Wir machen die Geschwindigkeit des Strukturwandels abhängig von der Geschwindigkeit der Schaffung neuer Arbeitsplätze.
Vielen Dank, Herr Präsident. Herr Rohwer, ich höre mit Freude, dass die CDU, vielleicht in Ihrer Person, vielleicht in Gänze Ihre Politik an den Interessen der Menschen ausrichten möchte, auch was die Energiepolitik angeht.
Ja. Meine Frage ist: Wie stehen Sie zum Klimaschutzplan der Bundesregierung? Halten Sie die dort enthaltenen Zahlen für realistisch? Wenn Sie die Kohle als Option für Sachsen offenhalten wollen, halten Sie dann den Klimaschutzplan für obsolet und verhandelbar oder wollen Sie ihn erfüllen?
Herr Urban, erst einmal überrascht es mich, dass Sie bei meinen letzten Reden nicht zugehört haben, denn dann hätten Sie eher mitbekommen, dass wir da eine andere Politik fahren, als es im Bund diskutiert wird. Natürlich sind die Beschlüsse, die in der Koalitionsvereinbarung des Bundes stehen, auch für uns bindend. Wir werden uns genau deswegen in die Kohlekommission einbringen, damit wir die Dinge besprechen können.
Ein Strukturwandel dauert 30 Jahre. Wir sind nicht wie Sie unterwegs, dass wir sagen, es bleibt alles, wie es ist. Dies den Kohlekumpeln zu versprechen ist auch das falsche Wort. Wir wollen es mit den Kohlekumpeln zusammen machen, sie sollen Energiearbeiter bleiben können, auch in neuen Arbeitsfeldern, die wir gemeinsam mit ihnen entwickeln werden.
Worum geht es uns also? Wir wollen eine Perspektive für die Lausitz, und das braucht Zeit, nach meiner Einschätzung 30 Jahre. Das ist der richtige Ansatz und kein schnellstmöglicher Ausstieg. Die Energiewende muss bezahlt werden. Das geht nur mit einer starken Wirtschaft, die die Steuern aus Überschüssen bezahlen kann.
Das war Herr Rohwer für die CDU-Fraktion. Es gibt eine Wortmeldung, Entschuldigung. Frau Dr. Pinka, bitte.
Sehr geehrter Herr Rohwer, ich kann es bald gar nicht mehr ertragen, wie Sie hier vorn vorgehen und mit uns umgehen. Es ist zwar die Aktuelle Debatte der GRÜNEN, aber was Sie jetzt dargeboten haben, war erschreckend.
Ich möchte ein Zitat von Stephen Hawkins bringen, der hat nämlich gesagt: „Wir müssen die Erde wahrscheinlich in den nächsten 100 Jahren verlassen, wenn wir so weitermachen.“ Und dann reden wir immer vom Land der Ingenieure und was Deutschland alles so kann, und dann gehen wir so, wie von Ihnen jetzt beschrieben, vorwärts. Dann tritt das ein, was er uns vorhergesagt hat. Das ist das Erschreckende. Wir müssen doch unseren Kindern und Kindeskindern eine Perspektive bieten.
Ich sprach vorhin von einer Nachhaltigkeitsstrategie. Darin steht eben nichts, was Sachsen tun will, um aus der Braunkohle auszusteigen. Da steht eben nichts drin, wie wir die Landesentwicklung oder Vorranggebiete für Rohstoffe ändern wollen, wie wir Braunkohlepläne ändern wollen, um vielleicht der Kanzlerin und ihrem Ausstiegsziel zu folgen. Das steht da alles nicht drin. Und dann kommen Sie mir mit Kumpeln. Ich bin auch immer an der Seite der Kumpel, aber wir müssen ihnen eine andere Perspektive aufzeigen, als in der Braunkohleindustrie beschäftigt zu sein. Punktum!
