Protokoll der Sitzung vom 28.06.2018

Das zeigt aber auch, meine Damen und Herren, dass es nicht zwingend zentralisierter Plattformen des Freistaates bedarf, um vor Ort dynamische Entwicklungen in Gang zu setzen.

Natürlich ist futureSAX eine Plattform, die dem Freistaat gut zu Gesicht steht. Doch ob es auch ein effizienter Weg ist, das bedarf regelmäßiger kritischer Evaluierung. Die Berichtsforderung in unserem Antrag dient auch diesem Ziel.

(Dr. Stephan Meyer, CDU: Dann müssen Sie einmal hinkommen, zu solchen Veranstaltungen!)

Wir sollten neben allen großen medienwirksamen Programmen immer auch darauf schauen, wo in der Lebenswirklichkeit der Gründerinnen und Gründer die ganz konkreten Hürden wirklich bestehen, die sich in Summe zu Barrieren auftürmen. Dort sollten wir kontinuierlich nachbessern.

Vor allem sollten wir uns alle miteinander immer wieder klarmachen: Die Start-up-Szene ist nicht einfach nur eines unter vielen Segmenten der sächsischen Wirtschaft, noch dazu ein relativ kleines mit großen Risiken und geringen Arbeitsplatzeffekten. Sie stellt ein Segment dar, das bei der ständigen Aufgabe sächsischer Wirtschaftspolitik, sich in einer Welt rasanten Wandels und hart umkämpfter Märkte um die Wettbewerbsfähigkeit von morgen zu kümmern, eine ganz zentrale Rolle spielt.

Die Wettbewerbsvorteile von morgen zu schaffen, das wollen nämlich alle. Wer dabei erfolgreicher als andere sein will, der muss Mut haben, andere Wege zu beschreiten als der Mainstream. Zwar ist nicht alles, was anders ist, auch besser, aber damit etwas besser wird, muss oft erst etwas anders werden. Das verlangt Bereitschaft zu Paradigmenwechseln, zu pragmatischen Lösungen, zu schöpferischer Ungeduld. Diese kommt in aller Regel nicht aus etablierten Strukturen.

Das kann man den etablierten Playern nicht zum Vorwurf machen; denn sie sind ja gerade deshalb etabliert und arbeiten wie ein abgestimmtes Räderwerk, weil sie eben nicht jeden Tag irgendetwas anders machen als zuvor.

Schauen wir zurück in die Gründerzeit des vorletzten Jahrhunderts. Schauen wir zurück auf die industrielle Revolution. Schauen wir auf die Revolution der Informationstechnologie, auf die anlaufende digitale Revolution. Die Treiber und die Gewinner waren immer diejenigen, die bereit waren, ganz neu zu denken. Es waren diejenigen, die schnell waren, die effizient waren, die Lösungen suchten und fanden, während andere noch dabei waren, nach Gründen zu suchen, warum man besser nichts riskieren sollte.

(Zuruf des Abg. Ronald Pohle, CDU)

Niemand ist schneller und effizienter bei der wirtschaftlichen Umsetzung neuer Ideen als engagierte, erfolgreiche Gründerinnen und Gründer. Das haben große Konzerne, denen ihre eigene Trägheit sehr wohl bewusst ist, klar erkannt. Dort, wo es wirklich um Sprünge nach vorne geht, holen sie sich den Schwung und die Fähigkeit zum Springen nämlich von außen.

So ist es eben nicht nur eine Kleinigkeit, wenn wir etwa in Punkt 6 unseres Antrags anregen, auch etablierte sächsische Mittelständler dabei zu unterstützen, ihre Innovationsthemen in der kreativen Atmosphäre solcher Gründerinkubatoren im unmittelbaren Austausch mit ganz jungen Unternehmen und Gründungswilligen zu bearbeiten. Der Austausch hilft beiden Seiten: die Start-ups lernen Unternehmenspraxis, die Mittelständler lernen wieder neu denken und bekommen jede Menge frische Impulse. Gemeinsame Kooperationsplattformen von

Start-ups und Mittelständlern sind ganz nah dran an der Lebenswirklichkeit sächsischer Wirtschaft.

