Protokoll der Sitzung vom 15.03.2018

Herr von Breitenbuch!

Ich kennen genug junge Leute, die das gern machen und sehr gern in diesen Beruf gehen, weil er anspruchsvoll ist und jeden Tag Spaß macht.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Wer möchte noch das Wort ergreifen? – Frau Dr. Pinka, Sie sind so gerannt?

Danke, Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wollte Herrn von Breitenbuch etwas fragen, aber er hat mich leider nicht angelächelt. Zur Idee, die Sie vorgestellt haben, mit Brandenburg Flächen zwischenzuerwerben: Können Sie sich an unser Agrarstrukturverbesserungsgesetz erinnern, als wir genau dieses Modell des Zwischenerwerbs von Flächen aus der BVVG vorgeschlagen haben, damit wir diese Flächen sichern, den Preis nicht weiter in die Höhe treiben und Ansiedlungen, Betriebsgründungen ermöglichen? Können Sie sich noch daran erinnern, dass wir Ihnen das vor fünf Jahren vorgeschlagen und Sie das gewaltig abgelehnt haben? Das ist meine Frage. Ich kann sie sicherlich schlecht vom Pult an Sie stellen, aber Sie können vielleicht noch einmal sprechen.

Frau Dr. Pinka, Sie brauchen keine Frage zu stellen. Sie brauchen nur zu sagen: Sicherlich erinnern Sie sich noch, Herr von Breitenbuch, dass --

Sicherlich erinnern Sie sich noch, Herr von Breitenbuch, dass wir darüber diskutiert haben, wie wir die Flächen für Existenzgründerinnen sichern können. Ich möchte auch noch sagen, was mich etwas irritiert: Herr Winkler, Sie müssen ja unseren Änderungsantrag gut finden, weil Ihre Koalition in Sachsen-Anhalt durchaus mit Beteiligung der SPD diese Richtlinie in Gang gebracht hat. Das Ministerium ist zwar bei den GRÜNEN, aber sicherlich haben Sie das unterstützt.

Sie haben gesagt, dass Sie es aus einem einzigen Grund ablehnen: weil Sie die Vorstöße zur Begrenzung der Boden- und Pachtpreise für einen Eingriff in die Marktwirtschaft halten. Ich darf einmal daran erinnern: Wir haben so etwas wie ein Gesetz zur Mietpreisbremse. Auch dort greifen wir in den Markt ein und deckeln bestimmte Preise. In unserem Änderungsantrag steht nur, dass wir nach Wegen, nach Lösungen, Vorstößen suchen wollen, um diese Preisentwicklungen auf dem Markt zu begrenzen. Darin steht überhaupt nicht, dass wir das tun wollen, aber wir können nach Lösungen suchen. Das wäre wichtig, und deshalb könnten Sie auch in Gänze unserem Änderungsantrag zustimmen.

(Beifall bei den LINKEN)

Meine Damen und Herren, mir liegen aus den Reihen der Fraktionen keine weiteren Wortmeldungen vor. Dennoch frage ich: Wünscht noch jemand das Wort? Das ist nicht der Fall. Nun frage ich die Staatsregierung. Herr Staatsminister Schmidt, selbstverständlich, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sicherlich liegen uns unsere jungen Landwirtinnen und Landwirte besonders am Herzen. Sie leisten einen wichtigen Beitrag zur Modernisierung unserer Landwirtschaft und sie leben und

arbeiten mit ihren Familien im ländlichen Raum. Sie verdienen unsere volle Unterstützung.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Ich glaube auch, dass die Möglichkeiten für junge, gut qualifizierte Landwirte heute in vielfältiger Art und Weise gegeben sind, ob sie sich in größeren Betrieben engagieren, ob sie vielleicht den Hof der Eltern oder – dort, wo es keine Hofnachfolger gibt – andere Betriebe übernehmen, die bereits bestehen. Einen komplett neuen Betrieb zu gründen – das gebe ich zu – ist schwierig. Aber die Möglichkeiten, sich als junger Mensch in der Landwirtschaft zu verwirklichen, sind so groß, wie sie, denke ich, seit vielen Jahren nicht mehr waren.