Das ist die Realität. Und wenn Sie weiter der Entwicklung in Sachsen hinterherlaufen, das tut mir echt weh, dann werden wir den Strukturwandel nie bewältigen, weil Sie immer weiter auf die Devastierung durch Braunkohle setzen werden. Das habe ich schon hundertmal gesagt und Sie haben es einfach nicht begriffen. Sie brauchen mir auch nicht zu antworten, weil alles sinnlos ist, was Sie sagen.
Also, Frau Dr. Pinka. Punkt 1: Wenn ich Ihnen wehtue, dann entschuldige ich mich dafür, weil ich wirklich nicht will, dass Sie leiden. Punkt 2: Sie denken in Schwarz-weiß und ich denke in den Graustufen dazwischen, und genau darüber rede ich. Wenn Sie vor lauter Leiden bei meinen Reden nicht mehr genau hinhören, dann ist es verständlich, dass Sie nicht hören, wo ich hin möchte.
Wir werden die Lausitz zu einer Energieregion weiterentwickeln. Sie wird Energieregion bleiben. Auch das mitteldeutsche Braunkohlerevier muss das bleiben, aber dieser Prozess braucht 30 Jahre. Das wissen wir aus Nordrhein-Westfalen, wo wir im Ruhrgebiet angefangen haben. Die Steinkohle geht jetzt aus der Produktion. Vor 30 Jahren hat es noch einen Bundeskanzler Helmut Kohl gegeben und danach einen Ministerpräsidenten Johannes Rau. Vor 30 Jahren hat man in Nordrhein-Westfalen angefangen. Es hat 30 Jahre gebraucht und das wird hier genauso sein. Dieser Strukturwandel wird 30 Jahre brauchen, und wir werden das gemeinsam hinbekommen. Wir sollten uns besser zuhören, da gebe ich Ihnen recht.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Rohwer, ich habe Ihnen zugehört, und der Vergleich, den Sie gerade mit Baden-Württemberg und Sachsen gebracht haben, ist schon ziemlich abenteuerlich. Sie haben sich auf 1990 bezogen und dass seitdem das CO2 reduziert worden ist. Das ist wahr, aber es gab auch einen Systemumbruch, Herr Dr. Lippold ist darauf eingegangen und darauf, dass es seit 1995 keine Reduktion mehr gibt. Wir haben seit Kurzem einen Höchststand bei der Braunkohleverfeuerung in Sachsen, und damit gibt es auch wieder einen Anstieg der CO2-Emission. Es ist einfach unredlich, was Sie vorhin gesagt haben.
Ich finde die Gedankengänge und das Ignorieren der CDU-Fraktion hier generell paradox. Sie haben einfach nicht begriffen, dass der Kohleausstieg kommt, so oder so, egal, ob Sie das wollen oder nicht. Und, Herr Urban, Klimaschutz wird auch nicht von der Bevölkerung infrage gestellt. Laut Umfragen sind Umwelt- und Klimaschutz eines der größten Probleme für die Menschen im Land. Dagegen hilft auch keine Hetze von Ihnen. Wenn die Menschheit auf einem lebenswerten Planeten leben möchte, auf dem das Klimasystem funktioniert, dann haben wir keine Wahl, unsere Stromversorgung, unser Mobilitätsverhalten und unsere Wärmeversorgung so kohlenstofffrei wie nur möglich zu gestalten. Damit muss man schnell anfangen. Wir als Sachsen haben da eine besondere, eine historische Verantwortung.
Um 0,8 °C hat sich die bodennahe Erdtemperatur seit Beginn der Industrialisierung bereits erhöht. Das heißt gleichzeitig, dass auch mehr Energie im System ist. Das bedeutet am Ende auch mehr Unwetter, starke Regenfälle, längere Trockenphasen – das können wir jetzt schon sehen. Es ist jetzt erst der Anfang, und es wird auch nicht besser.
Herr Hippold von der CDU, es hilft auch nicht, den Zusammenhang zu bezweifeln und das als Ideologie darzustellen. Es gibt einen konkreten Zusammenhang zwischen dem Ansteigen von CO2, Temperatur und Wetterextremereignissen.