(Zuruf des Abg. Ronald Pohle, CDU)

Wir schlagen für die Entbürokratisierung von Unternehmensgründungen das Modell der One-Stop-Agency vor. Für Bürgerinnen und Bürger sind Bürgerbüros, in denen man fast alle seine Behördenangelegenheiten erledigen kann, ein Segen. Warum lassen wir dann Gründungswillige noch Hürdenläufe absolvieren?

Wir schlagen vor, den Möglichkeiten einer beruflichen Orientierung in Richtung Existenzgründung an Schulen und beruflichen Schulen im Zuge der Berufsorientierung mehr Raum zu geben. Die Formulierung einer Geschäftsidee sollte genauso zum erlangten Wissen gehören wie das Verfassen einer Bewerbung.

Mir fehlt die Zeit, jeden unserer zwölf Punkte noch einmal einzeln vorzustellen und zu begründen. Wir haben deshalb unserem Antrag eine ausführliche Begründung jedes einzelnen Punktes beigefügt.

Ich bitte Sie um Zustimmung zu unserem Antrag. Wenn Sie es nicht über das Herz bringen, dann kümmern Sie sich einfach trotzdem um die einzelnen Punkte.

Aus Gründersicht gesagt: Wenn das Risiko eines neuen Ansatzes nahe null ist, aber reale Chancen bestehen, dass dabei etwas herauskommt, dann ist das Chance-RisikoVerhältnis dermaßen gut, dass man nicht versäumen sollte, es zu versuchen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das war die Fraktion GRÜNE, Herr Dr. Lippold. Jetzt kommt die CDUFraktion zu Wort, und zwar durch unseren Kollegen Hippold.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die zielgerichtete Unterstützung, Herr

Dr. Lippold, von Gründern und Start-ups im Freistaat Sachsen ist wichtig; denn die Zukunft gehört Unternehmen und Produkten, die es heute noch gar nicht gibt. Wir benötigen selbstverständlich innovative Gründer, die bei uns zukunftsfähige Produkte und neue Geschäftsmodelle entwickeln, damit der Freistaat künftig nicht nur Top-20Innovationsstandort in Europa bleibt, sondern weiter zu den großen Innovatoren in der Welt aufschließt. Das muss im Freistaat Sachsen unser Ziel sein.

Ich freue mich natürlich, Herr Dr. Lippold, dass Sie von den GRÜNEN mittlerweile auch dieses Thema Innovationen, Gründer und Start-ups für sich entdeckt haben.

Liest man allerdings den Antrag, stellt man schnell fest, dass Sie mit Ihren Forderungen nach meiner Einschätzung einige Jahre zu spät kommen. Sie greifen Themen auf, die zwar zu einem großen Teil im Grundsatz richtig, allerdings an vielen Stellen bereits in der Umsetzung begriffen sind.

Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit werde ich den Rest meiner Rede zu Protokoll geben. Ich möchte aber aus aktuellem Anlass an dieser Stelle noch darauf hinweisen, dass wir derzeit im Rahmen des Modellprojektes Gründerförderung an einem unbürokratischen Weg – das ist im Grunde genommen das, was Sie angesprochen haben – arbeiten, Unternehmen während der Gründungsphase zu unterstützen. Unternehmensgründer erhalten dadurch einen nicht zweckgebundenen Zuschuss für eine Laufzeit von zwölf Monaten, damit sie sich auf die Entwicklung eines Unternehmens konzentrieren können.

Diese Woche wurde das Thema im Kabinett beschlossen – und damit möchte ich zum Schluss kommen. Auch wir setzen die Idee des „Starfög“ derzeit unter neuem Namen um.

