und Finanzausschuss einen Quartalsbericht und dem Landtag einen Jahresbericht vorlegen. Über diesen Jahresbericht tauschen wir uns heute aus. Die zwei Seiten Bericht, die wir als Parlament gnädigerweise offeriert bekamen, sind unangemessen oberflächlich.

Der Freistaat muss für die Landesbankpleite den gigantischen Geldbetrag – ich wiederhole es – von 2,75 Milliarden Euro bereithalten. Bei Zahlungsausfällen kann sich die Landesbank Baden-Württemberg an den Freistaat wenden, und dieser muss dann zahlen. So läuft‘s. So würde es die Staatsregierung aber niemals sagen.

Es wurden freundlichere Sprachregelungen gefunden und getroffen, weichgespült und entfremdet, damit die Dramatik und Größenordnung der Landesbankpleite auf der Strecke bleiben.

Der Berichtstext ist ja nicht lang mit den zwei Seiten und der einen Seite Anhang. Wir haben ihn aber dennoch gründlich gelesen.

Die sprachliche Weichspülung fängt bereits in der Überschrift an: „Bericht über den Vollzug des Garantiefondsgesetzes“. Dabei kommt niemand auf die Idee – und der Bericht ist öffentlich von allen Bürgerinnen und Bürgern

einsehbar –, dass es sich um die Schulden einer Pleitebank handelt.

Weiter geht es mit der – ich zitiere – „durch den Freistaat Sachsen übernommenen Höchstbetragsgarantie zugunsten der Landesbank Sachsen AG“ oder auch – schönes Zitat –: „Aus dem Garantiefonds sind noch die verbleibenden Garantieziehungen zu begleichen.“

Unglaublich, wie prosaisch und schön es klingen kann, wenn meine eigentlich nur klar sagen müsste: Wir haben 2,75 Milliarden Euro versenkt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Auch „Garantieziehung“ ist ein hübscher Terminus. Das klingt doch schon fast wie ein Lottogewinn. Aber genug mit semantischer Rosinenpickerei.

Ich bin sicher, dass die gewählten Phrasen alle rechtssicher und dem Verwaltungsakt dienlich sind, aber was Sie als Staatsregierung wirklich machen, versteht nur noch ein kleiner Kreis. Ihre Sprachregelung ist Blendung.

Jetzt sind noch 890 Millionen Euro im Garantiefonds. Im Bericht steht, dass das Sealink-Portfolio verkauft wurde, außer den Wertpapieren, bei denen es rechtlich nicht möglich war, und jenen Wertpapieren, bei denen wirtschaftliche Gründe dagegen gesprochen haben. Ernsthaft?

Man kann vielleicht sagen, dass ein Großteil der Wertpapiere verkauft wurde, aber zu schreiben, dass das Portfolio verkauft wurde, suggeriert, dass es verkauft wurde und Schluss ist, und nicht, dass es ein weiteres Kapitel gibt.

Im Bericht hat das Finanzministerium den Eindruck vermittelt, dass der Garantiefonds bald nicht mehr gebraucht wird und das Geld übrig bleiben könnte. Der Finanzminister sprach gar von einem hohen dreistelligen Millionenbetrag.

An heutiger Stelle schon darüber zu spekulieren, wozu wir Restbeträge nutzen werden, halte ich doch für etwas verfrüht.

Ich erwarte mit Spannung, was hier passiert. Die ersten Vorschläge konnten wir bereits der Presse entnehmen.

Es wäre an dieser Stelle nicht nur eine Geste, sondern auch der richtige Zeitpunkt, um den in Sachsen lebenden Menschen zu danken, dass sie für dieses hausgemachte Fiasko der Staatsregierung aufgekommen sind, und ihnen dafür zu danken, dass sie auf vieles verzichtet haben und immer noch da sind.

Den Bericht über den Vollzug des Garantiefondsgesetzes nimmt meine Fraktion daher kritisch zur Kenntnis.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Die erste Runde ist beendet. Gibt es noch Redebedarf für eine weitere Runde?

(Frank Kupfer, CDU: Nein!)

Das ist nicht der Fall. – Ich frage den Staatsminister Dr. Haß. Wünschen Sie noch das Wort? – Jawohl. Bitte sehr, Sie haben jetzt die Gelegenheit zu sprechen.

Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Seit der Aufsetzung des Garantiefonds im Jahr 2010 wird gegenüber dem HFA sowie gegenüber dem Sächsischen Landtag regelmäßig über den Vollzug des Garantiefonds und über die Inanspruchnahme der Garantie zur Absicherung der Risiken der ehemaligen Sachsen LB berichtet.