Sachsen hat hervorragende Förderbedingungen, aber bewusst nicht mit der Gießkanne, sondern durch einzelbetriebliche Investitionsförderung mit Förderkonditionen, die oftmals besser sind als in anderen Bundesländern und die sich, denke ich, sehen lassen können. Ganz im Gegenteil. Wir wurden zeitweise sogar kritisiert, dass unsere Fördersätze zu hoch wären und wir dadurch eine Wettbewerbsverzerrung zu unseren Nachbarbundesländern

hätten. Beispielsweise bezuschussen wir Investitionen in besonders tierwohlgerechte Stallbauten mit 40 %. Da reden wir von ganz anderen Summen als diese 70 000 Euro, die Sie hier ins Gespräch bringen.

Gerade die junge Generation, die nach der Hofübernahme oder bei der Übernahme einer Geschäftsführung noch einiges vor hat, wird daher bei Investitionen deutlich entlastet. Solche Angebote tragen zwar nicht den Namen „Junglandwirtförderung“, aber ich denke, dass es für den Start der jungen Leute wirkungsvoller und nachhaltiger ist als die von Ihnen vorgeschlagenen Maßnahmen. Zusätzliche Unterstützung für unternehmerisches Handeln von Junglandwirten ergibt sich auch aus den Agrar-, Umwelt- und Klimamaßnahmen sowie aus der Förderung des Einstiegs in den ökologischen Landbau.

Nicht zuletzt ergänzt die Förderung des Wissenstransfers unser Angebot für erfolgreiche und nachhaltige landwirtschaftliche Produktion auch für Junglandwirte. Ebenso stehen die zahlreichen Fort- und Weiterbildungsangebote an unseren überbetrieblichen Ausbildungsstellen den Junglandwirten zur Verfügung. Nicht zu vergessen: Von der Junglandwirteprämie profitierten 2016, finanziert aus der ersten Säule, 700 sächsische Landwirte. Durch die Prämie können Entscheidungen der jungen Betriebsleiter in den ersten fünf Jahren abgesichert werden. Es ist für Junglandwirte durchaus eine Hilfe, erfolgreich in die Selbstständigkeit zu starten.

Meine Damen und Herren! Wenn Sie eine Existenzgründerprämie fordern, sollten Sie sich der wirtschaftlichen Realität stellen und den jungen Leuten keine Versprechen geben, die Sie später nicht einhalten können. Es mag eine Binsenweisheit sein, aber ohne Boden keine Landwirtschaft. Das haben Sie angesprochen. Wir müssten uns anschauen, was man mit diesen 70 000 Euro machen kann. Bei den Bodenpreisen von heute im Durchschnitt

von 13 000 Euro können Sie vielleicht fünf bis sechs Hektar kaufen, in Bayern, wo die Bodenpreise noch deutlich höher sind, vielleicht noch einen Hektar.

Die verbleibenden BVVG-Flächen sind über den gesamten Freistaat verteilt. Wenn der Junglandwirt beginnt, in seiner Region zu wirtschaften, heißt das noch lange nicht, dass dort ausgerechnet eine BVVG-Fläche vorhanden ist.

Sachsen hat eine vielfältige Agrarstruktur. Wir haben eine Durchschnittsgröße der Betriebe von 155 Hektar. Das ist über die Jahre relativ stabil. Auch die Anzahl der Betriebe ist über die Jahre stabil. Ich denke, dass wir hier im guten Schnitt zwischen den großen Betriebsdurchschnittsgrößen von Sachsen-Anhalt liegen, auch von Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommern hin zu den westdeutschen Betrieben. Im Durchschnitt von Deutschland liegen wir ungefähr bei 70 Hektar durchschnittlicher Betriebsgröße. Ich denke, wir sind gut aufgestellt. Zudem sieht das Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte eine Mindestfläche von acht Hektar für einen Landwirtschaftsbetrieb vor, um einen hinreichenden Beitrag zum Familieneinkommen und eine gewisse Leistungsfähigkeit zu erhalten.