Den Rest meiner Rede gebe ich, wie schon angekündigt, zu Protokoll. Wir werden dem Antrag selbstverständlich nicht zustimmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Hippold. Die Fraktion DIE LINKE hat jetzt das Wort. Herr Kollege Brünler, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist unzweifelhaft so: Für den Weg in die Selbstständigkeit bedarf es Mut. Er ist mit nicht unerheblichen Risiken – sowohl im betriebswirtschaftlichen, aber auch im privaten Bereich – verbunden. Wenn wir hier immer von Vollbeschäftigung und guter Arbeit reden, dann bedarf es auch erfolgreicher Unternehmen.

Es ist eine Binsenweisheit: Jedes erfolgreiche Unternehmen begann damit, dass es gegründet wurde. Von daher sind erfolgreiche Unternehmensgründungen natürlich unverzichtbarer Teil einer erfolgreichen Wirtschaftsentwicklung und volkswirtschaftlich betrachtet eine Investi

tion in die Zukunft. Gerade wissens- und technologiegetriebene Start-ups verfügen in ihrer Gründungsphase oft über noch gar kein marktfähiges Produkt, befinden sie sich doch noch in der Phase des Technologietransfers. Fehlende Umsätze stellen nicht nur die Frage nach dem Lebensunterhalt des Gründers, sondern sie stehen oft notwendigen Anfangsinvestitionen und der Suche nach Startkapital gegenüber. Das alles sind in der Tat gute Argumente für eine Gründerstrategie.

Der Antrag, so wie er heute vorliegt, wird dem in unseren Augen jedoch nicht gerecht. Nun ist das von Ihnen geforderte Gründer-BAföG ja durchaus eine sinnvolle Sache, aber da scheint die Zeit über Ihren Antrag hinweggegangen zu sein. Kollege Hippold hat das schon gesagt. Ich gehe davon aus, dass sich die Staatsregierung dann unter dem Stichwort InnoStartBonus auch noch ausführlich selber auf die Schulter klopfen wird. Dazu will ich nur bemerken, dass wir als Landtag gut beraten sind, die Ausgestaltung und zügige Umsetzung dieses Instrumentes kritisch zu begleiten. Das darf sich nicht wieder zu einer solchen Hängepartie entwickeln, wie es der Meisterbonus war.

Aber zurück zum vorliegenden Antrag: Zu vielen für eine Strategie notwendigen Fragen verlieren Sie leider kein Wort. Gründer sind dort, wo die Rahmenbedingungen stimmen, also wo sich Entwicklungsperspektiven für neue Unternehmen bieten. Das fängt beim Breitbandausbau sowie einer leistungsfähigen Infrastruktur an und hört bei einem funktionsfähigen Bildungssystem, das für die Fachkräfte von morgen nötig ist, noch längst nicht auf. Wenn Sie schreiben, das Scheitern kein Stigma sein darf und es eine zweite oder dritte Chance geben soll, dann ist das richtig. Es muss für die Betroffenen aber auch finanziell darstellbar sein. Dazu reicht keine Imagekampagne, sondern dazu gehört es auch, offen darüber zu reden, welchen Nachholbedarf es in der sozialen Absicherung vieler Solo-Selbstständiger im Alter gibt. Das sind oftmals Menschen, die den Mut zur Selbstständigkeit zwar hatten, dann jedoch feststellen mussten, dass dieser Weg in prekären Lebensverhältnissen enden kann.

Unter dem Strich bleibt von Ihrem Antrag nicht viel mehr als die Forderung nach einer breit aufgefächerten Werbekampagne mit dem Grundtenor: „Egal, was ihr macht, Hauptsache ihr gründet ein neues Unternehmen!“ Das ist in unseren Augen zu kurz gesprungen, denn Unternehmungsneugründungen sind eben nur ein Teil einer erfolgreichen wirtschaftlichen Entwicklung und kein Selbstzweck. Wenn Sie beklagen, dass die Lage auf dem Arbeitsmarkt zur Folge hätte, dass sich potenziell Gründungswillige doch für die Aufnahme einer gut bezahlten abhängigen Beschäftigung entscheiden, so ist dies nicht nur individuelle Risikovermeidung. Es kann auch volkswirtschaftlich durchaus sinnvoll sein. Auch bereits bestehende Unternehmen brauchen Fachkräfte – sei es als Mitarbeiter oder für eine funktionierende Unternehmensnachfolge.