Ich habe gesagt, wir haben eine historische Verantwortung. Diese haben wir deswegen, weil Deutschland und Sachsen seit mehr als 150 Jahren Billionen Tonnen CO2 in die Atmosphäre emittiert haben. Das haben andere Länder nicht über diesen langen Zeitraum gemacht.
Wir haben also einen riesengroßen Batzen von CO2 auf unserem CO2-Pro-Kopf-Konto. Deswegen sind wir in der Verantwortung – und nicht die Länder im globalen Süden oder andere Entwicklungsländer.
Es muss deswegen etwas passieren. Leider enttäuscht die Bundesregierung, aber auch die Landesregierung. Mittlerweile ist der CO2-Gehalt auf der Welt auf mehr als
400 ppm, also Parts per million, gestiegen. Er ist damit 40 % höher als noch vor der Industrialisierung. Das ist gravierend. Unser ökologisches Gleichgewicht gerät dadurch in Gefahr.
Je länger wir warten, desto drastischer wird es für künftige Generationen nötig sein, CO2 einzusparen. Darauf habe ich eigentlich keinen Bock. Ich habe keinen Bock darauf, dass meine Generation in 30 Jahren vor einem großen Haufen Mist steht, den Sie heute verursacht haben.
Alles, was wir heute ausstoßen, geht zulasten meiner Generation und der nachfolgenden Generationen. Alles, was wir heute nicht reduzieren, verringert den Spielraum, den meine Generation in der Zukunft hat, um die Wirtschaft umzustellen, weil das Guthaben dann aufgebraucht ist. Das ist nicht hinnehmbar.
Deshalb gibt es auch die Strukturwandelkommission der Bundesregierung. Das ist eine gute Sache. Ich verweise auf den Prioritätenantrag meiner Fraktion im letzten Monat. Wir haben unter anderem gefordert, dass diese Kommission im Konsens entscheiden und einen Konsens erzielen muss. Die Bundeskanzlerin hat uns in der letzten Woche beim Petersburger Klimadialog recht gegeben.
Ich möchte daher hier noch einmal daran erinnern, was eigentlich der Auftrag der Kommission war, nämlich einen Ausstiegsplan für die Kohleverstromung zu erstellen. Das, was Herr Tillich und andere aus der Kohlelobby in der Kommission veranstalten, hat nur ein Ziel: diesen Ausstiegsplan zu vereiteln. Das darf einfach nicht sein!
Die Kraft, die er darin investiert, diese Energie hätte er besser investieren sollen, als er noch Ministerpräsident war, indem er sich für den Ausbau der erneuerbaren Energien eingesetzt hätte; denn dieser ist nämlich völlig zum Erliegen gekommen, Herr Vieweg von der SPD. Sachsen ist Letzter beim Ausbau der Windenergieanlagen, Letzter bei der CO2-Reduzierung und Letzter bei der Bürgerbeteiligung. Es gibt keine Maßnahmen, keine Dialogprozesse, bei denen beispielsweise auch über die Vorteile von Windenergieanlagen gesprochen wird. Das muss endlich aufhören.
Es hängen Tausende Arbeitsplätze daran im Bereich der erneuerbaren Energien. Ich verstehe nicht, warum nicht auch darüber geredet wird, dass diese in Sachsen konkret in Gefahr sind und nicht nur die der Kumpel in der Lausitz.
Ich war erst am letzten Montag bei einer Firma von Windenergieanlagen, die viele Tausend Beschäftigte in Deutschland und auch in Sachsen hat und einfach verzweifelt, weil hier nichts passiert. Es müsse die Aufgabe der Landesregierung sein, die Bedingungen zu verbessern, mehr Bürgerbeteiligung zu ermöglichen und den Menschen aufzuzeigen, –
– dass es auch um Vorteile geht, wenn wir von erneuerbaren Energien reden, und nicht nur um Nachteile.