In Rheinland-Pfalz wurde die in der vergangenen Förderperiode eingeführte Existenzgründerbeihilfe nicht fortgeführt. Ziel des Programmes war unter anderem, die Bereitschaft junger Landwirte zur Betriebsübernahme zu stärken, einen qualifizierten Betriebsnachwuchs zu sichern und die Altersstruktur der Betriebsinhaber zu verbessern. Die dortige Bewertung ergab, dass die Maßnahme das Problem nicht oder nur unzureichend löst. Bis auf Sachsen-Anhalt gibt es derzeit kein weiteres Bundesland mit einer solchen Beihilfe für Junglandwirte; denn der Mitnahmeeffekt, auch wenn Sie ihn kleinreden, ist trotzdem vorhanden. Deshalb wollen wir eine zielgerichtete Unterstützung für die jungen Landwirte und keine Förderung mit der Gießkanne.

Zum Landpachtverkehrsgesetz möchte ich auch in eigener Sache einige Worte verlieren. Ja, das ist für mich eine sehr große Hürde, an dieses Gesetz heranzugehen. Mich hat diese Zeit geprägt, als meine Eltern Anfang der Sechzigerjahre in die LPG gehen mussten – damals noch LPG Typ 1, das heißt, dort war noch sehr viel in der privaten Bewirtschaftung. Ich habe es selbst miterlebt, als sie endgültig gezwungen wurden, mit ihrem gesamten Betrieb in die LPG hineinzugehen, um dann in der LPG Typ 3 Mitte der Siebzigerjahre weiterzuwirtschaften.

Zur Wende, zur friedlichen Revolution, hat jede Genossenschaft übrigens selbst entschieden, und zwar nicht der Vorstand, sondern die gesamte Mitgliederversammlung, ob sie weiterwirtschaftet oder nicht. Meine Genossenschaft entschied übrigens einstimmig für die Auflösung. Dann war ich Liquidator und habe den Leuten ihr Eigentum zurückgegeben. Für mich ist es eine extrem hohe Hürde, dass der Staat jetzt wiederkommt und dem Landeigentümer sagt, an wen er sein Land zu verpachten hat, egal, ob er es selber bewirtschaftet,

(Beifall bei der CDU und der SPD)

ob er es einem Nebenerwerbslandwirt gibt oder einer Agrargenossenschaft. Das hat er selbst zu entscheiden. Ich habe aus der persönlichen Erfahrung heraus eine sehr hohe Hürde, dass wir uns wieder einmischen und eine Bodenreform light machen. Mit mir werden Sie es zumindest sehr schwer haben, so etwas durchzusetzen; denn das, was damals war, sollten wir nicht wiederholten.

Wir sollten die Junglandwirte unterstützen, wenn sie investieren. Wir sollten sie durch eine sehr gute Ausbildung unterstützen. Die Möglichkeiten, sich in unserer sächsischen Landwirtschaft zu verwirklichen, sind sehr groß. Dafür stehen wir, und deshalb ist dieser Antrag für mich abzulehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Das Schlusswort hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Herr Abg. Günther, bitte.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Wir haben jetzt einiges gehört. Vieles hat überhaupt nichts mit unserem Antrag zu tun. Weder geht es darin um BVVG-Flächen, noch um gesetzliche Regelungen zu Pachtverträgen, sondern es geht darum, dass wir Menschen unterstützen, wenn sie Betriebe gründen wollen. Das kennen wir in anderen Wirtschaftsbereichen auch. Ich glaube, wenn man der These folgt, dass eine Betriebsgründung, eine Existenzgründung vielleicht mit Innovation verbunden ist oder sein kann, dass das etwas volkswirtschaftlich grundsätzlich Unterstützenswertes ist, wenn man dann vielleicht noch der These folgt, dass es in der Landwirtschaft etwas schwieriger ist als in anderen Wirtschaftsbereichen, weil man flächengebunden ist – –