Über letzteren Punkt verlieren Sie in Ihrem Antrag ebenfalls kein Wort. Stattdessen verweisen Sie auf höhere Gründerzahlen in der Vergangenheit – wohlwissend, dass dies oft auch nur ein Ausweg in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit war und in nicht wenigen Fällen recht wenig mit einem tragfähigen Konzept zu tun hatte. Hier wäre ein Blick auf die Statistik sinnvoll, welche Lebensdauer und Perspektiven viele solcher Neugründungen hatten.

Liebe GRÜNE, auch wenn der vorliegende Antrag einige bemerkenswerte Punkte enthält, vermag er uns in seiner Gänze – Sie merken es sicher – nicht zu überzeugen. Wir werden uns entsprechend der Stimme enthalten.

(Beifall bei den LINKEN)

Als Nächster spricht Kollege Baum für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Fakt ist: Die Gründungstätigkeit im Freistaat Sachsen ist zuletzt in der Tat etwas zurückgegangen. Wir haben aber auch einen gewachsenen Arbeitsmarkt, wo junge und gut ausgebildete Fachkräfte stark nachgefragt werden. Trotzdem steht unsere Gründungsszene hier im Freistaat nicht so schlecht da, wie der Antrag der GRÜNEN suggerieren mag. Es gibt viele Förderinstrumente, die die Gründerinitiativen unterstützen. Das könnte ich jetzt alles aufzählen, um am Ende festzustellen, dass wir hier im Freistaat gut aufgestellt sind und Ihren Antrag somit ablehnen.

Nun, liebe Kolleginnen und Kollegen, da Hunger bekanntlich böse macht, verzichte ich auf die Nutzung weiterer Redezeit und gebe meine Rede zu Protokoll.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Baum. Sie haben hier noch einmal einen ganz wichtigen Grundsatz benannt, nämlich den mit dem Hunger. Das gilt auch für die Wirtschaft.

Wir kommen jetzt zur AfD-Fraktion. Herr Kollege Beger, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Beim Lesen des Antrages entstand bei mir der Eindruck, als ob ein grünes Gender-Sternchen morgens aufgestanden wäre und sich dachte: „Existenzgründer – da müsste man mal etwas machen“. Deswegen wirkt vieles auch wie das bekannte Stochern im Nebel. Was könnte man jetzt also an Allgemeinplätzen einfordern und was geht eher nicht? Wie das aber beim Stochern im Nebel so ist, findet man mit etwas Glück manchmal doch etwas.

Wie schaut es beispielsweise in Sachsen mit den SchuleWirtschaft-Kooperationen aus? Im Jahr 2009 haben die Staatsregierung und die Regionaldirektion Sachsen der Bundesagentur für Arbeit eine gemeinsame Vereinbarung zur Zusammenarbeit von Schule und Berufsberatung

beschlossen. Im Jahr 2015 wurde eine Landesförderkonzeption unterzeichnet und bekräftigt. Ziel war die Unterstützung vom Übergang von Schule zum Beruf. Nimmt man nur beispielsweise den Abschlussbericht „Praxisberater an Schulen“ vom 31.12.2015 zur Hand, werden diverse Umsetzungsdefizite offensichtlich. Dort wird unter anderem gefordert, dass die Aufgabentrennung zwischen Praxis und Berufsberater sich stärker an deren Handlungsoptionen anstatt rein formal an den Klassenstufen ausrichten solle sowie konkrete Handlungsanweisungen und überprüfbare Zielstellungen stärker in den Fokus gerückt werden müssen. Es wurde insbesondere bemängelt, dass in ländlichen Gegenden weite Transportwege für Exkursionen zu Betrieben oder zu Berufsschulzentren zum Problem werden.

Meine Damen und Herren, an diesen Dingen scheitert es schon. Die Intensivierung und Weiterentwicklung der Schule-Wirtschafts-Kooperationen bzw. dazugehörige