Nur der Nebensatz: Es geht nicht darum, die 70 000 Euro für den Kauf von Land auszugeben, sondern das ist eine generelle Förderung. Es kann auch sein, dass man erst einmal Pacht bezahlen muss, bevor man überhaupt in Schwung kommt. Aber wenn man dieser These folgt, dass es dort besonders schwierig ist, und man eins und eins zusammenzählt, muss man sagen: Dann ist es vielleicht ganz gut, wenn wir die unterstützen und eben nicht mit der Gießkanne, sondern gezielt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich habe wirklich kein überzeugendes Argument gehört, das dagegensprechen könnte, sondern alles, was hier vorgebracht wurde, hat sich mit Dingen auseinandergesetzt, die wir nicht so intendieren. Deshalb bitte ich Sie herzlich um Zustimmung zu unserem Antrag. Wenn Sie in Details nicht damit einverstanden sind und sagen, das ist nicht zielgenau – bitte besser machen! Wer hindert Sie daran, einen Änderungsantrag zu unserem Antrag zu machen, wenn man diesen Grundthesen folgt? DIE LINKE hat das getan. Sie hat ihn auch verbessert. Des

halb werden wir als GRÜNE diesem Änderungsantrag zustimmen. Wir würden uns freuen, wenn wir kollektiv diesem Antrag zustimmen und den Existenzgründern – die warten schon – endlich einmal eine Unterstützung geben.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Wir kommen nun zur Abstimmung. Zunächst haben wir aber Änderungsanträge zu beraten und zu beschließen, als Erstes einen Änderungsantrag der AfDFraktion, Drucksache 6/12696. Frau Abg. Grimm, Sie bringen den jetzt ein.

Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Auch wir haben uns entschieden, zu diesem Antrag einen Änderungsantrag einzubringen, weil uns das Thema wichtig ist. Und, Frau Muster, 70 000 Euro Existenzgründerprämie, das ist ein ganzer Haufen Geld für einen Existenzgründer.

(Zuruf der Abg. Dr. Kirsten Muster, fraktionslos)

Das ist egal. Als wir angefangen haben, haben wir solche Prämien nicht bekommen. Das ist viel schwerer, als mit 70 000 Euro eine Existenz aufzubauen. Das möchte ich nicht so leicht abtun.

Unser Änderungsantrag: In Punkt 1 müssen wir im Antrag das Thema ändern, weil wir den Antrag erst einmal „entgendern“ möchten, um den Lesefluss zu verbessern.

(Sarah Buddeberg, DIE LINKE: Sind Sie wieder überfordert, ja?)

Also, das Thema heißt dann neu bei uns „Jugendlandwirte bei der Betriebsgründung unterstützen“. Mit unserem Antrag soll die Förderung erstens allen Junglandwirten, die bei der Antragstellung höchstens 40 Jahre alt sind, die Betriebsgründung mittels einer pauschalen Existenzgründungsbeihilfe erleichtern, zweitens, auch nach erfolgter Existenzgründung innerhalb einer Frist noch rückwirkend beantragt werden können.

Es sollen drittens maximal 70 000 Euro als nicht rückzahlbare Festbetragsfinanzierung innerhalb des Zeitraums von fünf Jahren gestaffelt gewährt werden, und außerdem, viertens, entsprechend der eingesetzten Arbeitskraft anteilig auch von Nebenerwerbslandwirten in Anspruch genommen werden können.

Weiterhin soll fünftens die Förderung nur nach vorheriger Empfehlung eines vom Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft berufenen Gutachterausschusses gewährt werden.

Außerdem müssen unserer Meinung nach noch folgende Kriterien berücksichtigt werden: Erstens, dass nur Junglandwirte und Kleinst- und Kleinunternehmen gefördert werden, das heißt, Betriebe mit weniger als

50 Beschäftigten. Zweitens: Die Förderung ist nur möglich, solange eine Tierbestandsobergrenze von bis zu zwei

Großvieheinheiten pro bewirtschaftetem Hektar nicht überschritten wird. Drittens ist uns das Auswahlverfahren nach dem Punktesystem wichtig. Durch dieses Punktesystem können bestimmte landwirtschaftliche Bereiche, wie die Schaf- und Ziegenhaltung, die Imkerei, der Weinbau und der Ökobetrieb, stärker gewichtet und somit mehr gefördert werden. Damit hat auch das Land noch eine Regulierungsfunktion, also es kann das mehr fördern, was es mehr braucht. Dieses Punktesystem obliegt auch diesem Gutachterausschuss.